Entscheidungsdatum
16.04.2021Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W124 2216900-1/25E
W124 2216902-1/24E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , und 2. mj. XXXX , geb. XXXX , dieser gesetzlich vertreten durch: XXXX , beide StA. Afghanistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX (betreffend 1.) und Zl. XXXX (betreffend 2.), nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am XXXX und am XXXX zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide werden gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide wird stattgegeben und XXXX sowie XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX sowie XXXX jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres erteilt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Die Beschwerdeführer (in der Folge: BF) sind Staatsangehörige Afghanistans. XXXX , der Erstbeschwerdeführer (in der Folge: BF 1), ist der Vater von XXXX , dem minderjährigen Zweitbeschwerdeführer (in der Folge: BF 2).
I.1.1. Der BF 1 stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und gab am selben Tag im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, dass er am XXXX geboren sei und aus der afghanischen Provinz Uruzgan stamme. Seine Erstsprache sei Dari. Er gehöre der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Glaubensgemeinschaft des Islam an. In Uruzgan habe er insgesamt neun Jahre die Schule besucht. Zuletzt habe er im Iran gelebt.
Zu seinen Fluchtgründen führte er an, dass er in Afghanistan Mitglied der Partei „Harakate Islami“ gewesen sei und von Mitgliedern der Partei „Wahdat Meli“ mit dem Umbringen bedroht worden sei. Daher habe er Afghanistan vor 15 Jahren verlassen und sei in den Iran verzogen. Nachdem sein nunmehr in Österreich wohnhafter Sohn XXXX mit seiner Frau in den Iran geflüchtet sei, seien sie von den Halbbrüdern seiner Schwiegertochter verfolgt und im Iran aufgespürt worden. Aus diesem Grund habe er mit seiner Schwiegertochter den Iran verlassen müssen. Der BF 2 sei ebenfalls mit ihnen geflüchtet, auf dem Weg zwischen Mazedonien und Serbien habe ihn der BF 1 jedoch verloren. Sein Sohn XXXX habe bereits vor der Flucht der BF in Österreich gelebt.
I.1.2. Der BF 2 stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am selben Tag in Anwesenheit des BF 1 erstbefragt. Zu seiner Person führte er an, er sei am XXXX geboren, habe in Teheran von XXXX bis XXXX die Schule besucht und spreche Dari. Er gehöre der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Glaubensgemeinschaft des Islams an. Zu seiner Flucht führte er an, er sei mit seinem Vater und seiner „Tante“ vor etwa vier Monaten aus dem Iran geflüchtet. In Mazedonien sei er versehentlich in ein anderes Auto gestiegen als sein Vater, da alles immer sehr schnell gehen habe müssen. Daher habe er seine Flucht nach Österreich alleine fortgesetzt. Zu den Fluchtgründen führte er an, er sei lediglich mit seinem Vater mitgegangen und habe keine eigenen Fluchtgründe.
I.1.3. Am XXXX brachte der BF 1 einen Taufschein in Vorlage, welchem zu entnehmen ist, dass er XXXX in der Evangelischen Kirche „ XXXX “ in XXXX getauft worden sei.
I.2. Am XXXX erfolgte die niederschriftliche Einvernahme der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) in Anwesenheit einer Vertrauensperson sowie unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Farsi.
I.2.1. Der BF 1 gab im Rahmen seiner Befragung zu seinem Gesundheitszustand an, er leide an keinen Krankheiten, befinde sich nicht in ärztlicher Behandlung und nehme keine Medikamente; allerdings sei er vergesslich. Befragt, ob der BF 2 in ärztlicher Behandlung sei, führte der BF 1 an, nur bei Bedarf, wie etwa bei Erkältungen, würden sie einen Arzt aufsuchen.
Zu seiner Person führte er unter anderem an, dass er verheiratet sei und sechs Kinder habe. In seinem Geburtsort in der Provinz Uruzgan habe er acht Jahre die Schule besucht. Sein Beruf sei Verkäufer gewesen, dies auch im Iran. Im Herkunftsstaat habe er in einem Eigentumshaus gewohnt. Dort würden jetzt seine Stiefmutter und seine Halbgeschwister leben, genau wisse er es nicht. Er sei das einzige Kind seiner Mutter. Zu seinen Halbgeschwistern habe er keinen Kontakt. Seine Eltern seien bereits verstorben, vom Tod seines Vaters habe er erst in Österreich erfahren. Landsleute, die von Afghanistan in den Iran gekommen seien, hätten ihm davon berichtet. Seine zwei Töchter sowie zwei seiner Söhne würden im Iran bei seiner Ehefrau leben. Zu Angehörigen im Herkunftsstaat, konkret zu seinem Vater, habe er zuletzt vor sechs oder sieben Jahren Kontakt gehabt. In der afghanischen Gesellschaft gebe es im Übrigen keine gute Beziehung zu der Stiefmutter und den Stiefgeschwistern. Die Cousins des BF 1 würden im Iran leben. In Österreich würden sein Sohn XXXX , seine Schwiegertochter sowie der BF 2 wohnen.
Zu den Gründen für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat führte er an, in Afghanistan würden sie als Angehörige der Volksgruppe der Hazara verfolgt werden. Hazara würden auch aus religiösen Gründen verfolgt werden, da sie Schiiten seien. Befragt, ob er jemals im Herkunftsstaat Probleme mit der Polizei gehabt habe, führte er an, damals habe es keine Regierung und auch keine Polizisten gegeben. Vor 18 Jahren habe er Afghanistan verlassen und sei in den Iran verzogen. Er habe der „Harakat-Partei“ angehört und habe aus diesem Grund Probleme gehabt. Es sei eine regionale Partei gewesen, deren Mitglieder von der Wahdat-Partei verfolgt worden seien. Im Alter von 21 Jahren sei er für die Dauer von 10 bis 11 Monaten in der Provinz Daikundi im Gefängnis gewesen, da er der Harakat-Partei angehört habe. Nach der Freilassung sei er in den Iran geflüchtet.
Auf Nachfrage gab er an, er sei zunächst alleine geflüchtet und seine Ehefrau sei dann in den Iran nachgekommen. Vor 28 Jahren sei er ins Gefängnis gekommen. Danach sei er in den Iran geflüchtet. Fünf Jahre nach seiner Flucht sei er einmal noch in Afghanistan gewesen, habe seine nunmehrige Ehefrau geheiratet und sei dann – aufgrund der neuerlichen Bedrohung und Verfolgung durch die Wahdat-Partei – wieder in den Iran geflüchtet. Ein Jahr nach seiner Flucht – sohin vor 18 Jahren - sei seine Frau nachgekommen. Sein Sohn XXXX und seine Tochter XXXX seien in Afghanistan geboren, seine vier weiteren Kindern seien im Iran geboren.
Zu seiner Glaubensüberzeugung führte er an, er habe das erste Mal die Kirche betreten, als sein Sohn XXXX getauft worden sei. Dies sei ein bis zwei Monate nach seiner Ankunft in Österreich gewesen. Auf Nachfrage führte er an, seine Ehefrau und jene Kinder, die bei ihr leben würden, seien Moslems. Seine Ehefrau wisse von seinem Glaubenswechsel und es sei kein Problem für sie. Er habe seine Ehefrau nach der Taufe über seine Konversion informiert. Allerdings würden seine Mitbewohner im Quartier von seiner Konversion nichts wissen. Sie seien Afghanen und sehr religiös.
Im Rahmen der weiteren Befragung führte er an, die Gottesdienste würden auf Deutsch stattfinden. Manchmal sei ein Farsi-Dolmetscher da. Die Taufvorbereitung sei auf Deutsch erfolgt und sei in Farsi übersetzt worden. Insgesamt hätten fünf bis sechs Personen an der rund viermonatigen Taufvorbereitung teilgenommen.
Als sein Sohn XXXX getauft worden sei, habe er ein gutes Gefühl gehabt, da er sich seine Religion selbst ausgesucht habe. Bereits vor seiner Einreise in Österreich habe er Interesse für Jesus Christus und seinen Charakter gehabt. Dieses Interesse habe sich bei der Taufe seines Sohnes verstärkt, woraufhin er die Kirche besucht und sich selbst auf die Taufe vorbereitet habe. Im Iran habe er keine Bibel gehabt, aber er habe über diverse Quellen Informationen über das Christentum bezogen.
Den Taufvorbereitungskurs habe XXXX geleitet. Bei der Taufvorbereitung sei kein Dolmetscher anwesend gewesen. Sie hätten Unterlagen auf Deutsch samt persischer Übersetzung erhalten. Die Bibel hätten sie in einer Fassung in Farsi bekommen. Während des Gottesdienstes würden jene Teilnehmer, die Farsi sprechen, die jeweiligen Texte auf Farsi vorlesen, wenn auf Deutsch vorgebetet werde.
Zu seinen Beweggründen für die Konversion führte er an, es sei wegen des eigenartigen Charakters von Jesus Christus gewesen. Er sei gekommen, um die Menschen zu führen und zu retten. Er sei gekreuzigt worden, damit die Sünden vergeben werden. Selbst am Kreuz habe er den Vater gebeten, denjenigen, die ihn gekreuzigt haben, zu vergeben, weil er der Meinung gewesen sei, sie wüssten nicht, was sie getan hätten. In der Bibel beeindrucke ihn vor allem die Auferstehung.
In der Folge wurden dem BF Wissensfragen zum Christentum gestellt. Er führte zusammengefasst an, die Kreuzigung sei am Karfreitag gewesen, drei Tage danach sei Jesus auferstanden. Das höchste Fest in der evangelischen Kirche sei das Osterfest. Befragt, welche Kirchen es im Christentum gebe, führte er an, es gebe Katholiken, Evangelische und andere, worüber er nicht gelesen habe. Die Taufe bedeute den Glauben an Jesus Christus; gleichzeitig bedeute es ein neues Leben. Die Mutter von Jesus sei Maria gewesen. Befragt, welche Sakramente es bei der evangelischen Kirche gebe, führte er an, er kenne nur die Dreifaltigkeit, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Es gebe auch andere, die er nicht kenne. Auf Nachfrage gab der BF 1 das Glaubensbekenntnis wieder und nannte die zehn Gebote korrekt, wenngleich nicht in der richtigen Reihenfolge. Zu den Gemeinsamkeiten zwischen Islam und Christentum führte der BF an, das Christentum sei eine Religion, ein Glaube der Liebe. Mohammed habe im Alter von 52 Jahren ein Mädchen im Alter von 6 Jahren als Frau gewählt. Er habe das Mädchen geheiratet, als es 9 Jahre alt gewesen sei. Im Alter von 25 habe er eine um 15 Jahre ältere Frau wegen ihres Reichtums geheiratet. Insgesamt habe er 9 Ehefrauen gehabt und habe den Dschihad gegen jene ausgerufen, die ihm nicht Folge geleistet hätten. Das Eigentum der Besiegten habe er als Kriegsbeute und die Frauen als Sklavinnen genommen. Es gebe fast keine Gemeinsamkeiten. Die Auferstehung von Jesus Christus sei unvergleichbar. Im Islam gebe es auch nichts Vergleichbares wie die Taufe.
Der BF 1 gehe am Sonntag in XXXX zum Gottesdienst um 10.00 Uhr. Unter der Woche bete er zuhause. Sein Sohn XXXX begleitet ihn zur Messe, wenn er nicht arbeiten müsse. Die religiöse Zukunft seiner Frau und seiner Kinder stelle er sich so vor, dass sie sich aussuchen können, woran sie glauben.
Zu seinem Engagement in der Kirche führte er an, er nehme an fast allen kirchlichen Anlässen teil, wie etwa Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Jeden dritten Sonntag des Monats würden sie in der Kirche Brot essen, Wein trinken und sich an Jesus Christus erinnern.
Vor seiner Auseinandersetzung mit dem Christentum sei er nicht religiös gewesen. Bereits in Afghanistan habe er damit Probleme gehabt. Er habe nicht gefastet und keinen Religionsunterricht besucht. Den Koran habe er gelesen, dessen Sinn aber nicht erfasst.
Zu seinen Rückkehrbefürchtungen gab der BF 1 an, er könne sich nicht in Afghanistan ansiedeln, da seine Feinde noch am Leben seien. Überdies werde er in Afghanistan als Christ verfolgt. Abgesehen von dieser Bedrohung wäre er allerdings in der Lage, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen und seinen Lebensunterhalt eigenständig zu bestreiten.
Befragt, warum er nach Österreich gekommen sei, führte er an, er habe seine Schwiegertochter zu seinem Sohn bringen wollen. Sein Sohn sei in Österreich, seine Schwiegertochter sei von ihren Halbbrüdern bedroht worden. Sie hätten keine Sicherheit vor ihnen gehabt. Eigentlich hätten sie alle Familienmitglieder mitnehmen wollen. Da seine Frau eine Operation gehabt habe und sich um ein kleines Kind kümmern müsse, habe sie nicht mitkommen können.
In Bezug auf die Fluchtgründe des BF 2 führte der BF 1 an, Afghanistan sei nicht sicher und sein Sohn sei nie in Afghanistan gewesen. Er sei im Iran geboren worden. Ihm drohe im Herkunftsstaat Zwangsrekrutierung. Ferner laufe er im Iran Gefahr, dass er in den Krieg nach Syrien ziehen müsse.
Nach Rückübersetzung gab der BF 1 an, er habe die Frage nach den Gemeinsamkeiten der zwei Religionen mit den Gemeinsamkeiten der zwei Propheten Mohammed und Jesus Christus verwechselt. Der Islam habe eher mit der katholischen Kirche Gemeinsamkeiten als mit der evangelischen Kirche. In der katholischen Kirche dürften Frauen nicht Priesterinnen werden und dürften Frauen im Islam auch nicht Mojtahid werden. Wenn es irgendwelche Gemeinsamkeiten zwischen dem Islam und anderen Religionen geben würde, liege es darin, dass im Islam sehr viele Elemente von seinen Vorgängerreligionen übernommen worden seien und der Islam sozusagen eine schlechte Kopie sei.
I.2.2. Der BF 2 gab im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt ergänzend zu seiner Person an, er habe im Iran über eine Aufenthaltskarte verfügt und habe eine iranische Schule besucht. Im Iran hätten sie in einem gemieteten Haus gelebt.
Zu seiner Religion führte er an, er sei seit seiner Taufe am XXXX Christ. Zu seinen Beweggründen für seine Konversion gab er an, er habe von seinen Freunden über das Christentum gehört und es habe sein Interesse geweckt. Zusätzlich hätten ihm sein Vater und sein älterer Bruder vom Christentum erzählt. Seit circa einem Jahr interessiere er sich fürs Christentum. Zur Bedeutung der Taufe führte er an, wer getauft werde, zähle zu den Söhnen Gottes. Die Taufvorbereitung habe circa vier Monate gedauert, seit Juli 2018. Seit September 2018 bekomme er Konfirmationsunterricht bei der Kirche. Am Religionsunterricht in der Schule gefalle ihm, dass sie über Jesus Christus lernen würden. Befragt, ob er im Ramadan 2018 gefastet habe, führte er an, er habe noch nie gefastet. Auch seine Eltern hätten früher nicht gefastet.
In Begleitung seines älteren Bruders sei der BF 2 zur Pastorin gegangen und habe sich zur Taufvorbereitung angemeldet. Er sei freiwillig Christ geworden. Durch Gespräche mit Freunden sei der erste Kontakt zur Religion entstanden. Seit er Christ sei, habe er eine innere Ruhe. Von seinen afghanischen Freunden wisse nur ein Freund nicht von der Konversion.
Im Rahmen der Befragung zu seinem Wissen über das Christentum gab der BF 2 nach Aufforderung das Glaubensbekenntnis wieder. Nach den 10 Geboten befragt, führte er an, man solle Respekt vor den Eltern haben, nicht lügen und niemanden umbringen. Auf Deutsch merkte er an, man solle sich kein Bild von Gott machen. Er erklärte, Jesus Christus sei der Sohn Gottes gewesen. Zur Auferstehung führte er an, dies bedeute, dass Jesus Christus am dritten Tag nach der Kreuzigung auferstanden sei. Der höchste Feiertag sei Ostern. Über die Sintflut habe er noch nicht gelernt, er wisse jedoch, dass Jesus Christus zwölf Jünger gehabt habe. Auf die Frage, ob er die Evangelisten kenne, antwortete er: „Jakob, Simon, …“. Die Nachfrage, ob er damit die Jünger meine, bejahte er.
Der BF 2 habe zwar keine Bibel, bekomme aber in der Schule und in der Kirche Religionsunterricht. Seine Mutter wisse nichts von seiner Konversion. Er wisse nicht, wann er zuletzt Kontakt zu ihr gehabt habe. Ebenso wenig wisse er, warum sie im Iran verblieben sei.
Befragt, in welchem Glauben er erzogen worden sei, führte der BF 2 an, sie seien frei erzogen worden, da sein Vater gewollt habe, dass die Kinder die Religion selbst aussuchen. Dies sei auch die Meinung seiner Mutter gewesen.
Ergänzend merkte er an, er wisse über das Christentum mehr, als er in der Einvernahme gesagt habe.
I.2.3. Im Zuge der Einvernahme wurden (unter anderem) folgende verfahrensrelevante Unterlagen betreffend den BF 1 in Vorlage gebracht:
? Tazkira ohne Übersetzung;
? Bestätigungsschreiben der Pfarrerin XXXX vom XXXX wonach der BF 1 am XXXX seinen Sohn XXXX zur Taufe in der Evangelischen Kirche begleitet habe und seither regelmäßig Gottesdienste besuche. Er habe ihn zahlreichen Gesprächen Taufunterricht gemäß der „Handreichung für Taufanfragen, Taufunterricht und Taufe von Asylsuchenden“ der Evangelische Kirche A.B. und H.B. erhalten. Die Handreichung sei von der Pfarrerin unter anderem durch die Erläuterung der Unterschiede zwischen den evangelischen Bekenntnissen A.B. (Augsburger Bekenntnis) und H.B. (Helvetisches Bekenntnis) ergänzt worden. Der BF 1 habe überzeugend den Wunsch vorgebracht, getauft zu werden. Er habe das Bekenntnis Evangelisch H.B. und den Namen „David“ als christlichen Taufnamen gewählt. Der BF 1 habe sich gut in die Gemeinde integriert und engagiere sich ehrenamtlich in der Gemeinde bei der Pflege des Friedhofs und der Außenanlagen des Evangelischen Gemeindezentrums;
? Lichtbilder von der Taufe.
Betreffend den BF 2 wurden (unter anderem) folgende verfahrensrelevante Unterlagen (in Kopie) vorgelegt:
? Taufschein des BF 2, wonach er am XXXX in der evangelischen Kirche „ XXXX “ in XXXX getauft wurde;
? Bestätigungsschreiben der Pfarrerin XXXX vom XXXX , wonach der BF 2 von seinem Vater und seinem Bruder an den christlichen Glauben herangeführt worden sei und mit ihnen die „Handreichung für Taufanfragen, Taufunterricht und Taufe von Asylsuchenden“ der Evangelischen Kirche A.B. und H.B. gelesen und besprochen habe. Die Handreichung sei von der Pfarrerin ergänzt worden, unter anderem durch Erläuterungen der Unterschiede zwischen den evangelischen Bekenntnissen A.B. und H.B. Nach einem Prozess der Selbstfindung und reiflicher Überlegung, bestimmt durch die pubertäre Entwicklung sowie durch die Integration in sein kulturelles Umfeld, habe der BF 2 ab Juli 2018 begonnen, Gottesdienste der Evangelischen Pfarrgemeinde zu besuchen. Ab Schuljahresbeginn habe er am Evangelischen Religionsunterricht für Mittelschüler und am Konfirmandenunterricht teilgenommen. Am XXXX sei die Taufe vollzogen worden, da sich der BF 2 mit den Werten des christlichen Glaubens identifiziere und überzeugend den Wunsch vorgebracht habe, getauft zu werden. Er habe das Bekenntnis Evangelisch H.B. und den Namen „Benjamin“ als christlichen Taufnamen gewählt. Die Konfirmation sei zu Pfingsten 2019 geplant;
? Konvolut an Lichtbildern betreffend seine Taufe;
? Auszüge aus dem Unterrichtsbuch des XXXX Katechismus;
? Schulbesuchsbestätigung einer Mittelschule für das Schuljahr XXXX ;
? Schulbesuchsbestätigung einer neuen Mittelschule für das Schuljahr XXXX ;
? Jahreszeugnis für die dritte Klasse einer Neuen Mittelschule betreffend das Schuljahr XXXX , wonach der BF sämtliche Fächer positiv abgeschlossen hat.
I.2.4. Am XXXX langte beim Bundesamt eine Stellungnahme der BF ein, in welcher das Fluchtvorbringen des BF 1 zusammengefasst wiederholt und auf verschiedene allgemeine Länderberichte zur Lage in Afghanistan verwiesen wurde. In Bezug auf die Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates wurde unter anderem ausgeführt, dass der BF 1 etwa fünf Jahre nach seiner [ersten] Flucht nach Afghanistan zurückgekehrt sei und seine Frau geheiratet habe. Da er aber weiterhin verfolgt worden sei, habe er neuerlich in den Iran fliehen müssen. Etwa ein Monat später sei seine Ehefrau mit den Kindern nachgekommen. In der Einvernahme sei fälschlicherweise protokolliert worden, sie sei erst ein Jahr später nachgekommen.
Ergänzend wurde ausgeführt, dass im Iran afghanische Staatsangehörige in den Krieg nach Syrien ziehen müsste. Weiter wurde auf die Gefährdung von Rückkehrenden aus Europa hingewiesen, welche in Afghanistan den Ruf hätten, westlich, „unafghanisch“ und ungläubig geworden zu sein. Dies gehe aus dem Gutachten von Friederike Stahlmann hervor. Demnach würde der Aufenthalt in Europa für die Annahme der Apostasie ausreichen. Für Rückkehrende bestehe eine Nachweispflicht, dass sie von religiösen und sozialen Riten überzeugt seien, weshalb sie diese ohne Abweichungen zu erfüllen hätten. Der BF 2 kenne sich mit den religiösen und sozialen Riten Afghanistans jedoch nicht aus. Zudem würden die BF ihre Religion öffentlich ausüben und wollten ihre innere Überzeugung nicht mehr leugnen. Weiter bestehe für sie die Gefahr der Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara.
Ferner sei es nach dem langjährigen Aufenthalt im Iran und insbesondere seit der Einreise in Österreich für die BF nicht vorstellbar, sich dem radikalen System in Afghanistan unterzuordnen. Eine Rückkehr in die Provinz Uruzgan sei ihnen aufgrund der volatilen Sicherheitslage nicht möglich. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe den BF nicht offen. Die schlechte Sicherheits- und Versorgungslage stehe einer Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegen. Der BF 1 sei schon vor langer Zeit in den Iran geflohen. Der BF 2 sei dort geboren. Sie hätten keinen Kontakt mehr nach Afghanistan und würden dort über keinen Zugang zu Land und ähnlichen Ressourcen zu verfügen. Ausreichender Zugang zu Trinkwasser, Lebensmitteln oder Arbeit sei dort nicht gewährleistet. Auch aufgrund ihrer Integrationsleistungen sei die Erlassung einer Rückkehrentscheidung unzulässig.
I.3. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom XXXX wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz betreffend die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie betreffend die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 wurde ihnen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen sie wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Ferner wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden gemäß § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).
I.4. Mit fristgerechter Beschwerde vom XXXX wurden diese Bescheide von den BF im Wege ihrer Vertretung vollinhaltlich wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten. Begründend wurde im Wesentlichen nach Darstellung des Sachverhalts ausgeführt, die BF hätten vor dem Bundesamt angegeben, dass dem Sohn des BF 1 bzw. dem Bruder des BF 2 in Österreich der Status des Asylberechtigten zukomme, da er zum Christentum konvertiert sei. Die BF würden ihr Fluchtvorbringen ebenso darauf stützen, dass sie zum Christentum konvertiert seien. Folglich hätte sich das Bundesamt näher mit diesem Vorbringen befassen müssen. Die BF hätten detaillierte Angaben zu ihrem Glauben gemacht und hätten Wissensfragen hervorragend beantworten können. Ihren Angaben lasse sich eine intensive Auseinandersetzung mit dem Glauben entnehmen. Die Behörde habe es verabsäumt, den Pfarrer [gemeint wohl die Pfarrerin] oder andere Kirchenmitglieder zur Konversion der BF einzuvernehmen. Folglich werde der Antrag gestellt, XXXX , Pfarrerin der evangelischen Pfarrgemeinde XXXX , einzuvernehmen.
In der Folge wurde das Fluchtvorbringen der BF wiederholt und auf ihre positive Integration hingewiesen. Weiter wurde moniert, dass die Auseinandersetzung der Behörde mit der Frage des Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative mangelhaft sei, zumal diesbezüglich keine ausreichenden Ermittlungen durchgeführt worden seien. Schließlich wurde auf die Judikatur des BVwG sowie des VfGH verwiesen. Die aktuellen UNHCR-Richtlinien wurden auszugsweise wiedergegeben und festgehalten, dass aufgrund der allgemeinen Lage in afghanischen Städten einerseits sowie der individuellen Situation der BF andererseits gegenständlich die Voraussetzungen für eine zumutbare interne Schutzalternative nicht vorliegen würden. Die BF hätten mangels eines Netzwerks keine Möglichkeit, den notwendigen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Sie hätten keinen Zugang zu einer Unterkunft, ausreichend Trinkwasser und Ernährung. Daraufhin wurden die allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative dargelegt. In Bezug auf das Verfahren wurde moniert, dass den BF nicht die Möglichkeit eingeräumt worden sei, zu allfälligen Widersprüchen Stellung zu beziehen. Weiter wurde ausgeführt, dass die von der Behörde herangezogenen Länderberichte unvollständig, veraltet und nur allgemein gehalten seien. In der Folge wurden verschiedene Berichte zu der Schutzfähigkeit und –willigkeit des afghanischen Staates, zur Lage der Hazara, zu Apostasie, zur Sicherheits- und Versorgungslage in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif sowie zur Situation von Rückkehrenden auszugsweise wiedergegeben und erörtert.
Schließlich wurde ausgeführt, dass die BF viele Beweismittel vorgelegt hätten, die ihre Verfolgungsgefahr, aber auch ihre weit fortgeschrittene Integration aufzeigen würden. Diese seien von der Behörde jedoch nicht gewürdigt worden. Insbesondere die Taufunterlagen seien von hoher Relevanz und hätten jedenfalls berücksichtigt werden müssen. Die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates seien überdies mangelhaft und würden keinen konkreten Bezug zu den BF aufweisen. Ferner bleibe offen, ob die Behörde davon ausgehe, dass die BF zum Christentum konvertiert und getauft worden seien. So sei zunächst festgestellt worden, dass die BF Schiiten seien, während in weiterer Folge ausgeführt worden sei, sie würden der evangelischen Kirche angehören. Feststellungen zur Gefahr der Verfolgung aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit seien nicht getroffen worden. Weiter habe es die Behörde verabsäumt sich mit dem Umstand auseinanderzusetzen, dass den BF im Herkunftsstaat Ungläubigkeit unterstellt werde, da sie vom Islam abgefallen seien und darüber hinaus in einem westlichen Land leben würden. Die Feststellungen, wonach der BF 1 nie einer politischen Partei angehört habe und nie in Haft gewesen sei, erweise sich als aktenwidrig. Zudem hätte festgestellt werden müssen, dass der BF 2 Deutsch auf dem Sprachniveau B1 beherrsche und sehr gut integriert sei. Unrichtig sei überdies, dass die BF in Afghanistan über Angehörige verfügen würden. Die Argumentation, wonach die Identität des BF 1 nicht festgestellt werden habe können, sei nicht schlüssig, da der BF 1 seine Tazkira vorgelegt habe. Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass es in der Erstbefragung zu einem Missverständnis gekommen sei, da diese sehr hektisch verlaufen sei. Tatsächlich seien die ältesten Kinder des BF 1 in Afghanistan geboren. Seit der Flucht des BF 1 im Alter von 21 Jahren (nicht vor 21 Jahren) würden alle im Iran leben. Der BF 1 habe im Alter von 21 Jahren verlassen und sei im Alter von 27 Jahren kurz zurückgekehrt, um seine Frau zu heiraten. Nach zwei Jahren hätten sie gemeinsam Afghanistan verlassen und würden seither im Iran leben. Insoweit sich die Behörde auf das Vorbringen des BF 1 in der Erstbefragung stütze, sei auf das Verbot der näheren Befragung zu den Fluchtgründen bei der polizeilichen Erstbefragung verwiesen.
Unrichtig sei überdies, dass der BF 1 vor der Einreise nach Österreich kein Interesse am christlichen Glauben gehabt habe. Im Iran habe er seinen Glauben nicht öffentlich ausleben können, weshalb er sich in Österreich taufen habe lassen. Interesse habe aber schon im Iran bestanden. Weiters habe die Behörde unterstellt, dass der BF 1 seinen Glauben nach der Rückkehr nicht beibehalten werde. Diesbezüglich habe die Behörde jedoch keine Fragen gestellt, weshalb ein derartiger Rückschluss unzulässig sei. Hingewiesen wurde weiter darauf, dass die Behörden in Afghanistan nicht davon Kenntnis erlangt hätten, dass die BF konvertiert seien. Für die Zuerkennung des Schutzstatus sei es aber rausreichend, dass sie ihren Glauben unterdrücken müssten. Zwar seien die BF aus innerer Überzeugung konvertiert, für die Annahme einer Verfolgung reiche es aber aus, dass sie sich mit dem Christentum überhaupt befassen und sich taufen haben lassen.
Die Behörde habe zudem unberücksichtigt gelassen, dass die BF einen Sohn bzw. Bruder hätten, mit welchem intensiver Kontakt bestehe. Sie würden sich regelmäßig treffen und gegenseitig unterstützen. Folglich würden die BF in Österreich über ein Familienleben verfügen. Ein Abgleich des Fluchtvorbringens mit den einschlägigen, aktuellen Länderberichten sei der Beweiswürdigung in den angefochtenen Bescheiden nicht zu entnehmen.
Zusammengefasst wurde festgehalten, dass den BF aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, ihres Aufenthalts in Europa sowie ihrer Konversion zum Christentum Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention drohe und ihnen der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen sei. Zudem bestehe für sie die Gefahr einer politischen Verfolgung aufgrund der ehemaligen Tätigkeit des BF 1. In eventu sei den BF der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. Zu Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide wurde weiter ausgeführt, dass im Fall der BF jedenfalls ein schützenswertes Familienleben vorliege, da sie sehr intensiven Kontakt zu ihrem Sohn bzw. Bruder in Österreich hätten. Der BF 2 beherrsche Deutsch auf dem Sprachniveau B1, besuche die Mittelschule und habe zahlreiche Freunde. Der BF 2 helfe bei wohltätigen Vereinen und spreche ebenfalls Deutsch. Er arbeite auch bei der Caritas und sei ein wichtiger Teil der Gesellschaft. Die BF würden sich zudem bereits seit drei Jahren in Österreich befinden. Daher wäre zumindest ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK zu erteilen gewesen.
I.5. Am XXXX langten die Beschwerdevorlagen beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.6. Mit Ladungen vom XXXX wurden den BF Länderberichte zur Situation in Afghanistan zur Stellungnahme übermittelt.
I.7. Am XXXX fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung unter Beziehung eines Dolmetschers für die Sprache Dari vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.
Im Rahmen der Einvernahme wurden (unter anderem) folgende verfahrensrelevante Unterlagen in Kopie vorgelegt:
? Befundbericht vom XXXX für BF1 (Beilage ./1);
? Schreiben der Pastorin vom XXXX bzw. XXXX (Beilage ./3);
? Jahreszeugnis der ersten Handelsakademie (Beilage ./7).
Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:
[…]
R befragt den Beschwerdeführer, ob dieser geistig und körperlich in der Lage ist der heutigen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen. Nun wird der Beschwerdeführer befragt, ob er gesund ist oder ob bei ihm (Krankheiten) und /oder Leiden vorliegen. Diese Fragen werden vom Beschwerdeführer dahingehend beantwortet, dass keine Hindernisgründe oder chronische Krankheiten und Leiden vorliegen. Der Beschwerdeführer ist in der Lage der Verhandlung in vollem Umfang zu folgen.
BF1: Ich habe grundsätzlich Schlafstörungen, habe aber keine Probleme heute der Verhandlung zu folgen. BF2: Nein, keine.
Den Beschwerdeführer wird dargelegt, dass sie am Verfahren entsprechend mitzuwirken haben bzw. auf die Fragen wahrheitsgemäß zu antworten hat. Andernfalls dies sich entsprechend im Erkenntnis im Bundesverwaltungsgerichtes auswirken würde.
[…]
Der BF2 wird ab 9:22 Uhr einvernommen, der BF1 verlässt den Verhandlungssaal, die RV befindet sich als Vertreterin im Verhandlungssaal.
R: Sagen Sie mir Ihren vollständigen Namen und Ihr Geburtsdatum.
BF2 (auf Deutsch): Mein Name ist XXXX , ich habe noch einen christlichen Namen, der ist Benjamin. Mein Geburtsdatum XXXX .
R: Wo sind Sie geboren?
BF2 (auf Deutsch): Im Iran, Teheran.
R: Wie viele Geschwister?
BF2 (auf Deutsch): Ich habe fünf Geschwister.
R: Wie viele Brüder und Schwestern?
BF2 (auf Deutsch): Drei Brüder und zwei Schwestern.
R: Wo halten sich Ihre Geschwister auf?
BF2 (auf Deutsch): Mein älterer Bruder XXXX , ist hier in Österreich und zwei Schwestern und zwei Brüder sind im Iran bei meiner Mutter.
R: Wo lebt Ihr älterer Bruder?
BF2 (auf Deutsch): In XXXX .
R: Seit wann ist Ihr Bruder XXXX in Österreich?
BF2 (auf Deutsch): Seit ungefähr fünf oder sechs Jahren.
R: Wann sind Sie nach Österreich gekommen?
BF2 (auf Deutsch): Ich bin vor viereinhalb Jahren nach Österreich gekommen.
R: Wissen Sie welchen Aufenthaltsstatus Ihr älterer Bruder in Österreich hat, hat er ein Asylverfahren abhängig? Ist das Asylverfahren abgeschlossen? Wie ist das Asylverfahren abgeschlossen?
BF2 (auf Deutsch): Er hat einen positiven Bescheid bekommen.
R: Seit wann hat Ihr Vater im Iran gelebt? Wann ist Ihr Vater in den Iran gekommen?
BF2 (auf Deutsch): Vor 20 Jahren.
R: Warum ist Ihr Vater in den Iran gekommen?
BF2 (auf Deutsch): Ich habe von ihm gehört, dass er Probleme in Afghanistan hatte, den genauen Grund weiß ich nicht.
R: Haben Sie Ihren Vater gefragt, warum er von Afghanistan in den Iran gegangen ist?
BF2 (auf Deutsch): Nein.
R: Hat es Sie interessiert, warum Ihr Vater in den Iran gegangen ist, warum Ihre Familie im Iran war und nicht in Afghanistan?
BF2 (auf Deutsch): Ich war noch klein.
R erklärt nochmals die Frage.
Hat Sie das jemals interessiert?
BF2 (auf Deutsch): Ich habe von meinem Vater gehört, dass er in Afghanistan bedroht wurde.
R: Von wem und warum?
BF2 (auf Deutsch): Das weiß ich nicht genau.
R: Haben Sie damals gefragt? Interessiert Sie das nicht?
BF2 (auf Deutsch): Es interessierte mich nicht.
R: Warum haben Sie so wenig Interesse, dass Ihre Familie in Afghanistan bedroht wurde?
BF2 (auf Deutsch): Was soll ich sagen, ich konzentriere mich nur auf meine Schule.
R: Gibt es einen Grund, warum das Ihnen eigentlich nicht interessiert?
BF2 (auf Deutsch): Nein.
R: Hat Ihnen Ihr Vater oder Ihre Mutter darüber erzählt, warum Sie von Afghanistan in den Iran gegangen sind?
BF2 (auf Deutsch): Er hat schon etwas erzählt, ich weiß es nicht mehr genau, es war etwas kompliziert.
R: Wo haben Sie mit Ihrem Vater bzw. Ihre Familie dann im Iran gelebt?
BF2 (auf Deutsch): In Teheran.
R: Durchgängig, die ganze Zeit?
BF2 (auf Deutsch): Ja.
R: Wie geht es Ihren Geschwistern? Wie geht es Ihrer Mutter im Iran?
BF2 (auf Deutsch): Das letzte Mal, als ich mit ihnen Kontakt hatte… Es geht ihnen gut.
R: Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt mit Ihrer Mutter bzw. Ihren Geschwistern?
BF2 (auf Deutsch): Es war vor zwei, drei Tagen.
R: Was war der Inhalt dieses Gesprächs?
BF2 (auf Deutsch): Einfach, wie es ihnen geht, sie haben auch uns gefragt.
R: Wie bestreiten Ihre Familienangehörigen derzeit im Iran ihren Lebensunterhalt? Von was lebt Ihre Familie im Iran?
BF2 (auf Deutsch): Ich verstehe die Frage nicht.
R erklärt die Frage.
BF2 (auf Deutsch): Meine Mutter arbeitet. Sie bekommt Gemüse und macht diese sauber und gibt dieses dann wieder zurück.
R: Arbeiten Ihre Geschwister, die im Iran sind auch?
BF2 (auf Deutsch): Nein.
R: Wie alt sind Ihre Geschwister, die im Iran sind?
BF2 (auf Deutsch): Meine ältere Schwester XXXX ist 20. Meine andere Schwester XXXX ist ca. 15, 16. Mein Bruder XXXX , er ist ca. 13 Jahre alt. Mein kleiner Bruder XXXX ist fünf Jahre alt.
R: Schickt Ihr älterer Bruder, der in Österreich ist, Geld in den Iran?
BF2 (auf Deutsch): Ja, manchmal.
R: Schicken Sie selbst bzw. Ihr Vater Geld in den Iran?
BF2 (auf Deutsch): Selten, das Geld brauchen wir selber.
R: Was hat Ihr Vater in Afghanistan bzw. im Iran gearbeitet?
BF2 (auf Deutsch): Afghanistan weiß ich nicht, aber im Iran hat er als Verkäufer für Obst gearbeitet.
R: Haben Sie selbst auch im Iran gearbeitet?
BF2 (auf Deutsch): Nein.
R: Welche Schul- und Berufsausbildung haben Sie – abgesehen davon, dass Sie die zweite Handelsakademie besuchen?
BF2 (auf Deutsch): Ich habe im Iran fünf Jahre die Schule besucht und abgeschlossen. In Österreich habe die Mittelschule, von der zweiten bis vierten Klasse fertiggemacht. Letztes Jahr habe ich die erste Klasse der Handelsakademie fertiggemacht, jetzt bin ich in der zweiten Klasse.
R: Arbeitet Ihr Vater in Österreich?
BF2 (auf Deutsch): Er darf eigentlich nicht arbeiten, aber wenn er Arbeiten von der Caritas bekommt, dann macht er es.
R: Leben sie in einem gemeinsamen Haus?
BF2 (auf Deutsch): Ja, mein Vater und ich.
R: Werden Sie von Ihrem älteren Bruder in XXXX unterstützt?
BF2 (auf Deutsch): Inwiefern?
R: In irgendeiner Art.
BF2 (auf Deutsch): Nein.
R: Unterstützungen Sie umgekehrt Ihren älteren Bruder in XXXX ?
BF2 (auf Deutsch): Auch nicht.
R: Ihr Vater?
BF2 (auf Deutsch): Nein.
R: Wie oft sind Sie mit Ihrem älteren Bruder in Kontakt, dass sie sich gegenseitig telefonieren?
BF2 (auf Deutsch): Wir telefonieren schon miteinander, in den letzten Sommerferien waren wir bei ihnen.
R: Was arbeitet Ihr älterer Bruder, der in XXXX ist?
BF2 (auf Deutsch): Jetzt arbeitet er nicht.
R: Warum arbeitet er jetzt nicht?
BF2 (auf Deutsch): Ich weiß es nicht.
R: Seit wann arbeitet er nicht?
BF2 (auf Deutsch): Das weiß ich auch nicht genau.
R: Ungefähr?
BF2 (auf Deutsch): Ich denke vielleicht ein Jahr oder so.
R: Was hat Ihr älterer Bruder für einen Beruf erlernt, welche Ausbildung hat er genossen?
BF2 (auf Deutsch): Er hat in einem Restaurant gearbeitet sowie auf einer Baustelle.
R: Beschreiben Sie mir einen typischen Alltag, wenn Sie aufstehen, was Sie da genau machen, wenn Sie zu Bett gehen, wenn Sie nicht hier wären. Wie ist der normale Alltag, wenn Sie nicht bei der heutigen Verhandlung sind?
BF2 (auf Deutsch): Ich stehe um 5:30 Uhr auf und wasche mir das Gesicht, putze mir die Zähne, mache ein bisschen Sport, entweder zu Hause oder jogge. Um 7 Uhr muss ich mit dem Zug zur Schule gehen. Die Schule fängt um 7:45 Uhr an. Aber es ist unterschiedlich, wir haben manchmal Nachmittagsunterricht, manchmal nicht. Nach der Schule gehe ich manchmal zu meinen Freunden oder umgekehrt, meine Freunde kommen zu mir. Wenn wir miteinander sind, bei uns oder bei ihnen, dann machen wir die Hausübungen oder wir spielen miteinander oder wir gehen auch raus. Wir gehen auch manchmal wandern, weil es dort viele Berge gibt.
R: Was ist Ihr Lieblingsberg dort?
BF2 (auf Deutsch): XXXX . Mit den Freunden gehen wir im Winter auch Schifahren.
Fußballspielen gehen wir auch und auch im Sommer schwimmen.
R: Was machen Sie dann?
BF2 (auf Deutsch): Unter der Woche bin ich meistens bei meinen Freunden.
R: Wie lange?
BF2 (auf Deutsch): Vielleicht fünf Stunden oder so.
R: Wann gehen Sie dann nach Hause, wann gehen Sie zu Ihrem Vater?
BF2 (auf Deutsch): Zwischen 17 oder 18 Uhr. Nachgefragt, zurzeit weniger, wegen Corona.
R: Was tun Sie dann ab 17, 18 Uhr?
BF2 (auf Deutsch): Wenn ich nach Hause gehe, wenn mein Vater z. B. Deutschkurse hatte, helfe ich ihm bei den Hausaufgaben oder z. B. ich erzähle ihm, was ich an diesem Tag gemacht habe. Dann essen wir und dann gehe ich schlafen.
R: Wann gehen Sie ca. schlafen?
BF: Ca. 22 Uhr oder 22:30 Uhr.
R: Wie lange haben Sie im Iran gelebt?
BF: Ich bin im Iran geboren.
R wiederholt die Frage.
BF: Zwölf Jahre.
R: Was war dann der Auslöser, dass Sie nach zwölf Jahre den Iran verlassen haben, ohne Ihre Geschwister, ohne Ihre Mutter?
BF2 (auf Deutsch): Mein Vater und meine Schwägerin wollten den Iran verlassen und ich bin mit ihnen mitgekommen.
R: Hat es für Sie persönlich einen besonderen Grund gegeben, warum Sie den Iran verlassen haben?
BF2 (auf Deutsch): Es gab Probleme wegen meiner Schwägerin.
R wiederholt die Frage.
BF2 (auf Deutsch): Mein Vater hat mir gesagt, wenn ich im Iran bleibe, dann nehme mich Iraner vielleicht zum Krieg führen in Syrien.
R: Wie ist das mit Ihren Brüdern, die doch im Iran verblieben sind?
BF2 (auf Deutsch): Nur junge Menschen werden für den Krieg mitgenommen.
R: Wie es mit den Brüdern, die noch im Iran verblieben sind?
BF2 (auf Deutsch): Wie meinen Sie das genau?
R erklärt die Frage.
R: Wie ist es jetzt mir Ihren Geschwistern?
BF2 (auf Deutsch): Weiß ich nicht, vielleicht…
R: Die Schwägerin, ist die Frau Ihres Bruders, der bereits in XXXX wohnt?
BF2 (auf Deutsch): Ja.
R: Sind Sie gemeinsam mit Ihrem älteren Bruder ausgereist?
BF2 (auf Deutsch): Nein.
R: Ist er vor oder nach Ihnen ausgereist?
BF2 (auf Deutsch): Vorher.
Die Verhandlung wird um 9:55 Uhr unterbrochen und um 10:02 Uhr fortgesetzt.
BF1, RV und BehV betreten um 10:02 Uhr den Verhandlungssaal.
R an BF1: Wie heißen Sie und wann sind Sie geboren?
BF1: Ich bin im Jahr XXXX (D gibt an, ergibt etwa XXXX ) geboren, den Tag kenne ich nicht.
R: Wo sind Sie geboren, Dorf, Distrikt?
BF1: In der Provinz Uruzgan, Distrikt XXXX , Dorf XXXX .
R: Haben Sie an der von Ihnen angegeben Adresse, bis zum Verlassens Afghanistans gelebt?
BF1: Ja.
R: Haben Sie an der von Ihnen angegeben Adresse alleine gelebt?
BF1: An dieser Adresse haben mein Vater, meine Stiefmutter und acht Halbgeschwister (vier Halbbrüder und vier Halbschwestern) gelebt.
R: Wie viele Onkel vs. (väterlicherseits) haben Sie?
BF1: Ich hatte einen Onkel vs., aber der ist verstorben.
R: Wie viele Cousins, Cousinen haben Sie vs.?
BF1: Ich habe nur einen Cousin vs. und er lebt im Iran.
R: Wie viele Onkel ms. (mütterlicherseits) haben Sie?
BF1: Drei.
R: Wie viele Cousins, Cousinen ms.?
BF1: Mein Onkeln haben Kinder, aber ich weiß nicht viele wiele.
R: Wo leben Ihre Onkel ms.?
BF1: Sie sind alle verstorben, zwei in Afghanistan und einer im Iran.
R: Wo haben die Onkel ms. gelebt?
BF1: Einer im Iran und zwei in Afghanistan.
R: Wo genau?
BF1: Die zwei Onkel, die in Afghanistan gelebt haben lebten in XXXX in meinem Dorf. Der Onkel, der im Iran gelebt hat, lebte in XXXX .
R: Wer lebt in Ihrem Elternhaus?
BF1: Das weiß ich nicht, ich bin seit 20 Jahren aus Afghanistan weg.
R: Haben Ihre Eltern Felder bewirtschaftet, hatten diese eine Landwirtschaft?
BF1: Ja, sie besaßen Grundstücke, Landwirtschaft, dort waren sie tätig.
R: Wer betreibt heute diese Grundstücke? Wer hat die Grundstücke nach dem Tod Ihrer Eltern bekommen?
BF1: Ich weiß es nicht, möglicher Weise meine Halbbrüder.
R: Wann hatten Sie das letzte Mal mit Ihren Halbbrüdern Kontakt?
BF1: Ich habe keinen Kontakt mit ihnen.
R wiederholt Frage.
BF1: Das war vor 20 Jahren.
R: Warum ist da der Kontakt abgebrochen?
BF1: Wir hatten kein gutes Verhältnis miteinander, sie sind meine Halbbrüder, das ist in Afghanistan so üblich. Wir hatten kein gutes Verhältnis, weil ich auch kein gutes Verhältnis zu meiner Stiefmutter hatte.
R: Hat es dafür Gründe gegeben?
BF1: Sie mochte mich nicht.
R: Hat Ihr Vater mehrere Frauen gehabt?
BF1: Nur meine Stiefmutter und meine Mutter.
R: War Ihre Mutter die erste oder die zweite Frau?
BF1: Meine Mutter war die erste Frau, nach meiner Geburt ist sie verstorben.
R: Wann haben Sie konkret, genau Afghanistan verlassen, in welchem Jahr?
BF1: Ich kenne das Jahr nicht genau, es war vor ca. 20 Jahren.
R: Welche Schul- und Berufsausbildung haben Sie?
BF1: Bis zur achten Klasse habe ich die Schule besucht.
R: Wie alt waren Sie, als Sie Afghanistan verlassen haben?
BF1: Ca. 27 oder 28 Jahre alt.
R: Wie haben Sie in Afghanistan Ihren Lebensunterhalt bestritten?
BF1: Ich war in der Landwirtschaft tätig.
R: Wie viel Jahre?
BF1: Ca. 20 Jahre.
R: Als was waren Sie in der Landwirtschaft tätig, Feldanbau, Viehzucht?
BF1: Ich habe beim Anbauen geholfen und habe Schafe gehütet.
R: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?
BF1: Hazara.
R: Haben Sie seinerzeit Afghanistan alleine verlassen und sind Ihre Halbbrüder dort verblieben?
BF1: Ja, genau und die Halbbrüder sind dort verblieben.
R: Welche Volksgruppe gehörten Ihre Halbbrüder an?
BF1: Sie sind ebenfalls Hazara.
R: Wann haben Sie den Iran verlassen?
BF1: Ca. vor fünf Jahren.
R: Wie lange haben Sie im Iran gelebt?
BF1: Ca. 20 Jahre.
R: Wo?
BF1: In Teheran.
R: Wie haben Sie dort Ihren Lebensunterhalt bestritten?
BF1: Ich war dort als Verkäufer tätig.
R: Was haben Sie dort verkauft?
BF1: Obst habe ich verkauft.
R: Sprechen Sie Deutsch, verstehen Sie Deutsch?
BF1: Wenig, ein wenig verstehe ich, ein wenig kann ich sprechen.
R (Frage auf Deutsch): Können Sie mir erklären, was Sie machen, wenn Sie zu Hause sind, heute ist Mittwoch, wenn Sie aufstehen bis zum Bett gehen, was machen Sie da alles?
BF (auf Farsi): Ich habe nur einige Wörter verstanden, wie z. B. „Mittwoch“.
R: Das ist wenig.
R: Wie lange sind Sie in Österreich?
BF (auf Deutsch): 14 Jahre alte, drei Monate. Ich bin seit fünf.
R: Wie lange sind Sie in Österreich?
BF (auf Deutsch): Ich bin seit fünf Monate… 45 Jahre alt.
R (auf Deutsch): Haben Sie in Österreich schon einen Deutschkurs besucht?
BF1: (auf Deutsch): Ich habe in Österreich Deutschkurse gemacht..
R (auf Deutsch): Wann findet dieser Deutschkurs statt?
BF1 (auf Deutsch): Deutschkurs Stadt, in Feldkirch.
R (auf Deutsch): Wann findet dieser Deutschkurs statt?
BF1 (auf Deutsch): Wann findet Deutschkurs?
R (auf Deutsch): Wann?
BF1: (auf Deutsch): Jedes Jahr.
R (auf Deutsch): Gehen Sie derzeit, momentan in einen Deutschkurs?
BF1 (auf Deutsch): Deutschkurs (weiter auf Farsi).
R wiederholt die Frage (auf Farsi):
BF1: Momentan besuche ich keinen Deutschkurs, ich hatte aber am 24.10. eine Deutschprüfung abgelegt.
R (auf Deutsch): Haben Sie die Deutschprüfung bestanden?
BF1 (auf Deutsch): Ja, nein. Nicht bekommen.
R wiederholt die Frage: Haben Sie Prüfung positiv bestanden?
BF1 (auf Deutsch): Prüfung gemacht.
R wiederholt die Frage:
BF1 (auf Deutsch): Ja.
R (auf Deutsch): Haben Sie dafür ein Zeugnis bekommen?
BF1 (auf Deutsch): Ich verstehe, habe vergessen.
R ersucht den BF1 das Deutschzeugnis innerhalb einer Woche nachzureichen.
R (auf Deutsch): Wie lange hat der Deutschkurs gedauert?
BF1 (auf Deutsch): Zwei Monate.
R (auf Deutsch): Wie oft in der Woche sind Sie in den Deutschkurs gegangen?
BF1 (auf Deutsch): Mein Deutschkurs ist in Feldkirch.
R (auf Deutsch): Wie oft in der Woche sind Sie in den Deutschkurs besucht?
BF1 (auf Deutsch): Zwei Monate Deutschkurs besucht.
R (auf Farsi) wiederholt die Frage.
BF1: Dreimal in der Woche.
R (auf Deutsch): An welchen Wochentagen haben Sie den Deutschkurs besucht?
BF1 (auf Deutsch): Eine Woche drei Tage.
R (auf Deutsch): An welchen Wochentagen haben Sie den Deutschkurs besucht?
BF1 (auf Deutsch): Ich vergessen.
R (auf Farsi) wiederholt die Frage.
BF1 (auf Deutsch): Montag, Mittwoch und Freitag.
R (auf Deutsch): Wie viele Stunden haben Sie an den Tagen den Deutschkurs besucht?
BF1 (auf Deutsch): Von neun Uhr bis zwölf Uhr.
R: Wie sind Sie von zu Hause in den Deutschkurs gekommen?
BF1 (auf Deutsch): Zwölf Uhr, halb eins Uhr.
R (auf Farsi) wiederholt die Frage:
BF1: Mit dem Zug.
R: Wie lange sind Sie dann von zu Hause bis Sie angekommen sind bei dem Deutschkurs, mit dem Zug gefahren?
BF1 (auf Deutsch): Nach Hause mit dem Zug 15 Minuten, mit dem Fuß, Zug Feldkirch.
R (auf Deutsch): Gehen Sie in Österreich arbeiten?
BF1 (auf Deutsch): Ja, bei Caritas. Zu Hause Garten.
R (auf Deutsch): Was verdienen Sie dort in der Stunde?
BF1 (auf Deutsch): Wie viele Stunden
R (auf Farsi) wiederholt die Frage.
BF1: Vier Euro.
R (auf Deutsch): Von was leben Sie in Österreich? Wie kommen Sie für Ihre Miete, Essen, Kleidung auf?
BF1 (auf Deutsch): Keine Antwort.
R (auf Farsi) wiederholt die Frage.
BF1: Wir bekommen 250 Euro von der Caritas, ich arbeite auch etwas nebenbei.
R (auf Deutsch): Was arbeiten Sie nebenbei?
BF1: Ich meine die Arbeit bei der Caritas.
R: Was verdienen Sie für die Arbeit bei der Caritas?
BF1: 110 Euro monatlich, wenn ich für die Caritas arbeite. Wenn ich den gesamten Monat arbeite.
R (auf Farsi): Was bezahlen Sie Miete?
BF1: Wir zahlen keine Miete, das Haus ist von der Caritas.
R: Was ist das für eine Unterkunft, eine private oder eine Flüchtlingsunterkunft?
BF1: Momentan leben wir in einer Wohnung, ich und mein Sohn.
R: Seit wann?
BF1: Seit ca. zwei oder drei Monaten.
R: Was zahlen Sie dort an Strom, Gas, Fernwärme?
BF1: Alles bezahlt die Caritas.
R: Die Miete auch?
BF1: Ja, das macht alles die Caritas, mit der Heizung und Strom (kochen).
R: Wie viel Geld bekommt Ihr Sohn, der mit Ihnen zusammenwohnt?
BF1: 150 Euro.
R: Werden Sie von Ihrem Sohn, der in XXXX lebt, finanziell unterstützt?
BF1: Früher, mehr oder weniger schon, jetzt nicht.
R: Seit wann nicht mehr?
BF1: Seit ca. einem Jahr, seitdem er in XXXX ist.
R: Arbeitet Ihr älterer Sohn in XXXX ?
BF1: Er besucht einen Deutschkurs, er hat auch in einem Restaurant eine Arbeit gefunden, aber auf Grund des „Lockdowns“ arbeitet er nicht.
R: Unterstützen Sie umgekehrt Ihren in XXXX lebenden Sohn?
BF1: Nein.
R: Wie oft sind Sie mit Ihrem Sohn in XXXX in Kontakt?
BF1: In einem Jahr habe ich ihn heute, jetzt, das zweite Mal gesehen.
R: Wie war das in den vergangenen Jahren?
BF1: Da waren wir zusammen.
R: Seit wann ist Ihr Sohn – der jetzt in XXXX lebt – in XXXX ?
BF1: Seit ca. einem Jahr.
R: Warum ist Ihr Sohn nach XXXX gezogen?
BF1: Er wollte es so.
R: Hat es einen Grund gegeben?
BF1: Er hat es so gewollt.
R: Konnten Sie ihn nicht überreden, dass er in Ihrer jetzigen Heimat bleibt?
BF1: Er meinte, dass XXXX gut sei, weil er die Möglichkeit hat, einen Deutschkurs zu besuchen.
R: Hätte er die Möglichkeit in Vorarlberg nicht gehabt?
BF1: Er hatte schon die Möglichkeit es war nicht nur der Deutschkurs, auch die Arbeitsmöglichkeiten waren wichtig.
R: Wer kommt für die Kosten Ihres Anwaltes auf?
BF1: Von dem Geld, was wir zur Verfügung haben, haben wir etwas gespart.
R: Schicken Sie Geld in den Iran, zu Ihrer dort lebenden Frau bzw. zu Ihren Kindern?
BF1: Nach Monaten vielleicht 100 Euro oder so, nicht viel.
R: Wie viel Kinder haben Sie?
BF1: Ich habe insgesamt sechs Kinder, zwei Söhne und zwei Töchter sind im Iran und zwei Söhne sind in Österreich.
R: Warum sind die anderen Kinder noch im Iran bzw. warum sind Sie hier?
BF1: Ich habe es nicht geschafft, ich hatte nicht die Möglichkeit sie damals mitzunehmen.
R: Welcher Volksgruppe gehören Ihre Kinder bzw. Ihre Frau an?
BF1: Hazara.
R: Welche Religion gehören Ihre Kinder und Ihre Frau im Iran an?
BF1: Sie sind Muslime, aber ich möchte, dass sie auch Christen werden, aber die Entscheidung liegt bei ihnen.
R: Haben Sie darüber mit Ihren Kinde