Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Werner Krachler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Astrid Wagner, Rechtsanwältin in Wien, gegen die
beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. März 2021, GZ 8 Rs 71/20z-40, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Der 1963 geborene Kläger hat 1983 die Lehrabschlussprüfung als Elektromechaniker für Starkstrom abgelegt. Von 1996 bis 2018 war er als Servicetechniker beschäftigt. Seine Aufgaben umfassten die Wartung, Reparatur und Störungsbehebungen bei Aufzugsanlagen und Fahrtreppen. Dabei handelt es sich um nicht unbedeutende Teiltätigkeiten des erlernten Berufs.
[2] Mit Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. 9. 1999 (BGBl II 1999/324) wurden die Bestimmungen betreffend den Lehrberuf Elektromechaniker für Starkstrom mit Ablauf des 30. 6. 2003 außer Kraft gesetzt (Punkt 1.3.2.) und
die Lehrberufe Elektroenergietechnik und Elektroinstallationstechnik als miteinander verwandte Berufe in die Lehrberufsliste aufgenommen (Punkt 1.1.). Der Beruf des Elektroenergietechnikers wurde wiederum im Jahr 2010 durch den Beruf des Elektrotechnikers ersetzt
(siehe § 15 Abs 3 der Elektrotechnik-Ausbildungsordnung BGBl II 2010/195).
[3] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren auf Gewährung der Invaliditätspension ab 1. 4. 2019 ab, weil der Kläger nach § 255 Abs 1 ASVG auf den Beruf des Schaltschrankbauers verwiesen werden könne. Nach den Feststellungen des Erstgerichts können wesentliche Inhalte des erlernten Berufs vom Kläger auch im Beruf des Schaltschrankbauers verwertet werden und bilden eine Voraussetzung für die Berufsausübung.
[4] In seiner außerordentlichen Revision macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Verweisung höhle seinen auf den erlernten Beruf zurückgehenden Berufsschutz aus; die Tätigkeit im Verweisungsberuf sei im Übrigen nicht berufsschutzerhaltend.
[5] Dazu wurde erwogen:
Rechtliche Beurteilung
[6] 1.1 Es ist nicht strittig, dass der Kläger durch das Erlernen des Berufs eines Elektromechanikers für Starkstrom Berufsschutz im Sinn des § 255 Abs 1 ASVG erworben und durch die Tätigkeit als Servicetechniker erhalten hat. Dass ein Versicherter, der überwiegend in einem erlernten oder angelernten Beruf tätig war, auch auf Teiltätigkeiten des Berufs verwiesen werden darf, sofern er dadurch nicht den Berufsschutz verliert, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (10 ObS 272/89 SSV-NF 3/119, RS0084541). Entscheidend für die Erhaltung des Berufsschutzes ist die Beurteilung, ob ein Kernbereich der Ausbildung auch bei der Ausübung einer Teiltätigkeit oder spezialisierten Tätigkeit verwertet werden muss (10 ObS 119/20b, Rz 27 mwH; RS0084497 [T15]).
[7] 1.2 Die Vorinstanzen haben diese Rechtslage zutreffend dargestellt und ausgeführt, dass der Kläger ausgehend vom erworbenen Berufsschutz noch auf die berufsschutzerhaltende Tätigkeit als Schaltschrankbauer verwiesen werden kann. Mit der nicht näher begründeten Behauptung, dass es den Lehrberuf des Elektroenergietechnikers nicht mehr gebe und dass dieser Lehrberuf nicht im Lehrberuf Elektrotechnik aufgegangen sei, zeigt der Revisionswerber keine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts auf.
[8] 2. Die vom Revisionswerber für seinen Standpunkt ins Treffen geführte Entscheidung 10 ObS 73/16g
betraf nicht einen gelernten oder angelernten Elektrotechniker, sondern einen Montagehelfer, und nicht den Erhalt, sondern den (damals verneinten) Erwerb des Berufsschutzes, sodass sie – worauf das Berufungsgericht hingewiesen hat – auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar ist.
Textnummer
E131904European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2021:010OBS00078.21Z.0519.000Im RIS seit
18.06.2021Zuletzt aktualisiert am
18.06.2021