Gbk 2021/5/7 B-GBK I/261/21

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Veröffentlicht am 07.05.2021
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Beruflicher Aufstieg

Text

Die Gleichbehandlungskommission des Bundes

Senat I

hat in der Sitzung am … über den Antrag von A (= Antragstellerin), in einem Gutachten nach § 23a Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG), BGBl. I Nr. 65/2004 i.d.g.F., festzustellen, dass sie durch die Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung um die stellvertretende Leitung der Abteilung X - … - im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA) aufgrund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg gemäß § 4 Z 5 B-GlBG diskriminiert worden sei, folgendes

Gutachten

beschlossen:

Die Bestellung von B zum stellvertretenden Leiter der Abteilung X im BMEIA stellt eine Diskriminierung von A aufgrund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg gemäß § 4 Z 5 B-GlBG dar.

Begründung

Der Antrag von A langte am … bei der Bundes-Gleichbehandlungskommission (B-GBK) ein.

Die Antragstellerin führte Folgendes aus:

Sie habe sich am … um die stv. Leitung der Abteilung X im BMEIA beworben. Die Leiterin der Abteilung X sowie die Sektionsleitung hätten ihr Unterstützung zugesagt, doch im … habe die Abteilungsleiterin geäußert, dass ein Kabinettsmitarbeiter mit dieser Funktion versorgt werden müsse. Auch die Sektionsleitung habe sich in diese Richtung geäußert. Mit … sei der Kabinettsmitarbeiter B zum stv. Abteilungsleiter bestellt worden.

Die Antragstellerin führte weiter aus, sie arbeite seit … in der Abteilung X als Sachbearbeiterin und leite die Abteilung bei Abwesenheit der Abteilungsleitung und der Stellvertretung. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung, sowohl inhaltlich als auch administrativ, ihrer Vertrautheit mit allen Dossiers der Abteilung und auch ihrer einschlägigen weiteren Qualifikationen (Ausbildung etc.) hätte sie - bei objektiver Entscheidung - zum Zug kommen müssen. B sei in einer anderen, für die Länder des … zuständigen, Abteilung des BMEIA beschäftigt gewesen, bevor er … im Kabinett der damaligen Bundesministerin … zu arbeiten begonnen habe. Er sei vorgezogen worden, weil er nach …jähriger Tätigkeit im Kabinett „versorgt“ werden haben müssen. Laut der Abteilungsleiterin wolle er auch nur so lange in der Abteilung bleiben, bis er einen ihm zusagenden Auslandsposten bekomme. Im Gegensatz zu ihr beabsichtige er also, der Abteilung nur kurzfristig zur Verfügung zu stehen.

Zusammenfassend könne gesagt werden, dass sie bei der Besetzung der Leitung der Abteilung X weder gleichbehandelt, noch als Frau gefördert worden sei.

Dem Antrag waren As Bewerbungen um die Leitung sowie um die stv. Leitung der Abteilung X angeschlossen.

Um die Abteilungsleitung bewarb sie sich aufgrund der Ausschreibung vom …, wobei sie der Personalabteilung des BMEIA mitteilte, dass sie im Falle ihrer Erstreihung und der Bewerbung dienstälterer Kollegen/Kolleginnen auf die Funktion verzichten würde. Sollte sie nicht zur Abteilungsleiterin bestellt werden, bewerbe sie sich um die stv. Abteilungsleitung.
In der Bewerbung um die stv. Leitung der Abteilung X führte A aus, dass sie sich aus folgenden Gründen besonders qualifiziert erachte:

„1. Langjährige Erfahrung, sowohl inhaltlich als auch administrativ, mit allen Dossiers der Abteilung: Seit … konnte ich hervorragende Kenntnisse und Fähigkeiten im Aufgabenbereich der Abteilung X erwerben bzw. einsetzen.

2. Vorbereitung, Begleitung von … Treffen auf HAL, HSL, HGS- bzw. HBM/FBM bzw. HBF-Ebene mit den Ländern …, Redaktion der gesamten Mappenerstellung sowie Redaktion eigener Fachbeiträge im Aufgabenbereich der Abt. X

3. Koordination und Erstellung der Weisungen für die …, sehr gute Praxis der ressortinternen sowie ressortübergreifenden Zusammenarbeit unter … Federführung

4. Hervorragende Kenntnisse der Politik und Kultur von … und … durch einschlägige Studien und Studienaufenthalte (zuletzt …)

5. Betreuung der Belange der …

6. Koordination der Termine für die Abt. X

7. Besondere Eignung zur Führung und Motivation von Mitarbeiter*innen, soziale Kompetenz, Einschulung von Verwaltungspraktikantinnen

8. Ausgeprägte Managementfähigkeit, Initiative und Entscheidungsfreudigkeit, besondere Fähigkeit zur kritischen Beurteilung und Analyse komplexer Sachverhalte

9. Ruhiger, unaufgeregter Arbeits- und Führungsstil.

Meine ausgeprägte Druck- und Krisenresilienz sowie mein besonderes Verhandlungsgeschick konnte ich insbesondere im Zuge des AT Ratsvorsitzes …, meiner Tätigkeit im … (...), an der Ständigen Vertretung in … (u.a. Betreuung … Dossier) sowie im Rahmen meiner erfolgreichen Teilnahmen am Concours für die Europäischen Institutionen unter Beweis stellen.

Schließlich möchte ich darauf hinweisen, dass ich aus persönlichen Gründen weiter in der Zentrale des BMEIA bleiben muss (…), und dies auch sehr gerne mache. Last but not least, darf ich auf das Faktum verweisen, dass ich dem BMEIA seit … angehöre.
…“

Auf Ersuchen der B-GBK übermittelte das BMEIA am … eine Stellungnahme zum Antrag und führte darin Folgendes aus:

A sei seitens des BMEIA weder diskriminiert noch ungleich behandelt worden.

Den konkreten Widerlegungen der Diskriminierungsunterstellung sei notwendigerweise eine allgemeine Darstellung der gesetzlich klar geregelten Laufbahnentwicklung im Auswärtigen Dienst erläuternd vorangestellt:

Eine Karriere im Auswärtigen Dienst umfasse - nach Möglichkeit immer abwechselnd - Verwendungen an österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland einerseits und in der Zentrale des BMEIA in Wien. Im „Statut Gesetz“ (Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes), der gesetzlichen Basis des Auswärtigen Dienstes, seien zu diesem Zweck Mobilität und Rotation als essentielle Aspekte zwingend festgeschrieben wie folgt:

Mobilität und Rotation:

„§ 15: Die regelmäßige Versetzung oder Dienstzuteilung der Bediensteten des auswärtigen Dienstes zu einer anderen Dienststelle im In- oder Ausland (Mobilitätsprinzip) hat nach den dienstlichen Erfordernissen und unter Bedachtnahme auf ihre nach Art, Dauer und Belastung unterschiedlichen Einsätze in insgesamt möglichst ausgewogener Weise zu erfolgen (Rotationsprinzip).“

Es sollte also im optimalen Fall einer Laufbahnentwicklung „eines“ Bundesbediensteten im auswärtigen Dienst ein regelmäßiger Wechsel von Verwendungen im Ausland und Inland stattfinden, sodass der Gesetzgeber hier eine erhebliche Abweichung von der sonst - in aller Regel - linearen, in immer möglichst gleichen Aufgabenbereichen stattfindenden Karriereentwicklung im allgemeinen Bundesdienst vorsehe. „Der“ Bedienstete im Auswärtigen Dienst müsse also den gesetzlichen Vorgaben der Mobilität und Rotation in seiner Karriere entsprechen. Damit müsse aber im Gegenzug bei der Beurteilung der Bestqualifikation für eine Position ebenfalls diesen beiden gesetzlichen Vorgaben Rechnung getragen werden und auf eine allgemeine höhere Kompetenz zur Problemlösung und Aufgabenabwicklung abgestellt werden, und gerade nicht auf die Frage, „welcher der Bewerber“ in genau einem (möglichst engen) Bereich schon am längsten tätig gewesen sei.

In einer „konkrete(n) Gegenüberstellung der allgemeinen(!) Qualifikation“ der Antragstellerin und des B wurde Folgendes ausgeführt:

B sei seit … in höherwertiger Verwendung (A1/5) im Kabinett der FBM/des HBM tätig und zuständig für die Angelegenheiten der Sektion …. Dadurch verfüge er über eine „ausführliche und tiefgreifende“ Kenntnis der … Beziehungen Österreichs insbesondere auch mit den Staaten ….

B habe durch die Vorbereitung der Reisen der FBM/des HBM, die Aufbereitung der Unterlagen und die Begleitung der Ressortleitung bei … Terminen während der letzten beiden Jahre einen „direkten und profunden Einblick“ in die außenpolitische Praxis auf höchster Ebene erhalten, der einen bedeutenden Mehrwert für die Tätigkeit eines stv. Abteilungsleiters in der Abt. X darstelle. Nicht zuletzt dieses Wissen um die Erfordernisse der außenpolitischen Praxis sei bei der Vorbereitung von Unterlagen für die Stabstellen und die Abwicklung … politischer Kontakte der Abteilung X von hohem Nutzen.

Darüber hinaus sei B in seiner Laufbahn mehrere Jahre an einer … Botschaft tätig gewesen und habe dem Grundsatz der Mobilität und Rotation durch Auslandsverwendungen und verschiedene Tätigkeiten in der Zentrale entsprochen. Er sei von … bis … an der ÖV … tätig und dort „für die einschlägigen Ratsarbeitsgruppen“ zuständig gewesen. Er verfüge somit über eine aktuellere Kenntnis der Arbeitsabläufe und strukturellen Verhältnisse in den Ratsarbeitsgruppen als A. Durch seinen mehrjährigen Aufenthalt in … verfüge B über ausgezeichnete Kenntnisse der … und … Politik und Kultur, dies auf - zumindest - gleichem qualitativen und quantitativen Niveau wie die Antragstellerin.

B habe durch seine Verbindungsrolle im Kabinett mit mehreren Sektionen „eine hohe Kompetenz zu den Aspekten Mitarbeitermotivation, soziale Kompetenz, Managementfähigkeiten, Initiative, Entscheidungsfreudigkeit, Analysekompetenz, ausgeprägter und professioneller Arbeits- und Führungsstil“ erworben, dies jeweils auf - zumindest - gleichem qualitativen und quantitativen Niveau wie A.

Eine Gegenüberstellung der Qualifikationen von B und A sei bereits „seinerzeit“ erfolgt. In dem „damals erstellten und verakteten Aktenvermerk“ sei Punkt für Punkt die „Selbstdarstellung“ von A durchgegangen worden. Die Gegenüberstellung der jeweiligen Qualifikationen habe das „erheblich höhere Eignungsausmaß“ von B für die stv. Leitung der Abt. X ergeben.

Der Stellungnahme angeschlossen waren:
Der „Aktenvermerk (AV) über die Gegenüberstellung der Qualifikationen“ sowie die Laufbahndarstellungen für A und B.

Im „AV“ wurde festgehalten, dass der Sektion … von der Gleichbehandlungsbeauftragten (GBB) … die lnteressensbekundung von A für die stv. Leitung der Abteilung X zur Kenntnis gebracht worden sei.
Diese lnteressensbekundung ist mit As Darstellung ihrer beruflichen Tätigkeiten im Antrag an die B-GBK ident (siehe Seite 2), weshalb die Ausführungen nicht wiedergegeben werden.

Der „AV“ enthielt weiters eine Darstellung der beruflichen Tätigkeiten des B sowie „Erwägungen“ zu seiner Eignung für die gegenständliche Stelle. Die Ausführungen sind im Wesentlichen ident mit jenen in der Stellungnahme an die B-GBK (siehe Seite 4/5)

Aus den Laufbahndarstellungen geht hervor, dass die Antragstellerin abgesehen von ihrer Tätigkeit in der ÖB … …/… und als Erstzugeteilte in der ÖV … von … bis … als Referentin in diversen Abteilungen des BMEIA verwendet wurde, zuletzt seit … in der Abteilung …/X.

B war zwischen … und … Zugeteilter an der ÖV … und an der ÖB …. Ab … versah er Dienst in der Zentralstelle als Referent in den Abteilungen … und …, und zwischen … und … als Leiter des Referates …. Ab … war er Referent im Kabinett.

In der Sitzung des Senates I der B-GBK (im Folgenden kurz Senat) am führte die Antragstellerin zum Vorbringen des BMEIA, nämlich dass im „Statut“ zwingend die Beachtung von Mobilität und Rotation vorgeschrieben sei, aus, dass sie im Laufe der Jahre in den verschiedensten Abteilungen der Zentralstelle gearbeitet habe und mit verschiedenen Materien befasst gewesen sei, und zwar in viel höherem Ausmaß als B. Zum Vorbringen der Dienstbehörde, B sei in höherwertiger Verwendung im Kabinett tätig gewesen, weise sie darauf hin, dass man ihre Tätigkeit mit dieser Verwendung nicht vergleichen könne, da es sich um unterschiedliche Systeme handle. Für die stellvertretende Leitung einer Abteilung habe die Tätigkeit im Kabinett keinen „positiven Effekt“. Bei der Arbeit in der Abteilung gehe es darum, mit dem Botschafter die diversen Angelegenheiten zu besprechen, Unterlagen für den Ministerrat, die Abteilungsleitungen und den Generalsekretär aufzubereiten usw. Es handle sich um ganz konkrete Aufgaben, die mit den politischen Aufgaben im Kabinett nicht vergleichbar seien. B sei auch nicht lange im Kabinett gewesen, und in dieser Zeit habe die damalige Bundesministerin … nur sehr wenige Besuche im Ausland absolviert. Im … Jahr seiner Tätigkeit, während der …, sei schon klar gewesen, dass er nicht im Kabinett bleiben werde, daher seien seine Tätigkeiten sehr beschränkt gewesen.
Die Behauptung, B habe über die aktuelleren Kenntnisse der Arbeitsläufe und der strukturellen Verhältnisse in den Ratsarbeitsgruppen verfügt als sie, weil er von … bis … an der ÖV … tätig und dort für die Ratsarbeitsgruppen zuständig gewesen sei, sei nicht richtig. Sie sei von … bis … in … gewesen, und im Jahr … seien die Arbeitsabläufe in der ständigen Vertretung vollkommen verändert worden. Sie habe diese Änderungen - in Vorbereitung auf den österreichischen Ratsvorsitz - umsetzen müssen. Daher verfüge eindeutig sie über die aktuelleren Kenntnisse der Ratsarbeitsgruppen. Weiters weise sie darauf hin, dass es in der Abteilung X um die Beziehungen zum … und zu … gehe, und sie in ihrem Studium und in ihrer weiteren Ausbildung darauf abgestellt habe.

Zu erwähnen sei, dass B die Möglichkeit gegeben worden sei, andere Abteilungsleitungsstellvertretungen abzulehnen und sich auf die Leitung der Abteilung X „zu kaprizieren“. Im Rahmen eines Gesprächs habe ihr die Sektionsleitung gesagt, dass der Kollege „versorgt werden müsse“, es sei denn, er bekomme einen „guten Botschafterposten“. Diesen habe er zunächst nicht bekommen, sondern erst beim nächsten „Botschafterrad“.

Auf die Frage der Senatsvorsitzenden, welche Qualifikationen B für die gegenständliche Stelle habe, die die Antragstellerin nicht habe, antwortete die Dienstgebervertreterin …, er sei an der ÖB in … Zugeteilter und als solcher Vertreter des Missionschefs gewesen. Nach seiner Rückkehr nach Wien sei er einige Zeit Referent gewesen und dann Referatsleiter geworden. Dann sei die Zeit im Kabinett gefolgt, für ca. … Jahre, in der er sich mit … Agenden beschäftigt habe, auch mit Agenden der Abteilung X, deren Aufgabengebiet ziemlich umfangreich sei. Aufgrund dieser Tätigkeit verfüge er auch über genaue Kenntnis der … Beziehungen Österreichs vor allem zu den Staaten in …. Diese Erfahrungen seien höher zu werten als jene von A. Diese habe sich mit der … und der … beschäftigt, was von der Abteilungsleiterin angeordnet worden sei.

B habe vor allem in der Führung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mehr Erfahrung gesammelt, er sei auch im Ausland in solchen Funktionen gewesen, etwa in …. Zu sagen sei auch, dass es von Seiten der Abteilungsleitung Bedenken gegeben habe, A als Stellvertreterin einzusetzen. Es habe geheißen, die Kommunikation funktioniere nicht so recht, die Erreichbarkeit sei nicht im gewünschten Maße gegeben.

Die Dienstgebervertreterin führte weiter aus, dass die Besetzung einer Abteilungsleitungsstellvertretung von der Abteilungsleitung ausgehe, über die Sektion und die Personalabteilung. Im BMEIA gebe es nicht für jede Abteilung einen Stellvertreter oder eine Stellvertreterin. Es sei auch üblich, dass die Stellvertretung abwechselnd von verschiedenen Bediensteten wahrgenommen werde, das entscheide der Abteilungsleiter/die Abteilungsleiterin. Es sei nicht üblich, sich um eine Stellvertretung schriftlich zu bewerben. Im Jahr … sei die Leitung der Abteilung X ausgeschrieben worden, und als die Interessensbekundung von A in der Personalabteilung eingelangt sei, sei die Abteilungsleitungsstellvertretung gar nicht zu besetzen gewesen. Das sei erst der Fall gewesen, nachdem der bisherige Stellvertreter die Abteilungsleitung übernommen habe.

Auf die Frage, wie die Bediensteten erfahren, dass eine stellvertretende Abteilungsleitung frei werde, wenn sie nicht ausgeschrieben werde, antwortete die Dienstgebervertreterin, dass das BMEIA ein kleines Haus sei, in welchem „die Leute immer alles wissen“.

Auf die Frage, wie groß die Abteilung sei, antwortete die Dienstgebervertreterin, sie bestehe aus der Abteilungsleitung, einer Stellvertretung, der Antragstellerin und einem Referatsleiter sowie einer Verwaltungspraktikantin oder einem Verwaltungspraktikanten.

Die Dienstgebervertreterin stellte in der Folge das Wesen des Auswärtigen Dienstes dar, nämlich das durch die mehr oder weniger dauernde Rotation keine Kontinuität in den Leitungsfunktionen gegeben sei. Nur wenige Planstellen, z.B. die Lohnverrechnung, seien mit Bediensteten besetzt, die nicht rotieren. Für manche Bereiche gebe es Spezialisierungen, das sei aber nicht die Regel, im Allgemeinen müssten sich die Bediensteten immer neu in die diversen Materien einarbeiten.

Auf die Frage der Vorsitzenden, was mit der „Verbindungsrolle im Kabinett …“ gemeint sei, antwortete die Dienstgebervertreterin, die Kommunikation mit den Referenten und Referentinnen.

Auf die Frage nach dem Prozentsatz der Frauen im Bereich der Abteilungsleitungsstellvertretung antwortete die Dienstgebervertreterin, es seien 36%.

In der Folge wurde darüber gesprochen, dass sich B schon nach einem Jahr um Stellen im Ausland beworben habe und mittlerweile Erstzugeteilter in … sei.

Auf die Frage der Vorsitzenden an die Antragstellerin, ob sie die Diskriminierung ausschließlich als eine aufgrund des Geschlechtes sehe, antwortete die Antragstellerin, dass lange bekannt gewesen sei, dass sie sich für die stellvertretende Leitung der Abteilung interessiere, und klar sei auch gewesen, dass B „versorgt“ werden müsse.

[Anmerkung: Die Gleichbehandlungsbeauftragte … konnte nicht befragt werden, da die geplante virtuelle Verbindung nicht zustande kam].

Der zweite Vertreter des BMEIA, …, führte aus, dass anhand von drei Punkten dargelegt werden könne, dass B besser qualifiziert sei:

1.) Ein Mitarbeiter im Kabinett müsse tagein und tagaus Rede und Antwort stehen können. Es sei zwar richtig, dass die Sektionen und Abteilungen die Informationen zur Verfügung stellen, aber derjenige oder diejenige, der/die an den wöchentlichen Sitzungen im Kabinett teilnehme, müsse diese Informationen auch filtern bzw. die entsprechenden Rückfragen stellen. Gerade im Bereich der … Beziehungen müsse man als Mitarbeiter/Mitarbeiterin immer auf dem neuesten Stand sein.

2.) B sei als Erstzugeteilter der Stellvertreter des Botschafters in … gewesen, und diese Botschaft sei bekanntlich ziemlich groß.
3.) B habe schließlich gegenüber der Antragstellerin das Plus, dass er Referatsleiter gewesen sei.
Zu sagen sei letztlich, dass das Prinzip der Rotation eben Generalisten hervorbringe und eine kontinuierliche Beschäftigung mit einer einzigen Materie geradezu ausschließe.

Nachdem die Frage, wie viele Mitarbeiter/innen B als Referatsleiter gehabt habe, weder von der Dienstgebervertreterin, noch vom Dienstgebervertreter beantwortet wurde, sagte die Antragstellerin, er habe keine Mitarbeiter/innen im Referat gehabt.

Die B-GBK hat erwogen:

Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 4 Z 5 B-GlBG liegt vor, wenn jemand im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis auf Grund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen) unmittelbar oder mittelbar diskriminiert wird.

Gemäß § 25 Abs. 2 B-GlBG hat die Vertreterin oder der Vertreter des Dienstgebers darzulegen, dass bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafürspricht, dass ein anderes von ihr oder ihm glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Von der B-GBK war also die Begründung des BMEIA für die gegenständliche Personalentscheidung im Hinblick auf die Sachlichkeit zu prüfen.

Gemäß § 11c B-GlBG („Vorrang beim beruflichen Aufstieg“) sind Bewerberinnen, die für die angestrebte hervorgehobene Verwendung (Funktion) gleich geeignet sind wie der bestgeeignete Mitbewerber, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen, entsprechend den Vorgaben des Frauenförderungsplanes solange vorrangig zu bestellen, bis der Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der dauernd Beschäftigten in der betreffenden Funktionsgruppe … im Wirkungsbereich der jeweiligen Dienstbehörde 50 Prozent beträgt. Diese Bestimmung beinhaltet die Verpflichtung des Dienstgebers, die fachliche und persönliche Eignung jeder Bewerberin und jedes Bewerbers nach einheitlichen Kriterien zu prüfen und nach Vornahme eines Wertungsvergleiches zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern das Maß der Eignung festzustellen.

Das BMEIA leitete seine Stellungnahme zu As Antrag mit der Erklärung ein, dass Bedienstete im auswärtigen Dienst gemäß dem gesetzlich festgeschriebenen Prinzip der Mobilität und Rotation regelmäßig abwechselnd im Ausland und im Inland verwendet werden sollten. Daher sei „im Gegenzug bei der Beurteilung der Bestqualifikation für eine Position auf eine allgemeine höhere Kompetenz zur Problemlösung und Aufgabenabwicklung abzustellen und gerade nicht auf die Frage, ‚welcher der Bewerber‘ in genau einem … Bereich schon am längsten tätig“ gewesen sei.

Diese Ableitung aus dem Prinzip Rotation und Mobilität ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Es ist nicht nachvollziehbar, dass bei der Besetzung gleich welcher Position im In- oder im Ausland das entscheidende Kriterium lediglich eine allgemeine Problemlösungskompetenz und Kompetenz zur Aufgabenabwicklung (was immer damit gemeint ist) sein soll und Kenntnisse bzw. vorhandene einschlägige Erfahrungen im jeweiligen Aufgabenbereich irrelevant sein sollen. Die Antragstellerin meinte auch nicht, sie hätte zur stv. Leiterin der Abteilung X bestellt werden müssen, weil sie „in dem Bereich am längsten tätig“ war bzw. ist, sondern weil sie im Rahmen ihrer jahrelangen Beschäftigung mit den Aufgaben der Abteilung einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen erworben hatte und daher für deren stv. Leitung qualifizierter sei als B. Allgemeine (Problemlösungs)Kompetenzen allein können (oder müssen sogar) bei Personalentscheidungen herangezogen werden, wenn niemand von den Bewerbern/Bewerberinnen einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen vorweisen kann, nicht aber, wenn bereits eingearbeitetes Personal zur Verfügung steht.

Das konkrete Argument des BMEIA, B sei seit … im Kabinett der FBM/des HBM zuständig für die Angelegenheiten der Sektion für … und verfüge dadurch über eine „ausführliche und tiefgreifende“ Kenntnis der … Beziehungen Österreichs insbesondere auch mit den Staaten …, vermag nicht zu überzeugen, da erstens die Antragstellerin seit …, also seit gut … Jahren, Referentin in jener Abteilung war/ist, für die die stv. Leitungsfunktion zu besetzen war. Zweitens ist - abgesehen von der Dauer der Ausübung einer Tätigkeit – das im Rahmen einer Tätigkeit in einem politischen Kabinett erworbene Wissen bezogen auf eine bestimmte Materie nicht umfangreicher als das in der Abteilungsarbeit erworbene und regelmäßig angewandte Wissen. Die Vorbereitung von Unterlagen für die diversen Entscheidungsträger/innen erfolgt vor einer Sichtung und/oder Bearbeitung durch Mitarbeiter/innen im Kabinett in den Abteilungen. Es mag sein, dass Kabinettsmitarbeiter/innen einen direkteren und profunderen „Einblick“ in die (außen)politische Praxis erlangen, eine (stv). Abteilungsleitung ist allerdings - jedenfalls im dienstrechtlichen Sinn - keine politische Tätigkeit. Der Senat kann daher nicht erkennen, dass für die stv. Leitung einer Abteilung der „Mehrwert“ des Wissens aus einer Tätigkeit im Kabinett bedeutender und der „Nutzen“ höher wäre als der Mehrwert und Nutzen, der sich aus der mehrjährigen Beschäftigung mit den Agenden jener Abteilung ergibt, in der die stv. Leitung wahrzunehmen ist.

Nicht nachvollziehbar ist das Argument des BMEIA, dass B dem Grundsatz der Mobilität und Rotation durch Auslandsverwendungen und verschiedene Tätigkeiten in der Zentrale entsprochen habe, da dies auch für die Antragstellerin gilt, wobei zu bemerken ist, dass die Auslandsverwendung bei beiden sehr lange zurückliegt. Von einer „aktuellen Kenntnis der Arbeitsabläufe und der strukturellen Verhältnisse in den Ratsarbeitsgruppen“ kann weder bei A noch bei B ausgegangen werden, da die Verwendungen in … … (Antragstellerin) bzw. … (B) endeten.

Zum Vorbringen des BMEIA, nämlich B habe durch seine „Verbindungsrolle im Kabinett mit mehreren Sektionen eine hohe Kompetenz zu den Aspekten Mitarbeitermotivation, soziale Kompetenz, Managementfähigkeiten, Initiative, Entscheidungsfreudigkeit, Analysekompetenz, ausgeprägter und professioneller Arbeits- und Führungsstil“ erworben, und zwar jeweils auf zumindest gleichem qualitativen und quantitativen Niveau wie A, hält der Senat fest, dass dies eine bloße Behauptung ist, die der Senat nicht verifizieren kann. Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang, dass es zu einer sorgfältigen und objektiven Eignungsprüfung gehört, auf die Erfüllung der soft-skills durch alle Bewerber/innen einzugehen. Die Beurteilung der persönlichen Eignung einer Bewerberin/eines Bewerbers kann sich nicht in der nicht konkretisierten Aussage erschöpfen, dass es von Seiten der Abteilungsleitung Bedenken gegeben habe, weil die Kommunikation nicht so recht funktioniert hätte.

Zusammengefasst ist zur Begründung des BMEIA für die Eignungsbeurteilung zu bemerken, dass im Ergebnis aufgrund der bisherigen Verwendungen zumindest von gleicher Eignung der Bewerberin und des Bewerbers auszugehen gewesen wäre.

Die Antragstellerin brachte in der Senatssitzung glaubwürdig vor, und die Dienstgebervertreterin/der Dienstgebervertreter widersprachen nicht, dass B „versorgt“ werden habe müssen und sogar das Privileg gehabt habe, andere Funktionen abzulehnen. Dieses Vorbringen ist umso glaubwürdiger als B mittlerweile eine Stelle im Ausland antreten durfte.

Aus diesen Umständen in Verbindung damit, dass das BMEIA den Senat nicht davon überzeugen konnte, dass B im Vergleich zur Antragstellerin über das „erheblich höhere Eignungsausmaß“ verfügt, kann nur geschlossen werden, dass es der Dienstgeber vorzog, die gewünschte Stelle dem männlichen Bediensteten (und ehemaligen Kabinettsmitarbeiter) zuzuweisen, obwohl durch diese Entscheidung eine mindestens gleich qualifizierte Bedienstete benachteiligt wurde und das Frauenförderungsgebot anzuwenden gewesen wäre (der Frauenanteil im Bereich der stv. Abteilungsleitungen lag bei nur 36%).

Der Senat stellt daher fest, dass die Bestellung von B zum stv. Leiter der Abteilung X im BMEIA eine Diskriminierung von A aufgrund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg gemäß § 4 Z 5 B-GlBG und eine Verletzung des Frauenförderungsplanes gemäß § 11c B-GlBG darstellt.

Auf die schadenersatzrechtlichen Ansprüche des § 18 bzw.18a B-GlBG wird verwiesen.

Empfehlung:

Dem BMEIA wird empfohlen, § 7 B-GlBG zu beachten und beabsichtigte Besetzungen von Arbeitsplätzen, die nicht bereits aufgrund von anderen Bundesgesetzen auszuschreiben sind, auf geeignete Weise intern bekannt zu machen.

Wien, Mai 2021

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2021
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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