TE Bvwg Beschluss 2021/4/26 W198 2200368-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.04.2021
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Entscheidungsdatum

26.04.2021

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W198 2200368-3/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.04.2021, Zahl XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, folgenden Beschluss:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Asylwerber stellte am 05.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Bei seiner am selben Tag stattgefundenen Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er befragt zu seinen Fluchtgründen an, dass sein Bruder als Soldat für die Nationalarmee gearbeitet habe und von den Taliban ungefähr im Jahr 2012 entführt worden sei. Die Taliban hätten auch den Vater des Asylwerbers aufgesucht und diesen erschossen. Sie hätten auch versucht, den Asylwerber für ein Selbstmordattentat zu rekrutieren und ihm im Falle der Weigerung mit der Ermordung gedroht.

3. Bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 07.02.2018 gab der Asylwerber zu den Gründen für seine Asylantragstellung befragt im Wesentlichen an, dass sein Bruder bei der Nationalarmee gearbeitet habe, weswegen auch der Vater des Asylwerbers mehrfach von den Taliban bedroht worden sei. Der Bruder habe sich im Haus der Familie des Asylwerbers aufgehalten als er von den Taliban entführt worden sei. Der Vater des Asylwerbers habe dann nach dem Bruder gesucht und sei deswegen von den Taliban bedroht worden. Eines nachts seien die Taliban wieder zum Haus der Familie gekommen und hätten den Vater des Asylwerbers erschossen. Bei diesem Besuch hätten die Taliban den Asylwerber auch aufgefordert, ein Selbstmordattentat zu begehen. Der Onkel und die Mutter des Asylwerbers hätten daraufhin beschlossen, dass der Asylwerber Afghanistan verlassen müsse.

4. Das BFA wies den Antrag des Asylwerbers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 11.06.2018 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß
§ 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m.
§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.)
mit Bescheid vom 11.06.2018 ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Asylwerber gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 i.V.m. § 9 BFA-VG, wurde gegen den Asylwerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG

festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist und dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für seine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt III. bis VI.). Der Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Die belangte Behörde erließ gegen den Asylwerber gemäß § 53 Abs. 3 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.).

5. Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde erhoben.

6. Mit Erkenntnis vom 11.07.2018 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheids (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) statt und behob diesen ersatzlos.

7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.01.2020, W270 2200368-1/16E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.06.2018, hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis V. als unbegründet abgewiesen, der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheids stattgegeben und der Spruchpunkt VIII. gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG 2014 i.V.m. § 53 Abs. 1 FPG ersatzlos behoben sowie der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids stattgegeben und festgestellt, dass dieser gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG 2014 i.V.m. § 55 Abs. 1 und 2 FPG zu lauten hat: „VI. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.“

Diese Entscheidung erwuchs mit 28.01.2020 in Rechtskraft.

8. In der Folge reiste der Asylwerber Ende Februar 2020 nach Frankreich, wo er einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und von wo er am 30.09.2020 nach Österreich zurück überstellt wurde. Am selben Tag brachte er im Bundesgebiet einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz ein und wurde zu seinem neuerlichen Antrag seitens eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei brachte er vor, dass seine alten Fluchtgründe aufrecht blieben. Die Taliban würden nach wie vor nach ihm suchen, er habe vor ca. zwei Monaten mit seiner Familie telefoniert, sie hätten ihm gesagt, dass die Taliban nach ihm suchten. Es habe sich nichts geändert. Er befürchte von den Taliban getötet zu werden.

9. Am 13.11.2020 wurde der Asylwerber seitens des BFA niederschriftlich einvernommen.

10. Mit Bescheid des BFA vom 04.12.2020 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.) sowie ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG i. V. m.
§ 9 BFA-VG gegen den Asylwerber eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den Asylwerber ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

11. Gegen diesen Bescheid vom 04.12.2020 hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde erhoben.

12. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 16.12.2020, W202 2200368-2/2E, die Beschwerde gemäß § 68 AVG, §§ 10, 57 AsylG, § 9 BFA-VG sowie §§ 52, 53, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Diese Entscheidung erwuchs mit 18.12.2020 in Rechtskraft.

13. Der Asylwerber wurde am 29.12.2020 von seiner Unterkunft abgemeldet und war seitdem unbekannten Aufenthalts.

14. Am 16.03.2021 wurde der Asylwerber von der Polizei in Linz festgenommen und hat am selben Tag seinen gegenständlichen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

15. Im Zuge der Erstbefragung am 16.03.2021 gab der Asylwerber an, dass er Drohbriefe von den Taliban bekomme. Sein Onkel mütterlicherseits habe ihm am Telefon erzählt, dass die Taliban in der Gegend gewesen seien und grundlos Leute erschossen hätten. Darüber hinaus führte der Asylwerber aus, dass er in Nangarhar eine feste Freundin gehabt habe. Er sei von deren Brüdern mit dem Umbringen bedroht worden.

16. Am 29.03.2021 wurde der Asylwerber vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er auf die Frage, warum er einen neuerlichen Asylantrag stelle, an, dass sich seine Fluchtgründe seit seinem ersten Asylantrag nicht geändert hätten. Er habe immer noch dieselben Schwierigkeiten. Nachdem sein Bruder von den Taliban entführt worden sei, habe auch der Asylwerber Schwierigkeiten mit den Taliban bekommen. Er habe im Jahr 2013 auch Drohbriefe von den Taliban bekommen. Er habe diese Briefe in den beiden vorangegangenen Verfahren nicht vorgelegt, weil er nicht dazu aufgefordert worden sei. Der Asylwerber führte aus, dass er – abgesehen von den Problemen mit den Taliban – auch weitere Schwierigkeiten gehabt habe. Er habe in Nangarhar einen Schneiderladen gehabt und sei in ein Mädchen verliebt gewesen. Deren Brüder seien gegen die Beziehung gewesen und hätten mit einem Messer auf den Asylwerber eingestochen.

17. Am 21.04.2021 wurde der Asylwerber erneut vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zu dem Vorfall mit den Brüdern seiner Freundin an, dass sich dieser Vorfall im Jahr 2013 ereignet habe. Im Jahr 2014 sei er ausgereist.

18. Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 21.04.2021 wurde gemäß
§ 12a Abs. 2 AsylG 2005 der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 den Asylwerber betreffend aufgehoben.

19. Am 22.04.2021 legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Bezug habenden Verwaltungsakten zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Asylwerber führt den Namen XXXX , ist afghanischer Staatsangehöriger und ist am XXXX in der Provinz Laghman, Distrikt Alingar geboren und aufgewachsen. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen sowie der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Asylwerbers ist Paschtu. Der Asylwerber ist ledig und hat keine Kinder. Er hat in Afghanistan neun Jahre lang die Schule besucht und verfügt über Berufserfahrung als Schneider.

Das vom Asylwerber initiierte (erste) Asylverfahren wurde am 28.01.2020 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Das vom Asylwerber initiierte (zweite) Asylverfahren wurde am 18.12.2020 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Am 16.03.2021 hat der Asylwerber einen dritten (den gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt und diesen im Wesentlichen mit den Fluchtgründen des Erst- und Zweitverfahrens begründet. Neu vorgebracht wurde, dass er in Nangarhar eine Freundin gehabt und von deren Brüdern bedroht und mit dem Messer verletzt worden sei.

In Bezug auf den Asylwerber besteht weiterhin kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Asylwerbers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es liegen keine Umstände vor, welche einer Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet entgegenstünden.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person des Asylwerbers und zur Situation in Afghanistan ergeben sich aus der Aktenlage. Die den Asylwerber betreffende Sicherheitslage im Herkunftsstaat wurde eingehend in den rechtskräftig entschiedenen Verfahren erörtert und abgewogen. Auch eine für den Asylwerber gegenständliche relevante Änderung an der Situation in seiner Heimat kann anhand der vorliegenden Informationen ebenso nicht festgestellt werden, wie Änderungen, die in der Person des Asylwerbers liegen, wie sein Gesundheitszustand.

Im gegenständlichen Verfahren wurde im Wesentlichen kein neuer Sachverhalt vorgebracht, welcher nach Rechtskraft der letzten Verfahren am 28.01.2020 und 18.12.2020 neu entstanden ist. So gab der Asylwerber in der Einvernahme am 29.03.2021 auf die Frage, warum er einen neuerlichen Asylantrag stelle, an, dass sich seine Fluchtgründe seit seinem ersten Asylantrag nicht geändert hätten. Er habe immer noch dieselben Schwierigkeiten. Er legte nunmehr jedoch erstmals Drohbriefe der Taliban vor. Dadurch entsteht allerdings kein neuer Sachverhalt, zumal es dem Asylwerber möglich gewesen wäre, diese Briefe bereits in den ersten beiden Verfahren vorzulegen. Er gab selbst an, dass er diese Briefe bereits im Jahr 2013 erhalten habe. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum er die Briefe nicht schon im Zuge seiner vorangegangenen Verfahren vorgelegt hat.

Erstmalig brachte der Asylwerber im gegenständlichen Verfahren vor, dass er in Nangarhar eine Beziehung mit einem Mädchen gehabt habe und von den Brüdern des Mädchens bedroht und mit dem Messer verletzt worden sei. Zu diesem neuen Vorbringen ist auszuführen, dass dieses Vorbringen nicht glaubhaft ist, zumal es in keiner Weise nachvollziehbar erscheint, warum der Asylwerber – hätte sich dieser Vorfall tatsächlich ereignet – diesen Umstand in den beiden vorangegangenen Verfahren völlig unerwähnt ließ. In einer Gesamtschau des bisherigen Verhaltens des Asylwerbers sowie seiner widersprüchlichen Angaben in den beiden Vorverfahren ist davon auszugehen, dass es sich um ein weiteres konstruiertes Vorbringen und eine erneute Steigerung handelt. Abgesehen davon, dass diesem neuen Vorbringen keine Glaubwürdigkeit zukommt, ist festzuhalten, dass es sich hierbei auch um keinen neu entstandenen Sachverhalt handelt, zumal sich dieser Sachverhalt ereignet hat, als der Asylwerber noch in Afghanistan war und daher bereits vor dem Abschluss des ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens bekannt war.

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich somit seit Rechtskraft der Vorverfahren nicht geändert.

Gesundheitliche Beeinträchtigungen, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnten, liegen nicht vor. In der Einvernahme am 29.03.2021 brachte der Asylwerber vor, dass er Blut im Stuhl habe. Er hat diese Beschwerden jedoch bereits in seinem Zweitverfahren vorgebracht und wurde ihm nach einer Blut- und Stuhluntersuchung gesagt, dass er nicht krank sei. Aktuelle Befunde bzw. medizinische Unterlagen wurden nicht vorgelegt. Bei seiner Einvernahme am 21.04.2021 hat der Asylwerber schließlich selbst angegeben, dass er nunmehr gesund sei.

Wie bereits in den rechtkräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.01.2020 und 16.12.2020 festgestellt, ist nach wie vor davon auszugehen, dass dem Asylwerber als interstaatliche Flucht- und Schutzalternative eine Rückkehr in die Stadt Mazar-e Sharif zur Verfügung steht:

Die Stadt Mazar-e Sharif ist ein regionales Handelszentrum sowie ein wichtiger Wirtschaftsknotenpunkt des Landes und weist eine höhere Industrialisierung als andere Städte in Afghanistan auf. Zudem hat Mazar-e Sharif grundsätzlich bessere Arbeitsmöglichkeiten aufgrund einer größeren Anzahl an Unternehmen, sodass insgesamt Erwerbsmöglichkeiten gegeben sind.

Hinsichtlich der Wohnsituation ist auszuführen, dass die Lage in Mazar-e Sharif angespannt ist, jedoch den amtswegig eingeholten Berichten nicht entnommen werden kann, dass es keine realistische Möglichkeit für alleinstehende Rückkehrer ohne familiäre Anknüpfungspunkte gäbe, Wohnraum zu finden.

Beim Asylwerber handelt es sich um einen erwachsenen Mann im erwerbsfähigen Alter mit mehrjähriger Schulbildung und Berufserfahrung als Schneider, bei dem die Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der Asylwerber könnte sich bei einer Rückkehr nach Afghanistan seine Existenz mit Arbeit in Mazar-e Sharif sichern. Dies deshalb, weil der Asylwerber in einer in Afghanistan gesprochenen Sprache spricht und die Sitten und Gebräuche seines Heimatlandes kennt, zumal er dort im afghanischen Familienverband aufgewachsen und sozialisiert worden ist. Er ist nicht verheiratet und kinderlos, weshalb er bei einer Rückkehr nur für seinen eigenen Lebensunterhalt aufkommen müsste. Zudem gehört der Asylwerber keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Außerdem kann der Asylwerber durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise in Mazar-e Sharif das Auslangen finden; deshalb ist auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnte.

Hinsichtlich eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens ist beweiswürdigend auszuführen, dass der Asylwerber über keine Familienangehörigen oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich verfügt, was sich aus seinen Aussagen im Verwaltungsverfahren bei seiner ersten und zweiten Antragstellung ergibt. Auch bei seinen Einvernahmen zum gegenständlichen Antrag hat er nichts Gegenteiliges vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Die im gegenständlichen Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften lauten wie folgt:

"§ 12a AsylG 2005 Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

(1)      Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß
§ 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1.       gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2.       kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt und

3.       im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben.

(2)      Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1.       gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2.       der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3.       die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3)      Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1.       gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2.       der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist (§ 58 Abs. 2 FPG) und

3.       darüber hinaus

a)       sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b)       gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c)       der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4)     In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1.       der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2.       sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5)     Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6)     Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG und Ausweisungen gemäß § 66 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht."

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 ergehen Entscheidungen des BFA über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß
§ 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Der mit „Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte
§ 22 BFA-VG lautet wie folgt:

„(1)    Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2)      Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3)      Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Daraus folgt für das gegenständliche Verfahren:

Der Antragsteller hat mit seinem am 16.03.2021 gestellten (dritten) Antrag auf internationalen Schutz einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt.

Das BFA hat im Zuge eines Verfahrens über einen Folgeantrag des Asylwerbers gemäß
§ 12a Abs. 2 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz des Asylwerbers aufgehoben. Daher war diese Entscheidung vom BVwG gemäß § 22 BFA-VG zu überprüfen:

o        Aufrechte Rückkehrentscheidung:

Gegen den Asylwerber liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor. Er hat am 16.03.2021 den vorliegenden Folgeantrag gestellt. Die zuletzt gegen ihn mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.12.2020 ausgesprochene und mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2020 rechtskräftig bestätigte Rückkehrentscheidung ist noch aufrecht.

o        Res judicata (entschiedene Sache):

Der Asylwerber hat im gegenständlichen dritten Rechtsgang anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung bzw. Einvernahme vor dem BFA dezidiert angegeben, dass die Fluchtgründe für gegenständlichen Asylantrag dieselben Gründe seien, die er bereits in seinem Erst- und Zweitverfahren angegeben hat. Hinsichtlich seines neuen Vorbringens (Bedrohung durch die Brüder seiner Freundin) ist auf die oben getätigten beweiswürdigenden Ausführungen zu verweisen. Dieses Vorbringen ist als unglaubwürdig zu qualifizieren und handelt es sich überdies um keinen neu entstandenen Sachverhalt.

Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in den Feststellungen und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Auch die für den Asylwerber maßgebliche Ländersituation ist seit den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.01.2020 bzw. 16.12.2020 zur Frage der Zuerkennung von Asyl beziehungsweise subsidiären Schutz in Hinblick auf Afghanistan im Wesentlichen gleich geblieben, und wurde Gegenteiliges auch nicht behauptet.

Es ist daher nach einer Grobprüfung davon auszugehen, dass der gegenständliche Folgeantrag des Asylwerbers gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen sein wird, weil im Zuge der Grobprüfung keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

o        Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK:

Im ersten und zweiten Verfahrensgang haben das BFA sowie das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Asylwerber bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).

Auch im nunmehr dritten Asylverfahren vor dem BFA sind – im Lichte der eben getroffenen Erwägungen – keine Risiken für den Asylwerber im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des Asylwerbers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Prüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des Asylwerbers wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hierzu getätigt.

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063). Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände ist vor dem Hintergrund der Feststellungen jedenfalls zu verneinen.

Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte zu verweisen, wonach es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 05.10.2016, Ra 2016/19/0158, mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden, Appl. 61.204/09 mwH).

Hinsichtlich der derzeit bestehenden COVID-19-Pandemie ist auf eine jüngst erfolgte Revisionszurückweisung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wo dieser festhielt, dass es einer ganzheitlichen Betrachtung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat, bedarf. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK ist demnach nur dann anzunehmen, wenn der Betroffene keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen, welche im gegenständlichen Fall nicht vorliegen.

Die Feststellungen in den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.01.2020 und 16.12.2020, wonach der Gesundheitszustand, die Arbeitsfähigkeit, die Schulbildung und die Berufserfahrung des Asylwerbers zu berücksichtigen sind, der Asylwerber mit den Gepflogenheiten und den in Afghanistan gesprochenen Sprachen (Dari, Paschtu) vertraut ist, haben keinerlei Änderungen erfahren.

Auch mit Blick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona ist daher festzuhalten, dass der Asylwerber ein junger Mann im Alter 22 Jahren ist und an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet und sohin kein Anhaltspunkt besteht, dass er unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt.

Im vorliegenden Fall ist auch sonst davon auszugehen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des gesunden und arbeitsfähigen Asylwerbers, keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 und 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilpersonen auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr („a sufficiently real risk“) möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Es sind auch keine erheblichen in der Person des Asylwerbers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden.

Ebenso wenig sind Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Asylwerber ein „reales Risiko“ einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK erschlossenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Der Asylwerber hat auch solche Umstände weder in der Erstbefragung noch in den Einvernahmen durch das BFA vorgebracht.

Entsprechend den obigen Ausführungen stellt – nach einer Grobprüfung des Aktes – die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Hinsichtlich der durchzuführenden Interessensabwägung ist auszuführen, dass eine solche nur dann positiv ausfallen kann, wenn ein besonders intensives Familienleben zu Personen in Österreich und/oder ein besonders intensives Privatleben vorliegen und der Asylwerber bereits herausragend integriert ist. Der Asylwerber gibt selbst an, dass er in Österreich keine Familienangehörigen oder sonstigen engen Nahebeziehungen hat. Eine Verletzung des schutzwürdigen Familien- und Privatlebens des Asylwerbers im Sinne des Art. 8 EMRK liegt demgemäß im gegenständlichen Verfahren nicht vor.

Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass die mit mündlich verkündetem Bescheid vom 21.04.2021 ausgesprochene Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig war.

o        Rechtmäßigkeit des Verfahrens

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist.

Das BFA hat das Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Der Asylwerber hat Parteiengehör erhalten, er wurde am 29.03.2021 sowie am 21.04.2021 im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu einvernommen.

o        Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG ist das Verfahren zur Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 in gegenständlichem Fall gegeben, daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind vom Asylwerber nicht vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Sofern die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag Refoulement

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W198.2200368.3.00

Im RIS seit

23.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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