Entscheidungsdatum
06.05.2021Index
32/01 Finanzverfahren, allgemeines AbgabenrechtNorm
BAO §303Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Kantner über die Beschwerde der AA, Adresse 1, I-***** Z, vertreten durch BB Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Adresse 2, **** Y, gegen
1. den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10.09.2020, Zl *******, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Beitragsvorschreibung nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 für das Beitragsjahr 2012,
2. den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10.09.2020, Zl *******, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Beitragsvorschreibung nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 für das Beitragsjahr 2013
3. den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10.09.2020, Zl *******, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Beitragsvorschreibung nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 für das Beitragsjahr 2014
4. den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10.09.2020, Zl *******, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Beitragsvorschreibung nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 für das Beitragsjahr 2015
5. den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10.09.2020, Zl *******, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Beitragsvorschreibung nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 für das Beitragsjahr 2016
6. den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10.09.2020, Zl *******, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Beitragsvorschreibung nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 für das Beitragsjahr 2017
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Jeweils mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10.09.2020, Zl *******, wurden die Anträge der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme der Verfahren betreffend der Beitragsvorschreibung nach dem Tiroler Tourismusgesetz der AA für die Beitragsjahre 2012 bis 2017 abgewiesen.
Gegen sämtliche Bescheide hat die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, die abweisenden Bescheide ersatzlos aufzuheben und den Anträgen stattzugeben. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass vorerst festgehalten werde, dass die Behörde, wie in jüngerer Zeit bereits in anderen Fällen, auch hier Beiträge vorgeschrieben habe, die gesetzlich gar nicht vorgesehen seien und nunmehr lediglich aufgrund formalrechtlicher Interpretation versucht werde, diese inhaltlich unrechtmäßigen Beiträge im Rechtsbestand zu erhalten.
Die begründeten und belegten Wiederaufnahmeanträge würden auf der, anlässlich einer finanzamtlichen Nachschau, neu hervorgekommenen Erkenntnis, dass eben gar keine Betriebsstätte in Tirol vorgelegen habe (und damit gar keine Pflichtmitgliedschaft bei irgendeinem Tiroler Tourismusverband), basieren. Damit sei der Neuerungstatbestand und auch der Vorfragentatbestand erfüllt, weshalb eine Wiederaufnahme geboten sei. Den von der Behörde zur Begründung ihrer Abweisung behaupteten Umstände und Schlussfolgerungen werde umfassend widersprochen. Der Sachverhalt sei im abgeschlossenen Verfahren weder der steuerrechtlichen Vertretung, noch der Partei noch der Behörde ausreichend bekannt gewesen und deshalb für alle neu. Bei Kenntnis der wahren Tatsachen und richtiger rechtlicher Subsumtion wäre bereits im abgeschlossenen Verfahren eine anderslautende, nämlich korrekte (rechtsrichtige) Beurteilung möglich gewesen.
Nochmals werde darauf hingewiesen, dass Zweck der Wiederaufnahmebestimmung die Herstellung eines insgesamt rechtmäßigen Ergebnisses sei und daher grundsätzlich der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit einzuräumen sei. Die Behörde entspreche jedoch nicht diesem Grundsatz, sondern tue genau das Gegenteil.
Zumal im anhängigen Verfahren zur Tourismusabgabe 2018 der Antrag gestellt worden sei, über die Frage der Pflichtmitgliedschaft mit gesondertem Verfahren und Bescheid zu entscheiden, werde beantragt, das Beschwerdeverfahren gegen die abgewiesenen Wiederaufnahmeanträge 2012 bis 2017 gemäß § 271 BAO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Frage der Pflichtmitgliedschaft auszusetzen.
Mit Beschwerdevorentscheidung der Tiroler Landesregierung vom 05.11.2020, Zl *******, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Zusammengefasst wurde begründend ausgeführt, dass die von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Wiederaufnahmegründe tatsächlich keine solchen seien, zumal die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes anders gelagert sei, zudem seien sämtliche Tatsachenelemente der Beschwerdeführerin bereits vor Erlassung der wiederaufzunehmenden Bescheide bekannt gewesen. Zudem habe die angeführte finanzamtliche Nachschau als „neu hervorgekommene“ Tatsache erst nach Abschluss des Verfahrens stattgefunden, sodass es sich um die diesbezüglichen späteren Umstände um nova producta handle. Zudem lägen die unveränderten Umsatzsteuerbescheide des Finanzamtes X für die Jahre 2012 bis 2017 vor, weshalb eine Neubemessung der für die jeweiligen Jahre vorgeschriebenen Pflichtbeiträge nicht in Betracht komme.
In der Folge wurde fristgerecht der Vorlageantrag seitens der beschwerdeführenden Partei gestellt und die Akten dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Behörde und des Landesverwaltungsgerichtes Tirol. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde seitens keiner der Verfahrensparteien beantragt und erachtet das erkennende Gericht die Durchführung einer solchen aufgrund der Aktenlage für nicht erforderlich.
II. Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin (vormals CC GmbH) betreibt ein Stahlbauunternehmen in I-***** Z, Adresse 1. Dort befindet sich der Hauptsitz des Unternehmens. Die beschwerdeführende Partei führte in den Jahren 2012 bis 2017 Bau-/Werkleistungen in Österreich aus.
Die Beschwerdeführerin verfügte beim Finanzamt X eine Steuernummer (**/***/****) und ergingen gegenüber der beschwerdeführenden Partei für die Jahre 2012 bis 2017 Umsatzsteuerbescheide, wobei im Umsatzsteuerbescheid 2012 der Gesamtumsatz mit Euro 5.769.400,21, im Umsatzsteuerbescheid 2013 mit Euro 12.035.263,41, im Umsatzsteuerbescheid 2014 mit Euro 8.949.143,45, im Jahr 2015 mit Euro 2.886.156,88, im Jahr 2016 mit Euro 5.507.703,08 und im Jahr 2017 mit Euro 16.156.428,89 ausgewiesen ist (Auszüge Umsatzsteuerlisten 2012 bis 2017). Die genannten Umsatzsteuerbescheide wurden bis dato nicht abgeändert.
Erstmals mit Schreiben der damaligen steuerrechtlichen Vertretung der Beschwerdeführerin in Tirol vom 09.10.2017 wurden gegenüber der Abgabenbehörde Umsätze erklärt, welche in Tirol erzielt wurden. Anschließend erfolgten auch die Erklärungen der in Tirol erzielten Umsätze für die Jahre 2012 bis 2017 (Erklärungen 2012 bis 2017).
Der Pflichtbeitrag für das Jahr 2016 an den Tourismusverband X und seine Feriendörfer wurde aufgrund der abgegebenen Erklärungen ursprünglich mit Bescheid der Abgabenbehörde vom 30.10.2017 festgesetzt, jener für die Jahre 2013 bis 2015 jeweils mit Bescheid vom 16.07.2018 und der Pflichtbeitrag für 2012 mit Bescheid vom 17.07.2018. Für die Jahre 2017 und 2018 wurden die Pflichtbeiträge mit Bescheiden vom 31.10.2017 und 06.02.2018 vorläufig festgesetzt. Die Festsetzungen erfolgten unter Einstufung der beschwerdeführenden Partei in die Berufsgruppe „049 Baumeister, Bauunternehmen“.
Nachdem seitens der nunmehrigen steuerrechtlichen Vertretung mit Eingabe vom 28.08.2018 mitgeteilt wurde, dass die Beschwerdeführerin die Leistungen im Bereich Stahlbau erbracht habe, erließ die Abgabenbehörde in Abänderung der Einstufung der beschwerdeführenden Partei in die Berufsgruppe „412 Maschinen-, Eisen- und Stahlbau“ im Jahr 2018 berichtigte Bescheide für die Jahre 2012 bis 2017, jeweils zur GZ *******, wie folgt:
Bescheiddatum
Beitragsjahr
Beitragspflichtiger Umsatz
Pflichtbeitrag
28.08.2018
28.08.2018
28.08.2018
03.09.2018
26.09.2018
30.08.2018
2013
2014
2015
2012
2016
2017
Euro 1.769.720,00
Euro 1.558.330,00
Euro 1.255.550,00
Euro 1.705.190,00
Euro 306.860,00
Euro 10.226.120,00
Euro 681,30
Euro 600,00
Euro 483,40
Euro 656,50
Euro 118,10
Euro 3.937,10
Die Beschwerdeführerin hat gegen keinen der Bescheide ein Rechtsmittel erhoben.
Mit Eingabe der steuerrechtlichen Vertretung der Beschwerdeführerin vom 28.11.2019, bei der Behörde eingelangt am 02.12.2019, beantragte diese die Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO hinsichtlich der Verfahren über die Festsetzung der Pflichtbeiträge für die Jahre 2012 bis 2017 (berichtigte Bescheide 2012 bis 2016 und endgültiger Bescheid 2017). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ein Stahlbauunternehmen mit ausschließlichem Sitz in Z, Südtirol, Italien, sei. Beim österreichischen Finanzamt werde das Unternehmen seit Jahren zur Umsatzsteuer veranlagt und gelegentlich, bei Vorliegen von entsprechenden qualifizierten Baustellen, als beschränkt körperschaftssteuerpflichtig behandelt. Offenbar wegen Vorliegens einer Steuernummer beim Finanzamt X habe das Amt der Tiroler Landesregierung die Beschwerdeführerin im Jahr 2017 für das Jahr 2016 zur Tourismusabgabe veranlagt und gleichzeitig aufgefordert, Erklärungen betreffend Tourismusabgaben für die Jahre 2012 bis 2015 abzugeben, welcher Aufforderung die Beschwerdeführerin nachgekommen sei, weshalb es zur Erlassung der erwähnten Bescheide gekommen sei.
Das Finanzamt X habe vor kurzem eine Nachschau betreffend seine Zuständigkeit durchgeführt und festgestellt, dass in Tirol keine Betriebsstätte existiere und aus diesem Grund im Oktober dieses Jahres die Zuständigkeit an das Finanzamt Wien */** delegiert.
Aufgrund dieser neuen Erkenntnis werde die Wiederaufnahme der Verfahren 2012 bis 2017 beantragt, zumal mangels Sitz und mangels Betriebsstätte in Tirol die Beschwerdeführerin kein Pflichtmitglied nach § 2 des Tiroler Tourismusgesetzes und sohin auch nicht beitragspflichtig gewesen sei.
Als Beweismittel wurde die Benachrichtigung des Finanzamtes X vom 24.10.2019 über die Änderung der Finanzamts- und Steuernummer aufgrund Wechsels der Zuständigkeit sowie der Körperschaftssteuerbescheid 2018 vom 15.11.2019 (nunmehr auf die neue Steuernummer lautend) vorgelegt. Eine Begründung zum Zuständigkeitswechsel ist der Benachrichtigung nicht zu entnehmen. Es wurde beantragt, die Bescheide für die Jahre 2012 bis 2017 ersatzlos aufzuheben und die beitragspflichtigen Umsätze für die Pflichtbeiträge für die Jahre 2012 bis 2017 mit null festzusetzen.
Telefonisch wurde seitens der steuerrechtlichen Vertretung am 09.12.2019 weiters ausgeführt, dass der Beschwerdeführerin in keinster Weise bekannt gewesen sei, dass in Tirol keine Betriebsstätte bestanden habe bzw dass keine Beitragspflicht vorgelegen habe, ergänzend wurde das Wiederaufnahmebegehren auch auf den Vorfragentatbestand des § 303 Abs 1 lit c BAO gestützt.
Die in den Beitragsjahren 2012 bis 2017 gemeldeten beitragspflichtigen Umsätze betrafen Bauprojekte der Beschwerdeführerin in Tirol (Erklärungen 2012 bis 2017, unstrittig).
III. Beweiswürdigung:
Vorangeführter Sachverhalt ergibt sich zur Gänze aus dem Abgabenakt, insofern ist der Sachverhalt auch nicht strittig.
IV. Rechtslage:
Die verfahrensrelevanten Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO) BGBl Nr 194/1961 idF BGBl I Nr 62/2018 lauten wie folgt:
Wiederaufnahme des Verfahrens
(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;
b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.
(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen.“
V. Erwägungen:
Die Beschwerdeführerin macht den Wiederaufnahmegrund des § 303 Abs 1 lit b BAO geltend, wobei die neu hervorgekommene Tatsache der Umstand sei, dass erst durch eine Nachschau des Finanzamtes X im Jahr 2019 festgestellt worden sei, dass für die Beschwerdeführerin in Tirol keine Betriebsstätte existiere und daher das Finanzamt in Wien zuständig sei.
Gemäß § 303 Abs 1 lit b BAO idF des FVwGG 2012, BGBl I Nr. 14/2013, kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren (aus Sicht der antragstellenden Partei) neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Zweck der Wiederaufnahme wegen Neuerungen ist - wie schon nach der Regelung vor dem FVwGG 2012 – die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen (Ritz, BAO5 § 303 Tz24). Gemeint sind also Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0058.).
Tatsachen iSd § 303 BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände; also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften (VwGH 17.09.1990, 90/15/0118).
Das nachträgliche Erkennen, dass im abgeschlossenen Verwaltungsverfahren Verfahrensmängel oder eine unrichtige rechtliche Beurteilung seitens der Behörde vorgelegen seien, bildet jedoch keinen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2006, 2006/18/0031, 21.09.2009, 2008/16/0148, 30.04.2019, Ra 2018/10/0064). Ebenso sind neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen sowie Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden keine Wiederaufnahmegründe (Ritz, BAO6, § 303 BAO, Tz 2 ff unter Verweis auf die diesbezügliche Judikatur).
Mit ihrem zur Wiederaufnahme des Verfahrens ins Treffen geführten Vorbringen bemängelt die Beschwerdeführerin jedoch eine unrichtige rechtliche Beurteilung dahingehend, als – ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten – vom Vorhandensein einer Betriebsstätte der Beschwerdeführerin in Tirol ausgegangen und daher die Pflichtmitgliedschaft in den Jahren 2012 bis 2017 bejaht wurde.
Der Wiederaufnahmsantrag erweist sich sohin als Rüge einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Eine Beschwerde zur Geltendmachung der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und einer dadurch allenfalls bewirkten Rechtswidrigkeit der Bescheide betreffend der Festsetzung der Tourismusbeiträge für die Jahre 2012 bis 2017 hat die Beschwerdeführerin jedoch nicht erhoben und konnte durch die mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden abgewiesenen Wiederaufnahmsanträge nicht ersetzt werden, weil es sich bei den in Rede stehenden Umständen – nämlich der Beurteilung, ob aufgrund der Arbeiten auf Baustellen in Tirol eine Betriebsstätte der Beschwerdeführerin in Tirol vorhanden war oder nicht – um keine neu hervorgekommenen Tatsachen, sondern um eine rechtliche Beurteilung handelt (VwGH 26.02.2002, 97/13/0081). Jene Sachverhaltselemente, welche der diesbezüglichen rechtliche Beurteilung zugrunde lagen, waren der Beschwerdeführerin bereits vor Erlassen der, dem Wiederaufnahmsantrag zugrundeliegenden, Bescheide bekannt. Dass in diesem Zusammenhang neue Tatsachen nach Erlassen der Festsetzungsbescheide hervorgekommen sind, hat die Beschwerdeführerin weder behauptet noch nachgewiesen. Aus den zur Betriebsprüfung im Jahr 2019 vorgelegten Unterlagen sind auch keine neuen Tatsachen ersichtlich, insbesondere nicht, dass die Frage des Betriebssitzes in Tirol für die Jahre 2012 bis 2017 beurteilt worden wäre.
Bei der nunmehrigen Beurteilung durch die Steuerbehörden handelt es sich lediglich um eine andere rechtliche Beurteilung, sohin um keine neu hervorgekommene Tatsache, zudem erfolgte die diesbezügliche Beurteilung der Finanzbehörde erst nach Erlassen der Festsetzungsbescheide, weshalb die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne des § 303 Abs 1 lit b BAO nicht vorliegen.
Aber auch der geltend gemachte Wiederaufnahmegrund iSd § 303 Abs 1 lit c BAO liegt nicht vor: Hiezu ist vorab auszuführen, dass die Abgabenbehörde grundsätzlich berechtigt war, die Zugehörigkeitsfrage (Pflichtmitgliedschaft der Beschwerdeführerin) in den Festsetzungsverfahren selbst zu beurteilen. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass eine Entscheidung darüber (Feststellungsbescheid), dass die Beschwerdeführerin in den Jahren 2012 bis 2017 kein Pflichtmitglied war, weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch bis dato vorliegt, weshalb auch einer Wiederaufnahme der Verfahren - gestützt auf den Vorfragentatbestand - der Erfolg verwehrt ist.
Die beantragte Aussetzung der gegenständlichen Entscheidung bis zur rechtskräftigen Erledigung des Feststellungsverfahrens war nicht indiziert, zumal der Antrag auf (Nicht)Feststellung der Pflichtmitgliedschaft in keinem der abgeschlossenen Festsetzungsverfahren für die Jahre 2012 bis 2017, sondern erstmals mit Eingabe vom 05.02.2020 im Verfahren über die Festsetzung des Tourismusbeitrages für das Jahr 2018 gestellt wurde. Über das Bestehen oder Nichtbestehen der Pflichtmitgliedschaft der Beschwerdeführerin wird daher nur für das Jahr 2018 abgesprochen, nicht aber für die (hier verfahrensgegenständlichen) Jahre davor.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Belehrung und Hinweise
Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Sie ist - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, von einer Steuerberaterin bzw. einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer abzufassen und einzubringen.
Beschwerdeführenden Parteien und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht weiters das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Freyung 8, 1010 Wien) zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.
Die für eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder eine Revision zu entrichtende Eingabegebühr beträgt Euro 240,00.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag.a Kantner
(Richterin)
Schlagworte
Keine Wiederaufnahmegründe; kein Vorfragetatbestand;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.29.0363.1Zuletzt aktualisiert am
14.06.2021