Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §38Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Höslinger und die Räte Dr. Porias, Dr. Vejborny, Dr. Chamrath und Dr. Kaniak als Richter, im Beisein des Ministerialkommissärs Dr. Schäfer als Schriftführer, über die Beschwerde des Dipl. Ing. WZ, vertreten durch die Rechtsnachfolger HZ, F und BZ sowie IS, geb. Z, alle in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 3. April 1959, Zl. 414/2-LAD/1959, betreffend Feststellung der Staatsbürgerschaft, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Raimund Obendrauf, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberregierungsrat HK, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten geht hervor, daß der Beschwerdeführer am 1. März 1952 bei der oberösterreichischen Landesregierung einen Antrag auf Zuerkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt hatte. Er hatte darin angeführt, er habe im Jahre 1935 die deutsche Staatsbürgerschaft erworben. Dem Gesuch hatte er u.a. eine Abschrift der Einbürgerungsurkunde Zl. 5378 ö. V/1935, ausgestellt von der Regierung von Oberbayern am 19. September 1935, vorgelegt, aus der hervorgeht, daß er und seine Kinder H und I im Zeitpunkt der Aushändigung der Urkunde die Reichsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben haben. Diese Urkunde trägt noch den Vermerk: „Ausgehändigt 19. 7. 37“, weiters den Beglaubigungsvermerk: „Den Gleichlaut der Abschrift mit der Erstschrift beglaubigt, München, den 5. Juni 1937“ sowie einen weiteren Vermerk: „Paß II/248437 mit Gültigkeit bis 31. Aug. 1942 erteilt für In- u. Ausland (HZ) Wien, den 31. Aug. 1937 L. S.I. A. Unterschrift unleserlich. Der Leiter des Polizeiamtes Leopoldstadt P. A. L. Rp. 62.281 - 42/40 25. Feb. 1944. K.“ Dem Ansuchen des Genannten ist mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 13. Mai 1952 keine Folge gegeben worden.
Am 26. Jänner 1955 beantragte der Beschwerdeführer beim Landeshauptmann von Steiermark die Feststellung der österreichischen Staatsbürgerschaft mit der Behauptung, er sei fälschlich der Meinung gewesen, die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten zu haben. Es sei zwar bei der österreichischen Legion, der er angehört habe, zu einer Sammeleinbürgerung gekommen, doch habe er niemals die Staatsbürgerschaftsurkunde ausgehändigt erhalten. In den dem Gesuch angeschlossenen Bestätigungen des Dr. OG und des GN wird dargelegt, daß die große Mehrheit der Legionäre die Einbürgerung begrüßt habe, ein kleiner Teil habe jedoch die Übernahme der Urkunde mit der Begründung abgelehnt, sie wollten Österreicher bleiben. Zu dieser Gruppe habe der Beschwerdeführer gehört. Mit Bescheid vom 10. Mai 1955 stellte die Steiermärkische Landesregierung fest, daß der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitze. Aus den wesentlichen Gründen dieses Bescheides geht hervor, es habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß dem Beschwerdeführer die Einbürgerungsurkunde ausgefolgt worden sei. Die gegenteilige Behauptung des Antragstellers werde durch folgende Tatsachen widerlegt:
a) Er habe am 24. Jänner 1936 der Wiener Landesregierung mitgeteilt, daß er und seine beiden Kinder H und I mit Zl. 5378 ö. V./35 die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben. Er habe gleichzeitig „um die Streichung der österreichischen Staatsangehörigkeit“ angesucht.
b) Am 8. April 1937 habe das österreichische Generalkonsulat in München dem Wiener Magistrat mitgeteilt, es habe von der Regierung in Oberbayern die Auskunft erhalten, daß der Beschwerdeführer und die Kinder H und I mit Urkunde vom 19. September 1935, ausgehändigt am gleichen Tag, eingebürgert worden seien.
c) Das Einwohnermeldeamt von München habe am 28. Juni 1950 folgende Eintragung festgestellt: „WZ, gesch., Dipl. Ing., geb 1891 in Wien/Österreich, deutsch (Einb. Urk. d. Reg. v. Obb. München 19. 9. 1935 Nr. 5378 ö. V./35 - mit Kindern H und I - ausgehändigt 19. 9. 1935 v. d. Reg. v. Obb. ist seit 8. 10. 35 F-str. 6 gemeldet.“
d) Die Polizeidirektion München habe am 3. Juli 1950 festgestellt, daß der Beschwerdeführer mit der erwähnten Einbürgerungsurkunde die deutsche Staatsangehörigkeit erworben habe und er daher als deutscher Staatsangehöriger zu betrachten sei.
e) Der Beschwerdeführer habe selbst mehrmals den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit behauptet, so z.B. im März 1950 vor der Rückstellungskommission beim Landesgericht für ZRS in Wien und im März 1952 in seinem an das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung gerichteten Ansuchen um Verleihung der Staatsbürgerschaft.
f) Diesem Ansuchen habe er eine vom Bezirksgericht Bad Ischl am 1. März 1952 beglaubigte Abschrift einer beglaubigten Abschrift der deutschen Einbürgerungsurkunde beigegeben und damit selbst „erwiesen“, daß er die deutsche Einbürgerungsurkunde seinerzeit tatsächlich übernommen habe. Mit Rücksicht auf diese Beweise sei den Angaben der ehemaligen Angehörigen der österreichischen Legion Dr. OG und GN keine Beweiskraft beizumessen gewesen.
Am 23. März 1956 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Feststellung seiner Staatsbürgerschaft. Er verwies darin abermals darauf, daß er die Urkunde niemals ausgefolgt bekommen habe. Durch die österreichische Legion sei ein Sammelantrag auf Einbürgerung der Legionäre gestellt worden, der summarisch durch das Amt der Oberbayrischen Regierung erledigt worden sei. Er sei in diesen Sammelantrag einbezogen worden. Anläßlich eines Tagesbefehls sei den Legionären und auch ihm mitgeteilt worden, daß der Sammelantrag aufrecht erledigt worden sei und die Einbürgerungsurkunden bei der Führung des Hilfswerkes Nordwest erliegen. Gleichzeitig sei die Geschäftszahl und das Datum der Einbürgerungsurkunden bekanntgegeben worden. Eine Ausfolgung der Urkunde an ihn sei jedoch nicht erfolgt. In Unkenntnis der Bestimmungen des deutschen Reichs- und Staatsangehörigengesetzes habe er angenommen, er sei deutscher Staatsbürger geworden und habe sein Verhalten darauf abgestellt. Als neues Beweismittel im Sinne des Wiederaufnahmeantrages führe er die Angaben in der beigelegten Bestätigung des Dr. HS an, aus denen hervorgehe, daß die Aushändigung der Urkunden nur an den Antragsteller, und zwar an das Hilfswerk Nordwest (österreichische Legion) erfolgt sei. Die Abschrift der Urkunde, die er mit seinem Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft vorgelegt habe, habe nicht er, sondern seine Tochter H von der deutschen Gesandtschaft am 17. Juli 1937 (richtig wohl 19. Juli 1937) ausgehändigt erhalten, als sie dieses Dokument als Studentin der Universität in Wien im Jahre 1937 benötigt habe. Der Beschwerdeführer legte weiters eine Bestätigung des Führers der österreichischen Legion, HR, vom 29. November 1955 vor, in der dieser die Angaben des Dipl. Ing. WZ bestätigte und noch anführte, es seien von der Führung der Legion die Urkunden nur an einzelne höhere Führer und an solche Angehörige der Legion ausgefolgt worden, die aus dieser ausgeschieden seien. Der Beschwerdeführer sei im Jahre 1937 um die Ausfolgung der Urkunde bei ihm vorstellig geworden, doch sei dieser Antrag unerledigt geblieben, weil inzwischen der Anschluß Österreichs erfolgt sei. Rechtsanwalt Dr. HW bestätigte in einer Erklärung, es sei Ing. WZ knapp vor der Okkupation Österreichs bei ihm erschienen und habe ihn gebeten, bei der Beschaffung eines deutschen Reisepasses behilflich zu sein, weil die zuständige Behörde offenbar seinen Antrag auf Ausstellung eines deutschen Reisepasses abgelehnt habe, weil er nicht im Besitz der Einbürgerungsurkunde gewesen sei. EV bestätigte in einem Schreiben die Angaben des HR. Auch Dr. HS, der Sanitätshelfer der österreichischen Legion gewesen war, bestätigte in einem Schreiben vom 24. März 1956, daß Dipl. Ing. WZ die Urkunde nie ausgehändigt bekommen habe. Er hätte die Urkunde nur bekommen, wenn er aus der Legion ausgeschieden wäre. In einem Nachtrag zum Wiederaufnahmeantrag legte der Beschwerdeführer eine Bestätigung des WK vor, wonach der Beschwerdeführer im Jahre 1936 in der von ihm bei der österreichischen Legion geführten Schreibstube mit dem Ersuchen vorgesprochen habe, ihm die Zahl der Einbürgerungsurkunde bekanntzugeben, weil er die Staatsbürgerschaftsurkunde nicht ausgehändigt erhalten habe und seine Staatsbürgerschaftsangelegenheit bei der Wiener Landesregierung bereinigen wolle.
Das österreichische Generalkonsulat in München teilte dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung am 11. April 1957 mit, daß die Regierung von Oberbayern bei verschiedenen Ämtern und Beamten, die seinerzeit mit der Einbürgerung der österreichischen Legionäre befaßt gewesen seien, eingehende Erhebungen gepflogen habe. Die Einbürgerungsanträge seien vom. Reichsminister des Innern auf dem Dienstweg über das Bayerische Staatsministerium des Innern der Regierung von Oberbayern zur Durchführung zugeleitet worden. Die Behandlung sei in einem abgekürzten Verfahren erfolgt. Die Urkunden seien mit dem Aktenzeichen ö. V. Nr. ... gekennzeichnet gewesen. Der größte Teil der Einbürgerungsurkunden dürfte an die Legionäre im großen Sitzungssaal der Regierung von Oberbayern gegen Unterzeichnung eines Aushändigungsnachweises ausgehändigt worden sein. Die Einbürgerungsurkunden von Legionären, die außerhalb des Regierungsbezirkes Oberbayern untergebracht gewesen seien, seien an die zuständigen Bezirksverwaltungsstellen geleitet worden. Diese seien ersucht worden, die Urkunden gegen Unterzeichnung des jeweils beigefügten Aushändigungsnachweises den Einbürgerungsurkunden und diese Nachweise zurückzuleiten. Der Einbürgerungsantrag, der Entwurf der Einbürgerungsurkunde und der Aushändigungsnachweis seien bei der Regierung von Oberbayern verwehrt, jedoch durch Kriegseinwirkung vernichtet worden. Eine der befragten Personen habe aber auch angegeben, daß die Einbürgerungsurkunden ausgefertigt und zusammen an die Führung der Einheit der Legionäre gesandt worden seien. Die Regierung habe sich mit der Aushändigung an die Beteiligten nicht befaßt. Im weiteren wird in dieser Zuschrift auf den Paßantrag vom 29. Jänner 1936, auf die Ausfertigung eines deutschen Reisepasses von der Paßstelle in Bad Godesberg vom 12. März 1938 sowie auf die Ausstellung eines von Dipl. Ing. WZ beantragten deutschen Heimatscheines verwiesen. Weiters wird angeführt, die Aushändigung der Einbürgerungsurkunde gemäß § 16 RuStAG erfolge. Im allgemeinen durch die Aushändigung an den Einbürgerungswerber, eine Übergabe an einen Bevollmächtigten sei aber möglich (Lichter, Staatsangehörigkeitsrecht 1943, Seite 41, Lichter 1955, Seite 108). Ein wesentlicher Verfahrensmangel, der die Unwirksamkeit der Einbürgerung zur Folge gehabt hätte, habe nicht ermittelt werden können. Nach dem Bericht des Stadtrates München bestehe kein Anlaß, die Rechtsgültigkeit der Einbürgerung in Zweifel zu ziehen.
Der Beschwerdeführer legte nunmehr eine weitere Bestätigung des HR vor, worin dieser anführt, er habe von Dipl. Ing. WZ für die Einbürgerung in Deutschland keine Vollmacht erhalten. Er habe auch bei Übernahme der Einbürgerungsurkunde nicht in Vollmacht handeln können. Die Einbürgerung der Legionäre und die Übernahme der Dokumente durch ihn sei auf Weisung des Sicherheitshauptamtes erfolgt, das auch bestimmt habe, er habe in diesen und ähnlich gelagerten Fällen die Urkunde an sich zu nehmen und nicht weiterzugeben.
Am 13. März 1958 reichte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf Wiederaufnahme des Staatsbürgerschaftsverfahrens beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung ein, in dem er darauf verwies, daß nunmehr der Stadtrat München bereit sei, eine amtliche Bestätigung auszustellen, daß er in Deutschland nicht eingebürgert worden sei. Mit einem weiteren Antrag vom 22. März 1958 legte der Beschwerdeführer ein Schreiben der Landeshauptstadt München vom 17. März 1958 vor, in dem es heißt, es könne seinem neuerlichen Ersuchen um Ausstellung eines deutschen Heimatscheines, nicht entsprochen werden. Nach der Sachlage sei er im Jahre 1934 nach Deutschland gelangt und der seinerzeitigen österreichischen Legion beigetreten. Er habe die deutsche Staatsangehörigkeit vor dem 13. März 1938 nur durch Einbürgerung gemäß § 6 RuStAG erlangen können. Auf Grund des § 16/I RuStAG werde ein deutscher Einbürgerungsakt nur dann wirksam, wenn dem Erwerber die von der zuständigen Behörde darüber zu erstellende Urkunde ausgehändigt worden sei. Als Aushändigung sei die Übergabe der Urkunde in den Besitz des Einzubürgernden zu verstehen, die unter Mitwirkung der Behörde und zu dem Zwecke des Gebrauches als Nachweis des darin beurkundeten Staatsangehörigkeitserwerbes erfolge. Es genüge also nicht, daß ein Ausländer von der Ausfertigung der Urkunde in Kenntnis gesetzt werde, das Dokument eingesehen habe oder daß die Urkunde einem Dritten übergeben worden sei, der zur Annahme nicht bevollmächtigt gewesen sei. Zu dieser körperlichen Inbesitznahme der Einbürgerungsurkunde sei es in seinem Falle nicht gekommen. Es sei wohl die Regierung von Oberbayern mit der Einbürgerung im Jahre 1935 befaßt worden und habe auch am 19. September 1935 unter Nr. 5378 ö. V. eine Urkunde ausgefertigt, ein Empfangsbekenntnis seitens des Beschwerdeführers liege jedoch nicht vor. Insbesondere lasse sich nicht feststellen, daß etwa die österreichische Legion bevollmächtigt gewesen sei, für Beschwerdeführer die Einbürgerungsangelegenheit abzuwickeln. Da er selbst sich nicht zum Empfang der Einbürgerungsurkunde bekenne, sei eine wirksame Einbürgerung nicht erwiesen und der Antrag auf Ausstellung eines Heimatscheines sei abzuweisen gewesen. In einer Bestätigung der gleichen Dienststelle vom 17. März 1958 wird ausgeführt, daß obiger Bescheid, womit der Heimatscheinantrag des Beschwerdeführers abgelehnt worden sei, infolge Rechtsmittelverzichtes am 18. März 1958 Rechtswirksamkeit erlangt habe.
Mit Bescheid vom 31. März 1958 nahm das Amt der Steiermärkischen Landesregierung das mit Bescheid vom 10. Mai 1955 abgeschlossene Verfahren gemäß § 69 Abs. 4 AVG 1950 wieder auf. In der Begründung wurde auf den Bescheid der Landeshauptstadt München vom 17. März 1958 verwiesen, der als ein neues Beweismittel im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 angesehen wurde. Gleichzeitig wurde das Verfahren an die Salzburger Landesregierung (die belangte Behörde) im Hinblick auf den Wohnsitz des Beschwerdeführers abgetreten.
In einem Schreiben vom 15. April 1958 an das Deutsche Generalkonsulat in Salzburg ersuchte die belangte Behörde, ein förmliches Feststellungsverfahren durch die innerdeutschen Behörden einzuleiten bzw. verbindlich mitzuteilen, ob der Beschwerdeführer die deutsche Staatsangehörigkeit im Jahre 1935 erworben habe und heute noch besitze. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg übermittelte der belangten Behörde mit Schreiben vom 23. Juni 1958 den Gau- und Legionsakt des Beschwerdeführers und teilte mit, daß dieser in der Heimatrolle der Stadt Wien, Mag. Abt. 61, als deutscher Staatsbürger aufscheine. Nach einem bei diesem Amt aufliegenden Amtsvermerk aus dem Jahre 1936 sei dieser mit dem Tage der Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft vom 19. September 1935 ausgebürgert worden. In der gelben Karteikarte des Legionsaktes sei der Vermerk „Eingebürgert“ eingestempelt. Das österreichische Generalkonsulat München gab am 4. August 1958 der belangten Behörde bekannt, daß das Bayerische Staatsministerium des Innern sich auf Grund des Schreibens des Deutschen Generalkonsulates in Salzburg vom 15. April 1958 mit der Sache befaßt und in einer Mitteilung vom 22. Juli 1958 Stellung genommen habe. Danach komme es nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer als deutscher Staatsangehöriger angesehen und von deutschen Behörden als solcher behandelt worden sei sowie entsprechende Papiere ausgestellt erhalten habe, sondern darauf, ob eine der Form nach wirksame Einbürgerung erfolgt sei. Das Ermittlungsverfahren habe keinen einwandfreien Nachweis erbracht, daß die Einbürgerungsurkunde dem Genannten tatsächlich ausgehändigt worden sei. Dieser habe selbst die Auffassung vertreten und deren Richtigkeit an Eides Statt versichert, daß er persönlich die Urkunde nicht erhalten habe und diese niemals in seinen Besitz gekommen sei und auch dann nicht, als er einen Paß erhalten habe, wobei er auch den Paßantrag bei der Stadt München nicht selbst gestellt habe. Die Urkunde sei vielmehr, ebenso wie in anderen Fällen, dem Führer der österreichischen Legion übermittelt worden und sei vom Führer dieser Legion die erfolgte Einbürgerung in einem Tagesbefehl bekanntgegeben worden. Demgegenüber hätten nachgeordnete Behörden auch die Auffassung vertreten, daß der Beschwerdeführer dennoch deutscher Staatsangehöriger geworden sei. Doch müsse mangels anderer Nachweise seine Darlegung unterstellt werden. Der Begriff der Aushändigung im Sinne des § 16 Abs. 1 RuStAG sei gesetzlich nicht festgelegt. Demnach könne für die Zustellung auch ein solcher Vorgang als ausreichend angesehen werden, der dem bürgerlich-rechtlichen Begriff des Zuganges entspreche. Zu ähnlichem Ergebnis sei auch die Regierung von Oberbayern seinerzeit bei der Berücksichtigung der Tatsache gelangt, daß die österreichische Legion eine militärische Organisation gewesen und es für derartige Fälle anerkannt sei, daß die Führer derartiger Formationen weitgehend zum Empfang von Schriftstücken für die Zustellungen an ihre Untergebenen ermächtigt gewesen seien. Im Augenblick, in dem also die Urkunde dem Führer der österreichischen Legion zugegangen sei, wäre nach dieser Auffassung dem Erfordernis der Aushändigung im Sinne des Gesetzes entsprochen. Dieser Auffassung könne jedoch nicht beigetreten werden. Das Bayerische Staatsministerium des Innern habe daher bereits im Februar 1958 die nachgeordneten Behörden dahin unterrichtet, es stehe nach der eigenen Darstellung des Beschwerdeführers fest, daß er selbst die Urkunde nicht ausgehändigt erhalten habe. Es frage sich mithin, ob die alleinige Kenntnis, daß eine derartige Einbürgerungsurkunde von der zuständigen Behörde erlassen worden sei, für die Wirksamkeit der Einbürgerung ausreiche und ob die Aushändigung wirksam dadurch ersetzt werden könne, daß die Urkunde in den Besitz des Führers einer militärähnlichen Organisation gelangt sei, deren Mitglied der Beschwerdeführer gewesen sei. Diese Fragen seien zu verneinen. Eine Einbürgerung bedeute eine so weitgehende Veränderung des rechtlichen Status einer Person, daß mangels einer gesetzlichen Definition der Wortlaut des Gesetzes eng auszulegen sei. Die rechtliche Beurteilung sei ähnlich derjenigen der Verleihung der Beamteneigenschaft. Bei dieser trete unbestrittenermaßen die Rechtswirkung erst und nur mit der Aushändigung der einschlägigen Urkunde ein. Das Oberverwaltungsgericht Münster habe mit einem Urteil vom 25. April 1953 festgestellt, daß die Aushändigung einer Urkunde auch dann wirksam werde, wenn diese Urkunde „mit Zustimmung der für die Aushändigung zuständigen Amtsperson von einer anderen im Dienst der Ausstellungsbehörde stehenden Person dem zu Ernennenden übergeben wurde“. Aus der Tatsache, daß in diesem Fall die Rechtswirksamkeit der Aushändigung der Urkunde durch einen möglicherweise nicht zuständigen Beamten überhaupt streitig werden konnte, sei ersichtlich, wie genau und peinlich in diesen Fragen an Formerfordernissen festzuhalten sei. Diese Formstrenge gelte erst recht für die Entgegennahme der Urkunde für den Berechtigten. Demnach treten die Rechtswirkungen, die sich aus der Verleihung der Beamteneigenschaft ergeben, erst ein, wenn der Ernannte die Urkunde selbst entgegennehme, wenn er sie körperlich in Besitz habe, wenn sie ihm ausgehändigt worden sei. Ähnlich lägen die Verhältnisse bei der Einbürgerung. Auch hier sei an dem, Grundsatz der persönlichen und körperlichen Inbesitznahme der Urkunde durch den Einzubürgernden festzuhalten, und zwar deshalb, weil die Einbürgerung weitestgehende Folgerungen an der rechtlichen Position und dem Rechtsstatus des Eingebürgerten hervorrufe. Demnach könnten für die Aushändigung der Einbürgerungsurkunde keine Parallelen zu den Zustellungen in zivilrechtlichen und verfahrensrechtlichen Angelegenheiten gezogen werde. Ob im vorliegenden Falle die für die militärischen Einheiten der früheren Wehrmacht geltenden Bestimmungen und Grundsätze über die Zustellung herangezogen werden könnten, müsse dahingestellt bleiben, weil die sogenannte österreichische Legion nach, den Auskünften der zuständigen Stellen nicht als eine militärähnliche Vereinigung anzusehen sei. Demnach habe der Beschwerdeführer seinerzeit die deutsche Staatsangehörigkeit wirksam nicht erworben. Eine Ausstellung eines Heimatscheines sei daher nicht möglich. Es sei die Regierung von Oberbayern angewiesen worden, das Erforderliche zur Feststellung des bestrittenen Besitzes der deutschen Staatsangehörigkeit zu veranlassen. Zur Entscheidung hierüber sei zunächst die Kreisverwaltungsbehörde, die Stadt München zuständig.
Am 17. Dezember 1958 wurde HZ von der belangten Behörde einvernommen. Sie gab an, ihr Vater habe im Jahre 1936 an die Landesregierung in Wien geschrieben, daß er die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten habe. Auf Grund dieser Mitteilung habe sie dann später ihre österreichischen Dokumente abgeben müssen. Da sie nunmehr keine Staatsbürgerschaftsdokumente gehabt habe, sei sie zur deutschen Botschaft gegangen und habe dort um die Ausstellung eines deutschen Dokumentes ersucht. Bei dieser Gelegenheit sei ihr einige Wochen später eine Abschrift der Erstschrift der Einbürgerungsurkunde ihres Vaters, auf der auch sie und die andere Tochter darauf gestanden seien, ausgehändigt worden. Sie habe anschließend auch einen bis 1942 gültigen Paß erhalten. Sie habe zu dieser Zeit mit ihrem Vater keine Verbindung gehabt. Erst nach dem Kriege - vorher sei kein Anlaß gewesen, über die Staatsbürgerschaft zu sprechen - habe sich herausgestellt, daß er selbst keine Staatsbürgerschaftsurkunde besessen habe. Ihr Vater sei damals der Meinung gewesen, noch Reichsdeutscher zu sein. Etwa 1953 oder 1954 habe er anläßlich einer Vorsprache bei der deutschen Fürsorgestelle in Wien erfahren, daß er die Urkunde seinerzeit persönlich hätte übernehmen müssen, um rechtsgültig deutscher Staatsangehöriger zu werden.
Am 13. Dezember 1958 teilte das Österreichische Generalkonsulat München der belangten Behörde mit, das Bayerische Staatsministerium habe in einer Zuschrift eröffnet, die Erhebungen, die für ein staatsangehörigkeitsrechtliches Feststellungsverfahren zu treffen seien, seien bereits getroffen worden. Für weitere Erhebungen fehle jeder Anhaltspunkt. Ein förmliches Feststellungsverfahren, wie dies die belangte Behörde wünsche, würde daher mit aller Wahrscheinlichkeit kein neues Ergebnis zeitigen. Unter diesen Umständen sei von der Einleitung eines förmlichen Feststellungsverfahrens abgesehen worden. Im Akt ist weiter eine Abschrift einer Mitteilung des Landratsamtes Dachau an die belangte Behörde enthalten. Darin wurde ausgeführt, daß sich beim Landratsamt Dachau ca. 2.000 Abdrucke von Einbürgerungsurkunden, die in den Jahren 1934/35 an ehemalige österreichische Staatsangehörige ausgehändigt worden seien, befinden. Bei der Aushändigung der Einbürgerungsurkunden mußten die Empfänger jeweils eine Empfangsbestätigung unterschreiben. Mit Erlaß vom 2. Mai 1938 sei angeordnet worden, daß die bisher beim Landratsamt aufbewahrten Nachweise über die an die in Dachau wohnhaften österreichischen Staatsangehörigen ausgehändigten Einbürgerungsurkunden zu den bei der Regierung von Oberbayern befindlichen Einbürgerungsvorgängen zu nehmen seien. Das Landratsamt habe daraufhin sämtliche Bestätigungen an die Regierung von Oberbayern übersandt. Dort seien jedoch sämtliche Einbürgerungsakten infolge Kriegseinwirkungen vermutlich 1944 vernichtet worden. Außer den oben erwähnten Abdrucken der Einbürgerungsurkunden befinde sich beim Landratsamte lediglich noch ein Verzeichnis, in dem sämtliche Personen angeführt seien, denen 1934/35 Einbürgerungsurkunden ausgehändigt worden seien. Hinter jedem Namen sei der Aushändigungstag vermerkt. Nach den bisher gemachten Erfahrungen seien an sämtliche in diesem Verzeichnis angeführte Personen die Einbürgerungsurkunden tatsächlich ausgehändigt worden. Dies werde noch dadurch erhärtet; daß beim Landratsamt ein weiteres Verzeichnis vorliege, in dem die nicht ausgehändigten Einbürgerungsurkunden namentlich festgehalten seien (der Aufenthalt dieser österreichischen Staatsangehörigen habe seinerzeit nicht mehr ermittelt werden können). Auf eine Anfrage gab das Landratsamt Dachau am 14. Jänner 1959 bekannt, daß über eine Einbürgerung des Beschwerdeführers keine Aufzeichnungen vorliegen.
In einer Einvernahme vom 2. Februar 1959 gab der Beschwerdeführer unter anderem an, er habe die in seinem Schreiben an die Landesregierung Wien vom 24. Jänner 1936 enthaltenen Angaben, insbesondere die Urkundenzahl 5378 ö. V./35, einem Befehl entnommen, der vom Hilfswerk Nord-West stammte und ihm zugestellt worden sei. Eine Aushändigung der Urkunde sei jedoch nicht erfolgt. Die Überschrift des Befehles lautete: Hilfswerk Nord-West, Tagesbefehl vom ... Unter den verschiedenen Punkten dieses Tagesbefehles sei auch sein Name, die Nummer der Einbürgerungsurkunde und das Datum der Einbürgerung angeführt worden. Er habe erst später erfahren, daß die Urkunden gesammelt vom Führer des Hilfswerkes HR übernommen und zurückbehalten worden seien. Ihm sei viel später bekannt geworden, daß die Urkunden nur an höhere Führer und an solche, die abgerüstet hätten, ausgehändigt worden seien.
Mit Bescheid vom 3. April 1959 stellte die belangte Behörde fest, daß der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes vom 30. Juli 1925, BGBl. Nr. 285/1925, die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitze. Nach Darlegung des Sachverhaltes wurde in der Begründung im wesentlichen ausgeführt, es habe der rechtswirksame Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit grundsätzlich den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft zur Folge. Nach einem allgemein anerkannten Grundsatz des Völkerrechtes stehe es wohl dem einzelnen Staat zu, durch seine Gesetzgebung zu bestimmen, wer seine Staatsangehörigkeit besitze. Die anderen Staaten müßten diese Gesetzgebung anerkennen, soweit sie mit den internationalen Verträgen, der internationalen Übung und den auf dem Gebiet der Staatsangehörigkeit allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen im Einklang stehe. Aus diesen Grundsätzen folge aber noch nicht, daß Entscheidungen oder Verfügungen, die auf Grund der staatsbürgerschaftsrechtlichen Bestimmungen im konkreten Fall von den Behörden des betreffenden Staates getroffen werden, von den anderen Staaten unbedingt und ohne Überprüfung anerkannt werden müßten. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 7. Februar 1955, Slg. Nr. 3653/A, ausgeführt habe, sei bei der Prüfung der Frage, ob jemand die österreichische Staatsbürgerschaft infolge Erwerbes einer fremden Staatsangehörigkeit verloren habe, die Einholung einer Stellungnahme der zuständigen ausländischen Behörden im Zuge des Ermittlungsverfahrens durchaus zweckmäßig, hiedurch werde aber die inländische Behörde nicht der Aufgabe enthoben, die Frage nach der Rechtswirksamkeit der Einbürgerung im Ausland unter Berücksichtigung der ausländischen Rechtsnormen selbstverantwortlich zu beurteilen. Die österreichischen Behörden seien daher nicht unbedingt an den Bescheid der Landeshauptstadt München vom 17. März 1958 gebunden, womit der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines deutschen Heimatscheines abgewiesen worden seit soweit durch diese Vorfrage das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht berührt werde. Nach mehrfacher Mitteilung der zuständigen deutschen Behörden seien sämtliche Einbürgerungsunterlagen der Regierung von Oberbayern, insbesondere auch die Aushändigungsnachweise durch Kriegseinwirkung verlorengegangen. Der alte Akt des Magistrates der Stadt Wien aus dem Jahre 1936, insbesondere mit dem Schreiben des damaligen Österreichischen Konsulates in München, aus dem die Einbürgerung durch Aushändigung der Urkunde hervorgehe, sei ebenso wie der Legionsakt im Original vorhanden. An der Echtheit und Glaubwürdigkeit dieser Dokumente sei nicht zu zweifeln. Der Beschwerdeführer habe in seinem an die Wiener Landesregierung gerichteten Schreiben vom Jahre 1936 die richtige Aktenzahl der Urkunde angeführt. Hiezu habe er bei seiner Einvernahme am 2. Februar 1959 angegeben, daß er die Urkundenzahl einem Befehl entnommen habe, der seiner Abteilung bzw. ihm zugestellt worden sei. In Widerspruch hiezu habe er seinerzeit am 13. April 1956 in seiner Eingabe an die Steiermärkische Landesregierung angegeben, er habe die Aktenzahl von einem gewissen WK - der dies auch bestätigt habe und dem allein in der Schreibstube des Hilfswerkes Nord-West die Unterlagen über die Einbürgerungen zugänglich gewesen seien - erhalten. Wenn vom Beschwerdeführer glaubhaft gemacht werde, die Urkunden über die Verleihung der Staatsbürgerschaft der Angehörigen der österreichischen Legion seien der Führung übergeben und nur beim Ausscheiden aus der Legion oder an höhere Führer ausgefolgt worden, so sei dies insbesondere für die Anfangszeiten des Bestehens des Hilfswerkes Nord-West (österreichische Legion) vollkommen richtig. Es seien tatsächlich damals nur verhältnismäßig wenige Legionsangehörige im Besitz von Einbürgerungsurkunden gewesen. In späterer Zeit, insbesondere vor dem sogenannten Anschluß, hätten sich jedoch alle Legionsangehörigen bemüht, ihre Einbürgerungsurkunden zu erhalten, um als sogenannte „Altreichsdeutsche“ nach Österreich zu kommen. Es haben daher am 13. März 1938 nur verhältnismäßig wenige Legionsangehörige (vornehmlich SA-Männer und andere Dienstgrade) die Einbürgerungsurkunden nicht besessen, zumindest seien dies keine höheren Führer gewesen. Der Beschwerdeführer sei jedoch seit 1932 Mitglied der NSDAP gewesen und habe seit Anfang 1938 das Amt eines hauptamtlichen Standartenführers bekleidet. Diese Ausführungen seien insbesondere auch durch ein Schreiben des Landratsamtes Dachau vom 10. August 1954 in einer anderen Staatsbürgerschaftsangelegenheit bestätigt worden, wonach dort eine Evidenz von über 3.000 Einbürgerungsurkunden vorhanden sei und in einem eigenen Verzeichnis eine geringe Anzahl nicht ausgehändigter Einbürgerungsurkunden aufscheine, und zwar in Fällen, in denen der Aufenthalt dieser österreichischen Staatsangehörigen seinerzeit nicht mehr habe ermittelt werden können. Wenn der Beschwerdeführer auf die Unglaubwürdigkeit der Aushändigung der Urkunde mit Ausstellungstag 19. September 1935 hinweise, so sei dies im allgemeinen insbesondere für SA-Männer und niedere Dienstgrade richtig. Die Urkunde sei meist einige Tage oder Wochen, oft erst Monate nach der Ausstellung ausgefolgt worden. Die belangte Behörde sei der Meinung, daß einem Führer der Legion, der nach dem Bericht des Gaupersonalamtes vom 16. März 1942 „in der Kampfzeit als Führer immer in der vordersten Linie“ gestanden sei, die Übernahme der Urkunde am Tage der Aushändigung, wie die Regierung von Oberbayern und das Österreichische Generalkonsulat im Jahre 1937 bestätigt hätten, möglich gewesen sei. Vor dem 13. März 1938 sei dem Beschwerdeführer auch ein deutscher Reisepaß ausgestellt worden, den er am 12. März 1938 in Bad Godesberg auch übernommen habe. Daß Dipl. Ing. WZ auch hier keine Einbürgerungsurkunde vorgewiesen habe, sondern diese lediglich durch die Dienststelle im kurzen Wege weitergeleitet worden sei, sei unglaubwürdig, weil die Begründung, man habe durch die Zurückbehaltung der Staatsbürgerschaftsurkunden verhindern wollen, daß Angehörige der ehemaligen Legion in andere Berufe abwandern, nur allgemein und zu einem früheren Zeitpunkt berechtigt gewesen sei. Es sei aber kaum anzunehmen, daß der Beschwerdeführer am 12. März 1938 oder knapp vorher aus der Legion habe austreten wollen oder sich als Standartenführer immer noch geweigert hätte, eine Einbürgerungsurkunde zu übernehmen. Im Legionsakt des Beschwerdeführers, der ebenfalls im Original bei der Bundes-Polizeidirektion Wien aufliege, sei in der sogenannten gelben Karteikarte der Vermerk „eingebürgert“ eingestempelt. Auch dieser Vermerk bilde erfahrungsgemäß einen Beweis nicht nur für die Einbürgerung, sondern auch für die Aushändigung der Urkunde. Der belangten Behörde seien nur ganz vereinzelte Fälle von ehemaligen Legionsangehörigen niederer Dienstgrade bekannt, die tatsächlich nachweisen hätten können, trotz des Vermerkes im Legionsakt keine Einbürgerungsurkunde übernommen zu haben, weil sie, wie das Landratsamt Dachau berichtet habe, nicht mehr aufgefunden hätten werden können bzw. abgerüstet hätten. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers sei aber den Behörden sicher bekannt gewesen. Gemäß bayerischer behördlicher Mitteilung seien sämtliche Aushändigungsverzeichnisse über die Staatsbürgerschaftsurkunde 1944 in München durch Fliegerangriff bzw. Brand vernichtet worden. Die zweifellos im deutschen Staatsbürgerschaftsrecht verankerte sehr enge Interpretation über die Zustellung bzw. Aushändigung von Einbürgerungsurkunden könne jedoch nicht so weit führen, daß ehemalige Österreicher, die sich zwischen 1934 und 1938 am die deutsche Staatsangehörigkeit beworben haben, für die Einbürgerungsurkunden ausgestellt worden seien, sich jedoch nunmehr nicht zum Empfang der Urkunde bekennen, nicht als eingebürgert angesehen werden könnten, wenn nach Meinung der belangten Behörde ausreichende Beweise für eine Aushändigung der Urkunde (auch „körperliche Übernahme“ im Sinne des § 16 RuStAG) vorliegen. Es würden sonst mangels Aushändigungsbestätigung fast alle ehemaligen Legionsangehörigen, die sich nicht zur Übernahme der Urkunde bekennen, Österreicher geblieben sein und es würde ein Nachweis ihrer Einbürgerung in Deutschland unmöglich erscheinen. Die belangte Behörde sei nicht der Meinung, daß der Beschwerdeführer nunmehr wider besseres Wissen behauptete, eine Einbürgerungsurkunde nicht übernommen zu haben. Das gefertigte Amt habe jedoch auf Grund einiger hundert Ansuchen um Widerruf der Ausbürgerung, in denen diese Frage stets zu prüfen gewesen sei, die Erfahrung gemacht, daß sich die Angehörigen der ehemaligen österreichischen Legion an die vielen Unterschriften, die sie zu leisten, an Fragebogen, die sie auszufüllen, und an Dokumente, die sie zu übernehmen gehabt hätten, beim besten Willen nicht hätten erinnern können. Aber auch wenn sich der Beschwerdeführer an alle schriftlichen Vorgänge vor so langer Zeit noch präzise erinnern könnte, könne seinen Angaben im Hinblick auf die Feststellungen aller österreichischen und deutschen Behörden, daß er stets seine Ansichten gewechselt habe, eine besondere Glaubwürdigkeit nicht beigemessen werden. Wie das Bayerische Ministerium im Widerspruch zu seinen früheren Angaben zuletzt mitgeteilt habe, sei der Beschwerdeführer nach deutsch-rechtlicher Auffassung österreichischer Staatsbürger geblieben. Wenn er nun nach österreichisch-rechtlicher Auffassung - ohne die zuständige deutsche behördliche Entscheidung ändern zu können oder zu beeinträchtigen - die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt habe, sei er nunmehr als Staatenloser anzusehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Aktenwidrigkeit, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 10 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 30. Juli 1925, BGBl. Nr. 285, verliert die Landesbürgerschaft durch Ausbürgerung, wer eine fremde Staatsbürgerschaft erwirbt. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid festgestellt, daß der Beschwerdeführer auf Grund dieser Gesetzesstelle die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitze. Sie hat als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat. Mit dieser Feststellung setzte sich die belangte Behörde in Widerspruch zum Bescheid der Landeshauptstadt München vom 17. März 1958, mit dem der Antrag des Genannten auf Ausstellung eines Heimatscheines abgelehnt wurde, weil als erwiesen angenommen worden war, es sei dem Beschwerdeführer die Staatsbürgerschaftsurkunde nicht ausgehändigt worden, deren Aushändigung gemäß § 16 I RuStAG den deutschen Einbürgerungsakt wirksam mache.
Der Beschwerdeführer erachtet es als rechtswidrig, daß die belangte Behörde eine Bindung an den angeführten Bescheid der Landeshauptstadt München abgelehnt hat. Er vertritt die Auffassung, daß es im vorliegenden Falle nicht um die rechtliche Beurteilung einer formalen Rechtsfrage gehe, sondern um die Feststellung eines tatsächlichen, rechtlich erheblichen Vorganges. Die Möglichkeit der Beurteilung ausländischer Rechtstatbestände durch inländische Behörden müsse dort ihre Grenze haben, wo nicht mehr eine Beurteilung von Rechtsnormen, sondern eine Feststellung von Vorgängen und Tatbeständen einsetze, die sich auf ausländischem Gebiet ergeben hätten, insbesondere, wenn diese bereits durch die Zuständigkeit ausländischer Behörden im Wege eines rechtskräftigen Verwaltungsaktes ihre Feststellung gefunden haben.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt zunächst die von der belangten Behörde und vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsansicht, daß eine Staatsangehörigkeit nur auf Grund der Rechtsordnung des verleihenden Staates beurteilt werden kann (so auch Verdross, Völkerrecht, 4. Auflage, S. 242). Er erachtet aber - ebenso wie die belangte Behörde - daß der Erwerb der ausländischen Staatsbürgerschaft unter Bedachtnahme auf die ausländischen Gesetze als Tatfrage zur Beurteilung des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft von der inländischen Behörde zu entscheiden ist und das eine Bindung an Bescheide ausländischer Behörden für die österreichischen Behörden - wie etwa bei Vorfragen im Sinne des § 38 AVG 1950 - nicht besteht. Die belangte Behörde hat demnach nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie sich an den Bescheid der Landeshauptstadt München vom 17. März 1958 nicht gebunden erachtet hatte.
Die Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Feststellung getroffen, daß die Staatsbürgerschaftsurkunde an den Beschwerdeführer ausgehändigt wurde. Sie hat diese Feststellung auf Grund verschiedener von ihr als erwiesen angenommener Tatsachen getroffen. Die Beschwerdeführer bestreiten die Schlüssigkeit dieser Feststellung. Es mag dahingestellt bleiben, ob die Urkunde den Beschwerdeführer persönlich ausgefolgt worden ist oder nicht, denn der Gerichtshof ist der Ansicht, daß der Beschwerdeführer die deutsche Staatsbürgerschaft auch dann erworben hat, wenn ihm die Staatsbürgerschaftsurkunde nicht persönlich übergeben wurde.
Den Mitteilungen der deutschen Behörden, den Darlegungen des Beschwerdeführers sowie den Feststellungen der belangten Behörde ist zu entnehmen, daß durch die sogenannte österreichische Legion ein Sammelantrag auf Einbürgerung der Legionäre gestellt werden war, der summarisch durch das Amt der oberbayerischen Regierung seine Erledigung gefunden hat. Mit einem Tagesbefehl ist dem Beschwerdefahrer und den übrigen Legionären mitgeteilt worden, daß der Sammelantrag aufrecht erledigt worden sei und daß die Einbürgerungsurkunden beim Führer des Hilfswerkes Nord-West erliegen. Es wurde auch gleichzeitig die Geschäftszahl und das Datum der Einbürgerungsurkunde bekanntgegeben. Der Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 22. Juli 1958 ist zu entnehmen, daß nach Ansicht dieser Behörde der Begriff der Aushändigung im Sinne des § 16 Abs. 1 RuStAG, nicht gesetzlich festgelegt sei. Demnach könne für die Zustellung auch ein solcher Vorgang als ausreichend angesehen werden, der dem bürgerlich-rechtlichen Begriff des „Zuganges“ entspreche. Bei militärischen Organisationen sei der Führer derartiger Formationen weitgehend zum Empfang von Schriftstücken für seine Untergebenen ermächtigt gewesen. Die genannte Behörde verneint jedoch, daß dies im vorliegenden Falle genügt habe. Sie begründet ihre Ansicht mit dem Hinweis, eine Einbürgerung bedeute eine so weitgehende Veränderung des Status einer Person, daß der Wortlaut des Gesetzes eng auszulegen sei. Dieser Standpunkt ist bei der Beurteilung eines Verwaltungsaktes, der in einem nach den Prinzipien eines Rechtsstaates geregelten Staatswesen gesetzt wird, ohne weiteres anzuerkennen. Im vorliegenden Fall ist aber zu bedenken, daß zur Zeit der Ausstellung der Staatsbürgerschaftsurkunde das Rechtsleben im Deutschen Reich in weitgehendem Maße des jeweiligen Willen der Führung unterworfen war. Entsprechend der damals ergangenen bindenden Weisung der Machthaber wurden die Urkunden nicht an die Eingebürgerten, sondern an deren Kommandanten ausgefolgt, der sie aufzubewahren hatte. Es ist müßig, dem Sinne dieser Maßnahme nachzuforschen. Jedenfalls hatte aber dieser Vorgang nach dem Willen der damaligen autoritären Staatsführung die Wirkung einer rechtskräftigen Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft. Dies geht insbesondere auch aus folgenden Umständen hervor: 1.) Es wurde in einem „Tagesbefehl“ dem Beschwerdeführer sowohl die Nummer der Einbürgerungsurkunde als auch das Datum der Einbürgerung bekanntgegeben. Diese Bekanntgabe konnte damals nichts anderes als den Abschlußakt des Vollzuges der Einbürgerung bedeuten. Daß dieser Vorgang auch in diesem Sinne gewertet wurde, beweist der Umstand, daß der Beschwerdeführer unter Berufung auf diese Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft am 24. Jänner 1936 bei der Wiener Landesregierung um die „Streichung der österreichischen Staatsangehörigkeit“ angesucht und dies auch erwirkt hat. 2.) Es wurde dem Beschwerdeführer ein deutscher Reisepaß ausgestellt, und zwar unter Bezugnahme auf die Daten der Einbürgerungsurkunde. 3.) Seiner Tochter HZ wurde von der deutschen Botschaft in Wien über ihr Begehren am 19. Juli 1937 eine Gleichschrift der Einbürgerungsurkunde ausgefolgt. Es wurde hiedurch zum Ausdruck gebracht, daß auch sie und ihre Schwester IZ auf Grund der Einbürgerung ihres Vaters die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben. Es ist nicht anzunehmen, daß wohl die Kinder, nicht aber der Vater durch den gleichen Einbürgerungsakt deutsche Staatsbürger geworden sind. Insbesondere dieses Verhalten der Botschaft läßt erkennen, daß die für den Vollzug der Einbürgerung zuständige Behörde - denn nur von dieser konnte die Botschaft die Abschrift der Einbürgerungsurkunde erhalten und die Berechtigung ableiten, sie an HZ auszufolgen - die Einbürgerung durch die Ausfolgung an den Leiter der österreichischen Legion als vollzogen gewertet hat. Diese Einbürgerung hat nun in Österreich das vom Beschwerdeführer selbst begehrte Ausscheiden aus dem österreichischen Staatsverband zur Folge gehabt. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Ansicht, daß es nicht angängig ist, einem Vorgang, der nach dem erkennbaren Willen der seinerzeit maßgebenden deutschen Machthaber eine Einbürgerung mit allen Rechtsfolgen bewirkt hat, nunmehr auf Grund einer anderen Auslegung die Rechtswirkung wieder abzusprechen. Für den Bereich des österreichischen Rechtes hat daher die Einbürgerung des Beschwerdeführers und der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft als rechtswirksam zu gelten.
Der Beschwerdeführer verweist auch auf die im Völkerrecht entwickelten Grundsätze, nach denen jedermann einen Anspruch auf eine Staatsbürgerschaft besitzen und vor Staatenlosigkeit geschützt sein soll. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer Österreich, in dem er das Staatsbürgerrecht besaß, verlassen und war bestrebt, diese Staatsbürgerschaft aufzugeben, wie dies seine Eingabe an den Magistrat der Stadt Wien vom Jahre 1936 beweist. Als es ihm auf Grund der Verhältnisse nach 1945 wieder zweckmäßiger erschien, österreichischer Staatsbürger zu werden, provozierte er - dem unangefochten die Rechte eines deutschen Staatsbürgers zustanden - den Bescheid der Landeshauptstadt München vom 17. März 1958. In einem solchen Fall, in dem die Gefahr der Staatenlosigkeit nicht durch eine Zwangslage ausgelöst worden war, können die vom Beschwerdeführer angeführten Grundsätze nicht Anwendung finden. Im übrigen handelt es sich hier nicht um eine Ausbürgerung, also nicht um einen Bescheid durch den dem Beschwerdeführer die Staatsbürgerschaft genommen wurde. Es liegt bloß eine Feststellung vor, daß der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft schon durch den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft von selbst eingetreten sei.
Es war demnach die Beschwerde gemäß § 42 Abs.1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 29. November 1961
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1961:1959001093.X01Im RIS seit
22.06.2021Zuletzt aktualisiert am
23.06.2021