Entscheidungsdatum
18.05.2021Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §81 Abs2 Z7Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde von AA, vertreten durch die Rechtsanwälte BB, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 08.04.2021, Zahl ***, betreffend eine Angelegenheit nach der Gewerbeordnung 1994,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die verfahrenseinleitende Anzeige als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit der Eingabe vom 09.02.2021 beantragte die Tischlerei CC GmbH & Co KG auf der Gp **1 KG X die Errichtung eines Flüssiggaslagers mit einer Gesamtmenge von 200 kg. Mit der Eingabe vom 08.03.2021 wurde nochmals bestätigt, dass die vorgenannte Gesellschaft als Antragstellerin auftritt.
Mit der Verständigung vom 28.02.2021 wurde seitens der belangten Behörde dargetan, dass das gegenständliche Anbringen im Anzeigeverfahren geführt wird. Diese Verständigung ist auch der Antragstellerin zugegangen. Somit hatte sie Kenntnis von der Verfahrensart, weshalb die belangte Behörde konkludent davon ausgegangen ist, dass von der Tischlerei CC GmbH & Co KG eine Anzeige nach § 81 Abs 3 iVm § 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994 eingebracht wurde.
In der Folge wurde das gegenständliche Vorhaben nach § 81 Abs 3 iVm § 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994 (nachbarneutrale Änderung der Betriebsanlage) mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 08.04.2021, Zahl ***, unter der Vorschreibung von Nebenbestimmungen zur Kenntnis genommen.
Gegen diesen Bescheid hat eine rechtfreundlich vertretene Nachbarin rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben. Darin wurde unter anderem wie folgt ausgeführt:
„…
Ungeachtet dessen, dass die „Antragstellerin“ (in Wahrheit nicht die Antragstellerin) längst die hier verfahrensgegenständlichen Anlagen und Einrichtungen, nämlich ein Gasflaschenlager geschaffen hat und dieses auch bereits längst nutzt, ist diese „Änderung“ der Betriebsanlage jedenfalls geeignet das Emissionsverhalten der Anlage zu den Nachbarn nachteilig zu beeinflussen und lässt der Betrieb eines Gasflaschenlagers auch erwarten, dass hievon Gefährdungen des Lebens und der Gesundheit von Personen grundsätzlich ausgehen bzw. davon Beeinträchtigungen und nachteilige Einwirkungen in unzumutbarem Maße ausgehen. Die Antragstellerin hat nicht auch nur annähernd dargetan geschweige denn bescheinigt worin die besondere Situation des Einzelfalles, wie sie & 81 Abs 2 Z 7 erfordern würde gegeben sein soll. Vielmehr ist aufgrund der besonderen Situation des Einzelfalles schon prima vista zu erwarten, dass davon selbst bei Einhaltung der erforderlichen und vorzuschreibenden Auflagen, Gefährdungen des Lebens oder der Gesundheit von Personen gegeben sind und mit entsprechenden Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen, die ein zumutbares Maß jedenfalls übersteigen, gerechnet werden muss. Ungeachtet des weiterhin aufrechten Standpunktes, dass nicht die CC GmbH & Co KG, sondern ein J. CC Antragsteller ist, betreibt nach der bisherigen Betriebsanlagengenehmigung die CC GmbH & Co KG eine Tischlerei. Der Betrieb eines Gasflaschenlagers ist für ein solches Gewerbe keineswegs typisch. Damit liegt schon gar keinerlei Änderung der Betriebsanlage der Antragstellerin (die zudem gar kein Gewerbe betreibt) vor, zumal der Betrieb eines Gasflaschenlagers keineswegs typisch für den Betrieb einer Tischlerei (wäre die CC GmbH & Co KG Antragstellerin) ist. Tatsächlich sollte zudem nach dem Antrag des J. CC am Standort der DD OG das gegenständliche Flüssiggasflaschenlager errichtet werden. Die „Antragstellerin“ beherbergt in ihren Betriebsräumlichkeiten insgesamt 7 Firmen, von denen die Großzahl der Betriebe keine Tischlereien sind. Die Firma DD OG hingegen betreibt eine Dachdeckerei für deren Betrieb die Errichtung eines Gasflaschenlagers verständlicherweise Sinn macht. In Wahrheit liegt sohin ein Antrag der nicht die Antragstellerin im gegenständlichen Verfahren und somit auch keine Änderung der zuletzt erteilten Genehmigung einer Betriebsanlage vor, sondern ein Antrag der DD OG St. Adresse 2, **** X. vor. Schon aus diesem Grunde liegen sohin die Voraussetzungen eines vereinfachten Verfahrens im gegenständlichen Falle nicht vor.
…“
Nach der Vorlage der Beschwerde und des Aktes erging das verwaltungsgerichtliche Schreiben vom 28.04.2021 an die Tischlerei CC GmbH & Co KG und die belangte Behörde, welches folgenden Inhalt aufweist:
„Sehr geehrte Damen und Herren!
Mit der Eingabe vom 09.02.2021 beantragte die Tischlerei CC GmbH & Co KG auf der Gp **1 KG X eines Flüssiggaslagers mit einer Gesamtmenge von 200 kg.
Mit der Eingabe vom 08.03.2021 wurde nochmals bestätigt, dass die vorgenannte Gesellschaft als Antragstellerin auftritt.
Mit der Verständigung vom 28.02.2021 wird seitens der belangten Behörde dargetan, dass das gegenständliche Anbringen im Anzeigeverfahren geführt wird. Diese Verständigung ist auch der Antragstellerin zugegangen. Somit hatte sie Kenntnis von der Verfahrensart, weshalb die belangte Behörde von einer konkludent davon ausgegangen ist, dass von der Tischlerei CC GmbH & Co KG eine Anzeige nach § 81 Abs 3 iVm § 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994 eingebracht wurde.
In der Folge wurde das gegenständliche Vorhaben nach § 81 Abs 3 iVm § 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994 (nachbarneutrale Änderung) mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 08.04.2021, Zahl ***, unter der Vorschreibung von Nebenbestimmungen zur Kenntnis genommen.
Gegen diesen Bescheid hat eine rechtfreundlich vertretene Nachbarin rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kommt der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren eine Parteistellung zu, nachdem sie behauptet, dass die Voraussetzungen nach § 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994 zur Durchführung des Anzeigeverfahrens nicht vorliegen (vgl VfGH 01.03.2012, B606/11). Die Parteistellung beschränkt sich gerade auf diesen Umfang (Nichtvorliegen der Voraussetzungen zur Durchführung des Anzeigeverfahrens).
In der Beschwerde wird ua vorgebracht, dass das gegenständliche Flüssiggaslager nicht von der antragstellenden Tischlerei CC GmbH & Co KG betrieben werden soll (bzw wird).
Der gegenständliche Bescheid setzt auf die bereits genehmigte Betriebsanlage auf, die durch die Errichtung des Lagers geändert werden soll. Als gewerbliche Betriebsanlage ist die Gesamtheit in Einrichtungen anzusehen, die dem Zweck eines Betriebes gewidmet sind und im örtlichen Zusammenhang stehen.
Aufgrund des Akteninhaltes ist es für das Verwaltungsgericht nicht ohne Weiteres erkennbar, zu welchem Zweck das in Rede stehende Flüssiggaslager im Zusammenhang mit dem Betrieb der zuletzt Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 14.06.2013, Zahl ***, steht, wird doch in der Beschwerde behauptet, dass die DD OG das Lager nutzt.
Sofern die Nutzung (Betrieb) des Lagers tatsächlich nicht zum Zweck des zuletzt Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 14.06.2013, Zahl ***, genehmigten Betriebes erfolgt, besteht für das Anzeigeverfahren (Änderung der genehmigten Betriebsanlage) kein Raum und wäre die Anzeige abzuweisen, da die Voraussetzungen zur Durchführung des Anzeigeverfahrens nicht vorliegen.
Sie werden eingeladen, hierzu binnen einer Frist von 2 Wochen schriftliche Stellungnahme einzubringen.
Die Tischlerei CC GmbH & Co KG wird insbesondere eingeladen mitzuteilen, ob das Anbringen betreffend das gegenständliche Flüssiggaslager als Anzeige im Sinn des § 81 Abs 3 iVm § 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994 (nachbarneutrale Änderung der Betriebsanlage) zu verstehen ist.
Gegebenenfalls wird die Gesellschaft ersucht aufzuzeigen, in welchem Zweckzusammenhang das gegenständliche Flüssiggaslager mit der Betriebsanlage steht, die zuletzt mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 14.06.2013, Zahl ***, genehmigt (Änderungsgenehmigung) wurde.“
Seitens der belangten Behörde erging die Stellungnahme vom 04.05.2021:
„…
Die Tischlerei CC GmbH & Co KG beantragte auf Gp. **1 KG X ein Flüssiggaslager mit einer Gesamtlagermenge von insgesamt 200 kg.
Die Tischlerei CC GmbH & Co KG ist grundbücherliche Eigentümerin dieser Grundparzelle.
Die Behörde geht davon aus, dass die Grundeigentümerin - somit die Tischlerei CC GmbH & Co KG antragslegitimiert ist.
In wie weit die beantragten Betriebsanlagenteile von der Antragstellerin selbst betrieben oder vermietet werden hindert wohl nicht das Recht auf Antragstellung durch die Grundeigentümerin. Zumindest sind anderweitige Entscheidungen nicht bekannt.
Aufgrund fehlender Rechtsgrundlagen konnte der Antrag der Tischlerei CC GmbH & Co KG nicht zurückgewiesen werden und es war bescheidgemäß zu entscheiden.
…“
Von der Tischlerei CC GmbH & Co KG wird in der E-Mail vom 13.05.2021 wie folgt vorgetragen:
„
…zu oben angeführter Angelegenheit teilt die Tischlerei CC GmbH & CoKG mit, dass die Anbringung betreffend das gegenständliche Flüssiggaslager als Anzeige im Sinn des § 81 Abs 3 IVm § 81 Abs 2 Z 7 Gwo 1994 zu verstehen ist. Die Tischlerei CC GmbH& CoKG ist Grundeigentümer und bringt dieses Gaslager zur Vermietung an die Firma DD OG an.
…“
II. Sachverhalt:
Die Tischlerei CC GmbH & Co KG hat auf der Gp **1 KG X die Änderung der zuletzt mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 14.06.2013, Zahl ***, genehmigten Betriebsanlage durch Hinzunahme eines Flüssiggaslagers mit einer Gesamtmenge von 200 kg nach § 81 Abs 3 iVm § 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994 angezeigt.
Diese Anzeige wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid zur Kenntnis genommen.
Das gegenständliche Flüssiggaslager soll von der DD OG betrieben werden.
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes **2 KG X (Adresse 3, **** X). Dieses Grundstück grenzt direkt an die Gp **1 KG X an. Sie ist dort auch wohnhaft.
III. Beweiswürdigung:
Die vorgenannten Sachverhaltsfeststellungen lassen sich unzweifelhaft aufgrund des behördlichen und verwaltungsgerichtlichen Aktes treffen.
Wie bereits im verwaltungsgerichtlichen Schreiben vom 28.04.2021 ausgeführt ist, beantragte mit der Eingabe vom 09.02.2021 die Tischlerei CC GmbH & Co KG auf der Gp **1 KG X ein Flüssiggaslager mit einer Gesamtmenge von 200 kg.
Mit der Eingabe vom 08.03.2021 wurde nochmals bestätigt, dass die vorgenannte Gesellschaft als Antragstellerin auftritt. Mit der Verständigung vom 28.02.2021 wurde seitens der belangten Behörde dargetan, dass das gegenständliche Anbringen im Anzeigeverfahren geführt wird. Diese Verständigung ist auch der Antragstellerin zugegangen. Somit hatte sie Kenntnis von der Verfahrensart, weshalb die belangte Behörde konkludent davon ausgegangen ist, dass von der Tischlerei CC GmbH & Co KG eine Anzeige nach § 81 Abs 3 iVm § 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994 eingebracht wurde.
Im Übrigen hat die Tischlerei CC GmbH & Co KG in ihrer E-Mail vom 13.05.2021 an das Landesverwaltungsgericht Tirol nochmals bekräftigt, eine nachbarneutrale Anzeige (§ 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994) eingebracht zu haben.
In derselben E-Mail führt die Tischlerei CC GmbH & Co KG aus, dass das gegenständliche Gaslager an die Firma DD OG vermietet werden soll.
Das Eigentum am Nachbargrundstück, die Lage der Grundstücke zueinander und der Wohnsitz der Beschwerdeführerin können den Auszügen aus dem tirisMaps und dem Zentralen Melderegister entnommen werden, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zum Akt genommen wurden
Der für die Aufhebung und Abweisung notwendige Sachverhalt stand aufgrund der Aktenlage ausreichend erwiesen fest. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden. Die Akten haben erkennen lassen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Einem Entfall der mündlichen Verhandlung standen weder Art 6 EMRK noch Art 47 GRC entgegen.
IV. Rechtslage:
Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994 (§§ 74, 81 und 345 idF BGBl I Nr 96/2017):
„§ 74
(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit nicht bloß vorübergehend zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
…
§ 75
…
(2) Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.
…
§ 81
(1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
(2) Eine Genehmigungspflicht nach Abs. 1 ist jedenfalls in folgenden Fällen nicht gegeben:
…
7. Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage zu den Nachbarn nicht nachteilig beeinflussen und die auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles erwarten lassen, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden Auflagen Gefährdungen des Lebens oder der Gesundheit von Personen vermieden und Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 3 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden,
…
(3) Änderungen gemäß Abs. 2 Z 7 sind der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen.
…
§ 345
…
(6) Die Behörde hat Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 binnen zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen, wenn die geforderten Voraussetzungen gegeben sind. Der Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, hat die Behörde innerhalb von zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige einen Bescheid im Sinne des Abs. 5 zu erlassen. Für die den Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 anzuschließenden Belege gilt § 353. Mit dem Betrieb der geänderten Betriebsanlage darf erst nach Erlassung des Bescheides im Sinne des ersten Satzes begonnen werden.“
Im Übrigen wird auf die Internetseite ris.bka.gv.at (Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes) verwiesen.
V. Erwägungen:
Die Beschwerdeführerin ist unzweifelhaft als Nachbarin im Sinn des § 75 Abs 2 GewO 1994 zu qualifizieren, nachdem sie Eigentümerin des direkt angrenzenden Nachbargrundstückes ist und im Übrigen dort auch wohnt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kommt der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren eine Parteistellung zu, nachdem sie behauptet, dass die Voraussetzungen nach § 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994 zur Durchführung des Anzeigeverfahrens nicht vorliegen (vgl VfGH 01.03.2012, B606/11). Die Parteistellung beschränkt sich gerade auf diesen Umfang (Nichtvorliegen der Voraussetzungen zur Durchführung des Anzeigeverfahrens).
Der Beschwerde kommt auch Berechtigung zu, wonach gegenständlich das Verfahren nicht als Änderung der Betriebsanlage im Rahmen eines Anzeigeverfahrens durchgeführt werden durfte.
Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist die Gesamtheit jener Einrichtungen zu verstehen, die dem Zweck des Betriebes eines Unternehmens gewidmet sind und in einem örtlichen Zusammenhang stehen. Nicht die einzelnen Maschinen, Geräte oder die beim Betrieb vorkommenden Tätigkeiten bilden den Gegenstand der behördlichen Genehmigung, sondern die gesamte gewerbliche Betriebsanlage, die eine Einheit darstellt. Einrichtungen, die unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 74 Abs 2 Einleitungssatz mit einer gewerblichen Betriebsanlage in einem sachlichen und örtlichen Zusammenhang stehen, zählen zu dieser Betriebsanlage. Sie können, weil die GewO nicht vorsieht, dass für eine Betriebsanlage Genehmigungen mehrfach nebeneinander erteilt werden können, nicht „abgesondert“ genehmigt werden. Vielmehr bewirkt die Errichtung oder Inbetriebnahme einer mit einer rechtskräftig genehmigten Betriebsanlage in einem solchen Zusammenhang stehenden Einrichtung bei Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 81 eine genehmigungspflichtige Änderung der genehmigten Anlage, wobei die Genehmigung auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen hat, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist (vgl VwGH 19.03.2003, 2001/04/0065 zum Grundsatz der Einheit der).
§ 81 Gewerbeordnung 1994 ist dann nicht anwendbar, wenn unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 74 Abs 2 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 ein sachlicher oder aber ein örtlicher Zusammenhang mit der bestehenden genehmigten Betriebsanlage fehlt (vgl Paliege-Barfuß, Änderung der genehmigten Anlage, in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler (Hrsg), Die gewerbliche Betriebsanlage3 (2008) Rz 343).
Wie die anzeigende Tischlerei CC GmbH & Co KG selbst ausführt, soll das gegenständliche Gaslager von der DD OG angemietet werden. Dies bedeutet, dass das Gaslager in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsanlage der Tischlerei CC GmbH & Co KG steht, da das Gaslager nicht von der Kommanditgesellschaft betrieben wird.
Zum Antrag auf Genehmigung oder Änderung einer Betriebsanlage ist allein deren Inhaber legitimiert. "Inhaber" ist, wer eine Sache in seiner Gewahrsame hat (§ 309 ABGB). Zum Unterschied vom Besitzer bedarf der Inhaber des sogenannten Eigentümerwillens nicht. Solcherart ist unter anderem auch der Bestandnehmer vom Inhaberbegriff umfasst. Es kommt somit darauf an, wer die Betriebsanlage "betreibt". Mit dem "Inhaber" wird daher der Fall der unmittelbaren Innehabung (im Wesentlichen Möglichkeit der Bestimmung des in der Betriebsanlage ausgeübten faktischen Geschehens) angesprochen (vgl VwGH 11.05.2017, Ra 2017/04/0034).
Diese Gesellschaft ist nicht berechtigt, die Änderung der Betriebsanlage betreffend Anlagenteile anzuzeigen, welche von ihr nicht betrieben werden, da ihr diesbezüglich die Inhaberschaft fehlt.
Deshalb war der angefochtene Bescheid zu beheben und die eingebrachte Anzeige abzuweisen (vgl VwGH 21.12.2004, 2002/04/0207).
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Ing. Mag. Peinstingl
(Richter)
Schlagworte
nachbarneutrale Änderung der Betriebsanlage; Gefährdungen des Lebens und der Gesundheit von Personen;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.32.1088.3Zuletzt aktualisiert am
16.06.2021