Entscheidungsdatum
16.04.2021Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W250 2237347-6/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA. Ägypten, in Schubhaft zu Recht:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer wurde am 03.08.2020 im Bundesgebiet aufgegriffen.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 07.08.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Der Beschwerdeführer wird seit 07.08.2020 in Schubhaft angehalten.
3. Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine aufenthaltsbeendende Maßnahme. Der Beschwerdeführer stellte am 17.08.2020 aus dem Stand der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, der zur Gänze abgewiesen wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen.
4. Das Bundesamt leitete am 11.08.2020 ein Heimreisezertifikatsverfahren ein.
5. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.12.2020, vom 29.12.2020, vom 25.01.2021, vom 22.02.2021 und vom 19.03.2021 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.
6. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht am 08.04.2021 unter Anschluss einer Stellungnahme die Akten gemäß §22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor. In der Stellungnahme wird nach Darlegung des maßgeblichen Sachverhalts insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 18.03.2021 erneut einvernommen worden sei, da sich der Beschwerdeführer bei der ägyptischen Vertretungsbehörde geweigert habe, persönliche Daten zu seiner Identifizierung zu nennen. Im Rahmen dieser Einvernahme habe der Beschwerdeführer erneut abweichende Daten zu seinem Geburtsdatum sowie zu seinen Geschwistern gemacht. Diese Daten seien wiederum an die Vertretungsbehörde weitergeleitet worden. Am 29.03.2021 fand ein verpflichtendes Rückkehrberatungsgespräch statt, wobei sich der Beschwerdeführer erneut als nicht rückkehrwillig gezeigt habe. Von der ägyptischen Botschaft sei noch keine Mitteilung hinsichtlich der Identifizierung des Beschwerdeführers erfolgt, mit einem Ergebnis sei in ca. vier bis fünf Wochen zu rechnen. Bei positiver Identifizierung erfolge die Ausstellung eines Heimreisezertifikates innerhalb weniger Tage.
7. Am 09.04.2021 wurde dem Beschwerdeführer die Stellungnahme des Bundesamts zum schriftlichen Parteiengehör übermittelt. Der Beschwerdeführer ließ die Frist zur Stellungnahme ungenutzt verstreichen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Zum Verfahrensgang
1.1. Der Beschwerdeführer wurde am 03.08.2020 im Bundesgebiet aufgegriffen, wobei er zunächst durch mindestens zwei andere EU-Staaten gereist war. Nachdem Ungarn seiner Rücknahme nicht zustimmte, wurde gegen den Beschwerdeführer am 07.08.2020 ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung eingeleitet.
1.2. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 07.08.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Der Beschwerdeführer wird seit 07.08.2020 in Schubhaft angehalten.
1.3. Mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Bundesamtes vom 11.08.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist. Es wurde ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
1.4. Das Bundesamt leitete am 11.08.2020 ein Heimreisezertifikatsverfahren ein.
1.5. Am 17.08.2020 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stand der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Aktenvermerk vom 18.08.2020 hielt das Bundesamt fest, dass der Antrag auf internationalen Schutz zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Die Schubhaft wurde gemäß § 76 Abs 6 FPG weiterhin aufrecht erhalten.
1.6. Mit Bescheid vom 11.09.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze abgewiesen, dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2020 abgewiesen.
1.7. Das Bundesamt überprüfte am 02.09.2020, am 02.10.2020, am 27.10.2020 sowie am 15.11.2020 die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gemäß § 80 Abs 6 FPG und dokumentierte dies mit einem Aktenvermerk.
2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft:
2.1. Der Beschwerdeführer besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft nicht, er besitzt auch keine Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates, er gibt an ägyptischer Staatsangehöriger zu sein. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
2.2. Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.
2.3. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Er wird im Polizeianhaltezentrum wegen schweren Depressionen behandelt. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu der benötigten medizinischen Versorgung.
3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
3.1. Der Beschwerdeführer hat während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt um eine Rückführung nach Ägypten zu verzögern.
3.2. Der Beschwerdeführer verfügte – abgesehen von der Anhaltung in Polizeianhaltezentren – in Österreich über keine Meldeadresse.
3.3. Der Beschwerdeführer begab sich vom 05.01.2021 bis 07.01.2021 und vom 19.02.2021 bis 21.02.2021 - während der Anhaltung in Schubhaft - in Hungerstreik um seine Freilassung zu erpressen.
3.4. Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte. Er ist beruflich in Österreich nicht verankert. Er verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.
3.5. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten.
3.6. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats und die Abschiebung innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer von 18 Monaten ist möglich.
Das Bundesamt urgierte regelmäßig die Ausstellung eines Heimreisezertifikats. Der für die Ausstellung eines Heimreisezertifikats erforderliche Vorführungstermin bei der Botschaft hat am XXXX stattgefunden. Der Beschwerdeführer verweigerte vor der Botschaft Angaben über seine Herkunft und über eventuelle Familienangehörige im Heimatland und konnte daher vonseiten der Botschaft nicht identifiziert werden. Die Daten des Beschwerdeführers wurden von der Botschaft für weitere Anfragen nach Kairo weitergeleitet. Am 18.03.2021 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt einvernommen und neuerlich nach seinen Identitätsdaten befragt. Dabei gab der Beschwerdeführer ein von seinen früheren Angaben abweichendes Geburtsdatum an und behauptete entgegen seiner bisherigen Angaben, Einzelkind zu sein und keine Geschwister zu haben. Diese Daten wurden vom Bundesamt der ägyptischen Vertretungsbehörde übermittelt. Der Beschwerdeführer wirkt an seiner Identifizierung nicht mit.
Mit einem Ergebnis betreffend die Identifizierung ist binnen fünf Wochen zu rechnen. Im Falle einer positiven Identifizierung ist die Ausstellung eines Heimreisezertifikats binnen weniger Tage zu erwarten, danach erfolgt eine zeitnahe Abschiebung des Beschwerdeführers. Aktuell gibt es Flugverbindungen zwischen Wien und Kairo.
3.7. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung vom 19.03.2021 hat sich im Verfahren nicht ergeben.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Bundesamtes und in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend das Asylverfahren sowie die bisherigen Schubhaftverfahren und durch Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungsinformationssystem sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
1. Zum Verfahrensgang, zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:
1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie aus dem Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister und aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
1.2. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Er gab zwar vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.12.2020 sowie in seiner Einvernahme durch das Bundesamt am 18.03.2021 an, minderjährig zu sein, doch kommt diesen Angaben keine Glaubhaftigkeit zu, da der Beschwerdeführer sowohl bei seinem Aufgriff durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im August 2020 als auch in seinem Asylverfahren und in weiteren Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in denen er als Beschuldiger bzw. als Zeuge einvernommen wurde, Geburtsdaten nannte, nach denen er nicht minderjährig ist. Erst bei der gerichtlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft behauptete der Beschwerdeführer am 04.12.2020 erstmals, minderjährig zu sein. Da der Beschwerdeführer seit 04.12.2020 unterschiedliche Angaben zu seinen Geschwistern machte – so behauptete er am 04.12.2020 über einen Bruder in Österreich zu verfügen, ohne genauere Angaben zu dessen Aufenthalt zu machen, und gab am 18.03.2021 an, Einzelkind zu sein, obwohl er im Asylverfahren Namen und Alter seiner in Ägypten aufhältigen Geschwister genannt hat – und vor der ägyptischen Vertretungsbehörde keinerlei Angaben zu seiner Identität machte, kommt der Behauptung des Beschwerdeführers, er sei minderjährig, keine Glaubhaftigkeit zu, da er versucht, durch falsche Angaben zu seiner Identität seine Außerlandesbringung zu vereiteln.
1.3. Die Feststellungen zu der erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme gründen auf den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister sowie aus den vorgelegten Bescheiden und den Vorerkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Feststellungen zur Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 07.08.2020, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
1.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Aus einem Befund und Gutachten eines Amtsarztes vom 18.03.2021 ergibt sich unzweifelhaft die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers. Dass der Beschwerdeführer Zugang zu der benötigten medizinischen Behandlung hat, ist ebenfalls unzweifelhaft.
2. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
2.1. Die Feststellung zu den fehlenden behördlichen Wohnsitzmeldungen ergibt sich aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
2.2. Die Feststellung zum Asylantrag während der Anhaltung in Schubhaft, um eine Abschiebung zu verhindern, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus dem Asylantrag und dem Aktenvermerkt des Bundesamtes.
2.3. Die Feststellungen zu den beiden Hungerstreiks und zum Verhalten während der Anhaltung ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus der Anhaltedatei.
2.4. Die Feststellungen zur Dauer der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft, ergibt sich aus dem Akteninhalt.
2.5. Die Feststellungen zur mangelnden Integration in Österreich und zu fehlenden sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkten in Österreich, ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus dem Verhandlungsprotokoll des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.12.2020. Diesen sind keine gefestigten sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich zu entnehmen. Der Beschwerdeführer behauptete zwar, dass er einen Bruder in Österreich habe, jedoch waren seine Angaben zu diesem Bruder ausweichend und vage. So konnte der Beschwerdeführer das Geburtsdatum seines Bruders nicht angeben, er konnte auch sonst keine Angaben über seinen Bruder machen. Er gab an, dass er tatsächlich keinen Kontakt zu seinem Bruder habe und er auch nichts über das Privatleben seines Bruders wisse. Des Weiteren geht aus der Anhaltedatei hervor, dass der Beschwerdeführer, abgesehen von Schubhaftbetreuung, Rechtsberatung und Rückkehrberatung, keine Besucher empfangen hat.
2.6. Da der Beschwerdeführer während der Anhaltung in Schubhaft einen Asylantrag stellte um eine Abschiebung zu verhindern, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten werde. Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung vom 04.12.2020 an, dass er nicht bereit sei Österreich zu verlassen und er sich weigere nach Ägypten zurückzukehren. Auch in einem am 29.03.2021 durchgeführten Beratungsgespräch über die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr zeigte sich der BF entsprechend der vom Bundesamt vorgelegten diesbezüglichen Mitteilung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen als nicht rückkehrwillig. Der Beschwerdeführer versuchte zudem sich zwei Mal durch Hungerstreik aus der Schubhaft freizupressen. Der Beschwerdeführer räumte zudem in der Verhandlung vom 04.12.2020 ein, dass er bisher unrichtige Angaben in Österreich gemacht und Behörden belogen habe, der Beschwerdeführer ist daher nicht vertrauenswürdig. Auch im Zuge der Vorführung vor die ägyptische Botschaft weigerte sich der Beschwerdeführer zweckdienliche Angaben zu machen und verhinderte so die Identifizierung durch die Botschaftsangehörigen. Auch bei seiner Einvernahme durch das Bundesamt am 18.03.2021 machte der Beschwerdeführer neuerlich von seinen bisherigen Aussagen abweichende Angaben zu seiner Identität. Zudem ist der Beschwerdeführer in Österreich weder beruflich noch familiär verankert, er verfügt über keinen gesicherten eigenen Wohnsitz oder über ausreichend Barvermögen. Auch dies spricht für eine besonders hohe Fluchtgefahr.
2.7. Die Feststellungen zum Heimreisezertifikatsverfahren ergeben sich aus dem Verfahrensakt und aus den vom Bundesamt vorgelegten Unterlagen. Es finden sowohl begleitete als auch unbegleitete Rückführungen nach Ägypten statt. Rückführungen nach Ägypten sind grundsätzlich möglich.
Sobald ein Heimreisezertifikat vorliegt, erfolgt eine zeitnahe Abschiebung des Beschwerdeführers. Die Meldung über die erfolgte Vorführung vor die ägyptische Botschaft liegt im Gerichtakt ein. Ebenso ergibt sich aus dem im Akt einliegenden internen Mailverkehr, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Verweigerung von Angaben nicht unmittelbar von der Botschaft identifiziert werden konnte und seine Daten nach Kairo übermittelt werden mussten. Aufgrund von Erfahrungswerten ist mit einer Antwort in etwa fünf Wochen zu rechnen.
Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 19.03.2020 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Vielmehr hat der Beschwerdeführer neuerlich versucht, durch die Angaben falscher Identitätsdaten seine Außerlandesbringung zu vereiteln.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen. Von der Möglichkeit im Verfahren eine Stellungnahme abzugeben, hat der Beschwerdeführer keinen Gebrauch gemacht.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A. – Fortsetzungsausspruch
3.1.1. Gesetzliche Grundlagen
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
§ 77 Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
3.1.2. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).
3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist.
3.1.4. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
3.1.5. Das Gericht geht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.
Der Beschwerdeführer hat während der Anhaltung in Schubhaft einen Asylantrag gestellt um seine Abschiebung zu verhindern. Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung vom 04.12.2020 an, dass er nicht bereit ist Österreich zu verlassen und er sich weigere nach Ägypten zurückzukehren, auch in einem Beratungsgespräch über die Möglichkeit einer freiwilligen Rückkehr am 29.03.2021 zeigte er sich nicht rückkehrwillig. Der Beschwerdeführer versuchte zudem sich durch zwei Hungerstreiks aus der Schubhaft freizupressen. Der Beschwerdeführer räumte ein, unrichtige Angaben vor Behörden in Österreich gemacht zu haben, verweigerte zu seiner Identifizierung führende zweckdienliche Angaben im Zuge der Vorführung vor die Botschaft und ist nicht vertrauenswürdig. Zudem ist der Beschwerdeführer in Österreich weder beruflich noch familiär verankert, er verfügt über keinen gesicherten eigenen Wohnsitz oder über ausreichend Barvermögen. Auch dies spricht für eine besonders hohe Fluchtgefahr beim Beschwerdeführer.
Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist.
Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3, Z 5 und Z 9 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.
3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder sozial noch familiär verankert. Er hat keine Verwandten oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich. Er ist beruflich nicht verwurzelt und hat auch keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.
Es wurde rechtzeitig ein Heimreisezertifikatsverfahren eingeleitet. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats wurde vom Bundesamt bereits mehrfach urgiert, ein Vorführtermin bei der ägyptischen Botschaft durchgeführt. Da der Beschwerdeführer vor der ägyptischen Vertretungsbehörde keinerlei Angaben zu seiner Identität gemacht hat, wurde der Beschwerdeführer neuerlich vom Bundesamt zur Feststellung seiner Identität einvernommen. Das Bundesamt hat damit insgesamt auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hingewirkt.
Daher ist das Erfordernis der angemessenen Bemühungen erfüllt. Die nachgewiesenen Bemühungen des Bundesamts sind durch Belege im Akt dokumentiert. Aufgrund des am XXXX durchgeführten Termins bei der Botschaft und dem Umstand, dass die Daten des Beschwerdeführers nach Kairo gesendet wurden, ist von einer konkreten Erlangbarkeit eines HRZ auszugehen. Dass die Identifizierung nicht vonseiten der Botschaft erfolgen konnte, ist dem Beschwerdeführer zuzurechnen, da dieser keine Angaben über seine Herkunft und eventuelle Familienangehörige gemacht hat. Die Bemühungen des Bundesamts sind im gegenständlichen Fall dennoch erfolgversprechend und entsprechen den Erfordernissen der höchstgerichtlichen Judikatur.
Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung – zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die österreichische Rechtsordnung missachtet und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert.
3.1.7. Nach Ausstellung eines Heimreisezertifikats erfolgt umgehend eine Abschiebung des Beschwerdeführers. Die Ausstellung des Heimweisezertifikats scheint derzeit wahrscheinlich. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist zudem jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird.
Da die Identität des Beschwerdeführers von der ägyptischen Botschaft noch nicht festgestellt werden konnte und daher auch das erforderliche Heimreisezertifikat noch nicht vorliegt, liegen die Voraussetzungen des § 80 Abs 4 Z 1 und Z 2 FPG vor, sodass die höchstmögliche Schubhaftdauer 18 Monate beträgt. Bei einer im Sinne des § 80 Abs. 4 Z. 1 und Z 2 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten ist die Aufrechterhaltung der seit 07.08.2020 bestehenden Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft auch weiterhin verhältnismäßig.
3.1.8. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.
3.1.9. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht.
Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.
3.1.10. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.
Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
3.1.11. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.
3.2. Zu Spruchteil B. - Revision
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies ist der Fall wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben, insbesondere folgt die Entscheidung der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Asylantragstellung Einreiseverbot falsche Angaben Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Identität Mittellosigkeit öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Ultima Ratio Untertauchen Verhältnismäßigkeit VerzögerungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W250.2237347.6.00Im RIS seit
18.06.2021Zuletzt aktualisiert am
19.06.2021