Entscheidungsdatum
19.05.2021Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §360 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Piccolroaz über die Beschwerde der AA GmbH, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Stadt Z vom 16.03.2021, Zl ***, betreffend ein Verfahren gemäß § 360 Abs 1 GewO 1994,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Bescheid untersagte die belangte Behörde gemäß § 360 Abs 1 GewO 1994 der AA GmbH zur Herstellung der Rechtsordnung entsprechenden Zustands die Verwendung von Beizmitteln in der gesamten Betriebsanlage der AA GmbH am Standort Adresse 1, **** Z.
Dagegen richtet sich die fristgerecht und zulässige Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin den Bescheid seinem gesamten Inhalt nach anficht und im Wesentlichen zusammengefasst vorbringt, dass die Beizanlage bescheidgemäß betrieben werde. Unterhalb des Edelstahlbodens befinde sich noch ein säurefester Fliesenboden. Die Beizanlage sei nach dem Konkurs der BB übernommen worden und sei ein zusätzlicher Edelstahlblechboden aufgebaut worden, damit die Teile besser rangiert werden könnten. Die Beizchemikalien würden gesammelt und anschließend von der Firma CC in Y abgeholt und ordnungsgemäß entsorgt. Der Absaugkanal sei entlang der Beckenlänge angebracht. Der Streifenvorhang minimiere den offenen Querschnitt. Die abgesaugte Luft werde über eine Deflektorhaube über Dach ausgeblasen. Die Zuluft werde über ein Zuluftgerät gefiltert, über Heizregister mit einer Zuluftkonstanztemperaturregelung vorgewärmt und zugfrei mittels Ausblasfilter in den Raum eingebracht. 2018 sei eine MAK-Wert-Messung von der AUVA durchgeführt worden. Beim Abspritzen komme es zu keiner Säureemission. Die an der Oberfläche ausgeschleppte Beize sei bereits verbraucht. Durch den Kontakt mit kaltem Wasser werde die Reaktion der noch eventuell vorhandenen Säure gestoppt. Bei der zweiten Begehung am Sonntag, 14.03.2021 seien sie nicht dabei gewesen. Sie hätten zu den Vorwürfen und Verdächtigungen keine Stellung nehmen und nichts aufklären können. Das Ermittlungsverfahren sei daher aus ihrer Sicht mangelhaft. Allfällige Verunreinigungen im Sickerschacht würden nicht von ihnen stammen, sondern vermutlich von der vorherigen Firma, welche in Konkurs gegangen sei. Die Sickerschächte seien auch frei zugänglich, sodass dort jeder derartige Stoffe einleiten könne. Ohne Beizmöglichkeit sei der Betrieb höchst konkursgefährdet. Alle Chemikalien würden ordnungsgemäß durch die Firma CC entsorgt. Die Betriebsanlagenbewilligung werde mit den Auflagen eingehalten. Die bräunlichen Flecken im Außenbereich gebe es bereits seit sie den Betrieb übernommen hätten. Bräunliche Flecken könnten auch durch Rohstahl in Verbindung mit Nässe entstehen. Sie hätten den Vermieter mehrmals schriftlich darauf hingewiesen, dass die Hallentüren nicht mehr funktionstüchtig und dementsprechend undicht seien (im Sommer bei Hochwetter gingen im Außenbereich die Schächte über und das Wasser fließe in die Produktionshallen). Sie hätten in Eigenregie die Türen in die Beizanlage mit Abweisblechen ausgestattet, damit auch kein Wasser nach außen dringen könne. Sie seien zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden, dass es sich um Sickerschächte handle. Es liege nahe, dass Vorplätze über richtige Systeme entwässert würden. Sie würden diese Schächte nicht dazu verwenden, um Beizabwässer darin einzuleiten.
Am 10.05.2021 führte das Landesverwaltungsgericht im Beisein eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen einen Lokalaugenschein in der gegenständlichen Betriebsanlage durch.
II. Sachverhalt:
Die AA GmbH ist seit 14.07.2008 Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Schlosser gemäß § 94 Z 59 GewO 1994“ am Standort Adresse 1, **** Z und betreibt die gegenständliche Betriebsanlage, welche mit Bescheiden der belangten Behörde vom 20.07.1999, 26.09.2001, 07.08.2002 und 13.03.2003 genehmigt worden ist.
Am 02.06.2020 wurde die DD GmbH beauftragt, die vor der gegenständlichen Betriebsanlage befindlichen zwei Sickerschächte zu öffnen und eine Abwasserprobe zu entnehmen. Aus dem Bericht geht im Wesentlichen zusammengefasst hervor, dass es sich bei der Flüssigkeit in beiden Schächten um gefährlichen Abfall handelt und eine Absaugung unmittelbar durchzuführen ist. Die Flüssigkeit ist der Schlüsselnummer 52722 „Spül- und Waschwässer, Metallsalzhaltig“ zuzuordnen. Die chemische Zusammensetzung der Flüssigkeiten in den Schächten zeigt eine hohe Übereinstimmung mit Abfall, welcher bei der Bearbeitung von Edelstahl mit Edelstahlbeizen entsteht.
Mit Verfahrensanordnung vom 18.01.2021 stellte die belangte Behörde fest, dass im Zuge einer durchgeführten Kontrolle am 20.10.2020 nachstehende Abweichungen von der Betriebsanlagengenehmigung festgestellt werden konnten:
Die Betriebsanlage wurde dadurch konsenslos erweitert, dass im Außenbereich ein Lagerbereich errichtet wurde. Weiters wurde festgestellt, dass im Außenbereich wassergefährdende Stoffe konsenslos gelagert werden. Gemäß § 360 Abs 1 GewO 1994 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, unverzüglich den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen zB durch Ansuchen um gewerberechtliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung bezüglich des Lagers im Außenbereich. Die Lagerung von wassergefährdenden Stoffen im Außenbereich ist unverzüglich einzustellen. Es darf keine Waschtätigkeit im Außenbereich erfolgen. Es darf kein Wasser vom Innenbereich der Betriebsanlage auf die Außenfläche gelangen. Die Lagerung von behandelten (zB gebeizten) Waren darf im Außenbereich nicht erfolgen.
Mit weiterem Bericht der DD vom 02.03.2021 wurde festgehalten, dass am 10.02.2021 durch die EE GmbH die Absaugung der beiden Schächte durchgeführt worden ist. Am 15.02.2021 wurden die Schächte durch den Berichtersteller geöffnet und wurde festgestellt, dass beide Schächte leer waren und jeder Schachtring mehrere Bohrungen aufweist. Die Messergebnisse beim Schacht West, der sich in unmittelbarer Nähe der Toröffnungen der Beizanlage befindet wiesen am 14.12.2020 beim Kohlenwasserstoffindex einen Wert von 170, am 27.01.2021 einen Wert von 1,6 und am 17.02. einen Wert von 0,58 mg/l auf. Die Fluoridwerte betrugen am 14.12.2020 >5,0, am 27.01.2021 9,5 und am 17.02.2021 7,4 mg/l, die Chromwerte betrugen 0,19, 0,38 und 0,081 mg/l, die Nickelwerte 0,1, 0,32 und 0,13 mg/l.
Die Werte beim Schacht Ost betrugen betreffend Kohlenwasserstoffindex am 14.12.2020 > 1,0, am 27.01.2021 >0,23 und am 17.02.2021 0,98 mg/l, die Werte für Fluorid >1,0, >1,0 und 1,7 mg/l, die Werte für Chrom 0,022, 0,025 und 0,14 mg/l und die Werte für Nickel 0,014, 0,017 und 0,059 mg/l.
Zusammenfassend ergibt sich aus der Beurteilung der DD GmbH, dass die Prüfwerte der Ö-Norm S2088-1 für das Grundwasser von den Parametern Kohlenwasserstoff-Index, Fluorid, Chrom und Nickel überschritten werden.
Am 23.03.2021 teilte der wasserfachliche Amtssachverständige der belangten Behörde mit, dass in beiden betroffenen Schächten erhöhte Schadstoffwerte festgestellt worden sind, woraus sich der Schluss ergibt, dass immer noch Schadstoffe durch abfließende Oberflächenwasser in die Schächte zuströmen. Aus fachlicher Sicht ist daher umgehend zu veranlassen, dass keine verunreinigten Wässer in die Sickerschächte rinnen können. Dies ist allerdings aufgrund der gegebenen Situation nicht umzusetzen. Daher wird empfohlen, die betroffenen Schachtanlagen an den Kanal der IKB anzuschließen.
III. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde. Weiters konnte im Zuge des durchgeführten Lokalaugenscheines am 10.05.2021 durch das Landesverwaltungsgericht im Beisein des gewerbetechnischen Amtssachverständigen festgestellt werden, dass sich im Umkreis der beiden in Rede stehenden Sickerschächte kein weiterer metallverarbeitender Betrieb befindet. Die in den Abwasserproben vorgefundenen Stoffe lassen zweifellos darauf schließen, dass verunreinigte Wässer aus der in Rede stehenden Betriebsanlage in die beiden Sickerschächte gelangen können und in weiterer Folge das Grundwasser verunreinigen können.
IV. Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 lautet:
Einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen
§ 360.
(1) Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3, so hat die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 79c oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stillegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.
(1a) In den Fällen des Verdachts einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 oder § 367 Z 25 hat ein Bescheid gemäß Abs. 1 nicht zu ergehen, wenn und solange im konkreten Einzelfall
1. für die Behörde keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen oder der Vermeidung von Belastungen der Umwelt (§ 69a) hervorkommen, und
2. innerhalb einer von der Behörde gleichzeitig mit der Verfahrensanordnung gemäß Abs. 1 bestimmten, angemessenen und nicht erstreckbaren Frist ein diesem Bundesgesetz entsprechendes Ansuchen (§ 353) um die erforderliche Genehmigung eingebracht und sodann auf Grund dieses Ansuchens ein entsprechender Genehmigungsbescheid erlassen wird.
Abs. 1a gilt nicht für in der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführte Betriebsanlagen.
(2) Wenn bei einer Tätigkeit offenkundig der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 4, 5 oder 6 gegeben ist und wenn mit Grund anzunehmen ist, daß die solchermaßen gesetzwidrige Gewerbeausübung fortgesetzt wird, darf die Behörde auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides die zur Unterbindung dieser Gewerbeausübung notwendigen Maßnahmen, insbesondere auch die Beschlagnahme von Waren, Werkzeugen, Maschinen, Geräten und Transportmitteln, an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist.
(3) Ist eine Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 offenkundig, so hat die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides den gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betrieb an Ort und Stelle zu schließen; eine solche Betriebsschließung liegt auch dann vor, wenn eine Gewerbeausübung unterbunden wird, die keine Betriebsstätte aufweist; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist.
(4) Um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit oder durch Nichtbeachtung von Anforderungen an Maschinen, Geräte und Ausrüstungen (§ 71) verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, hat die Behörde, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stillegung von Maschinen, Geräten oder Ausrüstungen oder deren Nichtverwendung oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen. Hat die Behörde Grund zur Annahme, daß zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so darf sie nach Verständigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Anlage oder, wenn eine Verständigung dieser Person nicht möglich ist, einer Person, die tatsächlich die Betriebsführung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist.
(5) Die Bescheide gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 sind sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.
(6) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 nicht mehr vor und ist zu erwarten, daß in Hinkunft jene gewerberechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die gewerbliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.“
V. Erwägungen:
Nach § 74 Abs 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie geeignet sind, die in weiterer Folge aufgezählten Schutzinteressen zu beeinträchtigen. § 81 Abs 1 leg cit bestimmt, dass auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung bedarf, wenn es zur Wahrung der in § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Nach § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81). § 360 Abs 1 verlangt als Voraussetzung für die dort angeführten Verfügungen den Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs 1 Z 1, 2 oder 3 GewO 1994. Die Behörde kann also schon bei bestehendem Verdacht einer gesetzwidrigen (konsenslosen) Gewerbeausübung Verfügungen nach § 360 Abs 1 GewO 1994 treffen. Die verfügte Maßnahme muss notwendig und geeignet sein, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Diese Gesetzesstelle lässt der Behörde keinen Raum für eine Interessensabwägung im Sinn einer Vermeidung von Härten.
Darüber hinaus muss die verfügte Maßnahme notwendig und geeignet sein, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes bedeutet die Wiederherstellung jener Sollordnung, die sich aus dem hier in Betracht kommenden gewerberechtlichen Bestimmungen ergibt. Dazu zählt etwa die Einstellung des Betriebes einer Betriebsanlage in geändertem Umfang oder das Verbot von entsprechenden Betriebsmitteln, welche eine Gefährdung für das Grundwasser darstellen können.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt beispielsweise der Verdacht einer genehmigungspflichtigen Änderung gemäß § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 bereits schon dann vor, wenn in einer Tankstelle die nur der Betankung von betriebseigenen Fahrzeugen dient (Betriebstankstelle) auch andere (betriebsfremde) Fahrzeuge betankt werden (VwGH 19.11.2003, 2003/04/0167).
Im Zuge einer durchgeführten Kontrolle der belangten Behörde am 20.10.2020 konnten unter anderem nachstehende Abweichungen von der Betriebsanlagengenehmigung festgestellt werden:
Der Beizraum war mit einem Fliesenboden ausgekleidet und auf diesem Fliesenboden waren Kunststoffplatten angebracht. Die Spülwässer des Beizraumes werden über eine Auffangrinne, welche sich unter dem Schiebetor befindet und sich über die gesamte Torbreite erstreckt, aufgefangen und über eine Hebeanlage in einem sich im Obergeschoß befindlichen Tank befördert. Von dort erfolgt die Entsorgung über ein Entsorgungsunternehmen.
Auch das Landesverwaltungsgericht konnte sich im Rahmen eines Lokalaugenscheines davon überzeugen, dass der Beizraum zwar nicht mit Kunststoffplatten, jedoch mit einem Stahlblechboden ausgekleidet war. Die Spülwässer des Beizraumes konnten noch in der Auffangrinne, welche sich unter dem Schiebetor befindet, festgestellt werden. Ob diese Auffangrinne ausreichend dimensioniert ist, konnte nicht beurteilt werden.
Wenn nun im konkreten Fall in den beiden vor den Toren der gegenständlichen Betriebsanlage befindlichen Sickerschächten Abwässer festgestellt worden sind, welche bei der Bearbeitung von Edelstahl mit Edelstahlbeizen entstehen, so ist jedenfalls davon auszugehen, dass zumindest die Spülwässer vom Inneren der Betriebsanlage in die beiden Sickerschächte gelangen konnten. Ein weiterer metallverarbeitender Betrieb, welcher die Kontaminierung der beiden Sickerschächte verursacht haben könnte, konnte sowohl seitens der belangten Behörde als auch seitens des Landesverwaltungsgerichtes nicht festgestellt werden. Auch im Zuge der Überprüfung durch den kulturbautechnischen Amtssachverständigen der belangten Behörde wurden erhöhte Schadstoffwerte festgestellt, woraus sich der Schluss ergibt, dass immer noch Schadstoffe durch abfließendes Oberflächenwasser in die Schächte zuströmen.
Wenn nun im konkreten Fall entgegen den erteilten Betriebsanlagengenehmigungen wassergefährdende Stoffe, im konkreten Fall hier Beizmittel für die Edelstahlbearbeitung in den Sickerschächten festgestellt wurden, handelt es sich dabei um Änderungen der Anlage, die im Hinblick auf die Interessen des § 74 Abs 2 Z 5 GewO 1994 geeignet sind, eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer (konkret des Grundwassers) herbeizuführen. Ob eine solche Beeinträchtigung tatsächlich vorliegt - wovon im gegenständlichen Fall unzweifelhaft davon auszugehen ist - ist jedoch nicht in einem Verfahren nach § 360 Abs 1, sondern nach § 81 Abs 1 GewO 1994 zu klären.
Zusammengefasst ergibt sich somit, dass der Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach
§ 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 vorliegt und ist die verfügte Maßnahme notwendig und geeignet, um den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Damit ist es der Beschwerdeführerin nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Piccolroaz
(Richter)
Schlagworte
Einstweilige Zwangs- und SicherheitsmaßnahmenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.40.1115.1Zuletzt aktualisiert am
16.06.2021