Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des A, Rechtsanwalt in W, gegen den undatierten Bescheid des Militärkommandos Wien, Zl. N/63/25/01/05, betreffend Einberufung zum Grundwehrdienst vom 1. Jänner 1997 an, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 35 des Wehrgesetzes BGBl. Nr. 305/1990 zur Ableistung des Grundwehrdienstes vom 1. Jänner 1997 an einberufen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer war im Jahr 1981 für tauglich befunden worden. In einem auf Antrag des Beschwerdeführers durchgeführten neuerlichen Stellungsverfahren erging am 24. September 1996 ein Beschluß der Stellungskommission beim Militärkommando Wien, der mündlich verkündet und von dem eine schriftliche Ausfertigung dem Beschwerdeführer ausgehändigt wurde. Dieser Beschluß lautete auf "Beschluß ausgesetzt".
Bevor das Stellungsverfahren abgeschlossen worden war, erging der angefochtene Einberufungsbefehl.
Das Wehrgesetz sieht im ersten Satz des § 23 Abs. 2 vor, daß ein Stellungsverfahren mit dem - Bescheidqualität besitzenden - Beschluß abgeschlossen wird, der auf "Tauglich", "Vorübergehend untauglich" oder "Untauglich" zu lauten hat. Faßt die Stellungskommission den - im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehenen - Beschluß, den "Beschluß auszusetzen", und fertigt sie diesen "Aussetzungsbeschluß" in der Form aus, wie sie auch die dem jeweiligen Militärkommando zuzurechnenden Bescheide ausfertigt, so kommt dieser Erledigung insofern Bescheidqualität zu, als sie die normative Wirkung hat, daß ein allfälliger früherer, aufrechter, auf "Tauglich" lautender Stellungsbescheid insofern sistiert wird, als er nicht mehr zur Grundlage der Erlassung eines Einberufungsbefehles gemacht werden darf. Er bewirkt damit, daß der betreffende Wehrpflichtige jedenfalls bis zum Abschluß des Stellungsverfahrens nicht einberufen werden darf. Eine Einberufung ist erst ab Erlassung eines neuerlichen auf "Tauglich" lautenden Bescheides zulässig (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1995, B 129/95, in dem die Auffassung vertreten wird, durch die "Aussetzung" sei der seinerzeitige Tauglichkeitsbescheid - "jedenfalls vorübergehend" - rückgängig gemacht, sodaß der betreffende Wehrpflichtige vorläufig nicht wie ein "Tauglicher" behandelt werden darf).
Das hat die belangte Behörde verkannt.
Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG
wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Stempelgebührenersatz nur in der HÖhe von S 420,-- (S 360,-- für drei Beschwerdeausfertigungen und S 60,-- für je eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und des Aussetzungsbeschlusses) zugesprochen werden konnte.
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des Bescheidcharakters Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996110331.X00Im RIS seit
20.11.2000