TE Vwgh Beschluss 2021/5/25 Ra 2020/06/0307

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Veröffentlicht am 25.05.2021
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Index

L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Kärnten
L82000 Bauordnung
L82002 Bauordnung Kärnten
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

BauO Krnt 1996 §23
BauRallg
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über den Antrag auf Wiederaufnahme des mit Beschluss vom 12. März 2021, Ra 2020/06/0307-9, abgeschlossenen Verfahrens und in der Revisionssache des H K in O, vertreten durch Mag. Rolf Gabron, Rechtsanwalt in 9800 Spittal/Drau, Peter-Wunderlichstraße 17, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 7. Oktober 2020, KLVwG-1813/16/2019, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde Obervellach; mitbeteiligte Partei: J K in M, vertreten durch die Rechtsanwalt Dr. Franz Oberlercher - Rechtsanwalt Mag. Gustav H. Ortner Rechtsanwalts-Ges.m.b.H. in 9800 Spittal an der Drau, Bernhardtgasse 4/1; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

1. Dem Wiederaufnahmeantrag wird stattgegeben.

2. Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Zu 1.: Wiederaufnahmeantrag:

1        Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 2021, Ra 2020/06/0307-9, wurde die gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 7. Oktober 2020, KLVwG-1813/16/2019, erhobene Revision zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Revision am 8. Februar 2021 an das Verwaltungsgericht weitergeleitet wurde, wo sie am 10. Februar 2021, und somit nach Ablauf der Revisionsfrist, einlangte. Die dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 30a Abs. 7 VwGG vorgelegte Revision sei demnach gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist mit Beschluss zurückzuweisen gewesen.

2        Am 30. März 2021 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass die Revision am 1. Februar 2021 von der Kanzleimitarbeiterin bei der Abfertigung des an das Verwaltungsgericht adressierten Schriftstückes auf das fensterlose Kuvert die Adresse des Verwaltungsgerichtshofes geschrieben worden sei. Dies sei noch am selben Tag, also am 1. Februar 2021, aufgefallen und korrigiert worden, indem der Revisionsschriftsatz samt Beilagen an das Verwaltungsgericht versendet worden sei, wo dieser laut Eingangsstempel des Verwaltungsgerichtes am 2. Februar 2021 eingelangt sei. Es läge daher ein Wiederaufnahmegrund gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VwGG vor.

3        Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn das Erkenntnis oder der Beschluss auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht.

4        Diese Voraussetzung liegt gegenständlich vor. Der Verwaltungsgerichtshof ist bei seinem Beschluss vom 12. März 2021 von der irrigen Annahme ausgegangen, dass der Antragsteller die gegenständliche Revision ausschließlich direkt bei ihm eingebracht hat. Tatsächlich hat der Antragsteller jedoch, wie durch die vorgelegten Verfahrensakten belegt wird, die gegenständliche Revision auch unmittelbar beim Verwaltungsgericht eingebracht, wobei die Postaufgabe am 1. Februar 2021, und somit noch innerhalb der Revisionsfrist, erfolgte.

5        Der hg. Beschluss vom 12. März 2021 beruht daher gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VwGG auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist, sodass dem Antrag auf Wiederaufnahme stattzugeben war.

Zu 2.: Revision:

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde O. vom 18. Juli 2019, mit welchem der mitbeteiligten Partei die Bewilligung für die Abänderung einer näher bezeichneten Baubewilligung betreffend die Errichtung eines Geräteschuppens auf einem Grundstück der KG P. nach Maßgabe der Planunterlagen unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

10       Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in welcher als Revisionspunkte die Verletzung in den Rechten auf „Unteilbarkeit des Bauvorhabens“, auf „Wahrung des Rechtes, wonach Pläne und Unterlagen ausreichend über Art und Umfang des Bauverfahrens informieren müssen“, auf „widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes gemäß § 23 Abs. 3 lit. a K-BO“, auf „Einhaltung der Abstandsflächen gemäß § 7 K-BV und § 23 Abs. 3 lit. e K-BV“, auf „Vergrößerung der Abstandsflächen nach § 8 K-BV und § 23 Abs. 3 lit. e K-BV hinsichtlich der Brandsicherheit“, sowie auf „Nichteintritt der Präklusion nach § 42 AVG“ angeführt werden.

11       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes legt der Revisionspunkt den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens fest und steckt den Rahmen ab, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Ist der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich. Die Überprüfung des angefochtenen Erkenntnisses, aber auch der Zulässigkeit einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof hat daher im Rahmen des Revisionspunktes zu erfolgen und sich auf das dort geltend gemachte Recht zu beschränken (vgl. VwGH 15.5.2020, Ra 2019/05/0316 bis 0322, mwN).

12       Mit dem in der Revision zunächst genannten Recht auf „Unteilbarkeit des Bauvorhabens“ wird nicht dargelegt, in welchen konkreten subjektiven, einem Nachbarn durch die Kärntner Bauordnung 1996 eingeräumten Rechten der Revisionswerber verletzt sei (vgl. etwa VwGH 29.1.2020, Ra 2019/05/0311, mwN); ein abstraktes Nachbarrecht auf Unteilbarkeit des Bauvorhabens gibt es nicht.

13       Bei den in den Revisionspunkten geltend gemachten Rechten im Zusammenhang mit behaupteten Verfahrensmängeln (Recht, wonach Pläne und Unterlagen ausreichend über Art und Umfang des Bauverfahrens informieren müssen, Recht auf „Nichteintritt der Präklusion nach § 42 AVG“) handelt es sich nicht um Revisionspunkte im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG, sondern um Revisionsgründe, die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell-rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden können (vgl. dazu etwa VwGH 27.2.2020, Ra 2020/06/0068, mwN).

14       Somit verbleiben als grundsätzlich taugliche Revisionspunkte das Recht auf Einhaltung der Abstandsflächen sowie auf widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes, und die Revisionszulässigkeitsbegründung ist nur insoweit zu prüfen (VwGH 1.8.2019, Ra 2017/06/0192, und VwGH 15.5.2020, Ra 2019/05/0316 bis 0322, jeweils mwN).

15       In Bezug auf das geltend gemachte Recht auf Einhaltung der Abstandsflächen ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis davon ausgegangen, dass der Revisionswerber diesen Einwand erstmalig in der Beschwerdeverhandlung erhoben habe und damit insoweit präkludiert sei. In der Zulässigkeitsbegründung wird dieser Beurteilung in keiner Weise entgegengetreten und damit insoweit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

16       In Bezug auf das geltend gemachte Recht auf widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes wird in der Zulässigkeitsbegründung vorgebracht, das Verwaltungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im Hinblick auf die Erforderlichkeit des Gebäudes verneint habe, obgleich das Gebäude auf einer als Grünland-Landwirtschaft gewidmeten Fläche errichtet werden solle.

17       Dazu ist auszuführen, dass das Verwaltungsgericht zwar ein (offenbar gemeint) gesondertes Recht des revisionswerbenden Nachbarn betreffend die Notwendigkeit des gegenständlichen Objektes verneint hat, in der Folge aber im Hinblick auf das dem Revisionswerber zukommende Recht auf widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes unter Hinweis auf das vom landwirtschaftlichen Sachverständigen erstellte Gutachten die „Spezifität und Notwendigkeit“ geprüft und als gegeben erachtet hat. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird somit insoweit nicht aufgezeigt.

18       Dass bzw. aus welchen Gründen der Revisionswerber durch die nicht erfolgte Einbeziehung der Stützmauer in das gegenständliche Bauverfahren in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes verletzt sein könnte, ergibt sich aus der Zulässigkeitsbegründung nicht, weshalb auf das dazu erstattete Zulässigkeitsvorbringen nicht näher einzugehen war.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 25. Mai 2021

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020060307.L01

Im RIS seit

21.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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