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82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
B-VG Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Gesetzwidrigkeit einer Verordnung des Landeshauptmanns von Tirol betreffend die Einhaltung eines Mindestabstands zu haushaltsfremden Personen ab dem Verlassen des eigenen Wohnsitzes wegen Überschreitung der damals geltenden gesetzlichen Ermächtigung nach dem – lediglich das Betreten bestimmter Orte zulassenden – COVID-19-MaßnahmenGRechtssatz
Gesetzwidrigkeit des §4 Abs3 erster Satz der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol (LH) vom 20.03.2020 nach §2 Z2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, LGBl für Tirol 35/2020, bis zum Ablauf des 04.04.2020 (Antrag des Landesverwaltungsgerichts Tirol -LVwG).
§4 Abs3 erster Satz der V des LH von Tirol ist unter Berufung auf §2 COVID-19-Maßnahmengesetz ergangen, der - in der in dem für das Anlassverfahren vor dem LVwG maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Stammfassung BGBl I 12/2020 - den Landeshauptmann ermächtigt hat, durch Verordnung das Betreten von bestimmten Orten zu untersagen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist, wenn sich die Anwendung dieser Verordnung auf das gesamte Landesgebiet erstreckt.
§4 Abs3 erster Satz der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol ordnet demgegenüber an, ab dem Verlassen des eigenen Wohnsitzes gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, einen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Mit Art50 Z2 des 3. COVID-19-Gesetzes, BGBl I 23/2020, wurde §2 COVID-19-Maßnahmengesetz mit Wirkung vom 05.04.2020 folgender Satz angefügt: "Darüber hinaus kann geregelt werden, unter welchen bestimmten Voraussetzungen oder Auflagen jene bestimmten Orte betreten werden dürfen". Die Gesetzesmaterialien begründeten diese Ergänzung damit, es bestehe bislang "keine Möglichkeit, Ausnahmen von Betretungsverboten an bestimmte Voraussetzungen oder Auflagen zu knüpfen. Dies erscheint im Hinblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen und die Möglichkeit adäquater Sicherungsmaßnahmen als Reaktion auf diese Entwicklungen unumgänglich".
Vor diesem Hintergrund (vgl E v 10.12.2020, V512/2020 und V535/2020) hat daher §4 Abs3 erster Satz der V des LH die gesetzliche Ermächtigung des §2 COVID-19-Maßnahmengesetz in der Stammfassung BGBl I 12/2020 bis zum Inkrafttreten der Novelle BGBl I 23/2020 am 05.04.2020 überschritten. Da die vom LVwG geltend gemachte Gesetzwidrigkeit des §4 Abs3 erster Satz der V des LH mit Inkrafttreten der Novelle zum COVID-19-Maßnahmengesetz durch BGBl I 23/2020 mit Ablauf des 04.04.2020 entfiel (und die Verordnung des LH jedenfalls mit dessen Verordnung LGBl 44/2020 mit Ablauf des 06.04.2020 aufgehoben wurde), ist festzustellen, dass die genannte Verordnungsbestimmung gesetzwidrig war.
Entscheidungstexte
Schlagworte
COVID (Corona), VfGH / Gerichtsantrag, VerordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:V81.2021Zuletzt aktualisiert am
30.07.2021