TE Lvwg Erkenntnis 2021/3/30 LVwG-AV-617/001-2020

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Veröffentlicht am 30.03.2021
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Entscheidungsdatum

30.03.2021

Norm

WRG 1959 §78
WRG 1959 §85

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A, vertreten durch Rechtsanwälte B, C, D, E, alle in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya vom 26.02.2020, ***, betreffend Abweisung von Anträgen in einer Wassergenossenschaftsangelegenheit nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 19.03.2021 zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Absatz 1 und Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides vom 26.02.2020 wird ersatzlos aufgehoben.

         Stattdessen wird folgender Hinweis in den Spruch dieses Bescheides

         aufgenommen:

         „Frau A hat folgende Verfahrenskosten binnen vier Wochen ab Zustellung dieses

         Bescheides zu entrichten:

         Für dieses Verfahren sind nach dem Gebührengesetz feste Gebühren zu zahlen:

         Antrag € 14,30

         Beilagen € 3,90

         einzuzahlender Gesamtbetrag: € 18,20

         IBAN: ***

         BIC: ***

         Zahlungsreferenz: ***

         Bankbezeichnung: ***

         Empfänger: Bezirkshauptmannschaft Waidhofen/Thaya - Amtskassa

         Zahlungsfrist: binnen vier Wochen ab Zustellung

        Bei der Einzahlung bitte unbedingt die Zahlungsreferenz angeben!“

         

3.   Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Im Jahr 2013 erfolgte die Gründung der Abwassergenossenschaft F. Am 29.01.2017 fand eine Mitgliederversammlung statt, in welcher die Änderung der Satzung dahingehend beschlossen wurde, dass der Zweck der Abwassergenossenschaft auch die Errichtung und Benützung von Anlagen zur Trinkwasserversorgung ist. Gleichzeitig wurde die Genossenschaft umbenannt in „Trinkwasser- und Abwassergenossenschaft G“.

In der Mitgliedervollversammlung am 15.09.2018 beschloss diese Wassergenossenschaft aufgrund Entfalls einer Förderung die Zahlung von € 1.000,-- bis 15.11.2018 und weiteren € 1.000,-- bis 15.05.2019, bezogen auf jedes Mitglied.

Die Beschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom 20.12.2018 an die Schlichtungsstelle mehrere Ersuchen um Bereinigung von Missständen und brachte gegen eine Zahlungsverpflichtung gegenüber der Trinkwassergenossenschaft sowie gegen Zahlungsvorschreibungen ohne angegebenen Verwendungszweck vor.

Am 24.02.2019 fand dazu eine Sitzung der Schlichtungsstelle in Anwesenheit der Beschwerdeführerin und ihres Begleiters sowie des Obmannes und der Ausschussmitglieder der Genossenschaft statt.

Weil der Schlichtungsversuch scheiterte, stellte die nunmehr rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 03.10.2019 den Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung des Rückstandsausweises vom 20.08.2019 und den Antrag auf Feststellung, dass eine Zahlungsverpflichtung ihrerseits gegenüber der Abwassergenossenschaft für Gebühren betreffend die Trink- und Nutzwasseranlage nicht bestehe.

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 26.02.2020, ***, die beiden Anträge als unbegründet ab.

In der Begründung führte die Behörde aus, dass das am 24.02.2019 stattgefundene Schlichtungsverfahren gescheitert wäre und daher die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Anträge der Beschwerdeführerin vom 03.10.2019 gegeben wäre. Der Beschluss über die Satzungsänderung in der Mitgliederversammlung am 29.01.2017 wäre rechtswirksam zu Stande gekommen, da sowohl das Präsenz- als auch das Konsensquorum bei dieser Versammlung erfüllt worden wäre. Die Änderung der Genossenschaftssatzung wäre mit Bescheid der Behörde vom 13.02.2017, ***, genehmigt worden. Es träfe daher die Beschwerdeführerin, wie alle anderen Mitglieder der Genossenschaft auch, die in der Satzung normierte Verpflichtung zur Leistung der vorgeschriebenen Beiträge zu den Kosten, welche der Genossenschaft erwachsen wären. Diese würden sich auf die Errichtung der Trinkwasseranlage beziehen. Es würde sich ergeben, dass alle Mitglieder der Trinkwasser- und Abwassergenossenschaft G, unabhängig von einem Trinkwasseranschluss, aufgrund der Satzungsänderung zur Tragung der Kosten für die Planung und Errichtung der Trinkwasseranlage samt Trinkwasserleitungen verpflichtet wären. Aufgrund der aufrechten Zahlungsverpflichtung der Beschwerdeführerin, welche in der Mitgliederversammlung vom 15.09.2018 beschlossen worden wäre, wäre der Rückstandsausweis entsprechend der Judikatur des VwGH zu Recht ergangen.

Dagegen erhob die rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und brachte vor, nicht ordnungsgemäß zur Mitgliederversammlung am 29.01.2017 geladen worden zu sein, weshalb die Beschlussfassung nichtig wäre. Es sei an zwei E-Mail-Adressen der Beschwerdeführerin verschickt worden, wobei beide falsch geschrieben worden wären. Eine ordnungsgemäße Ladung unter Übermittlung der Tagesordnungspunkte sei nicht erfolgt. Dass in den Postkasten von I hinterlegt worden sei, sei keinesfalls eine ordnungsgemäße Zustellung. Es müsse nachweislich unter Angabe der Tagesordnungspunkte geladen werden. Eine solche hätte gar nicht vorliegen können. In Folge der mangelhaften Zustellung der Ladung zur Mitgliederversammlung, in welcher die Satzungsänderung beschlossen worden wäre, sei die behördliche Zustimmung zu versagen gewesen. Die Einschreiterin hätte vielfach um Einsicht in die Rechnungslegungsunterlagen ersucht und wäre die Abstimmung auch wegen mangelnder Möglichkeit dazu nicht ordnungsgemäß zu Stande gekommen. Auch wäre die unrichtige Behauptung aufgestellt worden, dass das Wasser nichts kosten würde und dass eine Förderung in Aussicht gestellt wäre. Sie hätte der Erweiterung für Trink- und Nutzwassernutzung nicht zugestimmt. Die Beschwerdeführerin hätte in der Einvernahme am 18.10.2019 festgehalten, dass sie der Änderung nur deshalb zugestimmt hätte, weil sie den anderen Mitgliedern nicht im Weg stehen hätte wollen, wenn diese das Trink- bzw. Nutzwasser haben hätten wollen. Die Beschwerdeführerin sei auch berechtigterweise davon ausgegangen, dass, wie bei der schriftlichen Beitrittserklärung im Zuge der ursprünglichen Genossenschaftsgründung, auch für den Anschluss an das Trink- und Nutzwassersystem eine gesonderte Beitrittserklärung zu erfolgen hätte.

Die Beschwerdeführerin hätte eine wasserrechtlich bewilligte Wasserversorgungsanlage und würde ein Anschlusszwang sowie Zwang zur Entrichtung von Anschlussgebühren, wie gegenständlich, einen massiven Eingriff in ihre gesicherten Rechte darstellen.

Mit dem bekämpften Rückstandsausweis würden offene Anschlussgebühren geltend gemacht, ein Anschluss an das Nutz- und Trinkwassersystem der Genossenschaft liege aber nicht vor. Es fehle dem Rückstandsausweis daher die rechtliche Grundlage.

Entgegen der behördlichen Ansicht sei hinsichtlich der Abstimmung über die Aufteilung der Kosten wegen fehlender Förderung eine Änderung des Maßstabes für die Kostenaufteilung im Sinne eines besonderen Übereinkommens gegeben. Dafür liege keine Genehmigung durch die Wasserrechtsbehörde vor. Die Wassergenossenschaft könne daher keinem Mitglied wirksam Beiträge vorschreiben.

In der Mitgliederversammlung am 15.09.2018 wäre die entgangene Förderung auf alle Liegenschaftseigentümer mit Pauschalbeträgen unter Missachtung der Aufteilung nach § 39 der Satzung zur Abstimmung gebracht worden, es liege somit eine Änderung des Maßstabes vor. § 78 Abs. 3 WRG 1959 mit den dort vorgesehenen Berechnungsansätzen käme zur Anwendung. Im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin nicht angeschlossen wäre, erscheine die Vorschreibung einer Anschlussabgabe willkürlich. Beantragt werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich beraumte für 19.03.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung an, in der Beweis aufgenommen wurde durch Befragung der Beschwerdeführerin, des Obmannes und der Schriftführerin der Trinkwasser- und Abwassergenossenschaft G sowie des Zeugen I und des Vertreters der belangten Behörde.

Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:

Im Jahr 2013 ist die Abwassergenossenschaft F gegründet worden. Der ursprüngliche Zweck der Genossenschaft ist die Errichtung, Benützung und Instandhaltung von Anlagen zur ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung für die Ortschaft *** gewesen. Die Beschwerdeführerin ist Mitglied dieser Wassergenossenschaft. In der Mitgliederversammlung am 29.01.2017 hat die Wassergenossenschaft den Beschluss zur Änderung des Zweckes dahingehend gefasst, dass nunmehr auch die Trinkwasserversorgung davon umfasst wird. I ist bevollmächtigter Vertreter der Beschwerdeführerin in Angelegenheiten der Wassergenossenschaft jedenfalls bis zum 29.01.2017 gewesen. Eine ordnungsgemäße Ladung zu dieser Versammlung ist an ihn erfolgt, er hat an der Abstimmung in dieser Verhandlung anstelle der Beschwerdeführerin teilgenommen. Der Satzungsänderungsbeschluss ist einstimmig gefasst worden.

Die Satzungsänderung hat sich auf die Erweiterung des Zweckes auch für Trinkwasserversorgung bezogen. Die Abwassergenossenschaft ist umbenannt worden in Trinkwasser- und Abwassergenossenschaft G. Die Beschwerdeführerin ist weiterhin Mitglied dieser Wassergenossenschaft.

In der Mitgliederversammlung am 15.09.2018 ist über die Zahlungsverpflichtung jeder Mitgliedschaft in Höhe von zweimal € 1.000,-- einstimmig abgestimmt worden. Zu dieser Versammlung sind die Beschwerdeführerin und auch ihr bevollmächtigter Vertreter ordnungsgemäß geladen worden.

Die Beschwerdeführerin hat die Zahlungsverpflichtung in Höhe von € 2.000,--, welche je zur Hälfte am 15.11.2018 und am 15.05.2019 fällig geworden ist, nicht erfüllt.

Ein Schlichtungsverfahren betreffend die grundsätzliche Zahlungsverpflichtung der Beschwerdeführerin gegenüber der Wassergenossenschaft im Hinblick auf die Trinkwasserversorgung und über eine Zahlungsverpflichtung im Ausmaß von € 2.000,-- ist am 24.02.2019 gescheitert.

Diese Feststellungen basieren auf folgender Beweiswürdigung:

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass I der bevollmächtigte Vertreter der Beschwerdeführerin für alle Angelegenheiten der Wassergenossenschaft F, offenbar seit 26.10.2014, und jedenfalls am 29.01.2017 gewesen ist. Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Schriftführerin der Wassergenossenschaft eine Kopie der als „Spezialvollmacht“ bezeichneten Vollmacht vom 26.10.2014 übergeben, auf welcher auch eine Anmerkung der Schriftführerin darüber enthalten ist, dass diese Vollmacht vom Vollmachtnehmer I am 02.04.2016 ihr übergeben wurde. Diese Vollmacht ist von beiden, der Beschwerdeführerin und dem Vollmachtnehmer, eigenhändig unterschrieben. Dies erschließt sich aus der glaubhaften Schilderung der Schriftführerin, wie ihr die Vollmacht übergeben wurde. Sie hätte den Bevollmächtigten noch darauf hingewiesen, ebenfalls zu unterschreiben, was dieser dann – allerdings mit schrägem Schriftzug – getan hätte.

Weiters ergibt sich aus Beilage D zur Verhandlungsschrift vom 19.03.2021, welche von der Schriftführerin vorgelegt wurde, dass der bevollmächtigte Vertreter unter der damals in Verwendung gestandenen E-Mail-Adresse „***“ zur Vollversammlung am 29.01.2017 geladen wurde. Die Ladung samt Tagesordnung war als Attachement dem E-Mail angeschlossen. Nach der Aktenlage und nach der Vernehmung des Zeugen I in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass I auch an dieser Versammlung teilgenommen hat. Ob nun auch die Beschwerdeführerin an einer richtigen E-Mail-Adresse korrekt geladen wurde oder nicht, kann dahingestellt bleiben, da ihr bevollmächtigter Vertreter an der Versammlung teilgenommen und mitabgestimmt hat.

Anwesenheits- und Konsensquorum sind erfüllt, der Beschluss über die Satzungsänderung ist daher korrekt zu Stande gekommen.

Zur Frage der nachweislichen Zustellung wird festgehalten, dass in der Versammlung am 01.11.2014 von den Mitgliedern vereinbart wurde, dass aus Gründen der Einfachheit per E-Mail, soweit vorhanden, zugestellt werden soll. Dass die Zustellung auf diese Weise erfolgreich war, zeigt einerseits der Umstand, dass keine Fehlermeldung zum abgesendeten E-Mail an die Absenderin Wassergenossenschaft gegangen ist und andererseits die Anwesenheit des per E-Mail geladenen bevollmächtigten Vertreters I in der Versammlung am 29.01.2017.

Die von der Wassergenossenschaft vorgenommene Zurücklassung der Einladung für diesen Versammlungstag im Postkasten des bevollmächtigten Vertreters diente dazu, um den Bevollmächtigten auch auf eine weitere Art und Weise vom Versammlungstermin in Kenntnis zu setzen.

Dass die Tagesordnungspunkte der Einladung angeschlossen waren bzw. darauf ersichtlich waren, hat die öffentliche mündliche Verhandlung ergeben, in der von der Schriftführerin der Wassergenossenschaft der Text der Einladung vorgelegt wurde und die Vorgangsweise hinsichtlich der Erstellung der Einladung samt Unterschrift durch den Obmann und Versendung mündlich dargestellt wurde.

Dass der bevollmächtigte Vertreter an der Abstimmung an diesem Tag zustimmend teilgenommen hat, ergibt sich aus dem Protokoll vom 29.01.2017 und der Aussage der Schriftführerin.

Etwaige nicht erfolgte oder nicht vollständig erfolgte Einsichten in die Rechnungslegungsunterlagen ändern an diesem Umstand nichts.

Gleiches gilt für allfällige Aussagen hinsichtlich keiner Kosten für das Wasser oder hinsichtlich Förderungen.

Zur Mitgliederversammlung am 15.09.2018 erfolgte sowohl die Ladung des bevollmächtigten Vertreters an der oben bereits genannten E-Mail-Adresse als auch jene der Beschwerdeführerin unter der – von ihr im Zuge des Behördenverfahrens als richtig bekanntgegebenen – E-Mail-Adresse „***“. Die Ladung wurde jeweils am 30.08.2018 vorgenommen. Die Beschwerdeführerin wurde dann nochmals mit E-Mail vom 13.09.2018 unter der oben ihr zuzuordnenden E-Mail-Adresse neuerlich vom Versammlungstermin am 15.09.2018 verständigt. Dies ergibt sich aus den im Akt enthaltenen Mails und der Übernahmebestätigung.

Bei dieser Versammlung sind dann die Beschwerdeführerin und als Begleitung Herr H erschienen, wobei die Beschwerdeführerin selbst an der Abstimmung teilgenommen hat. Die Beschlussfassung über die Tragung von Kosten anlässlich des Entfalles der Förderung in Höhe von zweimal je € 1.000,-- (einmal bis 15.11.2018 und ein weiteres Mal bis 15.05.2019 zu bezahlen) durch jedes Mitglied erfolgte einstimmig. Wiederum ist von ordnungsgemäßer Ladung auszugehen. Entsprechend der glaubhaften Aussage der Schriftführerin der Wassergenossenschaft in der mündlichen Verhandlung erfolgte auch hier die Ladung der Mitglieder unter Anschluss der Tagesordnungspunkte. Ein Tagesordnungspunkt war die Beschlussfassung über einen Kredit oder eine Nachzahlung durch die Mitglieder, da die Förderung entfallen war.

Von der Beschwerdeführerin wird vorgebracht, der Änderung nur zugestimmt zu haben, um den anderen Mitgliedern im Falle eines Bezuges von Trink- bzw. Nutzwasser nicht im Wege stehen zu wollen. Dies ist jedoch unbeachtlich, das Motiv für eine erteilte Zustimmung hat keine Bedeutung.

Der Beschluss über die Kostentragung jedes Mitgliedes in der Höhe von insgesamt € 2.000,-- ist daher ordnungsgemäß zu Stande gekommen.

Auch das Vorbringen, davon ausgegangen zu sein, dass eine gesonderte Beitrittserklärung zu erfolgen hätte, kann nicht helfen. Die Abstimmungsart, nämlich durch Handheben in der Versammlung, ist auch in der Satzung der Wassergenossenschaft in § 47 Abs. 1 geregelt.

Das Vorbringen, die Beschwerdeführerin verfüge selbst über eine wasserrechtlich bewilligte Wasserversorgungsanlage, und würde ein Anschlusszwang und damit auch Zwang zur Errichtung von Anschlussgebühren in ihre Rechte eingreifen, führt nicht zum Erfolg, da von der Beschwerdeführerin als eigenberechtigter und selbstverantwortlicher Person eine Zustimmung für die Erweiterung der Abwassergenossenschaft auch für Trinkwasserzwecke klar erteilt wurde.

Dass die Beschwerdeführerin an die Nutz- und Trinkwasseranlage nicht angeschlossen ist, ändert an ihrer erteilten Zustimmung nichts. Es steht ihr auch frei, dies weiterhin so beizubehalten.

Wenn darauf angespielt wird, dass im bekämpften Rückstandsausweis offene Anschlussgebühren geltend gemacht würden, ein Anschluss aber nicht vorliege, kann dazu festgehalten werden, dass die Bezeichnung „Anschlussgebühr“ im Rückstandsausweis vom 20.08.2019 tatsächlich für den gegenständlichen Zahlungsverpflichtungsgrund nicht gut gewählt ist. Klarer wäre die Formulierung „Kosten für die Errichtung“. Jedoch schadet diese etwas unscharfe Formulierung nicht, um die in der Versammlung am 15.09.2018 einstimmig beschlossene Zahlungsverpflichtung auch der Beschwerdeführerin gegenüber rechtswirksam auslösen zu können. Die Beschwerdeführerin hat aber damit jederzeit die Möglichkeit, sich an die Trinkwasserversorgungsanlage der Genossenschaft anzuschließen und für den Bezug die entsprechenden Benützungsgebühren zu bezahlen.

Da die Beschwerdeführerin den Betrag von € 2.000,-- nicht leistete, erfolgte die Ausstellung des Rückstandsausweises durch den Obmann zu Recht. Auch erfolgte die Bestätigung der Vollstreckbarkeit auf dem Rückstandsausweis vom 20.08.2019 rechtens, weil die Zahlungsfrist mit Ablauf des 15.11.2018 und Ablauf des 15.05.2019 ungenützt verstrichen war.

Die in der Beschwerde geltend gemachte Änderung des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten im Sinne eines besonderen Übereinkommens kann der Aktenlage nicht entnommen werden. Auch im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist ein derartiges Übereinkommen nicht hervorgekommen. Maßgeblich ist daher für die Kostenaufteilung die Satzung, welche in § 39 den Maßstab für die von den Genossenschaftsmitgliedern zu tragenden Kosten geregelt ist. Dem entsprechend erfolgte auch die Abstimmung und Beschlussfassung in der Vollversammlung am 15.09.2018. Es wurde auch iSd § 39 der Satzung ausgesprochen, dass in Form einer Geldleistung zu erbringen ist.

Das Vorbringen in der Beschwerde, der Maßstab wäre nach dem Verhältnis des zu erlangenden Vorteils oder zu beseitigenden Nachteils festzusetzen, ist eine Wiederholung des § 78 Abs. 3 lit. e WRG 1959 und daher als Argument zu Gunsten der Beschwerdeführerin nicht geeignet. § 78 Abs. 3 WRG 1959 kommt nur subsidiär zur Anwendung, sollte ein Maßstab für die Aufteilung der Kosten fehlen. Einen solchen hat die Genossenschaft aber im zitierten § 39 der Satzung festgelegt.

Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 20.12.2018 an die Schlichtungsstelle der Trinkwasser- und Abwassergenossenschaft G ist darauf gerichtet, nicht gegenüber der Wassergenossenschaft hinsichtlich Trinkwasser und Nutzwasser zahlungspflichtig zu sein sowie darauf, dass keine Zahlungsvorschreibungen bestehen würden. Das Schlichtungsverfahren scheiterte am 24.02.2019, weshalb die Beschwerdeführerin, rechtsanwaltlich vertreten, inhaltsgleich mit Antrag vom 03.10.2019 einerseits die Wirksamkeit der Zahlungsvorschreibungen (betreffend Trinkwasser) und somit die Vollstreckbarkeit des Rückstandsausweises vom 20.08.2019 sowie andererseits jede grundsätzliche Zahlungsverpflichtung gegenüber der Wassergenossenschaft betreffend die Trink- und Nutzwasseranlage in Abrede stellte. Die Anträge sind deckungsgleich, die belangte Behörde war daher zur Entscheidung über den Antrag vom 03.10.2019 berufen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.  der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.  die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht

selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die für gegenständliche Rechtssache relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:

„Aufteilung der Herstellungs-, Erhaltungs- und Betriebskosten.
§ 78.

(1) Die Genossenschaft hat für jede Geschäftsperiode im voraus einen Voranschlag als Grundlage für die Verwaltung aller Einnahmen und Ausgaben aufzustellen. Die Geschäftsperiode darf drei Jahre nicht überschreiten; ist in den Satzungen keine Dauer für die Geschäftsperiode festgelegt, beträgt die Geschäftsperiode ein Jahr. In jedem Fall hat eine jährliche Abrechnung zu erfolgen.

(2) Soweit die Kosten, die der Genossenschaft aus der Erfüllung ihrer Aufgaben erwachsen, nicht anderweitig gedeckt werden können, sind sie nach dem durch die Satzungen oder durch besondere Übereinkommen festgesetzten Maßstab auf die Mitglieder umzulegen, wobei auch zu bestimmen ist, wieweit die Beiträge in Geld-, Dienst- oder Sachleistungen zu bestehen haben. Bei der Umlegung können auch jene Kosten berücksichtigt werden, die in der der jeweiligen Geschäftsperiode folgenden Geschäftsperiode voraussichtlich anfallen.

(3) Mangels eines derartigen Maßstabes sind die Kosten zu berechnen.....

        ...

(4) ...

...

Aufsicht; Maßnahmen gegen säumige Genossenschaften.
§ 85.

(1) Die Aufsicht über die Wassergenossenschaften obliegt der zuständigen Wasserrechtsbehörde, die auch über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den wasserrechtlichen Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle zu entscheiden hat, die nicht im Sinne des § 77 Abs. 3 lit. i beigelegt werden. Die Wasserrechtsbehörde ist in Wahrnehmung der Aufsicht berechtigt, die Tätigkeit der Genossenschaft zu überwachen, Einsicht in deren Unterlagen sowie entsprechende Auskünfte zu verlangen und an Versammlungen der Genossenschaftsmitglieder teilzunehmen. Sie hat dabei die Einhaltung dieses Bundesgesetzes durch die Genossenschaft zu überwachen, die Zweckmäßigkeit der Tätigkeit der Genossenschaft sowie deren finanzielle Gebarung nur insoweit, als hiedurch öffentliche Interessen (§§ 50 Abs. 7 sowie 105) berührt werden. Sie kann sich zur Aufsicht über die Genossenschaften geeigneter Personen oder Einrichtungen bedienen; § 120 findet sinngemäß Anwendung.

(2) ...

...“

In der Mitgliederversammlung am 29.01.2017 hat die Abwassergenossenschaft F eine Zweckänderung und in Zusammenhang damit auch eine Namensänderung in „Trinkwasser- und Abwassergenossenschaft G“ beschlossen. Wie oben bereits dargelegt, erfolgte die Beschlussfassung ordnungsgemäß. Diese Änderung der Genossenschaftssatzung genehmigte die Wasserrechtsbehörde mit Bescheid vom 13.02.2017, ***, welcher in Rechtskraft erwachsen ist. Damit ist die Änderung wirksam.

Die Gründung einer neuen Genossenschaft erfolgte nicht.

Zur beschlossenen Zahlungsverpflichtung über insgesamt € 2.000,-- in der Mitgliederversammlung am 15.09.2018 ist festzuhalten, dass diese Verpflichtung auch vom Schlichtungsverfahren erfasst ist. Im Antrag vom 20.12.2018 war auch gegenständlich der genannte rückständige Betrag.

Ein Rückstandsausweis einer Genossenschaft ist kein Bescheid, weil Wassergenossenschaften keine Behördenqualität zukommt, sondern nur eine Art „Kontoauszug“. Rückstandsausweise dienen der Eintreibung ausständiger Genossenschaftsbeiträge, somit von Beiträgen, die ihre Grundlage im Genossenschaftsverhältnis selbst haben. Daraus folgt, dass Streitigkeiten über den Inhalt eines Rückstandsausweises Streitsachen aus dem Genossenschaftsverhältnis sind (vgl. vom 21.03.2002, 2000/07/0262).

Bei Vorliegen von Streitigkeiten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis ist das nach der Satzung eingerichtete Schiedsgericht anzurufen. Eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde nach § 85 Abs. 1 WRG 1959 ergibt sich diesfalls erst bei ergebnislosem Verlauf der Schlichtungsverhandlungen (vgl. VwGH vom 30.06.2011, 2007/07/0168).

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.

Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides vom 26.02.2020 war aufzuheben, da die Vorschreibung von Gebühren nach dem Gebührengesetz den Finanzbehörden vorbehalten ist (vgl. dort § 9). Es war ein bloßer Hinweis aufzunehmen.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Eine Revision nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine nicht einheitliche Rechtsprechung vor.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Wassergenossenschaft; Beitragspflicht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.617.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.06.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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