Index
43/01 Wehrrecht allgemein;Norm
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des B in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Dezember 1996, Zl. 194.549/3-IV/10/96, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des (im Jahr 1971 geborenen) Beschwerdeführers vom 19. Dezember 1996 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) ab.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe die Befreiung unter Hinweis auf ein seit Juli 1996 von einer offenen Erwerbsgesellschaft, deren Gesellschafter er sei, betriebenes Taxiunternehmen begehrt. Die Gesellschaft beschäftige zwei nebenberufliche Fahrer, doch werde das Taxi die meiste Zeit vom Beschwerdeführer selbst gelenkt. Zu den Fixkosten in der Höhe von ca. S 14.000,-- monatlich kämen variable Kosten, die ihn während der Leistung des Zivildienstes belasten würden. Der durchschnittliche Umsatz der ersten vier Monate habe ca. S 30.000,-- betragen. Weiters habe er durch den Kauf eines Formel Ford-Rennfahrzeuges im September 1996 S 300.000,-- in den Motorsport investiert. Durch die Absprache mit Sponsoren, im Jahr 1997 eine gewisse Anzahl von Rennen zu fahren, erleide er durch die Zivildienstleistung einen großen finanziellen Schaden.
Zivildienstpflichtige seien (ebenso wie Wehrpflichtige) gehalten, ihre wirtschaftlichen Interessen so zu gestalten, daß die Dienstleistung möglich sei. Der Beschwerdeführer sei am 17. Jänner 1989 der Stellung unterzogen worden. Der Antritt des Grundwehrdienstes sei aufgeschoben worden. Mit Abgabe der rechtsgültigen Zivildiensterklärung am 7. April 1994 sei er in der Folge von der Wehrpflicht befreit worden und habe mit der Zuweisung zum Zivildienst rechnen müssen. In dem der Zivildiensterklärung angeschlossenen Lebenslauf habe er ausgeführt, voraussichtlich bis Februar 1999 einem Hochschulstudium zu obliegen. Der Beschwerdeführer habe seine selbständige Berufstätigkeit in Kenntnis seiner Dienstleistungsverpflichtung aufgenommen und somit die genannte Harmonisierungspflicht verletzt, sodaß die besondere Rücksichtswürdigkeit der geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen zu verneinen sei. Im übrigen sei während der Leistung des Zivildienstes nach Maßgabe der Freizeit eine eingeschränkte Mitarbeit oder eine kontrollierende Tätigkeit möglich, sodaß infolge der Beschäftigung von Mitarbeitern davon ausgegangen werden könne, daß der Taxibetrieb aufrechterhalten werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen auf dessen Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
In seiner Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof zu dieser Bestimmung - in Anlehnung an seine Rechtsprechung zur inhaltsgleichen Regelung des § 36a Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 1990 (und dessen Vorgängerbestimmungen) - wiederholt ausgesprochen, daß besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen an der Befreiung von der Zivildienstpflicht dann nicht angenommen werden können, wenn der Zivildienstpflichtige seine persönlichen und wirtschaftlichen Interessen nicht so eingerichtet hat, daß bei Leistung des Zivildienstes vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden werden, obwohl er damit rechnen mußte, zur Zivildienstleistung herangezogen zu werden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1997, Zl. 95/11/0320, mwN).
Diese Harmonisierungspflicht hat der Beschwerdeführer verletzt, indem er vor der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes eine selbständige berufliche Tätigkeit aufgenommen hat und finanzielle Verpflichtungen im Zusammenhang mit beabsichtigten motorsportlichen Aktivitäten eingegangen ist. Soweit der Beschwerdeführer dagegen ins Treffen führt, er sei bis zum Frühjahr 1996 einem Studium nachgegangen und habe im Hinblick auf den ihm gewährten Aufschub zur Ableistung des Grundwehrdienstes bis 15. November 1997 darauf vertraut, daß er auch den Zivildienst nicht vor diesem Zeitpunkt ableisten müsse, ist ihm zu erwidern, daß der Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes einerseits deshalb seine Wirkungen verloren hat, weil der Beschwerdeführer seit Abgabe seiner rechtsgültigen Zivildiensterklärung nicht mehr wehrpflichtig ist, und andererseits auch dann, wenn der Beschwerdeführer weiterhin wehrpflichtig wäre, unwirksam geworden wäre, weil der Grund für den Aufschub, nämlich das Studium, im Frühjahr 1996 weggefallen ist. Der Beschwerdeführer konnte demnach nicht damit rechnen, den Zivildienst nicht vor 15. November 1997 leisten zu müssen. Es wäre an ihm gelegen, sich nach Abbruch seines Studiums um eine möglichst rasche Zuweisung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu bemühen (§ 10 Abs. 1 ZDG) und erst nach dessen Ableistung die selbständige berufliche Tätigkeit aufzunehmen und finanzielle Verpflichtungen im Hinblick auf geplante Motorsportaktivitäten einzugehen. Den Nachteil, sich bietende berufliche Chancen und Verdienstmöglichkeiten wegen des noch zu leistenden Zivildienstes (bzw. Präsenzdienstes) nicht nützen zu können, haben zahlreiche Zivildienstpflichtige (Wehrpflichtige) zu tragen. Hat ein Zivildienstpflichtiger (Wehrpflichtiger) bereits vor Erfüllung der ihn treffenden Dienstleistungspflicht seine wirtschaftliche oder berufliche Existenz zu verwirklichen begonnen, so können die durch die zivildienstbedingte (präsenzdienstbedingte) Abwesenheit verursachten wirtschaftlichen Nachteile nicht die besondere Rücksichtswürdigkeit geltend gemachter wirtschaftlicher Interessen begründen (siehe auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 21. Jänner 1997).
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Soweit der Beschwerdeführer meint, sein Fall unterscheide sich dadurch entscheidend von den in der Rechtsprechung behandelten, daß er als wirtschaftlichen Grund nicht nur berufliche Ziele sondern auch seine sportliche Tätigkeit ins Treffen geführt habe, ist ihm zu erwidern, daß auch in seinem Fall die Verletzung der Harmonisierungspflicht voll zum Tragen kommt. Sofern nämlich seinen motorsportlichen Aktivitäten keine beruflichen Ziele zugrunde liegen, sind diese Aktivitäten als dem Privatleben zuzuordnende Freizeitaktivitäten anzusehen. Ausgaben für derartige Aktivitäten vermögen aber keine besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG zu begründen.
Da nach dem Gesagten den wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers aufgrund der Verletzung der Harmonisierungspflicht besondere Rücksichtswürdigkeit nicht zukommt, kann es auf sich beruhen, inwieweit es dem Beschwerdeführer möglich ist, während der Leistung des ordentlichen Zivildienstes in seinem Taxiunternehmen tätig zu sein. Den in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängeln fehlt daher die Relevanz.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997110012.X00Im RIS seit
20.11.2000