Entscheidungsdatum
14.04.2020Index
L82005 Bauordnung SalzburgNorm
BauPolG Slbg §16 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch den Richter Mag. Thomas Thaller über die Beschwerde von Frau AB …, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. H., …, gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der Ortsgemeinde X. vom 10.2.2020, Zahl …,
zu R e c h t:
Der Beschwerde wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt mit der Maßgabe, dass der Spruch zu lauten hat:
„Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der baupolizeiliche Auftrag in Spruchpunkt 2. hat zu lauten:
Frau AB AA wird als Eigentümerin des Grundstückes .../24 KG X. (Liegenschaft X. …) und Bauherrin des darauf errichteten Wohnhauses mit Garage aufgetragen, die in Abweichung zur rechtskräftig erteilten Ausnahmegenehmigung zur Abstandsunterschreitung gemäß § 25 Abs 8 Bebauungsgrundlagengesetz und baubehördlichen Bewilligung des Bürgermeisters der Ortsgemeinde X. vom 23.2.1999, Zahl …, errichtete Garage so weit zurückzubauen, dass der im Baubewilligungsbescheid vom 23.2.1999 genehmigte Nachbarabstand von 1,52 m zur nordwestlichen Bauplatzgrenze zu Grundstück .../23 KG X. durch die Garage eingehalten wird. Dazu ist der den genehmigten Nachbarabstand von 1,52 m zu Grundstück .../23 KG X. überschreitende Teil des Garagenbaus binnen 6 Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides zu beseitigen.“
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes .../24, KG X. (Liegenschaft …).
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Ortsgemeinde X. (im Folgenden: Bürgermeister) vom 23.2.1999 wurde der Beschwerdeführerin in Spruchpunkt I. für die Errichtung eines Wohnhauses mit Garage und Hauskanalanschluss auf Grundstück .../24 gemäß § 25 Abs 8 Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz (BGG) die Genehmigung der Unterschreitung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstandes zur nordwestlichen Bauplatzgrenze um 2,48 m und in Spruchpunkt II. die baubehördliche Bewilligung nach Maßgabe der damaligen Einreichplanung erteilt.
Mit im Instanzenzug ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 10.1.2018, Zahl 405-3/6/1/34-2018, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 25.9.2014 auf nachträgliche baubehördliche Bewilligung „geringfügiger“ Abweichungen vom Einreichplan samt nachträglicher Bewilligung einer weiteren Unterschreitung der gesetzlichen Mindestabstände der Garage zur Bauplatzgrenze um 18 cm gemäß § 25 Abs 8 BGG rechtskräftig abgewiesen. Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene außerordentliche Revision hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zwischenzeitlich mit Beschluss vom 17.12.2019, qqq, zurückgewiesen.
Mit von ihr persönlich an den Bürgermeister gerichteter Eingabe vom 24.9.2018 beantragte die Beschwerdeführerin unter Vorlage einer Kopie der Planurkunde des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl.-Ing. Z. vom 13.1.2005, GZ …, die bestehende Garage, die nur eine geringfügige Unterschreitung des ursprünglich genehmigten Heranbauens beinhalte, anhand der Vermessung des Dipl.-Ing. Z. vom 13.1.2005, wo keine wesentlichen Abweichungen festgestellt worden seien, nachträglich zu genehmigen, in eventu festzustellen, dass allfällige Überschreitungen des bereits früher genehmigten Heranbauens ihrer Garage durch die Kollaudierung genehmigt seien.
Mit Antrag ihres Rechtsvertreters vom 5.8.2019 beantragte die Beschwerdeführerin beim Bürgermeister gemäß § 69 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) die Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 10.1.2018 abgeschlossenen Bauverfahrens. Die Gemeindevertretung der Ortsgemeinde X. (im Folgenden: belangte Behörde) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 12.12.2019 zurück. Die dagegen von der Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter eingebrachte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 6.3.2020, Zahl 405-3/660/1/2-2020, als unbegründet ab.
Mit Bescheid vom 27.11.2019 wies der Bürgermeister den (noch offenen) Antrag der Beschwerdeführerin vom 24.9.2018 auf nachträgliche Genehmigung der bestehenden Garage gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache (Spruchteil 1.1.) und den Eventualantrag auf Feststellung, dass die Garage durch die Kollaudierung genehmigt sei, als unzulässig (Spruchteil 1.2.) zurück. In Spruchteil 2. erteilte der Bürgermeister der Beschwerdeführerin gemäß § 16 Abs 3 und 4 Salzburger Baupolizeigesetz (BauPolG) den baupolizeilichen Auftrag, das in Abweichung von der Baubewilligung und der § 25 Abs 8 BGG Ausnahmegenehmigung vom 23.2.1999 durch Nichteinhaltung des Abstandes der Garage zu den Grenzen des Bauplatzes zu Grundstück .../23 unzulässig Hergestellte durch Rückbau der Garage im Ausmaß von 18 cm zur Einhaltung des genehmigten Abstandes innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft zu beseitigen und den der Baubewilligung vom 23.2.1999 entsprechenden Zustand herzustellen.
Die dagegen vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin eingebrachte Berufung wies die belangte Behörde mit Berufungsbescheid vom 10.2.2020 zur Gänze als unbegründet ab.
Mit Schriftsatz ihres Rechtsvertreters vom 26.2.2020 brachte die Beschwerdeführerin gegen den Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 10.2.2020 eine fristgerechte Beschwerde an das Verwaltungsgericht ein, welche der Rechtsvertreter der belangten Behörde dem Verwaltungsgericht am 27.3.2020 samt Verfahrensakten zur Entscheidung vorlegte. Als Beschwerdegründe machte sie eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Sachverhaltsfeststellung, Aktenwidrigkeit und Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes geltend. Zusammengefasst brachte sie vor, dass der Bürgermeister und die belangte Behörde unrichtige Feststellungen zum Abstand des Garagengebäudes unüberprüft übernommen hätten. Es sei falsch und aktenwidrig, dass die Garage durchgehend den ursprünglich bewilligten Mindestabstand um 18 cm unterschreite. Aus dem Plan des Dipl.-Ing. Z. vom 13.1.2005 ergebe sich, dass durch den Garagenbaukörper der Grenzabstand nicht um 18 cm, sondern bloß um 16 cm unterschritten worden sein könnte. Die belangte Behörde hätte eine genaue Vermessung durchführen lassen müssen. Das Verwaltungsgericht habe sich in der Entscheidung vom 10.1.2018 nicht mit dem genauen Abstand befasst. Auch seien weder das Verwaltungsgericht noch der VwGH in seinem Zurückweisungsbeschluss auf den rechtskräftigen Kollaudierungsbescheid eingegangen. Entschiedene Sache liege nicht vor, weil die belangte Behörde die Entscheidung im Zuge eines Beseitigungsauftrages getroffen habe und es sich bei der Garage um eine dem Bedarf der Bewohner dienende eingeschossige Nebenanlage handle, bei der die Voraussetzungen des § 25 Abs 8 lit a und lit d BGG bei der Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Bewilligung der bestehenden Garage nicht zu prüfen seien.
Das Verwaltungsgericht hat erwogen:
Sachverhalt:
Die verfahrensgegenständliche auf Grundstück .../24 im nordwestlichen Bereich des Bauplatzes an das Wohnhaus angebaute Garage weist zum Nachbargrundstück .../23 eine Seitenlänge von 7,55 m (ohne Berücksichtigung der Dachvorsprünge) auf. Die Traufenhöhe der Garage beträgt in Bezug auf das Urgeländeniveau 2,96 m, die Firsthöhe beträgt 4,35 m. Der Abstand des Garagenbaus zur nordwestlichen Bauplatzgrenze mit Grundstück .../23 beträgt 1,34 m im nordöstlichen und 1,36 m im südwestlichen Garageneck. Der im rechtskräftigen baubehördlichen Bewilligungsbescheid des Bürgermeisters vom 23.2.1999 bewilligte Abstand des Garagenbaus zur Bauplatzgrenze mit Grundstück .../23 beträgt dagegen 1,52 m. In der von der Beschwerdeführerin am 21.5.2002 an den Bürgermeister erstatteten Bauvollendungsanzeige nach § 17 BauPolG wurde die weitergehende Unterschreitung des Mindestnachbarabstandes zu Grundstück .../23 durch das Garagengebäude in der Bauführerbestätigung nicht angeführt. In der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Planurkunde über die Gebäudeeinmessung des Dipl.-Ing. Z. vom 13.1.2005, die der Kollaudierungsverhandlung am 26.1.2005 zugrunde gelegen ist, ist der (geänderte) Nachbarabstand des Garagenbaukörpers zu Grundstück .../23 nicht kotiert. Der tatsächliche zum bewilligten Bau um 16 bis 18 cm geringere Nachbarabstand der errichteten Garage wurde im Zuge des Überprüfungsverfahrens nach § 17 BauPolG im Jahr 2005 von der Baubehörde nicht erkannt, er wurde erst im Jahr 2014 aufgrund einer Anzeige des Nachbarn von der Baubehörde genauer nachgeprüft. Mit Überprüfungsbescheid des Bürgermeisters vom 9.2.2005 (Kollaudierungsbescheid) wurde der mit Bescheid vom 23.2.1999 bewilligte Wohnhausneubau auf Grundstück .../24 „als im Wesentlichen mit der Bewilligung übereinstimmend festgestellt“. Eine Bewilligung konkreter nachträglicher Abweichungen von der Baubewilligung gemäß § 16 Abs 5 BauPolG wurde im Überprüfungsbescheid nicht ausgesprochen.
Die Kotierung des tatsächlichen Nachbarabstandes der errichteten Garage zum Nachbargrundstück .../23 (basierend auf der Gebäudeeinmessung des Dipl.-Ing. Z. vom 13.1.2005) erfolgte erstmals im von Architekt Dipl.-Ing. S. verfassten Austauschplan vom 23.9.2014 (Lageplan 0.1, M 1:200), den die Beschwerdeführerin mit ihrem nachträglichen Abstandsunterschreitungs- und Baubewilligungsansuchen vom 25.9.2014 beim Bürgermeister einreichte. Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 25.9.2014 wurde, wie bereits im Verfahrensgang festgehalten, vom Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 10.1.2018 im Instanzenzug rechtskräftig abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin legte dem verfahrensgegenständlichen Antrag vom 24.9.2018 auf nachträgliche Genehmigung der bestehenden Garage keine neuen Planunterlagen (Austauschpläne), sondern nur die Kopie der Planurkunde über die Gebäudeeinmessung von Dipl.-Ing. Z. vom 13.1.2005 (ohne Kotierung der Nachbarabstände der Garage zu Grundstück .../23) bei.
Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang und maßgeblichen Sachverhalt stützen sich auf die von der belangten Behörde vorgelegten Bauverfahrensakten der Gemeinde und die beim Verwaltungsgericht aufliegenden Beschwerdevorakten zu den von der Beschwerdeführerin beantragten nachträglichen Baubewilligungsverfahren (Antrag vom 25.9.2014) und Wiederaufnahmeverfahren (Antrag vom 5.8.2019). Die tatsächlich eingehaltenen Nachbarabstände und die Ausmaße der errichteten Garage ergeben sich aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Austauschplänen vom 23.9.2014 und dem dazu im erstinstanzlichen Bauverfahren erstatteten Gutachtens des von der Baubehörde bestellten bautechnischen Sachverständigen vom 5.1.2015. Der bautechnische Sachverständige hat darin die Abweichungen der errichteten Garage zum 1999 baubewilligten Einreichplan detailliert aufgelistet. Die Beschwerdeführerin ist den bautechnischen Feststellungen nicht entgegengetreten und stellt insbesondere die tatsächlichen Nachbarabstände des Garagenbaus zur nordwestlichen Grundgrenze von 1,34 m bis 1,36 m nicht in Abrede. Aus dem im Bauverfahrensakt der Gemeinde ersichtlichen Verfahrensgang, insb. der Verhandlungsschrift zur Überprüfungsverhandlung ergibt sich zweifelsfrei, dass der um 16 bis 18 cm geringere Nachbarabstand des Garagenbaus zur nordwestlichen Grundgrenze anlässlich des Überprüfungsverfahrens nach § 17 BauPolG im Jahr 2005 von der Baubehörde bzw. dem damals befassten Bausachverständigen infolge der fehlenden Kotierung im damals vorgelegten Gebäudeeinmessplan vom 13.1.2005 nicht erkannt bzw. nicht genauer überprüft wurde. Erst aufgrund einer aktenkundigen Nachbaranzeige aus dem Jahr 2014 wurde der tatsächliche Nachbarabstand der errichteten Garage vom bautechnischen Sachverständigen der Gemeinde nachgeprüft und vom Planer der Beschwerdeführerin erstmals in den mit dem nachträglichen Bauansuchen am 25.9.2014 eingereichten Austauschplänen kotiert.
Rechtliche Beurteilung:
Der mit dem angefochtenen Bescheid vollinhaltlich bestätigte erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters vom 27.11.2019 enthält einerseits die Entscheidungen über einen Antrag der Beschwerdeführerin auf eine nachträgliche Baubewilligung und einen von ihr gestellten Eventualantrag (Spruchpunkte 1.1. und 1.2.) und andererseits einen von Amts wegen erlassenen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (Spruchpunkt 2.). Dass die Behörde die Zurückweisung des Bauansuchens im Zuge des Beseitigungsauftrages getroffen habe, ist für das Verwaltungsgericht nicht erkennbar, es handelt sich vielmehr um gesonderte Entscheidungen der Baubehörde in unterschiedlichen Spruchpunkten.
Zu Spruchpunkt 1.1. (Zurückweisung des Antrags auf nachträgliche Baubewilligung der Garage wegen entschiedener Sache):
Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Nach ständiger Judikatur des VwGH steht die Rechtskraft einer früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Erledigung einer neuen Sachentscheidung gemäß § 68 Abs 1 AVG nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die „entschiedene Sache“, d.h. durch die Identität der Sache, über die formell rechtskräftig abgesprochen wurde, mit der im neuerlichen Abspruch erfassten bestimmt. Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für die Vorentscheidung maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung der in der Vorentscheidung als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist (zuletzt VwGH 26.4.2019, Ra 2019/20/0174, mwN).
Die Beschwerdeführerin verwies in ihrem Antrag auf nachträgliche Baubewilligung der abweichend errichteten Garage vom 24.9.2018 nur auf die Gebäudeeinmessung des Dipl.-Ing. Z. vom 13.1.2005 und legte keine neuen (geänderten) Einreichpläne vor. Der Gebäudeeinmessungsplan Dipl.-Ing. Z. war nach den Sachverhaltsfeststellungen aber bereits Bestandteil des ursprünglichen Einreichprojekts von Architekt Dipl.-Ing. S. vom 23.9.2014 zum Baubewilligungsansuchen vom 25.9.2014 (Lageplan 0.1, M 1:200), welches mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 10.1.2018 im Instanzenzug rechtskräftig abgewiesen wurde. Eine Änderung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage ist beim gegenständlichen Antrag vom 24.9.2018 nicht erkennbar.
Mit dem Vorbringen, es handle sich bei der Garage um eine zu Wohnbauten gehörige und dem Bedarf der Bewohner dienende eingeschossige Nebenanlage, kann die Beschwerdeführerin für ihren Standpunkt schon deshalb nichts gewinnen, da damit weder eine Änderung des maßgebenden Sachverhaltes, noch eine Änderung der Rechtslage gegenüber dem rechtskräftig entschiedenen nachträglichen Baubewilligungsverfahren behauptet wird. Sofern sie damit geltend machen will, dass die verfahrensgegenständliche Garage im vorangegangenen Abstandsunterschreitungs- und Baubewilligungsverfahren rechtlich nicht als privilegierte dem Bedarf der Bewohner dienende eingeschossige Nebenanlage eingestuft worden sei, berührt dies die Identität der Sache nicht. In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.6.2014, Ro 2014/05/0050).
Unbeschadet davon ist auf Folgendes hinzuweisen:
Was unter „zu Wohnbauten gehörige und dem Bedarf der Bewohner dienende eingeschossige Nebenanlagen“ fällt, hat der Salzburger Landesgesetzgeber in § 25 Abs 7a BGG näher definiert und dabei insb. Maximalabmessungen für solche Nebenanlagen festgelegt. So ist gemäß § 25 Abs 7a Z 3 BGG die Seitenlänge der Nebenanlage (einschließlich Dachvorsprünge) an der dem Nachbargrundstück zugewandten Seite auf 4 m, bei Garagen oder überdachten Kfz-Abstellplätzen auf 7 m, beschränkt. Die Traufenhöhe darf gemäß § 25 Abs 7a Z 4 BGG höchstens 2,5 m, die Firsthöhe höchstens 4 m betragen.
Bei der verfahrensgegenständlichen Garage werden die höchstzulässigen Abmessungen sowohl bei der Länge der dem Nachbargrundstück zugewandten Seite, als auch bei den Traufen- und Firsthöhen überschritten, worauf die belangte Behörde in der Beschwerdevorlage zutreffend hingewiesen hat. Die in § 25 Abs 8 zweiter Satz BGG für derartige eingeschossige Nebenanlagen im Verfahren zur Genehmigung einer (weiteren) Unterschreitung der gesetzlichen Nachbarabstände vorgesehene Erleichterung (insb. der Entfall der Prüfung der unbilligen Härte gemäß § 25 Abs 8 lit a BGG) wurde daher im rechtskräftig abgeschlossen Verfahren zur nachträglichen Genehmigung der Abstandsunterschreitung und zur nachträglichen Baubewilligung für die gegenständliche Garage zutreffend nicht angewandt.
Dem Bürgermeister ist daher nicht entgegenzutreten, dass er den Antrag der Beschwerdeführerin vom 24.9.2018 auf baubehördliche Bewilligung der bestehenden Garage wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat. Die Abweisung der Berufung durch die belangte Behörde erfolgte zu Recht.
Die Beschwerde zu Spruchpunkt 1.1. ist daher abzuweisen.
Zu Spruchpunkt 1.2. (Zurückweisung des Eventualantrags):
Die Beschwerdeführerin begehrt in ihrem Eventualantrag die behördliche Feststellung, dass die Abweichungen bei der errichteten Garage mit dem Überprüfungsfeststellungsbescheid (Kollaudierungsbescheid) des Bürgermeisters vom 9.2.2005 genehmigt worden seien.
Wie bereits der Bürgermeister in der erstinstanzlichen Erledigung zutreffend hinwies, sind nach der VwGH Judikatur Feststellungsbescheide - auf Grund deren Natur als subsidiäre Rechtsbehelfe - generell unzulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen, vorgesehenen, gesetzlichen Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann. In diesem Sinn darf weder von Amts wegen noch auf Antrag mittels Feststellungsbescheides über die Auslegung eines rechtskräftigen Bescheides abgesprochen werden (VwGH 21.6.2018, Ra 2018/01/0240, mwN).
Dies trifft auch im vorliegenden Sachverhalt zu. Die Rechtsfrage der baubehördlichen Bewilligungspflicht von (nicht nur geringfügigen) Abweichungen von der ursprünglichen Baubewilligung ist von der Baubehörde in einem Verfahren zur nachträglichen Baubewilligung (sofern ein entsprechender Antrag gestellt wird) oder sonst in einem amtswegig eingeleiteten Beseitigungsverfahren gemäß § 16 BauPolG zu entscheiden.
Vorliegend wurde diese Rechtsfrage bereits im von der Beschwerdeführerin mit Antrag vom 25.9.2014 eingeleiteten nachträglichen Baubewilligungsverfahren mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 10.1.2018 im Instanzenzug rechtskräftig entschieden. Die Zurückweisung des Eventualantrags als unzulässig erfolgte daher zu Recht.
Unbeschadet davon kann die Beschwerdeführerin mit ihrem Eventualantrag auch inhaltlich nichts gewinnen. Selbst bei kleineren Verletzungen der Mindestabstände handelt es sich um keine nachträglich genehmigungsfähigen geringfügigen Abweichungen im Sinne des § 16 Abs 1 und 5 BauPolG (VwGH 23.6.2010, 2006/06/0024). Die bescheidmäßige Überprüfungsfeststellung gemäß § 17 Abs 4 BauPolG bedeutet zudem nicht, dass von der Baubehörde nicht festgestellte Konsenswidrigkeiten als geheilt gelten. Der Überprüfungsbescheid greift grundsätzlich nicht in den Baukonsens ein und kann weder den Baukonsens ersetzen noch (nicht bloß geringfügige) Abweichungen vom Baukonsens sanieren (Giese, Salzburger Baurecht² [2018], § 17 BauPolG, Rz 27 mit Judikaturnachweisen).
Es ist daher auch die Beschwerde zu Spruchpunkt 1.2. abzuweisen.
Zu Spruchpunkt 2. (Beseitigungsauftrag):
Ist eine bauliche Anlage ohne Bewilligung ausgeführt oder ist ihre Bewilligung nachträglich aufgehoben worden, so hat gemäß § 16 Abs 3 BauPolG die Baubehörde dem Eigentümer und allenfalls auch dem Veranlasser aufzutragen, die bauliche Anlage binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen. Die Bestimmung des § 16 Abs 3 BauPolG gilt gemäß § 16 Abs 4 leg cit hinsichtlich des unzulässig Hergestellten sinngemäß, wenn die Ausführung auf Grund einer baubehördlichen Bewilligung erfolgt, von deren Inhalt aber nicht nur geringfügig abweicht. Der Beseitigungsauftrag ist diesfalls an den Bauherrn bzw. den Eigentümer der baulichen Anlage zu richten.
Gemäß § 16 Abs 1 zweiter Satz BauPolG ist eine Abweichung vom Inhalt der Bewilligung jedenfalls dann nicht mehr als geringfügig anzusehen, wenn hiedurch die in den raumordnungs- oder baurechtlichen Vorschriften enthaltenen Bestimmungen verletzt werden oder für die Änderung selbst eine Bewilligungspflicht besteht.
Wie sich bereits aus dem vom Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 10.1.2018 rechtskräftig entschiedenen Verfahren zur nachträglichen Baubewilligung der Abweichungen der errichteten Garage ergibt, handelt es sich bei der weiteren Unterschreitung des genehmigten Mindestabstandes des Garagenbaus zur nordwestlichen Bauplatzgrenze im Ausmaß von 16 bis 18 cm um keine geringfügigen Abweichungen (s. VwGH 23.6.2010, 2006/06/0024).
Der Bürgermeister hatte daher gemäß § 16 Abs 3 und Abs 4 BauPolG die Beseitigung dieser nicht geringfügigen Abweichungen mit baupolizeilichem Auftragsbescheid anzuordnen.
Die von der Beschwerdeführerin geforderte erneute Vermessung des Abstandes der errichteten Garage zur Bauplatzgrenze ist dabei entbehrlich, da sich der tatsächliche Abstand bereits aus den unbestrittenen von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten Einreichplänen (Austauschplan) von Architekt Dipl.-Ing. S. vom 23.9.2014 (siehe den Lageplan 0.1, M 1:200), denen die Gebäudeeinmessung des Dipl.-Ing. Z. vom 13.1.2005 zu Grunde liegt, ergibt. Die dort ausgewiesenen Nachbarabstände von 1,34 m im nordöstlichen Eck und von 1,36 m im südwestlichen Eck der dem Nachbargrundstück .../23 zugewandten Seite des Garagenbaus ergibt bei einem genehmigten Abstand von 1,52 m (laut Baubewilligung vom 23.2.1999) eine Unterschreitung des Mindestabstandes von mindestens 16 cm bis 18 cm.
Der baupolizeiliche Beseitigungsauftrag ist aber dahingehend zu konkretisieren, dass er auf den Rückbau der Garage auf den mit der Baubewilligung vom 23.2.1999 genehmigten Nachbarabstand von 1,52 m zu lauten hat. Mit dieser Formulierung ist auch gewährleistet, dass der Beschwerdeführerin kein zu weit gehender Rückbau angeordnet wird.
Die von der belangten Behörde bestätigte Beseitigungsfrist von sechs Monaten ab Rechtskraft des Beseitigungsauftrages ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts mehr als ausreichend (vgl. VwGH 20.8.1992, 92/06/0149, worin bereits eine Acht-Wochen-Frist zur Beseitigung eines Dachgeschoßes als angemessen erachtet wurde).
Die Beschwerde ist daher abzuweisen und der angefochtene Bescheid mit der angeführten Spruchkorrektur zum Beseitigungsauftrag zu bestätigen.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da diese nicht beantragt wurde. Die Aktenlage ließ zudem erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958 (EMRK), noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 389 (GRC) entgegen. Der EGMR hat erkannt, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht auf Grund schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (VwGH 25.04.2016, Ra 2016/03/0038). Der entscheidungsrelevante Sachverhalt war schon aufgrund der Aktenlage geklärt und das Verwaltungsgericht hatte ausschließlich Rechtsfragen zu klären, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine Verhandlung nicht geboten ist.
Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe die oben angeführte VwGH Judikatur zur entschiedenen Sache, zum Feststellungsbescheid und zu den geringfügigen Abweichungen von der Baubewilligung). Die gegenständliche Entscheidung stützt sich zudem auf eine schlüssige Beweiswürdigung und eine eindeutige Rechtslage (vgl. Ro 2014/07/0053, Ra 2016/06/0137 mwN).
Schlagworte
Baurecht, Beseitigungsauftrag Garage, Unterschreitung Nachbarabstandes, keine geringfügige Abweichung, entschiedene Sache, Kollaudierungsbescheid,Anmerkung
ao Revision; VwGH vom 26.03.2021, Ra 2020/06/0119-4; ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2020:405.3.683.1.2.2020Zuletzt aktualisiert am
14.06.2021