Entscheidungsdatum
18.05.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
I413 2236081-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgericht Feldkirch vom 30.09.2020, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG stattgegeben, dass die Gebühr der Entschädigung für Zeitversäumnis des Schöffen XXXX mit EUR 276,90 bestimmt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer wurde für 11.09.2020 um 08:40 Uhr als Schöffe beim Landesgericht Feldkirch geladen.
2. Mit als "Amtsbestätigung" bezeichneter Gebührennote machte der Beschwerdeführer Gebühren geltend.
3. Mit angefochtenem Bescheid erkannte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Reisekosten in Höhe von EUR 15,00 sowie Aufenthaltskosten für ein Frühstück von EUR 4,00, ein Mittagessen von EUR 8,50 und ein Abendessen von EUR 8,50, insgesamt Gebühren in Höhe von EUR 36,00 zu und wies das Mehrbegehren al unbegründet ab, da nur die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel zu vergüten seien.
4. Gegen diesen am 07.10.2020 zugestellten Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde, in der zusammengefasst vorgebracht wird, dass eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht abgerechnet worden sei.
5. Mit Schriftsatz vom 08.10.2020 legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.
6. Am 17.05.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht in Abwesenheit der belangten Behörde die mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer befragt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer war am 11.09.2020 in der Zeit von 08:40 Uhr bis18:30 Uhr beim Landesgericht Feldkirch in der Strafrechtssache XXXX Hv XXXX als Schöffe tätig.
Im Anschluss an diese Schöffenverhandlung machte er an Reisekosten 70 gefahrene km und die Kosten des Parkens in der Parkgarage Reichenfeld am 11.09.2020 zwischen 08:16 Uhr und 18:11 Uhr iHv EUR 17,00 geltend. Der Gebührenantrag wurde hinsichtlich des Punktes 2. "Aufenthaltskosten" und 3. "Entschädigung für Zeitversäumnis" freigelassen. Dieser Antrag langte am 23.09.2020 bei der belangten Behörde ein.
Der Beschwerdeführer hatte einer Mitarbeiterin der belangten Behörde mitgeteilt, dass er die Gebühr für die Entschädigung für Zeitversäumnis geltend machen wollte. jedoch sich nicht ausgekannt zu haben, wie diese korrekt zu beantragen sei. Die zuständige Sachbearbeiterin sei auf Urlaub gewesen, weshalb ihm die Mitarbeiterin der belangten Behörde, welche den Antrag entgegennahm, mitgeteilt habe, zu vermerken, dass die Zeitversäumnis beantragt worden sei und dass sich die zuständige Sachbearbeiterin melden werde.
Der Beschwerdeführer ist als Vermögensberater selbständig erwerbstätig.
2. Beweiswürdigung:
Dass der Beschwerdeführer im festgestellten Zeitraum als Schöffe tätig geworden ist, ergibt sich zweifelsfrei aus der im Akt einliegenden Ladung zu XXXX Hv XXXX , und den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 17.05.2021.
Die Feststellungen zu den geltend gemachten Gebühren ergeben sich aus dem ebenfalls im Verwaltungsakt einliegendem, mit der Geschäftszahl des Strafverfahrens versehenen Formular "Amtsbestätigung", das vom Beschwerdeführer - wie er in der mündlichen Verhandlung am 17.05.2021 ausführte - handschriftlich ausgefüllt und unterfertigt wurde. Dieses Formular weist handschriftliche Ergänzungen hinsichtlich der Uhrzeit des Beginns und des Endes seiner Schöffentätigkeit auf, ferner zu Punkt 1 die handschriftlichen Ergänzungen: "gefahrene km: 70 km" und "Parkticket: EUR 17,00" sowie die IBAN und den BIC seines Bankkontos und seine Unterschrift auf. Alle übrigen Punkte (2. "Aufenthaltskosten" und 3. "Entschädigung für Zeitversäumnis") wurden nicht ausgefüllt.
Glaubhaft teilte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 17.05.2021 mit, dass er auch die Entschädigung für Zeitversäumnis gegenüber der Mitarbeiterin der belangten Behörde mündlich geltend gemacht hatte. Seine Schilderung, wonach diese ihm mitgeteilt habe, dass die zuständige Sachbearbeiterin auf Urlaub sei und dass sie diese mit einer Notiz zur Zeitversäumnis von seinem Begehren unterrichten werde, ist glaubhaft und realitätsnah, sodass kein Zweifel besteht, dass der Beschwerdeführer die Entschädigung für Zeitversäumnis mündlich geltend gemacht hat bzw geltend machen wollte.
Dass der Beschwerdeführer als Unternehmensberater selbständig erwerbstätig ist, ergibt sich aus seiner glaubhaften Aussage in der mündlichen Verhandlung und der Einsicht in das WKO Firmen A-Z (https://firmen.wko.at/ XXXX ).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
Die Gebühr eines Schöffen ist grundsätzlich gleich demjenigen eines Zeugen (§ 3 Abs 1 GebAG) und umfasst gemäß § 55 Abs 1 GebAG den Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten sowie die Entschädigung für Zeitversäumnis entsprechend den für Zeugen geltenden Bestimmungen (Reisekosten §§ 6-12 GebAG, Aufenthaltskosten § 13, Verpflegung § 14 GebAG, Nächtigung § 15 GebAG, Entschädigung für Zeitversäumnis §§ 17, 18 GebAG), wobei sich der im § 18 Abs 1 Z 1 genannte Betrag um die Hälfte erhöht. Das Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis beträgt für Schöffen gemäß § 55 Abs 1 GebAG iVm § 18 Abs 1 Z 1 GebAG EUR 21,30 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Schöffen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht.
Gemäß § 19 Abs 1 GebAG iVm §§ 55 und 56 GebAG hat ein Schöffe seinen Anspruch auf die Gebühr binnen 14 Tagen nach dem Gerichtstermin bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, bei dem er tätig war, geltend zu machen (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, 2018, § 56 E 3).
Der Beschwerdeführer machte, wenn auch am letzten Tag der Frist – und somit fristgerecht – mündlich den Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis geltend. Dass das von ihm verwendete Formular hinsichtlich dieses Punktes unausgefüllt blieb, kann ihm nicht zum Nachteil gereichen, zumal er auch nicht die - hier aufgrund der Anfechtung des gegenständlichen Bescheides nur hinsichtlich der vom den übrigen Absprüchen trennbaren Abspruch über die Nichtzuerkennung der Entschädigung für Zeitversäumnis nicht zu prüfende (vgl dazu grundsätzlich zB VwSlg 19.982 A/2015, 19.189 A/2015; VwGH 29.06.2016, Ra 2016/05/0052) - Entschädigung für Aufenthaltskosten ausdrücklich schriftlich beantragt, aber sehr wohl zuerkannt erhalten hatte.
Eine Entschädigung für Zeitversäumnis ist gemäß § 55 GebAG zuzusprechen, wenn dem Schöffen ein tatsächlicher Vermögensnachteil aufgrund seines Aufenthaltes bei Gericht entsteht. Bescheinigt ein Schöffe, dass er durch die Befolgung der Schöffenpflicht dem Grunde nach einen Vermögensnachteil erlitten hat, steht ihm das Recht zu, entweder den in § 18 Abs 1 Z 1 GebAG festgesetzten und gemäß § 56 GebAG erhöhten Pauschalbetrag anzusprechen oder aber den Ersatz des nach den Grundsätzen des § 18 Abs 1 Z 2 GebAG zu berechnenden konkreten Vermögensnachteiles zu begehren (vgl zu Zeugen VwGH 03.07.2009, 2007/1770103). Es trifft damit den Schöffen gemäß § 18 Abs 2 GebAG die Obliegenheit, den Grund des Anspruches zu bescheinigen. Zur Bescheinigung des Grundes des Anspruches genügt in der Regel bereits eine Schilderung der konkreten, Einkommen vermittelnden Tätigkeit, die der Schöffe in der Verhinderungszeit verrichtet hätte (vgl iZm Zeugen VwGH 14.02.1986, 86/17/0023). Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass bei einer achtstündigen Abwesenheit an einem Arbeitstag von einem Einzelunternehmer wenigstens irgendwelche Geschäftsabschlüsse, auch noch so geringen Umfanges, versäumt wurden, die seine Erlöse erhöht hätten. War die Behörde nicht in der Lage, diese Lebenserfahrung zu widerlegen, so ist die Tatsache eines Verdienstentgangs dem Grunde nach bescheinigt (vgl iZm Zeugen VwGH 14.03.1986, 85/17/0165).
Der Beschwerdeführer ist Einzelunternehmer und war einen vollen Arbeitstag zwischen 08:40 Uhr und 18:30 Uhr aufgrund seiner Schöffentätigkeit daran gehindert, ein Einkommen zu erwirtschaften. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass er in dieser Zeit zumindest irgendein Einkommen erwirtschaftet hätte. Die belangte Behörde trat gar nicht an, diese Lebenserfahrung zu widerlegen und widerlegte sie auch nicht, sodass von einer Bescheinigung eines Einkommensverlustes bzw Vermögensnachteiles durch die Schöffentätigkeit dem Grunde nach auszugehen ist. Damit steht dem Beschwerdeführer mangels Bescheinigung eines konkreten Einkommensverlustes nach § 18 Abs 1 Z 1 GebAG die Pauschalentschädigung für Zeitversäumnis zu.
Der Zeitraum, für den die Entschädigung für Zeitversäumnis gebührt, richtet sich nach §§ 4 und 17 GebAG. Der Beschwerdeführer wurde aufgrund einer Ladung des Gerichts als Schöffe tätig, weshalb die Voraussetzung des § 4 GebAG erfüllt ist. Die Entschädigung für Zeitversäumnis bezieht sich auf den Zeitraum, den der Schöffe wegen seiner Tätigkeit außerhalb seiner Wohnung bzw Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss (§ 55 GebAG iVm § 17 GebAG). Der Beschwerdeführer war für 08:40 Uhr geladen. Er musste, um pünktlich zu erscheinen, um spätestens 06:55 Uhr seine Wohnung in Gaißau verlassen, benötigte somit – mit öffentlichen Verkehrsmitteln – 1 Stunde und 27 Minuten pro Richtung. Die Strafverhandlung dauerte von 08:40 bis 18:30 Uhr, sohin 9 Stunden und 40 Minuten. Spätestens um 20:10 Uhr, sohin 1 Sunde und 40 Minuten später, konnte er mit öffentlichen Verkehrsmitteln wieder an seinen Wohnort bzw seine Arbeitsstätte zurückgekehrt sein. Damit beträgt der Zeitraum, für den die Entschädigung für Zeitversäumnis gebührt, 12 Stunden und 47 Minuten. Dem Beschwerdeführer gebührt gemäß § 55 GebAG iVm § 18 Abs 1 Z 1 GebAG EUR 21,30 für jede auch nur begonnene Stunde, somit EUR 276,90.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden (vgl etwa VwGH 25.09.2015, Ra 2015/16/0085, mwN). Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig ist.
Schlagworte
Pauschalentschädigung Schöffengebühr ZeitversäumnisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I413.2236081.1.00Im RIS seit
22.06.2021Zuletzt aktualisiert am
22.06.2021