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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision des S Y F, vertreten durch die Dr. Roland Gabl Rechtsanwalts KG in 4020 Linz, Museumstraße 31a, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. März 2021, W183 2209524-1/17E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 9. Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er sei von seinem Schwiegervater bedroht worden, weil er sich von seiner Ehefrau habe scheiden lassen wollen bzw. weil er gegen den Islam und Atheist sei und kritische Gedichte geschrieben habe. Deswegen sei er auch vom Geheimdienst gesucht worden.
2 Mit Bescheid vom 16. Oktober 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verfolgung wegen Apostasie abgewichen, und wendet sich in diesem Zusammenhang gegen die Beweiswürdigung.
8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 25.9.2020, Ra 2019/19/0407, mwN).
9 Für die Annahme einer Verfolgung wegen Apostasie ist Voraussetzung, dass der Revisionswerber seine Konfessionslosigkeit als innere Überzeugung und identitätsstiftendes Merkmal versteht, die er auch in seinem Heimatstaat leben wird (vgl. VwGH 5.10.2020, Ra 2020/19/0308, mwN, sowie VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0395, mit Verweis auf EuGH 4.10.2018, Bahtiyar Fathi, C-56/17, Rn. 88).
10 Das BVwG setzte sich - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - ausführlich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers auseinander und begründete umfassend, wie es zu dem Ergebnis gelangte, der Revisionswerber habe keine atheistische Glaubensüberzeugung verinnerlicht, die ihn im Fall einer Rückkehr in den Iran Verfolgungshandlungen aussetzen würde. Dafür stützte es sich unter anderem auf ein gesteigertes Fluchtvorbringen und dessen vage Darstellung, das Fehlen einer individuellen Motivation und inneren Beziehung zum Atheismus sowie den Umstand, dass der Revisionswerber, von Auseinandersetzungen mit seinem Schwiegervater abgesehen, trotz seiner inneren Einstellung zum Islam mehrere Jahre im Iran ohne Probleme habe leben können.
11 Die Revision zeigt nicht auf, dass diese Beweiswürdigung fallbezogen unvertretbar wäre.
12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2019/19/0188, mwN).
13 Diesen Anforderungen wird die Revision, insoweit sie in ihrer Zulässigkeitsbegründung ohne konkrete Bezugnahme auf das angefochtene Erkenntnis eine unterlassene Beweisaufnahme und eine grob mangelhafte Begründung rügt, nicht gerecht, zumal das angefochtene Erkenntnis entgegen dem Revisionsvorbringen sehr wohl einen getrennten Aufbau (Feststellungen; Beweiswürdigung; rechtliche Beurteilung) enthält.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 27. Mai 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021190155.L00Im RIS seit
21.06.2021Zuletzt aktualisiert am
06.07.2021