TE Vwgh Beschluss 1997/3/20 96/20/0392

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Veröffentlicht am 20.03.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des Dr. F in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 24. April 1996, Zl. 418.392/60-V.6/1995, betreffend Zuweisung von Medikamenten, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizanstalt Wien-Mittersteig eine u.a. wegen des Verbrechens des Mordes über ihn verhängte lebenslange Freiheitsstrafe. Im Sommer 1995 war beim Beschwerdeführer eine Pilzerkrankung an den Füßen und Beinen aufgetreten. Über Antrag des Beschwerdeführers bewilligte der Leiter der Justizanstalt anstelle der Untersuchung durch den Anstaltsarzt eine Untersuchung durch einen Facharzt des Vertrauens des Beschwerdeführers (§ 70 StVG). Dieser Facharzt für Dermatologie und Venerologie diagnostizierte beim Beschwerdeführer das Vorliegen einer Onychomykose und ordnete eine systematische Therapie über drei Monate mit dem Präparat "L" an.

Der Beschwerdeführer beantragte hierauf beim Leiter der Justizanstalt den Ankauf des verordneten Medikaments. Diesen Antrag lehnte der Leiter der Justizanstalt nach Einholung einer Stellungnahme des Anstaltsarztes mit formloser Verfügung vom 9. Oktober 1995 ab.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer gemäß §§ 120f StVG Beschwerde an die belangte Behörde.

In einem über Antrag des Beschwerdeführers durch das Bezirksgericht Innere Stadt Wien gemäß § 384 ZPO durchgeführten Beweissicherungsverfahren erhob der vom Gericht zum Sachverständigen bestellte Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten Befund, wobei er sowohl die Diagnose des Vertrauensarztes des Beschwerdeführers bestätigte als auch - über die Befundaufnahme hinausgehend - die verordnete Therapie als "sinnvoll und medizinisch indiziert" erachtete.

Nach dem Inhalt der vorgelegten Akten ordnete die belangte Behörde daraufhin in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes den Ankauf des Medikamentes an, welches dem Beschwerdeführer ab 1. Dezember 1995 verabreicht wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde als unzulässig zurück. Sie qualifizierte das Begehren des Beschwerdeführers um Zuweisung eines bestimmten Medikamentes als eine "Frage nach der Art der ärztlichen Behandlung", worüber sich Strafgefangene gemäß § 120 Abs. 1 letzter Satz StVG nur nach § 122 StVG, also im Wege einer Aufsichtsbeschwerde, beschweren könnten; darüber müsse den Strafgefangenen jedoch kein Bescheid erteilt werden. In diesem (Zurückweisungs-)Bescheid findet sich folgende Feststellung:

"Im übrigen wurde aufgrund der Wahrnehmung des Aufsichtsrechtes der Obersten Vollzugsbehörde dem Begehren des Beschwerdeführers ab Beginn Dezember 1995 entsprochen." Der Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 25. April 1996 zugestellt.

In seiner am 21. Mai 1996 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerde macht der Beschwerdeführer in Ausführung des Beschwerdepunktes geltend, der angefochtene Bescheid verletze ihn in seinem Recht "auf Gewährung des Unterhaltes (§ 31 Abs. 1 StVG)", tritt jedoch der oben wiedergegebenen, im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellung, wonach er seit Dezember 1995 das beantragte Medikament erhalte, nicht entgegen; ebensowenig den diesbezüglichen Ausführungen in der fristgerecht erstatteten Gegenschrift der belangten Behörde.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, denen offenbar der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen; ein derartiger Beschluß ist gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

Auch ohne ausdrückliche Erwähnung durch den Gesetzgeber ist das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers Voraussetzung für die meritorische Behandlung einer Beschwerde; aus § 33 Abs. 1 VwGG läßt sich entnehmen, daß der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren als Prozeßvoraussetzung versteht. Führt nämlich die Klaglosstellung des Beschwerdeführers in jeder Lage des Verfahrens zu dessen Einstellung, so ist anzunehmen, daß eine Beschwerde von vornherein als unzulässig betrachtet werden muß, wenn eine der Klaglosstellung vergleichbare Situation bereits bei Einbringung der Beschwerde vorliegt; eine derartige Beschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückzuweisen (Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit (1983) 91f; vgl. auch die hg. Beschlüsse vom 3. Oktober 1996, Zl. 94/16/0161, und vom 23. Jänner 1997, Zl. 94/09/0217). Im gegenständlichen Fall bestand die im Beschwerdepunkt geltend gemachte Verletzung des Beschwerdeführers "im Recht auf Gewährung des Unterhalts" im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung (Mai 1996) nicht mehr, weil er das beantragte Medikament schon ab Dezember 1995 erhielt.

Der Verwaltungsgerichtshof ist zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen, da er nur unter dem Gesichtspunkt der Verletzung subjektiver Rechte der Parteien zu erkennen hat. Es mangelt aber an einer zur Beschwerdeerhebung erforderlichen Rechtsverletzungsmöglichkeit, wenn die Streitsache noch vor Überreichung der Beschwerde beigelegt worden ist und die Partei also nur aus prinzipiellen Gründen einen Ausspruch des Verwaltungsgerichtshofes begehrt bzw. die Lösung einer theoretischen Rechtsfrage bezweckt (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa die Beschlüsse vom 22. Februar 1990, Zl. 89/18/0130, vom 27. April 1993, Zl. 93/04/0016, und vom 23. Jänner 1997, Zlen. 96/09/0236, 0273).

Da der angefochtene Bescheid nicht mehr in (die geltend gemachten) Rechte des Beschwerdeführers eingreifen konnte, mangelte es dem Beschwerdeführer an der Berechtigung zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996200392.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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