Entscheidungsdatum
30.03.2021Norm
WRG 1959 §32Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 03.09.2020, Zl. ***, betreffend Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG als unbegründet abgewiesen. Im Spruch des Bescheides vom 03.09.2020 wird die Wortfolge „bzw. zumindest“ durch „und“ ersetzt.
2. Die Frist zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes wird gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 59 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) neu festgelegt bis 31. Mai 2021.
3. Eine Revision nach Artikel 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 03.09.2020, Zl. ***, verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Krems (in der Folge: belangte Behörde) die nunmehrige Beschwerdeführerin, bis spätestens 31.10.2020 Mistlagerungen auf den Grundstücken Nr. *** und ***, beide KG ***, ordnungsgemäß zu entsorgen/verwerten bzw. zumindest den bereits gut abgelegenen Festmist auf einen Standort weg von den Flächen des 30-jährlichen Hochwasserabflussbereiches der *** zu verlegen.
Die Sachentscheidung stützte die Behörde auf § 138 Abs. 1 lit. a iVm § 32 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c sowie § 38 WRG 1959.
In der Begründung nahm die belangte Behörde Bezug auf das agrartechnische Gutachten vom 26.06.2020, wonach der vom Pferdebetrieb C in *** anfallende Pferdemist auf privaten Grundstücken ausgebracht worden wäre, die nicht in landwirtschaftlicher Nutzung wären. Die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Gst. Nrn. *** und ***, beide KG ***, wäre Hauptabnehmerin, wobei deren Grundstücke mit Teilflächen im HQ30 und HQ100 lägen. Weiters hätte der Amtssachverständige für Grundwasserhydrologie mit Gutachten vom 11.08.2020 im Wesentlichen ausgeführt, dass der Pferdemist auf den genannten beiden Grundstücken über Jahre abgelagert worden wäre und unmittelbar rechtsseitig der Abbruchkante zum *** im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich der *** läge. Der Pferdemist wäre auf zwei größere Haufen mit einem Volumen von insgesamt etwa 100 m³ abgelagert worden. Eine Verteilung auf Beete wäre nicht erfolgt, allerdings wären auf den Misthaufen Kürbisse und Zucchinis für den Eigengebrauch angebaut worden. Der Grundwasserspiegel würde dort mit dem *** kommunizieren und im Bereich der Grundstücke der Beschwerdeführerin bei mittleren Verhältnissen etwa drei Meter unter dem Gelände liegen. Der höchste Grundwasserspiegel läge bereits geländegleich. Der *** wäre als Grundwasservorfluter anzusehen und käme dem Grundwasserbegleitstrom der *** Bedeutung zu. Außerdem würde es durch die Lage der Mistablagerungen im Hochwasserabflussbereich bei extremen Hochwässern zu Abschwemmungen und Auslaugungen bzw. Bildung eines lokalen Hochwasserhindernisses kommen. Dabei wäre auch der Summationseffekt zu berücksichtigen. Zudem würde es bei längeren Niederschlägen zu einem Ausbilden von belasteten Sickerwässern kommen, die einerseits das Grundwasser erreichten und nachteilig veränderten bzw. würden andererseits diese Sickerwässer auch über die Böschung direkt in die *** abfließen. Mit einer mehr als nur geringfügigen nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit von Oberflächen- und Grundwässern wäre zu rechnen.
Das Entsorgen und Verwerten von Mist dieses Standortes bzw. zumindest das Verlegen des bereits gutabgelegenen Festmistes auf einen Standort weg von den Flächen des 30-jährigen Hochwasserabflussbereiches würde aus fachlicher Sicht im öffentlichen Interesse liegen, wobei für die Durchführung dieser Maßnahmen zwei Monate als angemessen angesehen würden.
Dann nahm die belangte Behörde noch Bezug auf die in der Ergänzung vom 01.09.2020 vom Geohydrologen dargestellte Erhebung der Kubatur.
Im Ergebnis wäre nach Ansicht der Behörde Pferdemist auf die Grundstücke der Beschwerdeführerin im 30-jährlichen rechtsufrigen Hochwasserabflussbereich der *** gebracht worden, wobei eine nicht bloß geringfügige Beeinträchtigung der Beschaffenheit von Grund- und Oberflächenwasser nach dem natürlichen Lauf der Dinge, vorhersehbar und nicht auszuschließen wäre.
Dagegen erhob die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte die ersatzlose Aufhebung des Bescheides. In eventu möge der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückverwiesen werden. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die belangte Behörde den maßgeblichen Sachverhalt nicht richtig festgestellt hätte. Die Beschwerdeführerin habe den Pferdemist vom gegenständlichen Reitstall als Hochbeetmaterial für den Anbau von Kürbissen bezogen. Es sei jedoch keinesfalls über viele Jahre der gesamte angefallene Pferdemist des Reitbetriebes auf den Grundstücken der Beschwerdeführerin abgelagert worden. Der Pferdemist sei als Naturdünger für den Anbau von Gemüse, sohin für landwirtschaftliche Zwecke, verwendet worden. Darüber hinaus würden die gegenständlichen Grundstücke der Beschwerdeführerin die Benützungsart „Landw“ aufweisen, sodass die Düngung nicht zu beanstanden wäre und es sich im Ergebnis um einen üblichen Naturkompost handle. Im Herbst 2019 habe der Amtssachverständige Herr E die Liegenschaft besichtigt und alles auf der Liegenschaft für in Ordnung befunden, wobei die Pferdemisthaufen zum damaligen Zeitpunkt sogar größer gewesen wären. Der nunmehr beigezogene Amtssachverständige gehe von unrichtigen Annahmen aus und seien dessen Schlussfolgerungen unzutreffend. Der auch noch zuletzt vorhandene Pferdemist sei geringfügig, bereits gut abgelegen und fest. Der Umfang entspreche zwei üblichen Komposthaufen und werde der Pferdemist im Frühling zum Anbau von Gemüse verwendet werden. Eine Gefährdung für das (Grund-)Wasser bestehe durch den Gemüseanbau der Beschwerdeführerin nicht, weshalb der bescheidmäßige Auftrag zur Entfernung der Mistlagerungen rechtswidrig sei.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.
Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:
Die Beschwerdeführerin ist Miteigentümerin der Grundstücke Nr. *** und ***, KG ***. Auf diesen Grundstücken ist über einen längeren nicht genau bestimmbaren Zeitraum Pferdemist des Reitbetriebes C aus *** auf unbefestigter Fläche abgelagert worden. Ein Teil des vom Amtssachverständigen für Grundwasserhydrologie am 06.08.2020 vorgefundenen Pferdemistes ist bereits gut abgelegen gewesen. Der Amtssachverständige hat zum Zeitpunkt der Überprüfung vor Ort an diesem Tag zwei Pferdemisthaufen mit einem Volumen von zusammen ungefähr 100 m³ vorgefunden. Diese Misthaufen hat die Beschwerdeführerin genutzt, um Kürbisse und Zucchini für den Eigenbedarf anzubauen. Der gelagerte Pferdemist hat sich unmittelbar rechtsseitig der Abbruchkante zum *** im 30-jährigen Hochwasserabflussbereich der *** befunden.
Der Grundwasserspiegel befindet sich bei den verfahrensgegenständlichen Grundstücken bei mittleren Verhältnissen etwa 3 Meter unter dem Gelände. Der höchste Grundwasserspiegel liegt bereits geländegleich. Der natürliche Untergrund im Bereich der Mistlagerungen besteht aus einer humosen Mutterbodenschichte und einer aulehmigen bis ausandigen Deckschichte und wird mit zunehmender Tiefe steiniger.
Zur Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt des Aktes der Verwaltungsbehörde.
Unstrittig ist die Miteigentümerstellung der Beschwerdeführerin an den gegenständlichen beiden Grundstücken.
Dass Mistablagerungen in der Vergangenheit auf die Grundstücke der Beschwerdeführerin verbracht wurden, wird ebenfalls nicht bestritten, sondern bringt die Beschwerdeführerin selbst vor, dass sie Pferdemist bezogen hat und sich Pferdemist auf ihren Grundstücken befindet. Lediglich eingewendet wird, dass nicht über Jahre der gesamte Mist vom Reitstall C bezogen worden sei. Es würde der Amtssachverständige von unrichtigen Annahmen ausgehen und wären dessen Schlussfolgerungen unzutreffend. Es bestehe keine Gefährdung für das Grundwasser.
Dem ist das nach einer örtlichen Überprüfung erstattete Gutachten des geohydrologischen Amtssachverständigen vom 11.08.2020 samt dessen Ergänzung vom 01.09.2020 entgegenzuhalten:
Dass die vorgefundenen Pferdemisthaufen am Erhebungstag ein Ausmaß von geschätzt etwa 100 m³ umfassten, konnte der Amtssachverständige durch Abschreiten feststellen. Er führte zur Kubatur näher aus, dass die Ablagerung bereits verwachsen gewesen wäre und es sich dabei um eine Anschätzung handle. Auszuschließen wäre jedenfalls, dass es sich nur um 10 m³ gehandelt hätte.
Die Ausführungen zur Kubatur werden durch das agrartechnische Gutachten vom 26.06.2020 gestützt, in welchem basierend auf Anlage 1 des NAPV 2018 berechnet wurde, wie viel Mist bei zehn Großpferden auf dem gegenständlichen Reitbetrieb jährlich anfällt. (Pro Pferd ergibt sich ein Tiefstallmist von 6,7 m³ pro Halbjahr, jährlich insgesamt somit für 10 Pferde ein Volumen von 134 m³.) Der Agrartechniker führte dann aus, dass die Beschwerdeführerin Hauptabnehmerin des Pferdemistes wäre.
Im Gutachten vom 11.08.2020 hielt der Hydrologe fest, dass der Grundwasserspiegel im Bereich der Beschwerdeführergrundstücke mit dem *** kommuniziere und der höchste Grundwasserspiegel bereits geländegleich liege. Den Grundwasserbegleitstrom der *** stufte er als bedeutsam ein. Der hydrologische Amtssachverständige legte dar, dass der natürliche Untergrund im Bereich der Mistlagerungen aus einer humosen Mutterbodenschichte und einer aulehmigen bis ausandigen Deckschichte aus der Auflösungs- und Verwitterungszone des darunter anstehenden Kristallingesteines bestehe und mit zunehmender Tiefe steiniger werde.
Daraus folgerte er nachvollziehbar, dass bei längeren Niederschlägen mit der Bildung von belasteten Sickerwässern zu rechnen wäre, die einerseits das Grundwasser erreichen und es nachteilig verändern sowie andererseits auch über die Böschung direkt in die *** abfließen würden.
Dass mit einer mehr als bloß geringfügigen und nachteiligen Beeinträchtigung von Gewässern zu rechnen ist, hat der Amtssachverständige dadurch schlüssig dargelegt. Dem ist die Beschwerdeführerin fachlich nicht entgegen getreten. Mit den in der Beschwerde allgemein gehaltenen Ausführungen konnten die fachlichen Ausführungen nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden.
Die beiden Gutachten sind fachlich fundiert erstellt und schlüssig.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hierzu erwogen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht
selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Die für gegenständlichen Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise wie folgt:
(1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere
[…]
c)
Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,
[…]
(1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten
a)
eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,
b)
…
…“
Die nach § 17 VwGVG sinngemäß heranzuziehende Bestimmung des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) für die Festlegung der Leistungsfrist lautet:
(1) ...
(2) Wird die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen, so ist im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen.“
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 03.09.2020 spricht die belangte Behörde aus, dass die Mistlagerung auf den Grundstücken Nr. *** und **, beide KG ***, ordnungsgemäß zu entsorgen/verwerten bzw. zumindest der bereits gut abgelegene Festmist auf einen Standort weg von den Flächen des 30-jährigen Hochwasserabflussbereiches der *** zu verlegen ist.
Es handelt sich dabei um einen gewässerpolizeilichen Auftrag nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959.
Voraussetzung für einen solchen Auftrag ist das Vorliegen einer eigenmächtigen Neuerung.
Als eigenmächtige Neuerung ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde. Hierbei kann es sich um völlig konsenslose, aber auch um konsensüberschreitende Veränderungen handeln (VwGH 30.03.2017, Ra 2015/07/0114). Allerdings ist als Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 nicht allein das bewilligungslose Setzen einer der wasserrechtlichen Bewilligung bedürftigen punktuellen Maßnahme, sondern auch das Fortdauern des durch die betreffende Maßnahme herbeigeführten Zustandes zu verstehen, weshalb auch die weitere Aufrechterhaltung eines solchen konsenslos geschaffenen Zustandes eine Übertretung des § 138 Abs. 1 WRG darstellt (vgl. VwGH 17.06.2010, 2008/07/0131; 29.06.2000, 99/07/0114).
Die Beschwerdeführerin hat die Mistlagerung auf ihren Grundstücken gelagert gehabt und auch genutzt. Eine wasserrechtliche Bewilligung dafür liegt nicht vor. Eine solche kann auch nicht erwirkt werden, da die Mistlagerung auf unbefestigtem Boden erfolgt. Eine eigenmächtige Neuerung iSd § 138 WRG 1959 ist gegeben.
In der Folge muss geprüft werden, welcher Bewilligungstatbestand nach dem WRG 1959 gegeben ist. Die belangte Behörde stützt sich in den angeführten Rechtsgrundlagen sowohl auf § 32 Abs. 1 als auch auf § 32 Abs. 2 lit. c und § 38 WRG 1959.
Die verfahrensgegenständlichen Lagerungen von Pferdemist erfüllen den Tatbestand des § 32 Abs. 1 WRG 1959, wonach Einwirkungen auf Gewässer, die mittelbar oder unmittelbar deren Beschaffenheit beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig sind, wenn es sich um mehr als geringfügige Einwirkungen handelt.
Wie oben ausgeführt, ist im vorliegenden Fall bei längeren Niederschlägen damit zu rechnen, dass es zu belasteten Sickerwässern kommt, die das Grundwasser erreichen bzw. zum Grundwasser fließen und dieses nachteilig verändern sowie dass diese Sickerwässer über die Böschung in die *** fließen. Der hydrologische Amtssachverständige beurteilte die Einwirkungen mit mehr als geringfügig.
Verwirklicht wird durch das Versickern der belasteten Wässer auch der Bewilligungstatbestand gemäß § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959. Dies hat der Amtssachverständige für Grundwasserhydrologie durch die Darlegung der örtlichen Gegebenheit hinsichtlich des Bodenaufbaues und des Grundwasserspiegels vor Ort erläutert, wonach der Bodenaufbau sich aus Humus, Sand und Steinen zusammensetzt und der höchste Grundwasserspiegel geländegleich liegt.
Ergibt sich die Bewilligungspflicht einer Maßnahme bereits aus § 32 Abs 2 lit. c WRG, ist nicht mehr näher zu untersuchen, ob eine bloß geringfügige Einwirkung im Sinne des § 32 Abs 1 WRG vorliegt (VwGH 25.11.1999, 98/07/0091).
Nichtsdestotrotz hat der Amtssachverständige für Grundwasserhydrologie ausgeführt, dass die im vorliegenden Fall entstehende Verunreinigung des Oberflächen- und Grundwassers – wie oben ausgeführt - eine mehr als nur geringfügige nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit bedeutet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959 immer dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist. Der Eintritt einer Gewässerverunreinigung selbst ist für die Bewilligungspflicht irrelevant (z.B. VwGH 23.11.2000, 98/07/0173).
Dass bei den gegenständlichen Pferdemisthaufen auf den Grundstücken der Beschwerdeführerin mit solchen Einwirkungen zu rechnen ist, ergibt sich unzweifelhaft aus der vom Amtssachverständigen plausibel vorgenommenen Einschätzung. Wie in der höchstgerichtlichen Judikatur ausgeführt, ist der Eintritt einer Verunreinigung des Gewässers nicht ausschlaggebend.
Absolute Gewissheit einer Beeinträchtigung ist nicht erforderlich. Es muss vielmehr eine hohe Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer solchen Beeinträchtigung bestehen (vgl. VwGH vom 07.07.2005, 2004/07/0157).
Es ist nach fachlicher Ansicht des Geohydrologen mit einer mehr als nur geringfügigen nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit von Gewässern, nämlich Oberflächengewässer und Grundwasser, zu rechnen. Damit liegt die geforderte hohe Wahrscheinlichkeit vor.
Der angefochtene gewässerpolizeiliche Auftrag vom 03.09.2020 ist schon aufgrund Verstoßes gegen § 32 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c WRG 1959 rechtmäßig, weshalb das Vorhandensein eines Bewilligungstatbestandes nach § 38 WRG 1959 für gegenständliche bewilligungslos vorhandene Mistlagerung nicht mehr zu prüfen war.
Die Festlegung oder Benennung einer konkreten Menge ist für die Bestimmtheit des gegenständlichen Auftrages nicht erforderlich, da das zu entfernende Material durch die Angabe der Örtlichkeit ausreichend genau bezeichnet wird.
Auch bedarf es deshalb keiner genauen ziffernmäßigen Festlegung, da aus Sicht des geohydrologischen Amtssachverständigen bei vorliegender, jedenfalls 10 m³ übersteigender Menge mit einer mehr als geringfügigen nachteiligen Beeinträchtigung von Gewässern gerechnet werden muss.
Das öffentliche Interesse an der Erhaltung von Grundwasser als Trinkwasser sowie an der Reinhaltung der *** erfordert die aufgetragene Maßnahme.
Zum Beschwerdevorbringen:
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach der Pferdemist als Hochbeetmaterial für den Gemüseanbau keine Gefährdung für das (Grund-)Wasser mit sich bringen würde, ist zu entgegen, dass einem schlüssigen Sachverständigengutachten mit bloßen Behauptungen, ohne Argumentation auf gleicher fachlicher Ebene, in tauglicher Art und Weise nicht entgegen getreten werden kann (VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021).
Soweit die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde vorbringen will, dass es sich beim Anbau von Gemüse auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken mit Pferdemist um eine ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung handle, ist zu entgegnen, dass eine Bewilligungspflicht der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung nach § 32 WRG davon abhängt, ob nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist. Ist dies der Fall, so besteht Bewilligungspflicht, gleichgültig, ob die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung ordnungsgemäß ist oder nicht (vgl. VwGH vom 23.11.2000, 98/07/0173, vom 25.11.1999, 98/07/0091 ua).
Wie sich aus dem Gutachten vom 11.08.2020 ergibt, ist bei den verfahrensgegenständlichen Mistablagerungen nach fachlicher Ansicht gerade damit zu rechnen, dass es bei längeren Niederschlägen zu belastenden Sickerwässern kommt, die zum Grundwasser gelangen und das Grundwasser nachteilig verändern. Weiters werden diese Sickerwässer über die Böschung in die *** abfließen, wobei dieser Fluss als Grundwasservorfluter bedeutend ist. Demnach ist nach dem natürlichen Lauf der Dinge hinsichtlich der auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken der Beschwerdeführerin abgelagerten Mistablagerung mit einer nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit des Oberflächengewässers und des Grundwassers zu rechnen.
In Entsprechung der obgenannten höchstgerichtlichen Judikatur ist - da von einer Bewilligungspflicht auszugehen ist - irrelevant, ob die Bodennutzung ordnungsgemäß erfolgte oder nicht. Nicht entscheidungswesentlich ist daher der Verwendungszweck des Pferdemistes (landwirtschaftliche Zwecke, Gemüseanbau), und die Ausweisung des Grundstückes als „landwirtschaftlich genutzt“.
Mit dem Vorbringen, wonach ein „Amtssachverständiger“ im Herbst 2019 „alles auf der Liegenschaft für in Ordnung befunden“ habe und damals die Pferdemisthaufen sogar größer gewesen wären, kann nichts gewonnen werden, da der gewässerpolizeiliche Auftrag alleine auf aktuellen Überprüfungen oder Erhebungen, konkret denen des agrartechnischen und des geohydrologischen Amtssachverständigen, beruht.
Auch eine zwischenzeitliche Reduktion oder Beseitigung der Mistlagerungen macht den angefochtenen Auftrag vom 03.09.2020 nicht rechtswidrig, da es bei der Prüfung dessen Rechtmäßigkeit auf den Zeitpunkt seiner Erlassung ankommt.
Weiters zu prüfen war der Spruch des angefochtenen Bescheides. Die Anforderungen an die Bestimmtheit eines Spruchs dürfen aber nicht überspannt werden. So darf etwa neben dem in erster Linie maßgeblichen Wortlaut des Spruchs auch die Begründung der Entscheidung als Auslegungshilfe herangezogen werden, wenn der Spruch als individuelle Norm einer Auslegung bedarf. Dabei genügt es, wenn sich aus der Einbeziehung der Begründung in die Auslegung des Spruchs der Inhalt der Entscheidung mit ausreichender Deutlichkeit ergibt (vgl. VwGH 17.09.2019, Ra 2019/22/0094 mwN).
Im Interesse einer Klarstellung – in Zusammenschau mit der Begründung – war der Spruch hinsichtlich des zu entfernenden Materials zu präzisieren.
Die Leistungsfrist für die Beseitigung der vorhandenen Mistlagerung war aufgrund der Verfahrensdauer anzupassen.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt und daher eine Verhandlung nicht erforderlich ist sowie eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Einem Entfall der Verhandlung steht weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen. Es handelt sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausschließlich um Tat- und Rechtsfragen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. VwGH vom 24.06.2014, 2014/05/0059 ua).
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Eine Revision nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine uneinheitliche Rechtsprechung vor.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; gewässerpolizeilicher Auftrag; eigenmächtige Neuerung; Leistungsfrist;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1097.001.2020Zuletzt aktualisiert am
14.09.2021