TE Vfgh Beschluss 1995/6/13 B2718/94

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Veröffentlicht am 13.06.1995
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht

Norm

AsylG 1991 §18 Abs1
VfGG §33
VfGG §82 Abs1
VfGG §87 Abs3
ZPO §146 Abs1

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags; fehlende Übersetzung des Hinweises auf die Möglichkeit einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde in einem letztinstanzlichen Asylbescheid angesichts des Charakters eines solchen Hinweises als bloße Ordnungsvorschrift kein Wiedereinsetzungsgrund; Zurückweisung der Beschwerde als verspätet; Abweisung des Abtretungsantrags

Spruch

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Mit dem am 20. Dezember 1994 zur Post gegebenen Schriftsatz beantragt der Einschreiter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG gegen den ihm am 16. September 1992 zugestellten Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. August 1992, mit welchem seiner Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 9. Dezember 1991 über die Abweisung des Asylantrags keine Folge gegeben wurde. Mit demselben Schriftsatz wird die entsprechende Beschwerde gegen diesen Berufungsbescheid erhoben, in der dessen Aufhebung und hilfsweise die Beschwerdeabtretung an den Verwaltungsgerichtshof begehrt wird.

II. Den Wiedereinsetzungsantrag begründet der Antragsteller damit, daß zwar die Rechtsmittelbelehrung in seine Muttersprache übersetzt worden sei, jene jedoch mit dem Satz "gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig" ende und der Hinweis über die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder Verfassungsgerichtshof nicht übersetzt worden sei. Es handle sich um ein unabwendbares Ereignis, welches auf eine behördliche Fehlleistung zurückzuführen sei. Von der gegebenen Rechtsmittelmöglichkeit habe er erst anläßlich einer Besprechung bei seinem nunmehrigen Vertreter am 14. Dezember 1994 erfahren.

III. Der Verfassungsgerichtshof

hat über den - rechtzeitig erhobenen - Wiedereinsetzungsantrag erwogen:

1. Gemäß §33 VerfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VerfGG im §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff. ZPO, sinngemäß anzuwenden. Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg. 10489/1985, 10880/1986).

2. Der vom Einschreiter im Ergebnis geltend gemachte Rechtsirrtum über die Möglichkeit, beim Verfassungsgerichtshof (oder Verwaltungsgerichtshof) eine Beschwerde zur Bekämpfung des letztinstanzlichen Asylbescheides einzubringen, ist aber nicht als solcher Fehler einzustufen. Gemäß §18 Abs1 AsylG ist Bescheiden, die einem der deutschen Sprache nicht kundigen Asylwerber zuzustellen sind, eine Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung in dieser Sprache anzuschließen. Der gebotene Hinweis auf die Möglichkeit einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsmittelbelehrung, sondern eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Mißachtung keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund bildet (vgl. insbesondere zu §18 Abs1 AsylG VwGH v. 17.2.1993, Zl. 92/01/1111). Dieser Auffassung schließt sich der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die bezüglich der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich gleiche Gesetzeslage an.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.

IV. Die unter einem eingebrachte Beschwerde nach Art144 B-VG war wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist (§82 Abs1 VerfGG) zurückzuweisen.

V. Bei diesem Ergebnis war auch der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt.

VI. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz und §19 Abs3 Z2 litb VerfGG sowie gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

Asylrecht, VfGH / Wiedereinsetzung, Bescheid Rechtsmittelbelehrung, VfGH / Fristen, VfGH / Abtretung, Rechtsmittelbelehrung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B2718.1994

Dokumentnummer

JFT_10049387_94B02718_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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