TE Vwgh Beschluss 2021/5/20 Ra 2021/21/0145

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Veröffentlicht am 20.05.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §52 Abs4 Z4
FrPolG 2005 §53 Abs2 Z8
NAG 2005 §11 Abs1 Z4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des A K, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30. März 2021, W252 2238379-1/2E, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen und eines befristeten Einreiseverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein indischer Staatsangehöriger, kam nach einem längeren, zum Teil rechtmäßigen Voraufenthalt in Italien im August 2015 dauerhaft nach Österreich. Ihm wurde im Hinblick auf die am 12. September 2015 mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossene Ehe beginnend ab 2. November 2015 (zuletzt) befristet bis 3. November 2017 ein Aufenthaltstitel als Familienangehöriger einer Österreicherin erteilt. Diesbezüglich stellte er am 10. Oktober 2017 einen Verlängerungsantrag.

2        Mit Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 6. März 2017, (unter gleichzeitiger Erhöhung der Strafe) bestätigt durch das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 6. November 2017, wurde der Revisionswerber als Beteiligter wegen des Eingehens einer Aufenthaltsehe gemäß § 117 Abs. 1 und 4 FPG zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt. Dem Schuldspruch zufolge sei der Revisionswerber die Ehe am 12. September 2015 eingegangen, ohne mit seiner Ehefrau ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führen zu wollen, wobei er sich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels auf diese Ehe habe berufen wollen. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 16. Juli 2018, bestätigt durch das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 30. November 2018, wurde diese Ehe gemäß § 23 Abs. 1 EheG für nichtig erklärt.

3        Das von der Niederlassungsbehörde gemäß § 25 Abs. 1 NAG befasste Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gewährte dem Revisionswerber zur beabsichtigten Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen Parteiengehör, das er mit Stellungnahmen vom 7. März 2019 und vom 14. Februar 2020 wahrnahm. In der Folge erließ das BFA den Bescheid vom 30. November 2020, mit dem gegen den Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen und damit gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot verbunden wurde. Des Weiteren stellte das BFA gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Indien zulässig sei, und es räumte gemäß § 55 FPG eine Frist von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise ein.

4        Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 30. März 2021 als unbegründet ab. Gemäß § 25 Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision, die sich unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG als unzulässig erweist.

6        Gemäß der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

8        Das BVwG ging im Hinblick auf das Eingehen einer Aufenthaltsehe durch den Revisionswerber einerseits in Bezug auf die Rückkehrentscheidung vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 52 Abs. 4 Z 4 FPG iVm § 11 Abs. 1 Z 4 NAG und andererseits in Bezug auf das Einreiseverbot von der Verwirklichung des Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 Z 8 FPG aus und unterstellte erkennbar darauf gegründet die entsprechenden Gefährdungsprognosen. Dem wird in der Revision nicht entgegengetreten und die vom BVwG in diesem Zusammenhang offenbar angenommene Bindung an die erwähnten Gerichtsurteile vom Revisionswerber letztlich nicht in Frage gestellt (vgl. einerseits zur Bindung an Strafurteile etwa VwGH 4.3.2020, Ra 2019/21/0200, Rn. 13, mit dem Hinweis auf VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0288; siehe dort Rn. 9, mwN, und andererseits zur Bindung an Ehenichtigkeitsurteile etwa VwGH 27.1.2009, 2008/22/0575).

9        Zur Zulässigkeit der Revision wird nur geltend gemacht, das BVwG hätte nicht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen dürfen. In diesem Zusammenhang wendet sich der Revisionswerber auch noch gegen die Interessenabwägung und meint angesichts seines Aufenthalts in Österreich in der Dauer von mehr als fünf Jahren, seiner fast durchgehenden Erwerbstätigkeit (vor allem als Essens- und Zeitungszusteller), seiner elementaren Deutschkenntnisse (auf dem Niveau A 2) und dem Bestehen von Freundschaften hätte ihm ein Aufenthaltstitel erteilt werden müssen.

10       Das BVwG berücksichtigte bei der nach § 9 BFA-VG vorgenommenen Interessenabwägung aber ohnehin ausreichend die in der Revision ins Treffen geführten Umstände. Es zog angesichts des fremdenrechtlich verpönten Eingehens einer Aufenthaltsehe zur missbräuchlichen Erlangung eines Aufenthaltsrechtes in Österreich und des deshalb bestehenden großen öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung jedoch zu Recht nicht in Betracht, von einer Rückkehrentscheidung abzusehen. Insoweit liegt ein eindeutiger Fall vor, der es dem BVwG auch erlaubte, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden (vgl. zu ähnlichen Konstellationen etwa den schon genannten Beschluss VwGH 4.3.2020, Ra 2019/21/0200, nunmehr Rn. 14, und darauf Bezug nehmend VwGH 2.11.2020, Ra 2020/21/0227, Rn. 8). Daran vermag auch der vom Revisionswerber besonders ins Treffen geführte, vom BVwG aber ohnehin auch berücksichtigte enge Kontakt zu seiner früheren Ehefrau nichts zu ändern.

11       Schließlich meint der Revisionswerber noch, der Umstand, dass er „anfänglich“ keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, hätte sich bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbotes zu seinen Lasten ausgewirkt. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht nachvollziehbar, hat doch schon die diesbezügliche Prämisse, eine Integration während eines Asylverfahrens „mit kürzerer Verweilungsdauer“ führe zur Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels, keine Grundlage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Diesbezüglich wird es in der Revision - wie auch in den sonstigen Revisionsausführungen - überdies unterlassen, konkrete Judikate anzuführen, aus denen für den Standpunkt des Revisionswerbers etwas zu gewinnen wäre.

12       Der Revision gelingt es somit nicht, im vorliegenden Fall maßgebliche grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 20. Mai 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021210145.L00

Im RIS seit

23.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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