TE Bvwg Beschluss 2021/4/20 W258 2241124-1

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Veröffentlicht am 20.04.2021
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Entscheidungsdatum

20.04.2021

Norm

Auskunftspflichtgesetz §1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


W258 2241124-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gerold PAWELKA-SCHMIDT über die Beschwerde von XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom 23.03.2021, GZ PAD/21/00477515/001/VW, in einer auskunftsrechtlichen Angelegenheit:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der BF stellte am 07.02.2021 folgendes Auskunftsbegehren an die belangte Behörde (Fehler im Original):

„[…] Betreff: Verkehrsregelung […]

1. an die landespolizeidirektion als behörde 2. an die […] landwirtschaftskammer als gesetzliche interessenvertretung, beide als nach § 94f Abs.1 lit a Ziffer 2 und 3 StVO Mitwirkungsberechtigte ----------------------2 fragen----------- wurde die behörde und die Interessenvertretung vor erlassung dieses fahrverbots angehört? 2. Ist den beiden anhörungsberechtigten bekannt, welchen sinn und zweck diese verkehrsmassnahme haben soll? mbg […]“

2. Mit Schreiben vom 11.02.2021 übersendete die belangte Behörde folgende Antwort (Fehler im Original):

„Sehr geehrter Herr […],

wie Sie richtig in Ihrem Mail festhalten ist die Landespolizeidirektion […] nur Mitwirkungsberechtigt.

Die zur Auskunft berechtigte zuständige Behörde ist das Magistrat […].

In wie weit das Magistrat […] Ihrer Auskunftspflicht nachkommt, kann von der Landespolizeidirektion XXXX nicht näher kommentiert werden.

Mit freundlichen Grüßen

Für den Abteilungsleiter:

Landespolizeidirektion […]

Sicherheits- und verwaltungspolizeiliche Abteilung

Verkehrsamt

AR […]“

3. Mit Schreiben vom selben Tag beantragte der BF bei der belangten Behörde, über die Verweigerung der Auskunft einen Bescheid zu erlassen.

4. Mit dem im Kopf der Entscheidung genannten Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass die gewünschte Auskunft gem § 1 Auskunftspflichtgesetz nicht erteilt werde. Begründend führte sie – unter Verweis auf die E-Mail des Auskunftswerbers, wonach die belangte Behörde bei der Erlassung eines „Fahrverbotes“ nach § 94f Abs 1 lit a Z 2 StVO Mitwirkungsberechtigte sei – zusammengefasst aus, dass sie nur Auskünfte in einer Angelegenheit ihres Wirkungsbereiches erteilen könne, die nicht vorliege.

5. Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 25.03.2021, in welcher der BF beantragte, den Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

6. Mit Schriftsatz vom 07.04.2021 hat die belangte Behörde dem erkennenden Gericht die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsaktes vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Der folgende Sachverhalt steht fest:

Der unter Punkt I. genannte Verfahrensgang steht fest.

2. Die Feststellungen gründen auf der folgenden Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen auf dem unbedenklichen Verwaltungsakt.

3. Rechtlich folgt daraus:

Zu A)

Zur Zulässigkeit der Verweigerung der Auskunft:

3.1. Die belangte Behörde verweigerte die vom Beschwerdeführer begehrte Auskunft sinngemäß mit der Begründung, sie sei hinsichtlich der angefragten Erlassung eines Fahrverbots lediglich Mitwirkungsberechtigte iSd § 94f Abs 1 lit a Z 2 StVO. Die Anfrage betreffe daher nicht ihren Wirkungsbereich, weshalb sie für das Auskunftsbegehren nicht zuständig sei. Dem kann nicht gefolgt werden:

3.2. Maßgebliche Rechtsnormen:

Gemäß § 1 Abs 1 Auskunftspflichtgesetz haben unter anderem die Organe des Bundes über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht. Gemäß § 1 Abs 2 leg cit sind Auskünfte nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden.

Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist (§ 4 Auskunftspflichtgesetz).

Vom Wirkungsbereich des Organs sind dabei Angelegenheiten umfasst, für die es örtlich und sachlich zuständig ist (VwGH 15.09.2006, 2004/04/0018).

3.3. Angewendet auf den Sachverhalt bedeutet das:

3.3.1.Der belangten Behörde, ein Organ des Bundes (Art 78a Abs 1 B-VG), ist nun dahingehend zuzustimmend, dass sie für die Erlassung des Fahrverbots nicht zuständig ist; bestehen im Verfahren zur Verordnungserlassung Mitwirkungsrechte Dritter, ändert dies nämlich nichts daran, dass die Verwaltungsbehörde alleine über die Verordnung entscheidungsbefugt ist und es sich bei dem von der Behörde erlassenen Rechtsakt um eine ihr zuzurechnende Verordnung handelt (Kahl/Weber Allgemeines Verwaltungsrecht7 Rz 391).

3.3.2. Die Fragen des Beschwerdeführers beziehen sich aber nicht auf die Erlassung des Fahrverbots selbst, sondern auf eine allfällige Mitwirkung der belangten Behörde, nämlich, ob sie – wie gesetzlich vorgesehen – angehört worden ist und ob ihr die erforderlichen Informationen vorgelegen sind, ie „Sinn und Zweck dieser Verkehrsmaßnahme“, um ihrem Mitwirkungsrecht nachkommen zu können. Für diese Mitwirkung ist die belangte Behörde – nach ihren Ausführungen – gemäß § 94f Abs 1 lit a Z 2 StVO zuständig. Anfragen, die sich auf ihre gesetzlich vorgesehene Mitwirkung beziehen, sind daher von ihrem Wirkungsbereich umfasst und, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 1 Auskunftspflichtgesetz, zu beauskunften.

3.3.3. Die Begründung des Bescheids vermag die Verweigerung der Auskunft somit nicht zu tragen. Dieser Begründungsmangel kann auch aus der Aktenlage nicht saniert werden. So finden sich im Verwaltungsakt keine Hinweise darauf, ob der Auskunft eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegenstehen würde oder ob sie die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung wesentlich beeinträchtigt.

Zur Aufhebung und Zurückverweisung:

3.3.4. Das Verwaltungsgericht hat grundsätzlich in der Sache zu entscheiden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063 bzw jüngst VwGH 29.05.2018, Ra 2017/03/0083) stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt nach dieser Rechtsprechung unter anderem dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat.

3.3.5. Ein solcher Fall liegt hier vor. So finden sich im Verwaltungsakt keinerlei Anhaltspunkte, dass die belangte Behörde Ermittlungsschritte zur Beantwortung der gestellten Fragen oder zu anderen Gründen gesetzt hätte, die einer Erteilung der Auskunft entgegenstehen könnten. Das erkennende Gericht ist damit berechtigt, von der Zurückweisung nach § 28 Abs 3 VwGVG Gebrauch zu machen. Dies im konkreten Zusammenhang mit einem Rechtsstreit über den Umfang einer zu erteilenden Auskunft insbesondere auch deshalb, weil das erkennende Gericht, selbst wenn es die erforderlichen Ermittlungsschritte zur Gänze selbst setzen würde, im Ergebnis – soweit sich aufgrund der getroffenen Feststellungen schließlich ergeben sollte, dass die beantragte Auskunft, allenfalls auch nur teilweise, zu erteilen wäre – die Auskunft nicht selbst erteilen könnte. Das erkennende Gericht hätte vielmehr spruchmäßig festzustellen, dass die belangte Behörde die Auskunft (gegebenenfalls: in näher bestimmtem Umfang) zu Unrecht verweigert hat (was im Ergebnis die Verwaltungsbehörde zur Auskunftserteilung verpflichtet; vgl zu alldem näher VwGH 13.9.2016, Ra 2015/03/0038, Rz 40 bis 43). Der normativen Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung kann im hier vorliegenden Zusammenhang daher am besten dadurch Rechnung getragen werden, dass die dem erkennenden Gericht bei der gegebenen Sachlage offenstehende Möglichkeit der Zurückverweisung an die belangte Behörde wahrgenommen wird (siehe zum Ganzen VwGH 29.05.2018, Ra 2017/03/0083, Rz 36).

3.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.5. Die belangte Behörde wird im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob der Auskunftserteilung eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegensteht oder sie die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung wesentlich beeinträchtigt bzw ob das Auskunftsbegehren offenbar mutwillig erfolgt ist; falls nicht, wird sie die gewünschte Auskunft zu erteilen haben.

3.6. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 2. Fall VwGVG abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. So konnte sich das erkennende Gericht hinsichtlich des Umfanges des Auskunftsrechts nach § 1 Auskunftspflichtgesetz auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs stützen.

Schlagworte

Auskunftspflicht Begründungsmangel Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W258.2241124.1.00

Im RIS seit

23.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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