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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
KFG 1967 §66 Abs2 lite;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des J in M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8. Oktober 1996, Zl. VerkR-392.437/1-1996/Kof, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C, E, F und G entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm für die Dauer vom 16. April 1996 (dem Tag der vorläufigen Führerscheinabnahme) bis 16. April 1998 keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Grund für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war, daß sich der Beschwerdeführer am 16. April 1996 um 0.40 Uhr geweigert habe, seine Atemluft durch einen sogenannten Alkotest auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Er wurde deswegen mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 8. August 1996 einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 für schuldig erkannt. Darin erblickten die Behörden des Entziehungsverfahrens eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967, die die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers nach sich ziehe. Die belangte Behörde berücksichtigte auch die in den Jahren 1989, 1991 und 1993 im Zusammenhang mit Alkoholdelikten erfolgten Entziehungen der Lenkerberechtigung.
Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, er stehe zwar dazu, daß er den Alkotest verweigert habe. Er habe aber nachträglich den Beweis erbracht, zur Tatzeit nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, indem er sich im Anschluß an die Amtshandlung freiwillig einer Blutabnahme unterzogen habe. Das Ergebnis der Blutuntersuchung stelle den entsprechenden Beweis dar.
Die belangte Behörde geht in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf das Ergebnis der Blutuntersuchung mit dem Hinweis auf die Gleichwertigkeit aller Alkoholdelikte in Ansehung der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit nicht ein.
Es trifft zwar zu, daß in der Verweigerung des Alkotests durch den Beschwerdeführer eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 liegt. Eine bestimmte Tatsache bedarf aber gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 einer Wertung. Alkoholdelikte im Straßenverkehr sind eo ipso als verwerflich anzusehen. Es trifft auch zu, daß eine Verweigerung des Alkotests grundsätzlich dieselbe Verwerflichkeit aufweist wie eine erwiesene Alkoholbeeinträchtigung. Diese Verwerflichkeit ergibt sich aber nicht aus dem gegenüber den einschreitenden Straßenaufsichtsorganen an den Tag gelegten Ungehorsam, sondern daraus, daß durch die Verweigerung die Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung vereitelt wird. Was die Wertung einer Verweigerung im Sinne des § 66 Abs. 3 KFG 1967 anlangt, ist - ungeachtet ihrer Strafbarkeit - ein positiver Nachweis, nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, sehr wohl von Bedeutung. Es kann somit der Fall eintreten, daß eine - in der Verweigerung einer Untersuchung im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO 1960 liegende - bestimmte Tatsache vorliegt, deren Wertung im Sinne des § 66 Abs. 3 KFG 1967 aber nicht zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person führt.
Das hat die belangte Behörde zwar im Grunde verkannt. Dieser Umstand führt freilich noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides:
Im Verwaltungsakt befindet sich ein Chemischer Befund einer näher bezeichneten Bundesuntersuchungsanstalt vom 26. April 1996 betreffend das Ergebnis der Untersuchung des beim Beschwerdeführer am 16. April 1996 um 5.45 Uhr auf Grund eigenen Verlangens abgenommenen Blutes. Der Blutalkoholgehalt wird mit Werten zwischen 0,11 und 0,15 %o angegeben. Nach dem Verwaltungsakt hat der Beschwerdeführer zuletzt um 0.30 Uhr ein Kraftfahrzeug gelenkt; auf diesen Zeitpunkt haben sich alle Überlegungen hinsichtlich der Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers zu beziehen. Eine schematische Berechnung des Abbaues des Blutalkoholgehaltes des Beschwerdeführers von 0.30 Uhr bis 5.45 Uhr mit den üblichen Faktoren von 0,1 bis 0,12 %o pro Stunde ergibt für den relevanten Lenkzeitpunkt jedenfalls Werte, die an die Grenze der gesetzlich
- unwiderlegbar - vermuteten Alkoholbeeinträchtigung bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 %o heranreichen. Im Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO 1960 wäre für einen Schuldspruch ein ärztliches Gutachten zur Frage der besagten Rückrechnung (allenfalls auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Blutprobe zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung bereits 10 Tage alt war) erforderlich. Bei der Beurteilung der Verwerflichkeit einer Verweigerung einer Untersuchung vor dem in Rede stehenden Hintergrund ergibt sich jedenfalls das Bild, daß der Beschwerdeführer nach einem nicht unbeträchtlichen Alkoholgenuß offenbar damit gerechnet hat, daß der geforderte Alkotest den Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung bewirkt und eine anschließende Untersuchung diesen Verdacht erhärtet hätte, und daß tatsächlich ein Grenzwert vorlag. In einem solchen Fall kann von einem nachträglich erbrachten einwandfreien Beweis der Nichtbeeinträchtigung, der im Wege der Wertung der Verweigerung des Alkotests im Sinne des § 66 Abs. 3 KFG 1967 zugunsten des Beschwerdeführers ausschlagen müßte, keine Rede sein.
Unter Berücksichtigung des weiteren, bei der Beurteilung der Verwerflichkeit zum Tragen kommenden Umstandes, daß dem Beschwerdeführer bereits dreimal im Zusammenhang mit der Begehung von Alkoholdelikten die Lenkerberechtigung entzogen worden war, konnte die belangte Behörde somit im Ergebnis von der aus der vorliegenden bestimmten Tatsache zu schließenden Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers ausgehen.
Ist aber von einem vierten die Verkehrsunzuverlässigkeit nach sich ziehenden Alkoholdelikt auszugehen, so besteht kein Anlaß zur Annahme, die Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 sei mit zwei Jahren zu Lasten des Beschwerdeführers rechtswidrig erfolgt.
Die Beschwerde erweist sich im Ergebnis als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Alkotest VerweigerungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996110336.X00Im RIS seit
12.06.2001