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90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §64 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des X in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 24. Feber 1995, Zl. VerkR-391.743/1-1995/Au, betreffend Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Oktober 1993 auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung auf Grund seiner im Juni 1991 erteilten jugoslawischen Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C und D gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 abgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 ist Besitzern einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung auf Antrag insoweit ohne Ermittlungsverfahren eine Lenkerberechtigung mit dem gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, als auf Grund der Vorschriften des Staates, in dem die ausländische Lenkerberechtigung erteilt wurde, bei der Erteilung einer Lenkerberechtigung auf Grund einer österreichischen Lenkerberechtigung von der Feststellung der in Abs. 2 angeführten Voraussetzungen abzusehen ist. Diesem Antrag darf nur stattgegeben werden, wenn der Antragsteller seit länger als sechs Monaten seinen Hauptwohnsitz in Österreich hat und glaubhaft macht, daß er auf Grund der im Ausland erteilten Lenkerberechtigung seit mindestens einem Jahr Kraftfahrzeuge der Gruppe gelenkt hat, für die die Lenkerberechtigung erteilt wurde, und wenn bei ihm keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit, der geistigen und körperlichen Eignung und der fachlichen Befähigung bestehen. Das Erfordernis der glaubhaft zu machenden Fahrpraxis entfällt bei Antragstellern, deren Lenkerberechtigung in einem der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilt worden ist.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid nicht in Frage gestellt, daß der Beschwerdeführer, früher Staatsangehöriger der "SVRJ", seit 5. März 1992 in Österreich seinen "ordentlichen Wohnsitz" - nunmehr Hauptwohnsitz - hat. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist lediglich strittig, ob es dem Beschwerdeführer gelungen ist, eine ausreichende Lenkpraxis im Jahr vor der Antragstellung (11. Oktober 1993) glaubhaft zu machen.
Die belangte Behörde ging nach der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen davon aus, daß der Beschwerdeführer Bestätigungen vorgelegt habe, wonach er bei mehreren im einzelnen genannten Unternehmern als Autobuslenker beschäftigt gewesen sein soll. Diese Bestätigungen stünden teilweise in "krassem Widerspruch" zueinander, weil sie Zeiträume umfaßten, die auch in Bestätigungen anderer Unternehmer aufgenommen worden seien. Auffallend sei auch, daß eines dieser Unternehmen eine Bestätigung ausgestellt habe, wonach er vom 5. März 1993 bis 1. August 1993 als Autobuslenker beschäftigt gewesen sei. Nachdem ihm jedoch die Erstbehörde mitgeteilt habe, daß er einen Praxisnachweis bis Oktober 1993 vorweisen müsse, "habe er sich umgehend eine Bestätigung für diesen Zeitraum besorgt". Die vom Beschwerdeführer "vorgelegten Bestätigungen überschneiden sich hinsichtlich der behaupteten Lenkzeiträume, weshalb das Vorbringen unglaubwürdig" sei. Offensichtlich seien die Bestätigungen aus Gefälligkeit ausgestellt worden, der Antrag sei daher mangels Vorliegens einer ausreichenden Fahrpraxis abzuweisen.
Der Beschwerdeführer wendet demgegenüber ein, die belangte Behörde habe den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt, habe sich mit dem Inhalt der im Verfahren vorgelegten Bestätigungen im einzelnen nicht ausreichend auseinandergesetzt und hätte - so sie Bedenken gegen diese Bestätigungen gehabt hätte - die Aussteller dieser Bestätigungen einvernehmen müssen. Der Beschwerdeführer habe eine ausreichende Fahrpraxis bescheinigt. Der angefochtene Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil die belangte Behörde jegliche Feststellung darüber unterlassen habe, für welchen Zeitraum sie eine Fahrpraxis des Beschwerdeführers für bescheinigt hält, und für welchen (ausgehend von den vorgelegten Bestätigungen) nicht.
Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu: Gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967 ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Grund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem Hauptwohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit der Begründung des Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist. § 79 Abs. 3 KFG 1967 bleibt unberührt. § 84 und § 86 Abs. 1a und Abs. 2 zweiter Satz gelten sinngemäß. Zu Recht sah die belangte Behörde im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung 11. Oktober 1993 als erforderlich an, daß der Beschwerdeführer im Sinne des § 64 Abs. 6 KFG 1967 glaubhaft zu machen hatte, daß er im Zeitraum eines Jahres rückgerechnet vom Zeitpunkt der Antragstellung, also vom 11. Oktober 1992 bis 11. Oktober 1993 "erlaubterweise" Kraftfahrzeuge der Gruppe B, C und D gelenkt haben mußte. Aus § 64 Abs. 5 KFG 1967 folgt im Hinblick auf die Begründung des Hauptwohnsitzes durch den Beschwerdeführer in Österreich am 5. März 1992, daß er auf Grund seiner im Ausland erteilten Lenkerberechtigung berechtigterweise nur bis 5. März 1993 Kraftfahrzeuge im Inland lenken durfte. Im Verwaltungsverfahren legte der Beschwerdeführer zahlreiche Bestätigungen vor, aus denen das Lenken von Kraftfahrzeugen durch ihn in den betroffenen Zeiträumen indiziert ist, und zwar sowohl im Inland als auch im Ausland. Die belangte Behörde tat die vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheinigungsmittel pauschal als nicht unbedenklich zustandegekommen ab, ohne im einzelnen darauf einzugehen, ob nun der Beschwerdeführer nicht doch zumindest in einem bestimmten Ausmaß berechtigterweise Kraftfahrzeuge gelenkt hat. Die belangte Behörde hat es gänzlich unterlassen, Feststellungen über das Lenken von Kraftfahrzeugen - welcher Gruppen auch immer - zu treffen. Sie ist auch nicht darauf eingegangen, ob der Beschwerdeführer Kraftfahrzeuge in Österreich oder im Ausland gelenkt hat. Zu Recht bringt der Beschwerdeführer vor, daß die belangte Behörde, falls sie am Zustandekommen der Bestätigungen, insbesondere der Bestätigung der "XY-Tours" vom 1. Feber 1995 (Aktseite 111) begründete Bedenken hatte, über das in dieser Bestätigung dokumentierte Lenken von Kraftfahrzeugen im Zeitabschnitt vom 5. März 1993 bis 11. Oktober 1993 (offensichtlich im Ausland) nähere Erhebungen hätte pflegen müssen. Dies hat sie jedoch unterlassen.
Ohne konkrete Feststellungen zur Frage, wann der Beschwerdeführer (berechtigterweise) Kraftfahrzeuge gelenkt hat, läßt sich nicht überprüfen, ob der Antrag des Beschwerdeführers zu Recht abgewiesen wurde oder nicht. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft überhöht verzeichneten Stempelgebührenersatz.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995110133.X00Im RIS seit
19.03.2001