TE Vwgh Erkenntnis 1986/2/19 85/09/0257

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Veröffentlicht am 19.02.1986
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Index

Gesundheitswesen
L94056 Ärztekammer Steiermark
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal

Norm

ÄrzteG 1949 §44 Abs2
ÄrzteG 1949 §44 Abs3
ÄrzteG 1984 §75 Abs2
ÄrzteG 1984 §75 Abs3
Beitrags- und UmlagenO ÄrzteK Stmk §5
Beitrags- und UmlagenO ÄrzteK Stmk §7
Beitrags- und UmlagenO ÄrzteK Stmk §8
B-VG Art18 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Kirschner, Dr. Griesmacher, Mag. Meinl und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter, über die Beschwerde des Dr. med. TC in F, vertreten durch Dr. Fritz König, Rechtsanwalt in Graz, Friedrichgasse 6/III, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses bei der Ärztekammer für Steiermark vom 11. September 1985, Zl. B-268/85, dieser vertreten durch Dr. Hans Pfersmann, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntnerring 3, betreffend Kammerbeitrag für das Kalenderjahr 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Ärztekammer für Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Amtsarzt und übt neben seinem amtsärztlichen Beruf eine ärztliche Tätigkeit als praktischer Arzt und als Schularzt aus. Zufolge dieser Praxis ist er ordentlicher Kammerangehöriger der Ärztekammer für Steiermark (§ 40 Abs. 1 des Ärztegesetzes 1984, BGBl. Nr. 373 - ÄrzteG).

Die Ärztekammer für Steiermark hatte dem Beschwerdeführer mit Vorschreibung vom 23. November 1984 für das Kalenderjahr 1984 u.a. den Kammerbeitrag (für Wohlfahrtseinrichtungen), ausgehend von einer Erfordernisbemessungsgrundlage in der Höhe von S 498.365,-- im Gesamtbetrage von S 59.508,-- zur Entrichtung vorgeschrieben.

Mit Bescheid vom 17. Juli 1985 wurde vom Verwaltungsausschuß bei der Ärztekammer für Steiermark der auf § 3 Abs. 2 der aufsichtsbehördlich genehmigten Beitrags- und Umlagenordnung (BUO) gestützte Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers, mittels welchem er die Einbeziehung seiner aus amtsärztlicher Tätigkeit bezogenen Einkünfte in die Kammerbeitragsbemessungsgrundlage bekämpft hatte, mit der Begründung abgewiesen, gemäß § 5 Abs. 3 BUO und § 6 Abs. 4 lit. b der Satzung über die Einrichtung und den Betrieb eines Wohlfahrtsfonds sei der Gesamtbetrag der Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit als Beitragsbemessungsgrundlage heranzuziehen. Da der Beschwerdeführer neben seiner freiberuflichen Tätigkeit auch als Amtsarzt eine ärztliche Tätigkeit ausübe, seien auch die daraus erzielten Einnahmen, wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 1972, VfSlg. 6947, dargelegt habe, in die Bemessungsgrundlage zur Festsetzung des Kammerbeitrages einzubeziehen. Gemäß § 7 BUO werde der Kammerbeitrag, so führte die Behörde erster Rechtsstufe weiter aus, grundsätzlich in Hundertsätzen auf der Grundlage des jährlichen Einkommens, soweit es auf Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit entfalle, erhoben, wobei die Bemessungsgrundlage durch eine Erfordernis- bzw. Höchstbeitragsbemessungsgrundlage nach unten bzw. oben begrenzt sei. Gemäß § 8 Abs. 1 BUO betrage für das Kalenderjahr 1984 die Erfordernisbemessungsgrundlage S 498.365,--. Da vom Beschwerdeführer sein Einkommen in keiner Weise angegeben worden sei, sei diese Erfordernisbemessungsgrundlage der Bemessung zugrundezulegen gewesen.

Der Beschwerdeausschuß bei der Ärztekammer für Steiermark gab mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der dagegen erhobenen Beschwerde des Beschwerdeführers, mit der dieser die Einbeziehung seiner Einkünfte aus amtsärztlicher Tätigkeit mit der Begründung bekämpfte, die unselbständige Tätigkeit als Amtsarzt sei keine „ärztliche Tätigkeit“, gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beitragsvorschreibung für das Kalenderjahr 1984 unter Zugrundelegung der Erfordernisbemessungsgrundlage auf der Grundlage einer Schätzung gemäß § 4 Abs. 3 BUO sei wegen der nicht vorgelegten Einkommensnachweise sachlich zu Recht und auch rechnerisch richtig erfolgt. Dazu komme, daß nach der unzweideutigen Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 1977, VfSlg. 6947, die Einbeziehung der Einnahmen aus amtsärztlicher Tätigkeit in die Bemessung der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds nicht nur rechtsrichtig, sondern sogar geboten sei. Verfehlt sei auch, so führte die belangte Behörde weiter aus, der Hinweis auf eine angeblich anders lautende Entscheidungspraxis des Beschwerdeausschusses. Die in der Beschwerdeschrift vom Beschwerdeführer dazu angeführten Entscheidungen des Beschwerdeausschusses gingen ins Leere, weil sie zum Teil mit der in Rede stehenden Angelegenheit sachlich nichts zu tun hätten, zum anderen Teil jedoch genau die gegenteilige, als die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, enthielten. Dessen ungeachtet wäre aus der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Bindung an § 7 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsausschusses nichts zu gewinnen, da diese lediglich für den Verwaltungsausschuß, nicht aber für den Beschwerdeausschuß maßgeblich sei. Eine Entscheidung in Übereinstimmung mit einer vom Verfassungsgerichtshof in einer sachlich ähnlichen Angelegenheit vertretenen Rechtsmeinung könne keinesfalls rechtswidrig sein.

Dagegen richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen im Recht auf Vorschreibung des Kammerbeitrages nicht auf der Grundlage der Erfordernisbemessungsgrundlage in der Höhe von S 498.365,--, sondern nach seinen tatsächlichen Einkünften aus selbständiger ärztlicher Tätigkeit verletzt. Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit im Einklang mit seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren im wesentlichen vor, die Tätigkeit eines Amtsarztes stelle keine ärztliche Tätigkeit dar, sondern sei Ausfluß des Vollzuges behördlicher Aufgaben. Zur Beurteilung der gegenständlichen Beschwerde sei die rechtsrichtige Definition der „ärztlichen Tätigkeit“ das allein Entscheidende. Ein Amtsarzt sei „Amtssachverständiger“ einer Behörde, die daraus erzielten Einkünfte seien keine Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit und daher nicht in die Bemessungsgrundlage des Kammerbeitrages einzubeziehen.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Die belangte Behörde stützte sich im angefochtenen Bescheid zur Frage, ob der monatliche Gehalt des Beschwerdeführers als Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft auch in die Bemessungsgrundlage für den Kammerbeitrag einzubeziehen ist, zu Recht auf die grundsätzlichen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 1977, VfSlg. 6947. In dem genannten Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß Amtsärzte, die auch eine freiberufliche Tätigkeit ausüben und daher ordentliche Kammerangehörige sind, Beiträge zum Wohlfahrtsfonds nach Maßgabe ihrer gesamten aus ärztlicher Tätigkeit erzielten Einnahmen zu entrichten haben.

Dieser Rechtsauffassung schließt sich der Verwaltungsgerichtshof vollinhaltlich an, weil das Einkommen des Beschwerdeführers aus ärztlicher Tätigkeit jedenfalls unter der als „Erfordernisbemessungsgrundlage“ bezeichneten Mindestbemessungsgrundlage in der Höhe von S 498.365,-- liegt.

Soweit der Beschwerdeführer die Heranziehung dieser Mindestbemessungsgrundlage rügt, ist ihm zu erwidern, daß der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst in seinem Erkenntnis vom 30. Oktober 1985, Zlen. 85/09/0132, 0133, dargelegt hat, daß die Erfordernisbemessungsgrundlage als Bemessungsgrundlage für die Vorschreibung des Kammerbeitrages immer dann zum Tragen kommt, wenn das im § 5 Abs. 3 BUO genannte Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit darunterliegt; daß dies im Kalenderjahr 1982 beim Beschwerdeführer der Fall war, ergibt sich aus seinen erstmals in der Beschwerde offengelegten Einkünften. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß die in der Verfahrensrüge aufgestellte Behauptung des Beschwerdeführers, er habe sämtliche Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit der Behörde am 18. Juli 1983 durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides nachgewiesen, aktenwidrig ist.

Die Regelung einer Erfordernisbemessungsgrundlage dem Grunde nach hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 7. März 1985, Zl. B 209/84, als mit dem Ärztegesetz im Einklang stehend erkannt. Solcherart aber war es der belangten Behörde bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht als Verletzung der Satzung anzulasten, wenn sie im Beschwerdefall bei der Vorschreibung des Kammerbeitrages von der Erfordernisbemessungsgrundlage ausging.

Fehl geht auch die Meinung des Beschwerdeführers, die auch nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1972 angeblich erfolgte langjährige Nichteinbeziehung eines Gehaltes eines Amtsarztes in die Kammerbeitragbemessungsgrundlage durch den Verwaltungs- und Beschwerdeausschuß der Ärztekammer für Steiermark, denen das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes sicherlich bekannt gewesen sei, habe ein Gewohnheitsrecht dahin geschaffen, daß ein Rechtsanspruch auf Nichtberücksichtigung bestehe. Es mag sein, daß der Verwaltungs- und Beschwerdeausschuß bei der Ärztekammer für Steiermark jahrelang der Auffassung war, aus amtsärztlicher Tätigkeit bezogene Einkünfte seien nicht in die Bemessungsgrundlage für den Beitrag zum Wohlfahrtsfonds einzubeziehen. Dies schafft jedoch noch kein die Nichteinbeziehung begründendes und dem gesetzten Recht entgegenstehendes Gewohnheitsrecht. Auch eine langjährige Übung in der Überzeugung, daß sie dem gesetzten Recht entspreche, die aber ihrerseits mit dem gesetzten Recht nicht im Einklang steht, kann nicht zur Begründung von Gewohnheitsrecht führen. Es ist ausgeschlossen, den Vorrang des Gesetzes durch eine Verwaltungsübung aufzuheben. Im Ergebnis würde auf diese Weise entgegen dem verfassungsgesetzlichen Legalitätsgebot (Art. 18 Abs. 1 B-VG) eine Verwaltungsübung zu einer Rechtsnorm erhoben werden.

Somit erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet. Diese war daher gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Ungeachtet des Antrages des Beschwerdeführers konnte der Verwaltungsgerichtshof von einer Verhandlung absehen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG).

Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 19. Februar 1986

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1986:1985090257.X00

Im RIS seit

21.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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