TE Bvwg Beschluss 2021/4/23 W155 2238046-2

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Veröffentlicht am 23.04.2021
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Entscheidungsdatum

23.04.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §76
VwGVG §32

Spruch


W155 2238046-2/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. KRASA über den Antrag des XXXX (alias XXXX , alias XXXX , alias XXXX , alias XXXX ), geb. XXXX , StA. Marokko, vertreten durch die BBU GmbH, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom XXXX , GZ XXXX -1 abgeschlossenen Verfahrens:

A)

Der Antrag wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Antragsteller, ein Staatsangehöriger des Königreichs Marokko reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und versuchte in die Bundesrepublik Deutschland zu gelangen. Am Grenzübergang zur Bundesrepublik Deutschland wurde seine Einreise verweigert und der Antragsteller den österreichischen Behörden übergeben.

Am 06.11.2015 stellte er seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Am 10.04.2016 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde) das Asylverfahren ein, nachdem der Antragsteller für eine weitere Einvernahme nicht zur Verfügung stand. Er verließ seine zugewiesene Unterkunft ohne eine weitere Anschrift zu hinterlassen.

Am 16.08.2016 wurde der Antragsteller im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle überprüft und das Asylverfahren wiederaufgenommen (seit 17.08.2016), weitergeführt und der Antragsteller in der Folge niederschriftlich einvernommen.

Mit Urteil vom 19.09.2016 wurde der Antragsteller von einem Landesgericht rechtskräftig wegen §§ 127, 130(1) erster Fall, 15, 129(1) Z3 StGB, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 Monaten, davon 7 Monate bedingt mit einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Der Antragsteller befand sich vom 01.09.2016 bis 30.09.2016 in einer Justizanstalt.

Mit Bescheid vom 28.09.2016 wies die belangte Behörde den (ersten) Antrag auf internationalen Schutz vollinhaltlich ab. Gleichzeitig erteilte sie keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung. Die Abschiebung nach Marokko wurde als zulässig erklärt, einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt und ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 22.03.2017, GZ XXXX , als unbegründet ab. Dieses Erkenntnis blieb unangefochten, erwuchs mit 22.03. 2017 in Rechtskraft und war ab diesem Zeitpunkt die Abschiebung durchsetzbar.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 28.04.2017 wurde der Antragsteller durch ein Landesgericht wegen der §§ 127, 130(1) erster Fall, 15 StGB, § 27(2a) SMG, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten, davon 10 Monate bedingt mit einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Der Antragsteller befand sich vom 08.03.2017 bis 21.07.2017 in einer Justizanstalt.

Der Antragsteller reiste nach Entlassung aus der Strafhaft in die Niederlande aus und wurde am 18.12.2017 aufgrund der Dublin-Verordnung nach Österreich rücküberstellt.

Mit Bescheid vom 18.12.2017 ordnete die belangte Behörde über den Antragsteller gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an.

Der Antragsteller befand sich vom 18.12.2017 bis 01.02.2018 in Schubhaft mit Phasen des Hungerstreikes. Während der Schubhaft – am 19.12.2017 - stellte der Antragsteller einen neuerlichen Antrag (zweiter Asylantrag) auf internationalen Schutz. Hierbei gab er an, dass es keine neuen Gründe gebe, er die alten Gründe aus dem ersten Verfahren aufrechterhalten würde, er psychisch krank sei und gesundheitliche Versorgung benötige.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.06.2018 wurde der zweite Asylantrag wegen entschiedener Sachen gemäß § 68 AVG zurückgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs am 20.07.2018 in Rechtskraft.

Im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates erfolgte seitens der marokkanischen Botschaft am 18.05.2018 eine positive Identifizierung des Antragstellers.

Der Antragsteller tauchte erneut unter und stellte in der Schweiz einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge des mit den Schweizer Behörden geführten Dublin Konsultationsverfahrens wurde von den Schweizer Behörden eine Überstellung angekündigt und der Antragsteller am 07.12.2020 nach Österreich überstellt.

Auf Anordnung der belangten Behörde wurde der Antragsteller am 07.12.2020 festgenommen, einvernommen und in ein Polizeianhaltezentrum überstellt. Er stellte am 07.12.2020 seinen dritten Asylantrag, das Verfahren ist noch bei der belangten Behörde anhängig.

Mit Bescheid vom 07.12. 2020 ordnete die belangte Behörde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Antragsteller die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an.

Vom 11.12.2020 bis 15.12.2020 und vom 21.12.2020 bis 25.12.2020 befand sich der Antragsteller im Hungerstreik, den er freiwillig beendete.

Mit Schriftsatz vom 23.12.2020 erhob der Antragsteller durch seine Rechtsberatung Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid (Mandatsbescheid) an das Bundesverwaltungsgericht, in der er im Wesentlichen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Anordnung der Schubhaft und weitere Anhaltung in Schubhaft einwendete.

Mit Email vom 29.12.2020 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht den amtsärztlichen Dienst um Bestätigung der Haftfähigkeit und Beantwortung von Fragen zum psychischen Zustand unter Beiziehung eines Facharztes.

Am XXXX wurde ein medizinisches Gutachten zur Haftfähigkeit und zum psychischen Gesundheitszustand des Antragstellers vorgelegt und seine Haftfähigkeit in psychischer und physischer Hinsicht bestätigt.

In der zu diesem Gutachten übermittelten Stellungnahme vom XXXX bestreitet der Antragsteller im Wesentlichen die Tauglichkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Gutachtens.

Mit Erkenntnis vom XXXX wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab, erklärte die Schubhaft für rechtmäßig und stellt fest, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

Gegen dieses Erkenntnis erhob der Antragsteller eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, die Verfahren sind anhängig.

Am 19.01.2021 stellte der Asylwerber gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 VwGVG. Begründend wurde ausgeführt, dass am 05.01.2021 dem Antragsteller ein psychiatrischer Befund ausgehändigt worden und ihm eine psychische Erkrankung attestiert worden sei. Diese Krankheit sei schon zum Zeitpunkt des Erkenntnisses vorgelegen, dem Antragsteller sei es jedoch nicht möglich gewesen diesbezügliche Beweise vorzulegen.

Der Antragsteller wurde am 16.03.2021 aus der Schubhaft entlassen.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.03.2021, GZ XXXX , wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes durch die belangte Behörde für rechtmäßig erklärt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten, insbesondere zu GZ XXXX -1.

Zu Spruchpunkt A)

§ 32 Verwaltungsverfahrensgesetz –VwGVG in der Fassung BGBl. I 2018/57 lautet auszugsweise:

„Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn
1.         […] oder
2.         neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder
3.         […] oder
4.         [...].

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

[…]“

Die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG sind denjenigen des § 69 Abs. 1 AVG nachgebildet, sodass auf das bisherige Verständnis dieser Wiederaufnahmegründe zurückgegriffen werden kann (vgl. VwGH 30.4.2019, Ra 2018/10/0064, mwN). Voraussetzung für die Stattgabe des Wiederaufnahmeantrags ist nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG insbesondere, dass die neuen Tatsachen oder Beweismittel ohne Verschulden der Partei nicht schon im wiederaufzunehmenden Verfahren geltend gemacht werden konnten (vgl. VwGH 10.11.2020, Ra 2020/01/0195, mwN). Hat die Partei eine Tatsache oder ein Beweismittel im wiederaufzunehmenden Verfahren nicht geltend gemacht, obwohl ihr dies bei gehöriger Aufmerksamkeit und gebotener Gelegenheit möglich gewesen wäre, liegt ein ihr zuzurechnendes Verschulden vor, das eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließt (vgl. VwGH 1.7.2020, Ra 2017/06/0102; 24.6.2015, 2012/10/0243; jeweils mwN). Eine nach den Umständen des Einzelfalles vorgenommene und vertretbare Beurteilung, ob in diesem Sinn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG vorliegen, ist nicht revisibel (vgl. VwGH 4.10.2018, Ra 2018/18/0463; 10.11.2020, Ra 2020/01/0195, 05.02.2021, Ra 2020/19/0432).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen; gleiches gilt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für neu entstandene Beweismittel, sofern sie sich auf "alte" - d.h. nicht ebenfalls erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandene - Tatsachen beziehen. Es müssen Tatsachen vorgebracht werden, auf die mit hoher Wahrscheinlichkeit zutrifft, dass sie im wiederaufzunehmenden Verfahren zu einem anderen Bescheid geführt hätten (vgl. VwGH 14.3.2019, Ra 2018/18/0403, mwN)

Hingegen ist bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung eingetreten sind, kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag zu stellen, weil in diesem Fall einem auf der Basis des geänderten Sachverhaltes gestellten Antrag die Rechtskraft bereits erlassener Entscheidungen nicht entgegensteht (vgl. VwGH 25.2.2019, Ra 2018/19/0611, VwGH 14.3.2019, Ra 2018/18/0403; 21.5.2019, Ra 2018/19/0510; jeweils mwN)

Gutachten von Sachverständigen, die erst nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung eingeholt wurden, sind nicht neu hervorgekommen, sondern neu entstanden und können damit auch nicht als neue Beweismittel Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens sein (VwGH 20.03.2019, Ra 2019/20/0096).

Nur wenn ein Sachverständiger Tatsachen, die zur Zeit der Sachverhaltsverwirklichung bereits bestanden haben, erst nach Rechtskraft der Entscheidung "feststellt" oder wenn ihm solche Daten erst später zur Kenntnis kommen, können diese bzw. die daraus resultierenden neuen Befundergebnisse, die sich auf die zuvor bestandenen Tatsachen beziehen, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen als neue Tatsachen einen Grund für eine Wiederaufnahme darstellen (vgl. aus der zu § 69 AVG ergangenen und insoweit auf § 32 VwGVG übertragbaren Rechtsprechung VwGH 25.7.2013, 2012/07/0131, mwN).

Im vorliegenden Fall wurden in dem dem Wiederaufnahmeantrag zugrundeliegenden „neuen“ psychiatrischen Gutachten vom 05.01.2021 keine neuen Tatsachen hervorgebracht, die nicht schon im abgeschlossenen Schubhaftbeschwerdeverfahren bekannt waren und vom erkennenden Gericht berücksichtigt und gewürdigt worden sind. Das Bundesverwaltungsgericht stützte seine Feststellungen und Beweiswürdigung auf das am XXXX vorliegende Gutachten des Amtsarztes (Dr. XXXX ) und einer psychologischen Fachärztin (Dr. XXXX , die auch das Gutachten vom 05.01.2021 erstellte) und die Aussagen des Antragstellers in einer Einvernahme am 07.12.2020. Daraus ergaben sich für das Gericht keine Hinweise für substanzielle, schwerwiegende gesundheitliche Probleme körperlicher und psychischer Natur und insoweit ein gesunder Zustand des Antragstellers. Vor allem wurde die Haftfähigkeit –eine für die Anhaltung in Schubhaft wesentliche Voraussetzung – bestätigt.

Auszüge aus dem Gutachten vom XXXX :

„Der Patient ist nach AÄ Untersuchung haftfähig. Es liegen zum Zeitpunkt der Untersuchung keine gesundheitlichen Einschränkungen oder akute Erkrankungen vor. Der Pat. befindet sich in einem guten EZ und AZ. Es werden die vom Verein Dialog verordneten Medikamente regelmäßig eingenommen (Neuroleptika, Antidepressiva, Tranquillizer)….

Psychiatrische Stellungnahme bzw. Befund (Befundaufnahme vom 29.12.2020):

Gesprächstermin mit Video-Dolmetsch: Pat. Gibt an seit mehr als 10 Jahren Pregabalin zu nehmen da er sich „seit der Kindheit“ fühle, als ob „alle“ über ihn reden würden (dies ist nicht die Indikation für Pregabalin); … in weiterer Folge verweigert der Pat. die Unterschrift, dass er mit Dolmetsch einverstanden ist….Das Gespräch mit dem Video-Dolmetsch muss daraufhin abgebrochen werden, die dztg. med. Einstellung mit Antidepressiva, Neuroleptika und Tranquilizer (seit erster Hälfte Dezember 2020) entspricht den Symptomen die der Pat. heute angibt. Der Patient wirkt während des Gespräches bewußtseinsklar, orientiert, die Stimmungslage ist adäquat, es sind dzt. aus fä. Sicht, unter med. Therapie keine Anzeichen für eine psychiatrische Störung feststellbar. Die belastende Situation (Haftsituation) entspricht dem üblichen Ausmaß. Es kann dzt. keine suizidale Einengung ..festgestellt werden…“

Dieses Gutachten beschreibt den aktuellen Zustand des Antragstellers zum Zeitpunkt des Abschlusses (Erlassung des Erkenntnisses) des Beschwerdeverfahrens - dessen Wiederaufnahme nun beantragt wird - und stellt eine Momentaufnahme in einem Schnellverfahren dar. Sachverhaltsänderungen werden in den gesetzlich vorgeschriebenen regelmäßigen Haftüberprüfungen über die Forstsetzung der Anhaltung in Schubhaft berücksichtigt bzw. überprüft.

Das nunmehr vorgelegte Gutachten vom 05.01.2021 (1 Woche später) enthält eine aktuelle Aussage zum psychischen Zustand des Antragstellers, Stand 05.01.2021:

„Bei den Visiten bietet der Pat. sehr unterschiedliche Zustandsbilder, sodass es schwierig ist, eine eindeutige psychiatrische Diagnose zu erstellen. Erschwerend kommt dazu, dass der Pat. eine Videodokumentation ablehnt…. Zu Beginn der Behandlung klagte der Pat. nur über Schlafstörungen, weiters trat er in den Hungerstreik. Außer einer Benzodiazepinabhängigkeit und einer Anpassungsstörung wurden keine psychiatrischen Diagnosen erstellt…Bei den Visiten zeigte sich der Pat. geordnet, nicht gespannt. Am auffälligsten psychopathologisch sind dzt. paranoide Verarbeitungstendenzen, der Pat. meint, diese bestehen schon seit seiner Kindheit, er habe das Gefühl, alle würden über ihn reden, deswegen habe er auch begonnen Beruhigungsmittel zu nehmen. Bewusstseinsklar, allseits orientiert, …Selbstverletzungstendenzen jedoch keine suizidale Einengung….“

In diesem Gutachten wird keine Tatsache dargetan, die schon am XXXX bestand und erst am 05.01.2021 neu hervorgekommen bzw. bekannt geworden wäre. Das Gutachten bestätigt im Wesentlichen die Aussagen des Gutachtens vom XXXX . Es liegen keine neuen Befundergebnisse vor, die nicht schon am XXXX , also eine Woche davor bestanden bzw. offenbar waren. Der Antragsteller wurde seit seinem Haftbeginn psychologisch begleitet und medikamentös behandelt. Auch diese Tatsache wurde vom erkennenden Gericht im Erkenntnis gewürdigt (vgl. S 6). Dass eine Haftunfähigkeit am XXXX vorgelegen wäre, ist diesem „neuen“ Gutachten nicht zu entnehmen.

Auch wurde weder im Gutachten vom XXXX noch vom 05.01.2021 angeregt, einen Erwachsenenvertreter für den Antragsteller zu bestellen.

Der Antragsteller wurde am 16.03.2021 aus der Schubhaft entlassen mit der Begründung, dass in Bezug auf die Covid-19 Länderinformationen bis auf weiteres, trotz positiver Identifizierung, keine Aussicht auf eine mögliche Abschiebung des Antragstellers bestehe.

Da die Voraussetzung für eine Wiederaufnahme des Schubhaftbeschwerdeverfahrens nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B)

Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Gesundheitszustand Gutachten Schubhaft Wiederaufnahmeantrag Wiederaufnahmegrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W155.2238046.2.00

Im RIS seit

17.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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