TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/19 95/11/0009

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Veröffentlicht am 19.03.1997
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Index

L92704 Jugendwohlfahrt Kinderheim Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs2;
AVG §40 Abs1;
AVG §8;
JWG OÖ 1991 §30 Abs2;
JWG OÖ 1991 §32 Abs1;
JWG OÖ 1991 §32 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. November 1994, Zl. JW - 610014/4 - Mag.Wie/Sch, betreffend Zurückweisung von Einwendungen gegen die Bewilligung einer privaten Kinderbetreuungseinrichtung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 29. September 1994 wurde dem Verein "XY" über dessen Eingabe vom Juni 1994 die Bewilligung zum Betrieb einer privaten Kinderbetreuungseinrichtung auf der Liegenschaft B, K-Straße 8, unter Vorschreibung verschiedener näher bezeichneter Bedingungen und Auflagen erteilt. Dieser Bescheid wurde dem antragstellenden Verein zu Handen der stellvertretenden Obfrau C, dem Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Jugendwohlfahrt, und dem Stadtgemeindeamt B zugestellt. Der Beschwerdeführer, der das Haus B, K-Straße 6, bewohnt, war zur Verhandlung vom 1. September 1994 geladen worden und hatte mit Schriftsatz vom 26. August 1994 Einwendungen erhoben.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurden die Einwendungen des Beschwerdeführers mangels Parteistellung gemäß § 8 AVG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 und Abs. 3 des

O.ö. Jugendwohlfahrtsgesetzes 1991, LGBl. Nr. 111, zurückgewiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe durch die Ladung zur mündlichen Verhandlung keine Parteistellung im Bewilligungsverfahren erlangt. Es handle sich im vorliegenden Fall um kein Verfahren zur Bewilligung einer gewerblichen Betriebsanlage oder um ein Baubewilligungsverfahren. Die Frage, ob dem Beschwerdeführer als Nachbarn Parteirechte zukämen, sei durch Auslegung der anzuwendenden § 32 Abs. 1, § 30 Abs. 2 Z. 1 bis Z. 5 und Z. 7 sowie § 30 Abs. 3 O.ö. Jugendwohlfahrtsgesetz 1991 - O.ö. JWG 1991 zu ermitteln. Bei Durchsicht dieser Gesetzesbestimmungen ergebe sich, daß der Gesetzgeber als Voraussetzung für die Bewilligung einer Kinderbetreuungseinrichtung lediglich Umstände vorsehe, die sich unmittelbar auf das Wohl der in der Kinderbetreuungseinrichtung betreuten Kinder bezögen und dieses Wohl sicherstellen sollten. Irgendein Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse dritter Personen im Sinne des § 8 AVG ließen sich hingegen dem O.ö. JWG 1991 nicht entnehmen.

Der Beschwerdeführer bekämpft mit seiner Beschwerde diesen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß durch die Ladung zu einer Verhandlung eine Parteistellung nicht begründet wird (vgl. hiezu die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 114, angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Die in diesem Verfahren allein strittige Frage, ob dem Nachbarn im Bewilligungsverfahren gemäß § 32 O.ö. JWG 1991 Parteistellung zukommt, ist aufgrund der anzuwendenden materiellen Verwaltungsvorschriften zu beantworten, welche folgenden Wortlaut haben:

"§ 30 O.ö. JWG 1991

Errichtungs- und Betriebsbewilligung

(1) Heime, Wohngemeinschaften und sonstige Einrichtungen (wie Kinderdörfer), die zur Übernahme von Minderjährigen in die volle Erziehung (§ 37) oder sonst auf Dauer in Pflege und Erziehung bestimmt sind, dürfen nur mit Bewilligung der Landesregierung errichtet und betrieben werden; ausgenommen davon ist jedoch die Errichtung und der Betrieb von Schülerheimen.

(2) Die Bewilligung gemäß Abs. 1 darf nur erteilt werden, wenn die Einrichtung nach ihrer Ausstattung und Leitung Gewähr für eine verantwortungsbewußte Pflege und Erziehung bietet und ein zielführendes sozialpädagogisches Konzept vorliegt; insbesondere muß gewährleistet sein, daß

1.

für die Leitung der Einrichtung oder des Projekts sowie für die Pflege und Erziehung der Minderjährigen eine ausreichende Anzahl von fachlich und persönlich geeigneten Fachkräften zur Verfügung steht,

2.

die persönliche Sicherheit der Minderjährigen, soweit im vorhinein abschätzbar, gewährleistet ist,

3.

das Personal gesundheitlich geeignet und zuverlässig ist,

4.

die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Errichtung und den Bestand der Einrichtung gesichert sind,

5.

die Lage, die Anzahl der Räumlichkeiten und deren Ausgestaltung, insbesondere die Schlaf- und Aufenthaltsräume, den sachlichen Erfordernissen entsprechen sowie Spiel- und allenfalls Sportplätze zur Verfügung stehen.

6.

...

7.

die sanitären und hygienischen Erfordernisse gewährleistet sind.

(3) Die Bewilligung gemäß Abs. 1 kann unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen sowie befristet erteilt werden; dabei kann die Landesregierung anordnen, daß das Heim, die Wohngemeinschaft oder die sonstige Einrichtung erst auf Grund einer gesonderten Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden darf."

"§ 32 O.ö. JWG 1991

Kinderbetreuungseinrichtungen

(1) Kinderkrippen, Kindergruppen und andere Einrichtungen, die zur Betreuung von Kindern während des Tages oder eines Teiles davon bestimmt sind, dürfen nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde betrieben werden.

(2) ...

(3) Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn die Einrichtungen gemäß Abs. 1 nach ihrer Ausstattung und Leitung Gewähr für eine sachgemäße und verantwortungsbewußte Betreuung bieten; § 30 Abs. 2 zweiter Halbsatz Z. 1 bis 5 und 7 sowie § 30 Abs. 3 sind anzuwenden; ..."

Das O.ö. JWG 1991 sieht eine Parteistellung von Nachbarn im Verfahren zur Bewilligung von Kinderbetreuungseinrichtungen nicht vor. Die gesetzlichen Bestimmungen räumen diesen Personen keinen Rechtsanspruch auf eine bestimmte behördliche Tätigkeit ein. Es ist darin auch nicht vorgesehen, daß bestimmte Umstände in bezug auf Nachbarn zu berücksichtigen sind, sodaß sie auch nicht vermöge eines rechtlichen Interesses im Sinne des § 8 AVG an der Sache beteiligt sind. Die im § 30 Abs. 2 O.ö. JWG 1991 angeführten Kriterien für eine Bewilligung einer Kinderbetreuungseinrichtung betreffen im wesentlichen Gesichtspunkte der Pädagogik sowie Sicherheit und Gesundheit der betreuten Kinder, damit öffentliche Interessen, nicht jedoch spezielle Interessen der Nachbarn bzw. Eigentümer benachbarter Grundstücke. Insbesondere sind die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Interessen daran, daß das Verkehrsaufkommen nicht vermehrt werde und es zu keiner zusätzlichen Lärmerregung komme, keine im gegenständlichen Bewilligungsverfahren relevanten Kriterien. Sie sind daher nicht geeignet, eine Parteistellung des Beschwerdeführers zu begründen.

Daran vermag auch das Vorbringen, es könnten durch ein Landesgesetz nicht Bestimmungen und Grundsätze bundesgesetzlicher Vorschriften außer Kraft gesetzt werden, nichts zu ändern. Ob der gegenständliche Betrieb der Raumordnung widerspricht, ist hier nicht zu prüfen.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen kommt auch eine analoge Anwendung der eine Parteistellung des Nachbarn im Betriebsanlagegenehmigungs- oder Bauverfahren begründenden Bestimmungen auf das gegenständliche Verfahren nicht in Betracht, weil eine Gesetzeslücke nicht vorliegt.

Aus dem Gesagten folgt, daß die belangte Behörde mit Recht die Parteistellung des Beschwerdeführers im Verfahren betreffend die Bewilligung einer Kinderbetreuungseinrichtung verneint und seine Einwendungen zurückgewiesen hat, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beteiligter Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit Verfahrensrecht AVG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995110009.X00

Im RIS seit

24.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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