TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/19 96/11/0320

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Veröffentlicht am 19.03.1997
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Index

L94406 Krankenanstalt Spital Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52;
KAG Stmk 1957 §3 Abs2 lita idF 1995/088;
KAG Stmk 1957 §3 Abs3 idF 1995/088;
KAG Stmk 1957 §4 Abs2 idF 1995/088;
KAG Stmk 1957 §4 Abs4 idF 1995/088;
KAG Stmk 1957 §5a Abs1 idF 1995/088;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde der Ärztekammer für Steiermark in Graz, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. September 1996, Zl. 12-87 Ga 22/15-1996, betreffend Erteilung einer krankenanstaltsrechtlichen Errichtungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Dr. S in G, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde in Stattgebung des Antrages der mitbeteiligten Partei vom 31. Oktober 1995 "gemäß den Bestimmungen des § 1 Abs. 3 Z. 7 in Verbindung mit den §§ 3 und 4 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes, LGBl. Nr. 78/1957, i.d.F., LGBl. Nr. 88/1995" die sanitätsbehördliche Errichtungsbewilligung für die Errichtung eines Institutes für Melanomvorsorge in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums an einem näher bezeichneten Standort in Graz unter Vorschreibung einer Vielzahl von Auflagen erteilt.

In ihrer auf § 5a Abs. 1 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes (Stmk KAG) in der Fassung LGBl. Nr. 88/1995 gestützten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei haben Gegenschriften erstattet, in denen die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß die dem angefochtenen Bescheid im Hinblick auf das Fehlen einer Rechtsbelehrung nach § 61a AVG anhaftende Gesetzwidrigkeit nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt.

Die beschwerdeführende Partei macht geltend, sie sei durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht als Partei verletzt, daß mangels Vorhandensein eines entsprechenden Bedarfes die beantragte Genehmigung zur Errichtung des gegenständlichen Ambulatoriums nicht hätte erteilt werden dürfen". Es kann dahinstehen, ob im Zusammenhang mit einer Beschwerde nach Art. 131 Abs. 2 B-VG von einem subjektiven Recht gesprochen werden kann oder ob es dabei ausschließlich um die Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides geht. Aus der Einräumung der Parteistellung im Errichtungsbewilligungsverfahren in Verbindung mit der Einräumung des Beschwerderechtes an den Verwaltungsgerichtshof an die beschwerdeführende Partei ergibt sich, daß der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall zu prüfen hat, ob die belangte Behörde zu Recht das Vorliegen eines Bedarfes nach einem Ambulatorium wie dem gegenständlichen in einem gegenüber der beschwerdeführenden Partei mängelfreien Verfahren angenommen hat.

Gemäß § 3 Abs. 2 lit. a Stmk KAG kann die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt nur erteilt werden, wenn ein Bedarf im Sinne des Abs. 3 nach einer Krankenanstalt hinsichtlich des angegebenen Anstaltszweckes und des in Aussicht genommenen Leistungsangebotes gegeben ist. Nach § 3 Abs. 3 leg. cit. ist der Bedarf nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen zu beurteilen.

Die beschwerdeführende Partei, die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. (als nach § 4 Abs. 2 Stmk KAG anzuhörender Rechtsträger der öffentlichen Krankenanstalten) sowie die Steiermärkische Gebietskrankenkasse und die Versicherungsanstalt des Österreichischen Bergbaues als betroffene Sozialversicherungsträger im Sinne des § 5a Abs. 1 leg. cit. haben einen Bedarf an der vorliegenden Anstalt unter Hinweis auf das Leistungsangebot der öffentlichen Krankenanstalten und der niedergelassenen Fachärzte für Dermatologie verneint.

Die belangte Behörde bejahte die Bedarfsfrage dessen ungeachtet gestützt auf die beiden folgenden Unterlagen:

1. Ein Schreiben der Universitätsklinik für Dermatologie der Universität Wien vom 6. Februar 1996 an die mitbeteiligte Partei, welches offenbar von dieser beigebracht wurde und in welchem die Qualität des Gerätes, das sie in der zu bewilligenden Anstalt einzusetzen beabsichtigt, gerühmt wird.

2. Das Schreiben des Referenten des Landessanitätsrates an dieses Gremium vom 25. März 1996, in welchem die Bedarfsfrage positiv beurteilt wird (und welches vom Landessanitätsrat in seiner Sitzung vom 10. April 1996 stimmenmehrheitlich angenommen wurde).

Diese Unterlagen sind nicht geeignet, die Bejahung des Bedarfes zu tragen: Das Schreiben der Wiener Universitätsklinik sagt zu diesem Thema überhaupt nichts aus; es bejaht lediglich die Qualität des in Rede stehenden Gerätes. Wenn man davon ausgeht, daß die vom Landessanitätsrat stimmenmehrheitlich angenommene Äußerung seines Berichters das "Gutachten" des Landessanitätsrates im Sinne des § 4 Abs. 4 Stmk KAG darstellt, ist dieses Gutachten unschlüssig und unvollständig. Es geht auf die zur Beurteilung des Bedarfes unerläßliche Frage, wie es in der Steiermark um die Melanomvorsorge steht, insbesondere ob es diesbezüglich zu Mißständen oder Defiziten kommt, überhaupt nicht ein; der angenommene Bedarf wird ebenfalls lediglich mit der Qualität des einzusetzenden Gerätes begründet.

Letzteres ist nicht schlüssig. Daß ein (neues) Gerät die Melanomvorsorge zu verbessern verspricht, mag seinen Einsatz wünschenswert erscheinen lassen, vermag aber für sich allein keinesfalls zu begründen, daß ein Bedarf an der Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums, in dem es zum Einsatz kommen soll, bestehe. Sogar dann, wenn - was hinter der in Rede stehenden Äußerung zu stehen scheint - bisher in der Steiermark ein derartiges Gerät noch nicht zum Einsatz gelangt sein sollte, vermag auch an dem erstmaligen Einsatz eines solchen Gerätes kein Bedarf im Sinne des Gesetzes erblickt werden, welcher die Erteilung einer Errichtungsbewilligung rechtfertigt.

Wegen dieser auf untauglichen Grundlagen basierenden Beurteilung des Bedarfes war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, ohne daß auf das offenkundig zutreffende Beschwerdevorbringen betreffend Verletzung des Parteiengehörs eingegangen zu werden brauchte. Auf die Frage, ob überhaupt ein selbständiges Ambulatorium im Sinne des (§ 1 Abs. 3 Z. 7) Stmk KAG vorliegt, war im Hinblick auf das durch § 4 Abs. 2 und § 5a Abs. 1 Stmk KAG eingeschränkte Thema des Beschwerdeverfahrens nicht einzugehen.

Lediglich der Vollständigkeit halber sei festgehalten, daß die in der Begründung des angefochtenen Bescheides aufscheinende Aussage, daß in der verfahrensgegenständlichen Anstalt nur Untersuchungen und keine Eingriffe vorgenommen werden sollen, sodaß "auch keine Konkurrenz zur Hautklinik des Landeskrankenhauses - Universitätskliniken Graz - entsteht", ebenfalls zur Bejahung des Bedarfes nicht brauchbar ist.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anforderung an ein Gutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996110320.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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