TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/28 W112 1249798-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.12.2020
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Entscheidungsdatum

28.12.2020

Norm

AsylG 2005 §54 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs2 Z3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W112 1249798-2/43E
W112 2146141-1/21E
W112 2146137-1/19E
W112 2146133-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1) XXXX auch XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA RUSSISCHE FÖDERATION, 2) XXXX , geb. XXXX , geb. XXXX , StA RUSSISCHE FÖDERATION, 3) mj. XXXX , geb. XXXX , StA RUSSISCHE FÖDERATION, und 4) mj. XXXX , geb. XXXX , StA RUSSISCHE FÖDERATION, die Minderjährigen vertreten durch die Mutter XXXX , alle vertreten durch vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 1) vom 09.01.2017, Zl. XXXX , 2) vom 09.01.2017, Zl. XXXX , 3) vom 09.01.2017, Zl. XXXX , und 4) vom 09.01.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass dieser zu lauten hat:

„Der Ihnen mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.11.2003, Zahl: 03 22.846 – BAG, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten wird Ihnen gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt.“

II. Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

III. Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin, des Drittbeschwerdeführers und des Viertbeschwerdeführers wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 50, 52 Abs. 2, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

IV. Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG 2005 insoweit als unbegründet abgewiesen, als dem Erstbeschwerdeführer keine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 zuerkannt wird.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG und § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG iVm § 52 Abs. 2 FPG wird der Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides im Übrigen stattgegeben und die Rückkehrentscheidung sowie die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Erstbeschwerdeführers in die RUSSISCHE FÖDERATION behoben.

Die Spruchpunkt IV. und V. des angefochtenen Bescheides des Erstbeschwerdeführers werden ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der RUSSISCHEN FÖDERATION, reiste am 19.07.2003 in das österreichische Bundesgebiet ein und wurde von Bundesgendarmerie XXXX angehalten und in Schubhaft genommen. Der Beschwerdeführer stellte daraufhin einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag gab der Beschwerdeführer in der Einvernahme an, den Namen XXXX zu führen und von den russischen Behörden verfolgt zu werden. Diese haben den Beschwerdeführer aufgefordert zu unterschreiben, dass er im Krieg gewesen sei. Da er dies verweigert habe, werde er verfolgt.

1.2. Am 13.08.2003 fand die niederschriftliche Einvernahme des Erstbeschwerdeführers beim Bundesasylamt statt. Der Erstbeschwerdeführer gab zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass am 05.04.2003 im Morgengrauen vier bis sechs Soldaten in das Haus seiner Großeltern eingedrungen seien, den Großvater des Erstbeschwerdeführers geschlagen haben und der Erstbeschwerdeführer versucht habe, ihn zu verteidigen. Der Erstbeschwerdeführer habe deshalb einen Schlag abbekommen und sei bewusstlos geworden und auf eine Militärbasis in XXXX gebracht worden. Man habe ihn drei Tage lang gequält und ihm vorgeworfen, dass er Kontakt zu Kämpfern habe, weil sein Bruder in der Präsidentengarde von XXXX von 1997 bis zu dessen Tod im Februar 2000 gewesen sei. Der Erstbeschwerdeführer habe einem Offizier 3.000 Dollar für seine Freilassung angeboten, die Freunde seines Bruders gezahlt haben. Der Offizier habe daraufhin jedoch weitere 2.000 Dollar gefordert, die seine Mutter aufgebracht habe. Er sei dann ca. am 11. oder 12.04.2003 entlassen worden und zu seinem Großvater gegangen. Am 05.05.2003 seien die Soldaten wiedergekommen und haben ihn nach XXXX gebracht, wo er verhört worden sei. Im Juni seien sie zu seiner Tante gekommen und haben das Haus durchsucht. Sie haben dabei ein Funkgerät und Fotos seines Bruders sowie die Arbeitsbestätigung des Tschetschenischen Staatssicherheitsministeriums des Erstbeschwerdeführers gefunden. Der Erstbeschwerdeführer sei von seinen Nachbarn gewarnt worden, dass die Soldaten im Haus seiner Großeltern seien. Der Erstbeschwerdeführer sei daraufhin in den Wald geflüchtet und dann zu seiner Tante gegangen. Der Erstbeschwerdeführer habe Kämpfer mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt. Er hätte mitkämpfen sollen, jedoch sei seine Mutter dagegen gewesen. Am 10. oder 11.05.2003 sei er nach XXXX geflüchtet, wo er die letzten Nächte vor seiner Ausreise bei Bekannten verbracht habe.

1.3. Am 13.08.2003 wurde der Erstbeschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen und ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung ausgestellt.

1.4. Mit Schreiben der XXXX vom 03.11.2003 wurde die Geburtsurkunde, ein Ersatz-Personalausweis des Erstbeschwerdeführers und eine Vorladung zur Vernehmung vom Militär beim Bundesasylamt vorgelegt.

1.5. Das Bundesasylamt wies den Asylantrag des Erstbeschwerdeführers mit Bescheid vom 13.11.2003 gemäß § 7 AsylG 1997 ab und erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Russland/Tschetschenien gemäß § 8 AsylG 1997 für nicht zulässig. Dem Erstbeschwerdeführer wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 AsylG 1997 bis zum 13.11.2004 auf den von ihm angegebenen Namen XXXX erteilt.

Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass eine im Heimatland des Erstbeschwerdeführers herrschende Bürgerkriegssituation für sich allein nicht die Flüchtlingseigenschaft indiziert. Umstände, dass Vertreter staatlicher bzw. quasi-staatlich agierender Autoritäten als bürgerkriegsführende Gruppe, ein individuell gegen die Person des Erstbeschwerdeführers gerichtetes Interesse an einer Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) genannten Gründe gehabt haben, konnte nicht festgestellt werden bzw. wurde dies im Verfahren seitens des Erstbeschwerdeführers auch nicht einmal vage behauptet. Jedoch war aufgrund der Ausführungen des Erstbeschwerdeführers und der Berücksichtigung individueller Faktoren (Alter, Bildungsgrad, Berufsausübung, Volksgruppe, Anknüpfungspunkte des Erstbeschwerdeführers) und die damalige Lage in Tschetschenien davon auszugehen, dass ihm die Lebensgrundlage in seinem Herkunfts- und Heimatstaat entzogen war.

Der Erstbeschwerdeführer stellte am 22.03.2004 nach Verstreichen der Rechtsmittelfrist einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.11.2003.

1.6. Das Landesgericht XXXX verurteilte den Erstbeschwerdeführer mit Urteil vom 22.12.2003 wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von XXXX , wovon XXXX unter Setzung einer Probezeit von XXXX bedingt nachgesehen wurden.

1.7. Das Bundesasylamt wies den Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Widereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens der Berufungsfrist gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.11.2003 mit Bescheid vom 15.04.2004 ab. Der Erstbeschwerdeführer erhob dagegen kein Rechtsmittel.

1.8. Am 22.11.2004 reiste der Erstbeschwerdeführer nach Deutschland, wo er am 02.12.2004 einen Asylantrag stellte. Deutschland stellte am 18.11.2005 ein Übernahmeersuchen an Österreich, dem Österreich zustimmte. Mit Bescheid vom 23.11.2005 stellte das dt. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fest, dass dem Erstbeschwerdeführer kein Asylrecht in der Bundesrepublik Deutschland zustand und ordnete die Abschiebung des Erstbeschwerdeführers nach Österreich an.

Der Erstbeschwerdeführer wurde am 20.12.2005 aus Deutschland nach Österreich rücküberstellt. Er legte dem Bundesasylamt einen Führerschein lautend auf XXXX geb. XXXX , vor, die Identität, die er auch in Deutschland führte. Mit Schreiben vom 03.01.2006 legte der Erstbeschwerdeführer weiters seine Geburtsurkunde, einen Reisepass und den Laissez-Passer aus Deutschland, die ebenfalls auf diesen Namen ausgestellt waren, vor und bat um „Richtigstellung seines Namens“: Er habe aus Furcht vor Verfolgung bisher einen anderen Namen verwendet.

1.9. Der Erstbeschwerdeführer stellte am 28.12.2005 einen Antrag auf Aufnahme in die Grundversorgung XXXX , dem mit Bescheid vom 03.01.2006 stattgegeben wurde.

1.10. Am 11.01.2006 stellte der Erstbeschwerdeführer beim Bundesasylamt den Antrag auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 AsylG 1997, welche ihm mit Bescheid vom 16.01.2006 bis zum 10.01.2007 gemäß § 8 Abs. 5 AsylG 2005 erteilt wurde.

1.11. Der Erstbeschwerdeführer stellte am 14.12.2006 einen Antrag auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Abs. 4 AsylG 2005 [gemeint wohl § 8 Abs. 4 AsylG 2005], dem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.01.2007 gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben wurde, weil die Voraussetzungen für die Verlängerung vorgelegen seien. Die Aufenthaltsberechtigung wurde bis zum 10.01.2008 erteilt.

1.12. Der Erstbeschwerdeführer wurde am 06.03.2007 in einem PKW in der Bundesrepublik Deutschland ohne erforderlichen Reisepass oder Aufenthaltskarte angehalten. Dem von Deutschland an Österreich gestellten Übernahmeersuchen, stimmte Österreich zu.

In Deutschland wurde der Erstbeschwerdeführer mit Urteil des Amtsgerichts XXXX vom 08.03.2007 wegen unerlaubter Einreise und unerlaubtem Aufenthalt nach Abschiebung und Fahrens ohne Fahrererlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von XXXX verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Der Erstbeschwerdeführer wurde am 13.03.2007 aus Deutschland nach Österreich rücküberstellt.

1.13. Der Erstbeschwerdeführer wurde vom Bezirksgericht XXXX mit Urteil vom 20.09.2007 wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von XXXX verurteilt, welche unter Bestimmung einer Probezeit von XXXX bedingt nachgesehen wurde.

1.14. Die Zweitbeschwerdeführerin reiste im XXXX eines XXXX Visums ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz. Am XXXX fand eine Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin beim Bundesasylamt statt. Sie gab an, am Vortag ihren Reisepass zerrissen zu haben, damit man sie nicht nachhause schicken könne. Ihre Eltern und ein Onkel sowie drei Cousins des Vaters leben in Österreich. Sie habe am 04.06.2002 ihren ersten Mann geheiratet, von dem sie sich 2005, 2006 oder 2007 habe scheiden lassen. Ihre zwei Kinder leben bei ihrem nunmehrigen Ex-Mann.

Zu ihren Fluchtgründen führte sie aus, dass ihr Cousin einer der wichtigsten Rebellen in ihrem Heimatdorf gewesen sei und deshalb sei ihre Familie verfolgt worden. Ihr Ex-Mann habe sie ebenso aus diesem Grund verlassen und eine andere Frau geheiratet. Als eine Schwester ihrer Mutter gestorben sei, sei ihr Cousin inkognito zu deren Begräbnis nach TSCHETSCHENIEN gereist. Da er erkannt worden sei, sei er sofort erschossen worden. Dieser Cousin habe früher ihren Vater mit seinen Kameraden in Militäruniform regelmäßig besucht und ihr Vater habe ihnen als Automechaniker oft geholfen, weshalb auch dieser Probleme bekommen habe. Die Zweitbeschwerdeführerin habe die Russische Föderation damals nicht gemeinsam mit ihren nunmehr in Österreich asylberechtigten Familienangehörigen verlassen, weil sie von ihrem Ex-Mann entführt und zur Heirat gezwungen worden sei, da man ihr sonst mit der Ermordung ihrer Eltern gedroht habe.

Bei der Einvernahme am 03.04.2008 vor dem Bundesasylamt gab die Zweitbeschwerdeführerin an, am XXXX ihren Ex-Mann geheiratet zu haben und seither mit diesem zusammengelebt zu haben. Ihre Eltern haben am 01.04.2004 TSCHETSCHENIEN verlassen. Sie habe bis zu deren Ausreise aufgrund ihrer Schwiegereltern ihre Eltern nur einmal im Monat besuchen dürfen. Am 05.12.2007 habe sie Tschetschenien verlassen.

Das Bundesasylamt wies den Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 07.04.2008 aufgrund der Zuständigkeit Italiens gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 zurück und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Zweitbeschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien für zulässig. Die dagegen erhobene Berufung wies der Unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 28.04.2008 ab.

1.15. Der Unabhängige Bundesasylsenat wies die Berufung des Erstbeschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.11.2003 mit Bescheid vom 30.05.2008 als verspätet zurück. Der Erstbeschwerdeführer erhob keine Beschwerde gegen diesen Bescheid.

1.16. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 18.06.2008 die Behandlung der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 28.04.2008 ab.

Am 16.07.2009 reiste die Zweitbeschwerdeführerin unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.

Das Verfahren über die gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylamtes erhobene Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin erklärte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28.08.2009 für gegenstandslos und stellte das Verfahren ein.

2.1. Am 03.01.2008 stellte der Erstbeschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005, welchem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.01.2008 aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen für die Verlängerung stattgegeben und die Aufenthaltsberechtigung bis zum 10.01.2009 erteilt wurde.

2.2. Der Erstbeschwerdeführer stellte am 22.12.2008 den Antrag auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 um drei Jahre. Dem Erstbeschwerdeführer wurde aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen für die Verlängerung die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 10.01.2010 erteilt.

2.3. Der Erstbeschwerdeführer wurde mit Urteil des XXXX vom 25.11.2009 wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe von XXXX Tagessätzen à XXXX verurteilt.

2.4. Im XXXX 2010 reiste die Zweitbeschwerdeführerin erneut nach Österreich und stellte am 03.12.2010 ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Am 20.12.2010 wurde die Zweitbeschwerdeführerin vom Bundesasylamt einvernommen. Sie gab an, von ihrem ersten Mann bedroht worden zu sein, obwohl dieser nochmals geheiratet habe. Sie wisse jedoch nicht, wo sich dieser aktuell aufhalte. Im Jahr 2008 habe die Zweitbeschwerdeführerin einen Mann in XXXX kennengelernt, den sie am XXXX nach muslimischen Ritus geheiratet habe. Sie sei von diesem nunmehr ebenso geschieden.

2.5. Am 29.12.2009 stellte der Erstbeschwerdeführer erneut einen Antrag auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005.

2.6. Das Bundesasylamt wies den Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 24.01.2011 aufgrund der Zuständigkeit Polens gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 zurück und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Zweitbeschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen für zulässig.

2.7. Das Bundesasylamt gab dem Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 mit Bescheid vom 01.02.2010 statt und erteilte ihm die Aufenthaltsberechtigung bis zum 10.01.2011.

2.8. Der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 11.02.2011 die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.01.2011 ab. Beschwerde gegen dieses Erkenntnis wurde nicht erhoben.

Am 23.02.2011 wurde die Zweitbeschwerdeführerin nach Polen überstellt.

2.9. Der Erstbeschwerdeführer stellte am 29.12.2010 einen Antrag auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 und legte unter einem einen Dienstvertrag, eine Überlassungsmitteilung und zwei Lohnzettel vor.

Mit Schreiben vom 30.12.2010 ersuchte das Bundesasylamt den Erstbeschwerdeführer bekannt zu geben, ob er einen Antrag gemäß § 43 Abs. 6 NAG auf eine quotenfreie „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ stellen wolle. Ihm wurde diesbezüglich eine Frist bis zum 31.01.2011 eingeräumt und angekündigt, bei Verstreichen der Frist über den Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung zu entscheiden.

Der Erstbeschwerdeführer gab mit Schreiben vom 14.01.2011 bekannt, dass er die Integrationsvereinbarung nicht erfülle und daher die Voraussetzungen für den Erhalt einer quotenfreien Niederlassungsbewilligung nicht erfülle. Er ersuchte um Entscheidung über seinen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung.

Mit Bescheid vom 18.01.2011 erteilte das Bundesasylamt dem Erstbeschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 10.01.2012.

2.10. Das Bezirksgericht XXXX verurteilte den Erstbeschwerdeführer mit Urteil vom 05.01.2011 wegen des Vergehens des teilweise versuchten Diebstahles nach § 127 teils iVm § 15 StGB zu einer Geldstrafe von XXXX Tagessätzen à XXXX .

2.11. Am 03.01.2012 stellte der Erstbeschwerdeführer erneut einen Antrag auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 und gab bekannt, dass er gegenwärtig bei der Firma XXXX einer Beschäftigung nachgehe. Das Bundesasylamt erteilte dem Erstbeschwerdeführer mit Bescheid vom 17.01.2012 die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 10.01.2013.

2.12. Das Landesgericht für Strafsachen XXXX verurteilte den Erstbeschwerdeführer mit Urteil vom 12.09.2012 wegen des Vergehens des versuchten Betruges nach §§ 15, 146 StGB und des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von XXXX , welche unter Bestimmung einer Probezeit von XXXX bedingt nachgesehen wurde.

2.13. Am 10.01.2013 stellte der Erstbeschwerdeführer erneut einen Antrag auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005. Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom 15.01.2013 wurde der Erstbeschwerdeführer neuerlich auf die Möglichkeit einer quotenfreien „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ hingewiesen, woraufhin er am 08.02.2013 erneut den Antrag auf Verlängerung seines befristeten Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 beim Bundesasylamt einbrachte, dem mit Bescheid vom 12.02.2013 stattgegeben und ihm der Aufenthaltstitel bis 10.01.2014 erteilt wurde.

2.14. Der Erstbeschwerdeführer stellte am 11.06.2013 einen Antrag auf Familienzusammenführung mit seiner Ehefrau XXXX , die als Asylwerberin in Polen aufhältig sei; dem Schreiben legte er die beglaubigte Übersetzung einer Bescheinigung des Chefs der ländlichen Siedlung XXXX über die Eheschließung von XXXX und XXXX am XXXX bei. Mit Schreiben vom 13.06.2013 gab das Bundesasylamt bekannt, dass dem Antrag des Erstbeschwerdeführers mangels Antragsrecht der Parteien nicht Folge gegeben werden könne und er an die zuständigen polnischen Behörden verwiesen werde.

2.15. Das Amt XXXX gab dem Erstbeschwerdeführers statt und erteilte ihm am 18.09.2013 den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“ gemäß § 41a Abs. 7 NAG befristet für ein Jahr. Eine Verständigung des Bundesasylamtes hierüber erfolgte nicht.

3.1. Die Zweitbeschwerdeführerin stellte in Österreich am 11.01.2013 ihren dritten Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag fand die Erstbefragung der Zweitbeschwerdeführerin statt. Zu ihren Familienverhältnissen gab sie an, traditionell mit dem Erstbeschwerdeführer verheiratet zu sein. Sie habe ihn über das Internet kennengelernt und aus der Ferne geheiratet. Da sie bei ihrem in Österreich lebenden Mann und ihren Familienangehörigen sein wolle, stelle sie diesen neuerlichen Asylantrag. Ihre beiden Kinder befinden sich bei ihrem ersten Ex-Mann in Tschetschenien. Als weiteren neuen Grund für eine Asylantragstellung führte die Beschwerdeführerin eine ihr in der Heimat drohende Zwangsverheiratung mit einem Mitarbeiter der Familie Kadirov an.

Am 29.01.2013 fand eine Einvernahme vor dem Bundesasylamt statt, in der die Zweitbeschwerdeführerin im Wesentlichen angab, nach ihrer Überstellung nach Polen selbständig nach TSCHETSCHENIEN zurückgekehrt zu sein, weil ihr Großvater im Sterben gelegen sei. Sie sei ca. 20 Monate in XXXX bei ihrem Großvater aufhältig gewesen, bevor sie am 08.05.2012 TSCHETSCHENIEN wieder verlassen habe. Die Mutter, fünf Schwestern und ein Bruder der Zweitbeschwerdeführerin leben in Österreich als Asylberechtigte. Sie habe ihren aktuellen Ehemann – den Erstbeschwerdeführer – in Österreich kennengelernt, habe dann jedoch einen anderen Mann traditionell geheiratet, bevor sie nach Polen abgeschoben worden sei. Sie sei von diesem nunmehr traditionell geschieden und habe den Erstbeschwerdeführer am XXXX übers Telefon geheiratet.

Am 06.03.2013 fand erneut eine Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesasylamt statt. Sie gab im Zuge der Einvernahme an, dass sie mit ihrer in Österreich aufhältigen Familie eine enge Beziehung führe und von dieser finanziell unterstützt werde. Auch in TSCHETSCHENIEN habe sie Geld von ihren Familienangehörigen erhalten und als Köchin in einem Kaffeehaus in XXXX gearbeitet. Die Beschwerdeführerin habe während ihrer Aufenthalte außerhalb Österreichs telefonisch Kontakt mit ihrer Familie gehalten. Ihr – nunmehr bereits verstorbener – Vater habe sie zweimal in Polen besucht. Sie sei nunmehr verheiratet; die Trauung nach traditionellen islamischen Ritus sei zuerst durchgeführt worden. Danach habe die standesamtliche Trauung übers Telefon stattgefunden, weil die Zweitbeschwerdeführerin in TSCHETSCHENIEN, der Erstbeschwerdeführer hingegen in Österreich gewesen sei. Es sei der Bruder des Erstbeschwerdeführers als dessen Vertreter entsandt worden. Die Trauung in der Moschee habe am XXXX stattgefunden. Die Zweitbeschwerdeführerin habe während ihres Aufenthaltes in TSCHETSCHENIEN keinen offiziellen Behördenkontakt gehabt. Auf Nachfrage korrigierte sie ihre Angaben dahingehend, dass sie doch Kontakt zu Behörden gehabt habe. Ihr Cousin sei Untergrundkämpfer gewesen und getötet worden. Die lokale Polizei habe ihn zuhause gesucht und zur Zweitbeschwerde-führerin gesagt, dass bekannt sei, dass sie von Österreich zurückgekehrt sei und sie über ihren Cousin aussagen solle, um keine Probleme zu bekommen. Dies sei ca. einen Monat nach der Rückkehr von Polen gewesen.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 07.03.2013 den Antrag auf internationalen Schutz der Zweitbeschwerdeführerin ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Zeitbeschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Polen zulässig sei. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 15.04.2013 als unbegründet abgewiesen.

Am 18.04.2013 wurde die Zweitbeschwerdeführerin nach Polen überstellt.

3.2. Der Erstbeschwerdeführer stellte am 10.01.2014 einen Antrag auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 als subsidiär Schutzberechtigter an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) und gab bekannt, dass er ab Ende Jänner 2014 bei der Firma XXXX einer Beschäftigung nachgehen werde. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 11.02.2014 wurde dem Antrag des Erstbeschwerdeführers aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen der Verlängerung stattgegeben und ihm eine Aufenthaltsberechtigung bis zum 10.01.2016 erteilt.

4.1. Die Zweitbeschwerdeführerin reiste im JULI 2014 erneut in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte hier am 03.07.2014 ihren vierten Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag fand die Erstbefragung der Zweitbeschwerdeführerin vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Sie gab im Wesentlichen an, dass sie im Jahr 2010 für einige Stunden in Polen gewesen sei und danach nach Österreich gekommen sei, wo sie sich bis 15.04.2013 aufgehalten habe. Am 15.04.2013 sei sie nach XXXX abgeschoben worden. Am 15.10.2013 sei sie freiwillig von Polen nach TSCHETSCHENIEN zurückgekehrt, wo sie am 27.06.2014 ihre Ausreise nach Österreich angetreten habe. Zu ihren Fluchtgründen gab die Zweitbeschwerdeführerin an, bei ihrem Mann – dem Erstbeschwerdeführer – und ihrer Familie in Österreich bleiben zu wollen, weil sie in TSCHETSCHENIEN niemanden mehr habe. Im Falle einer Rückkehr wäre ihr Leben in Gefahr, weil ihre gesamte Familie in Österreich sei.

4.2. Das Amt XXXX gab dem Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner Rot-Weiß-Rot-Karte plus statt.

4.3. Das Bezirksgericht XXXX verurteilte den Erstbeschwerdeführer mit Urteil vom 05.11.2014 wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von XXXX , welche unter Bestimmung einer Probezeit von XXXX bedingt nachgesehen wurde. Auf den Widerruf des mit Urteil vom Landesgericht für Strafsachen XXXX vom 12.09.2012 gewährten Strafnachsicht wurde abgesehen und die Probezeit auf XXXX verlängert.

4.4. Am XXXX wurde der gemeinsame Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin – der Drittbeschwerdeführer – in Österreich geboren. Für ihn stellte seine Mutter als gesetzliche Vertreterin am 22.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Für ihn wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

4.5. Der Erstbeschwerdeführer beantragte am 17.09.2015 die Verlängerung seines Aufenthaltstitels beim Amt XXXX . Diese Rot-Weiß-Rot-Karte plus mit freiem Zugang zum Arbeitsmarkt wurde ihm am 18.09.2015 ausgestellt.

4.6. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte mit Stellungnahme vom 08.03.2016 vor, dass ihr Ehemann – der Erstbeschwerdeführer – in Österreich seit geraumer Zeit über einen Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) verfüge. Sie sei neuerlich schwanger und von ihrem Ehemann finanziell abhängig, zumal dieser den Lebensunterhalt für sie und ihr gemeinsames Kind sichere. Die Zweitbeschwerdeführerin wäre bei einer allfälligen Rückkehr bei der Bestreitung des Lebensunterhaltes für sich und ihr minderjähriges Kind auf sich alleingestellt, verfüge über keine Unterkunft und habe abgesehen von 8 Jahren Grundschulbildung keine Berufsausbildung oder -erfahrung. Sie habe in der RUSSISCHEN FÖDERATION auch keine familiären Anknüpfungspunkte, die sie finanziell unterstützen könnten. Sie wäre daher als alleinerziehende Mutter einer sozialen Gruppe iSd GFK zugehörig. All ihre Familienangehörigen halten sich als Asylberechtigte in Österreich aufhalten. Ihr Vater, der ebenso asylberechtigt gewesen sei, sei am XXXX in Österreich gestorben. Unter einem legte die Beschwerdeführer die russische Heiratsurkunde vom 05.11.2013 samt Übersetzung, die Geburtsurkunde des Drittbeschwerdeführers, den Mutter-Kind-Pass sowie ihren Meldezettel sowie den des Erst- und des Drittbeschwerdeführers vor.

4.7. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde am 16.03.2016 vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Sie gab zu ihren Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass sie verheiratet sei, ein Kind habe und all ihre Familienangehörigen in Österreich leben. Ihr Mann habe sie seit ihrer Heirat stets versorgt. Sie habe niemanden in der RUSSISCHEN FÖDERATION. Sie habe den Erstbeschwerdeführer über das Internet kennengelernt und sich dann in Österreich persönlich getroffen. Sie sei dann nach Polen abgeschoben worden und sie dann nach TSCHETSCHENIEN zurückgekehrt. Der Erstbeschwerdeführer sei im XXXX 2013 ebenfalls gekommen, weil auch seine Mutter gestorben sei. Sie seien zum Standsamt gegangen und haben die Ehe geschlossen. Sie seien dann nach Österreich zurückgekehrt. Die Zweitbeschwerdeführerin sei nach ihrer zweiten Abschiebung in TSCHETSCHENIEN von ihrem ersten Mann, mit dem sie zwei Kinder habe, verfolgt worden. Er habe mit seinem Auto immer neben ihr angehalten und habe sie bedroht. Das letzte Mal als sie in TSCHETSCHENIEN gewesen sei, sei ihr erster Mann nicht an sie herangetreten, weil sie schon verheiratet gewesen sei. Sie sei zwei oder dreimal zu ihm gegangen um ihre Kinder zu sehen.

Für den Drittbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

4.8. Mit Stellungnahme vom 04.04.2016 brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, einer bestimmten sozialen Gruppe iSd GFK anzugehören, zumal sie in ihrem Herkunftsstaat nicht in der Lage sei, ihre Lebenssituation zu meistern, ohne ihn eine allfällige ausweglose und lebensbedrohliche Situation zu geraten. So habe die Zweitbeschwerdeführerin keinerlei Berufsausbildung genossen, sei mit 15 Jahren erstmals zwangsverheiratet worden und bis zur neuerlichen Ausreise und seit ihrer erneuten Antragstellung in Österreich ausschließlich Hausfrau gewesen. Sie gehöre als alleinerziehende Frau ohne entsprechende Berufsausbildung und ohne jeglichen Familienanschluss sowie mangels Wohnversorgung einer bestimmten sozialen Gruppe an. Die Länderberichte seien nicht ausreichend, zumal sich keine rechtlich relevanten Feststellungen zur Situation von alleinerziehenden Müttern, deren Wohnverhältnisse und deren Möglichkeit einer legalen Beschäftigung nachzugehen, treffen ließen. So seien die Sozialleistungen im Nordkaukasus nicht ausreichend, damit eine alleinstehende Frau mit Kindern alleine davon leben könne. Zudem sei Korruption in der gesamten Russischen Föderation und noch vielmehr in Tschetschenien weit verbreitet, weshalb Bestechungsgeld vermutlich auch für die Auszahlung staatlicher Unterstützungsleistungen gezahlt werden müsse.

Die Existenzgrundlage der Zweitbeschwerdeführerin sei als Mutter von bald zwei minderjährigen Kindern, die über keine qualifizierte Ausbildung verfüge und nie berufstätig gewesen sei, bei ihrer Rückkehr gefährdet, zumal sie über keine familiären Anknüpfungspunkte und damit keine Wohnmöglichkeit verfüge. Ihr Vorbringen sei daher iSd Art. 2 und 3 EMRK als Nachfluchtgrund und unter Berücksichtigung der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe jedenfalls fluchtrelevant.

4.9. Der Erstbeschwerdeführer stellte am 10.05.2016 einen Antrag auf Neuausstellung seines Aufenthaltstitels am Amt XXXX . Die Karte wurde ihm am 18.05.2016 ausgestellt.

4.10. Das Bundesamt vernahm den Erstbeschwerdeführer am 30.06.2016 betreffend die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ein. Der Erstbeschwerdeführer gab im Wesentlichen an, vor seiner Ausreise aus der Russischen Föderation in XXXX in einem Haus gelebt zu haben, welches 2000 im Krieg zerstört worden sei. Danach habe er im Dorf XXXX gelebt. Seine Mutter sei 2013 an Krebs gestorben. Sein Onkel mütterlicherseits lebe in Kasachstan und zwei Tanten leben in Frankreich sowie eine in Deutschland. Er habe nunmehr niemanden mehr in TSCHETSCHENIEN, zumal auch seine Freunde nach Österreich gekommen seien. Seine Frau habe er übers Internet kennengelernt und hier 2011 nach muslimischen Ritus geheiratet. Ein Cousin seines Vaters lebe in Österreich. Er telefoniere manchmal mit diesem, stehe zu ihm jedoch in keinem Abhängigkeitsverhältnis. Er brachte vor, nach wie vor im gesamten Staatsgebiet Russlands verfolgt zu werden.

4.11. Am XXXX wurde der Viertbeschwerdeführer in Österreich geboren. Für ihn stellte seine Mutter als gesetzliche Vertreterin am 25.08.2016 ein Antrag auf internationalen Schutz. Für den Viertbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

4.12. Der Erstbeschwerdeführer beantragte mit E-Mail vom 01.09.2016 die Verlängerung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“ beim Amt XXXX und teilte ihm mit E-Mail vom 15.09.2016 mit, dass der Antrag zwar als fristgerecht eingebracht gelte, er aber nach seiner Entlassung persönlich beim Amt vorsprechen müsse.

4.13. Das Landesgericht für Strafsachen XXXX verurteilte den Erstbeschwerdeführer mit Urteil vom 27.10.2016 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 2 Z 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von XXXX . Vom Widerruf der mit Urteil vom Landesgericht für Strafsachen XXXX vom 12.09.2012 gewährten Strafnachsicht wurde abgesehen und die Probezeit auf XXXX verlängert.

4.14. Am 13.12.2016 ersuchte das Bundesamt das Amt XXXX um die Mitteilung, ob die Rot-Weiß-Rot-Karte plus des Erstbeschwerdeführers verlängert werde, da das Bundesamt beabsichtige, dem Erstbeschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen.

Am 14.12.2016 teilte das Amt XXXX dem Bundesamt mit, dass dem Erstbeschwerdeführer nach Einholung einer positiven Stellungnahme der Sicherheitsdirektion für das XXXX eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus gemäß § 41 Abs. 7 NAG idF BGBl. I Nr. 50/2012 als ehemals subsidiär Schutzberechtigter erteilt worden sei. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten dürfte daher nicht mehr aufrecht sein, da sich der Erstbeschwerdeführer seit Ende 2013 aufenthaltsrechtlich im System des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes befinde. Vorstrafen seien gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 NAG betreffend die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen relevant, bei deren Nichtvorliegen im Verlängerungsfall gemäß § 25 Abs. 1 NAG kein abweisender Bescheid ergehen dürfe, sondern das Bundesamt im Hinblick auf die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen einzubinden sei. Die Entscheidung über den Verlängerungsantrag liege in weiterer Folge beim Bundesamt, dh. werde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme rechtskräftig, sei das Verlängerungsverfahren einzustellen, widrigenfalls sei ein weiterer Aufenthaltstitel mit 1-jähriger Gültigkeitsdauer zu erteilen. Die für das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz verantwortliche Behörde stellte somit die Anfrage an das Bundesamt betreffend die zulässigen fremdenpolizeilichen bzw. aufenthaltsbeendenden Maßnahmen und ersuche um Mitteilung.

Der Erstbeschwerdeführer wurde von XXXX in Strafhaft angehalten.

5.1. Das Bundesamt erkannte dem Erstbeschwerdeführer mit Bescheid vom 09.01.2017 den mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.11.2003 zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.) und entzog ihm die mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.11.2003 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG (Spruchpunkt II.). Dem Erstbeschwerdeführer wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung in die RUSSISCHE FÖDERATION zulässig ist (Spruchpunkt III.). Das Bundesamt räumte dem Erstbeschwerdeführer eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise ein (Spruchpunkt IV.) und erließ gegen ihn ein Einreiseverbot für die Dauer von 10 Jahren (Spruchpunkt V.).

Begründend führte das Bundesamt aus, dass eine asylrelevante Bedrohung des Erstbeschwerdeführers nicht gegeben sei, was einerseits bereits rechtskräftig festgestellt worden sei und andererseits durch seine Rückkehr nach XXXX zum Zweck der Eheschließung im November 2013 bestätigt worden sei. Die aktuelle konkrete und individuelle Lebenssituation führe vor dem Hintergrund der festgestellten Sicherheitslage und der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse im Herkunftsstaat nicht dazu, dass eine allfällige Abschiebung den Erstbeschwerdeführer in eine „unmenschliche Lage“ im Sinne von Art. 3 EMRK bringen würde. Es sei aufgrund der persönlichen Situation des Erstbeschwerdeführers nicht ersichtlich, dass er im Herkunftsstaat nicht in der Lage sein werde, sich zumindest die notdürftigste Lebensgrundlage zu sichern, zumal ihm dies auch vor der Ausreise durch seine Erwerbstätigkeit als Mechaniker möglich gewesen sei. Der Erstbeschwerdeführer führe in Österreich mit seiner Ehefrau und seinen Kindern zwar ein schützenswertes Familienleben, deren Anträge auf internationalen Schutz seien jedoch abgewiesen worden, wodurch die Kernfamilie des Erstbeschwerdeführers im selben Umfang wie er von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen sei. Dem Erstbeschwerdeführer sei eine Rot-Weiß-Rot-Karte Plus erteilt worden, bei dessen aktueller Verlängerung jedoch allfällige Vorstrafen sowie das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu berücksichtigen seien. Das Vorliegen der rechtskräftigen Verurteilungen beeinträchtige jedenfalls die öffentlichen Interessen. Der Erstbeschwerdeführer habe den überwiegenden Teil seines Lebens in TSCHETSCHENIEN verbracht, spreche die dortigen herrschenden Sprachen und verfüge dort noch über einen Freundes- und Bekanntenkreis. Die Rückkehrentscheidung verletzte daher nicht sein Recht auf Privat- und Familienleben in Österreich. Aufgrund der vom Erstbeschwerdeführer ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie der Volksgesundheit sei die Erlassung eines Einreiseverbotes dringend geboten.

Der Bescheid wurde dem Amt XXXX nicht übermittelt, auch keine Information hierüber.

5.2. Das Bundesamt wies die Anträge der Zweitbeschwerdeführerin und der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer auf internationalen Schutz jeweils mit Bescheid vom 09.01.2017 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkt II.) ab. Ihnen wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist. Ihnen wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt III.).

Begründend führe das Bundesamt aus, dass eine Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der alleinerziehenden Mütter nicht festgestellt werden könne. Es habe ebenso wenig eine Bedrohungssituation pro futuro festgestellt werden können. Ebenso drohe der Zweitbeschwerdeführerin und den minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführern im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat auch keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde, da die Zweitbeschwerdeführerin eine gesunde, arbeitswillige und erwerbsfähige junge Frau sei, die in Tschetschenien aufgewachsen sei und der es jedenfalls zumutbar sei, durch eigene, notfalls auch wenig attraktive Arbeit oder durch Zuwendungen von Verwandten oder Hilfsorganisationen ihren Lebensunterhalt sowie den ihrer Kinder zu bestreiten. Zudem habe sie eine Ausbildung als Kosmetikerin und Arbeitserfahrung als Köchin, spreche die Sprachen Russisch und Tschetschenisch und sei mit den Gepflogenheiten ihres Heimatlandes vertraut. Die Rückkehrentscheidung greife nicht in das Familienleben dieser Beschwerdeführer ein, da die Mitglieder der Kernfamilie im selben Umfang von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen seien. Zur Mutter und den Geschwistern der Zweitbeschwerdeführerin bestehe weder in finanzieller noch sozialer Hinsicht ein hinreichend stark ausgeprägtes Naheverhältnis. Ebenso greife die Rückkehrentscheidung auch nicht in das Recht der Zweitbeschwerdeführerin und den minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführern auf Achtung des Privatlebens ein. Ihr Aufenthalt in Österreich sei lediglich aufgrund des anhängigen Asylverfahrens berechtigt. Die Zweitbeschwerdeführerin habe sich ihres unsicheren Aufenthaltes in Österreich bewusst sein müssen. Sie lebe von der Arbeitslosenversicherung ihres Mannes und habe keine besonderen Integrationsbemühungen darlegen können.

6.1. Die Zweitbeschwerdeführerin und die minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer, vertreten durch ihre Mutter, erhoben gegen diese Bescheide mit Schriftsatz vom 24.01.2017 fristgerecht Beschwerde im vollen Umfang wegen unrichtiger Sachverhaltsfeststellung, mangelhafter Begründung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen Vorliegens von Verfahrensmängeln. Die Zweitbeschwerdeführerin wolle in Österreich gemeinsam mit ihrem Ehemann leben. Sie sei von ihrem Ex-Mann verfolgt und bedroht worden. Das Bundesamt habe sich nicht mit ihrer individuellen Situation als alleinstehende Mutter ausreichend auseinandergesetzt. Zudem sei das Privat- und Familienleben der Zweitbeschwerdeführerin und der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer nicht ausreichend geprüft worden. Der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin lebe in Österreich und verfüge über den Status des subsidiär Schutzberechtigten, worauf das Bundesamt keine Rücksicht genommen habe. Durch die Rückkehrentscheidung werde die Kernfamilie getrennt. Das Bundesamt habe lediglich mangelhaft eine Interessensabwägung vorgenommen, weshalb die Bescheide mit Rechtswidrigkeit belastet seien. Das Bundesamt habe auch die Anforderungen der amtswegigen Ermittlung nicht eingehalten, sodass das Verfahren mit Mangelhaftigkeit belastet sei. Der Zweitbeschwerdeführerin sei angesichts der gegebenen Lage zumindest subsidiärer Schutz zu gewähren.

6.2. Der Erstbeschwerdeführer erhob gegen den Bescheid vom 09.01.2017 mit Schriftsatz vom 25.01.2017 fristgerecht Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung zukam, und focht den Bescheid zur Gänze wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an. Der Beschwerdeführer sei in seinem Recht auf Weitergewährung von subsidiären Schutz, in seinem Recht einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erhalten und in seinem Recht, keine Rückkehrentscheidung ausgesprochen zu erhalten, sowie auf Schutz seines Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK verletzt. Das Bundesamt sei nicht näher auf die Gründe der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes eingegangen, sondern habe lediglich festgestellt, dass sich die Situation im Herkunftsstaat nachhaltig verbessert habe. Die Russische Föderation missachte jedoch weiterhin Menschenrechte und es finde Folter und Mord, Verschwindenlassen von Menschen sowie Korruption in der Russischen Föderation statt. Bei richtiger Sachverhaltsfeststellung wäre das Bundesamt zu einem anderen Ergebnis gekommen und es hätte dem Erstbeschwerdeführer den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht aberkennen dürfen.

Das Bundesamt habe die Rückkehrentscheidung zudem ohne eine Gesamtabwägung gemäß Art. 8 EMRK erlassen, zumal es über den Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer bereits über 14 Jahre in Österreich lebe und hier seinen Lebensmittelpunkt habe sowie mehrere Jahre unselbständig erwerbstätig gewesen sei und er über einen breiten Freundeskreis verfüge, hinweggesehen habe.

Darüber hinaus erweise sich die Ausdehnung des Einreiseverbotes auf den gesamten Schengenraum angesichts des bisherigen Verhaltens des Erstbeschwerdeführers im Gebiet der EU unverhältnismäßig, zumal er viele Verwandte im Schengenraum habe; in Deutschland und Frankreich leben Tanten des Beschwerdeführers und in Finnland sein Bruder.

Der Beschwerdeführer stellte die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und in der Folge den Bescheid des Bundesamtes vom 09.01.2017 aufheben und feststellen, dass dem Erstbeschwerdeführer weiterhin der Status des subsidiär Schutzberechtigten kraft Gesetzes zukomme; in eventu dem Erstbeschwerdeführer den Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zuerkennen; in eventu feststellen, dass die Rückkehrentscheidung gegen den Erstbeschwerdeführer auf Dauer unzulässig ist und ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 56 Abs. 2 AsylG 2005 erteilt wird; sowie den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Einreiseverbotes beheben; in eventu die Dauer des Einreiseverbotes auf ein verhältnismäßiges Ausmaß reduzieren.

7.1. Der Erstbeschwerdeführer wurde mit Beschluss vom XXXX bedingt aus der Strafhaft entlassen. Es wurde ihm die Weisung erteilt, mindestens einmal monatlich an einer Drogenberatung teilzunehmen und darüber dem Gericht erstmals drei Monate nach der erfolgten bedingten Entlassung im weiteren halbjährlichen Abstand unaufgefordert schriftliche Nachweise hierüber zu erbringen.

7.2. Das Amt XXXX stellte dem Erstbeschwerdeführer am 23.07.2018 die verlängerte „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ aus.

7.3. Mit Urkundenvorlage vom 18.09.2018 und 19.03.2019 legte der Erstbeschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht eine Bestätigung einer Beratungsstelle für Suchtfragen vom 04.09.2018, einen Versicherungsdatenauszug und die Anmeldung eines Dienstverhältnisses bei XXXX samt dem entsprechenden Arbeitsvertrag vom 18.09.2018 vor; den verlängerten Aufenthaltstitel legte er nicht vor.

7.4. Der Erstbeschwerdeführer beantragte am 13.02.2019 die Verlängerung seines Aufenthaltstitels beim Amt XXXX , wobei er seinen Reisepass allerdings nur in Kopie vorlegte.

7.5. Mit Urkundenvorlage vom 03.05.2019 legte der Erstbeschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht ein psychologisches Gutachten vom 26.04.2019 vor, demzufolge der Erstbeschwerdeführer seit seinem Aufenthalt in Österreich mehrfach straffällig geworden sei und sich seine Einsicht in das Selbstverschulden seiner Straftaten gering zeige. Er begründe seine Verurteilungen durch externale Umstände, weshalb sich noch Lernbedarf zeige. Dennoch sei eine positive Entwicklung zu beobachten, zumal er sich bemühe in Österreich eine berufliche Integration zu erlangen und sich vollständig von allen Personen, welche in die Straftaten involviert gewesen seien, distanziert habe. Der Erstbeschwerdeführer habe in der Vergangenheit zwar einen Zustand nach gelegentlichem Konsum von Suchtmitteln und anderen delinquenten Wiederholungstaten gezeigt, allerdings sei unter Berücksichtigung der aktuellen Persönlichkeitskonstellation, des Lebensverlaufs seit der Tathandlung bzw. seiner Therapiemotivation und seinen Perspektiven aus psychologischer Sicht eine positive Wohlverhaltensentwicklung festzustellen, was auf eine positive fremdenrechtliche Prognose verweise.

Zu diesem Gutachten erstattete das Bundesamt mit Schreiben vom 14.05.2019 eine Stellungnahme und brachte vor, dass bei der zu klärenden Sachfrage die Grenze zwischen der fachlichen (medizinischen) Begutachtung der daraus resultierenden rechtlichen Beurteilung nicht eingehalten worden sei. Das eigentliche Gutachten beschränke sich im Wesentlichen auf die Wiederholung des Lebenslaufes und es sei nicht nachvollziehbar, ob hinsichtlich der Feststellung, dass sich der Erstbeschwerdeführer von allen in seinen Straftaten involvierten Personen distanziert habe, ausschließlich auf seine eigenen (subjektiven) Angaben Bezug genommen oder auch Zeugen befragt worden seien. Im erstellten Gutachten sei weiters die angewandte Methodik zur Gewinnung der Befundgrundlagen als auch die Qualifikation des Gutachters nicht ausreichend dargelegt. Das Gutachten sei daher mangelhaft, da die für Gutachten notwendigen Standards wie Neutralität, Objektivität und Transparenz nicht eingehalten worden seien bzw. die Methoden nicht nachvollziehbar seien.

Mit Stellungnahme vom 24.05.2019 führte der Erstbeschwerdeführer aus, dass die Stellungnahme des Bundesamtes in keinster Art und Weise nachvollziehbar sei. Beim Gutachter handle es sich um einen langjährigen, einen guten Ruf genießenden Sachverständigen, der von Seiten des Rechtsvertreters des Erstbeschwerdeführers dahingehend beauftragt worden sei ein Gutachten zur Zukunftsprognose des Erstbeschwerdeführers zu erstatten. Unter einem wurde die Replik des Sachverständigen vom 23.05.2019 auf die Stellungnahme des Bundesamtes vorgelegt, in der der Sachverständige ausführte, dass die fremdenrechtliche Prognose eine ausschließlich psychologische Fragestellung im Sinne einer Wohlverhaltens-Prognose sei, wie sie im Strafvollzug, in Strafsachen und in Zivilrechtssachen (Gewerbeordnung) gestellt und geprüft werde. Die Methodik bestehe in der Exploration des Untersuchten, die im Sinne einer Rückfallprognose die Darstellung der lebensgeschichtlichen Entwicklung, die Kriminologie, die Psychopathologie, das Querschnittsbild der Persönlichkeit und den Lebensverlauf seit der Tathandlung umfasse. Keinesfalls sei es Aufgabe eines Sachverständigen, Zeugen zu befragen und Zeugenaussagen zu beurteilen.

7.6. Das Amt XXXX stellte dem Erstbeschwerdeführer am 23.07.2019 die am 13.02.2019 beantragte verlängerte Rot-Weiß-Rot-Karte plus mit freiem Zugang zum Arbeitsmarkt aus.

7.7. Mit Urkundenvorlage vom 04.03.2020 legte der Erstbeschwerdeführer einen Dienstvertrag vom 07.10.2019 sowie eine Schwangerschaftsbestätigung und den Mutter-Kind-Pass der Zweitbeschwerdeführerin vor.

7.8. Am XXXX wurde das dritte gemeinsame Kind des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin in Österreich geboren.

7.9. Am 03.07.2020 beantragte der Erstbeschwerdeführer die Verlängerung seiner Rot-Weiß-Rot-Karte plus beim Amt XXXX , nachdem er seine alte am 11.05.2020 verlustig gemeldet hatte.

7.10. Am 20.07.2020 beantragte das 2020 nachgeborene Kind des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin, vertreten durch den Erstbeschwerdeführer, beim Amt XXXX die Erteilung des Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot-Karte plus. Diesem gab die Behörde noch am selben Tag statt und erteilte dem Minderjährigen diesen Aufenthaltstitel, gültig bis 19.07.2021.

7.11. Das Bundesverwaltungsgericht räumte den Beschwerdeführern mit Parteiengehör vom 22.07.2020 die Möglichkeit ein, bekanntzugeben, ob sich seit der Beschwerdeerhebung gravierende Veränderungen an ihrem Gesundheitszustand ergeben haben und allfällige damit im Zusammenhang stehende Beweismittel und solche zu den Umständen in ihrem Herkunftsstaat, auf die sich die Beschwerdeführer stützen wollen, sowie Unterlagen betreffend ihre aktuellen Lebensverhältnisse und familiären Beziehungen in Österreich, vorzulegen.

7.12. Am 23.07.2020 erteilte das Amt XXXX dem Erstbeschwerdeführer die verlängerte Rot-Weiß-Rot-Karte plus, gültig bis 22.07.2023.

7.13. Mit Stellungnahme vom 06.08.2020 gaben die Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht bekannt, dass keine Befunde, Arztbriefe oder Krankenhausbestätigungen vorgelegt werden können, weil die Beschwerdeführer gesund seien. Unter einem wurde die Rot-Weiß-Rot-Karte Plus des Erstbeschwerdeführers, gültig bis 22.07.2023, sowie jene des dritten gemeinsamen Kindes, gültig bis 19.07.2021, vorgelegt.

7.14. Das Bundesamt teilte dem Bundesverwaltungsgericht am 14.09.2020 mit, dass für das 2020 nachgeborene Kind des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 17a Abs. 3 AsylG 2005 kein Asylverfahren angelegt wurde, da dem Bundesamt die Existenz dieses Kindes erst bekannt wurde, als es bereits über einen Aufenthaltstitel verfügte.

7.15. Mit Urkundenvorlage vom 13.10.2020 legten die Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht Besuchsbestätigungen des Kindergartens betreffend den Dritt- und den Viertbeschwerdeführer sowie Lohn-/Gehaltsabrechnungen des Erstbeschwerdeführers von Juli bis September 2020 und dessen Versicherungsdatenauszug vor.

7.16. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 21.10.2020 eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Russisch im Beisein des Rechtsberaters der Beschwerdeführer durch; das Bundesamt nahm an der hg. mündlichen Verhandlung nicht teil.

Die Befragung des Erstbeschwerdeführers gestaltete sich wie folgt:

„R: Sie stellten am 22.07.2003 aus dem Stande der Festnahme als XXXX , geb. XXXX in XXXX , Russische Föderation, nach erkennungsdienstlicher Behandlung infolge Aufgriffs in XXXX nach illegaler Einreise aus TSCHECHIEN einen Asylantrag in Österreich. Sie wurden zur Einvernahme vorgeführt und am 19.07.2003 erstbefragt. Dabei gaben sie an, dass Sie von den russischen Behörden verfolgt wurden, weil diese wollten, dass Sie unterschreiben, dass Sie im Krieg dabei waren, was Sie verweigerten. Trifft das zu?

BF 1: Ja.

R: Am 13.08.2003 wurden Sie aus dem Stande der Festnahme zur Einvernahme vorgeführt. Dabei gaben Sie an, dass Sie XXXX heißen, geboren am XXXX in XXXX , Moslem, Tschetschene, Russischer Staatsangehöriger, Eltern XXXX und XXXX , Bruder XXXX 2000 im Krieg gestorben, Grundschule 1983-1991 in XXXX , Sprachkenntnisse Russisch und Tschetschenisch, Berufstätigkeiten KFZ-Mechaniker 1992-1993 in XXXX , ungelernt, und 1997-1998 öffentliches Sicherheitsorgan im tschetschenischen Staatssicherheitsamt, Posten XXXX . Trifft das zu?

BF 1: Mein Vater heißt mit Familiennamen XXXX , ich habe den Familiennamen XXXX angegeben, weil ich Tschetschenien und Russland verlassen musste, aber ich heiße in Wirklichkeit XXXX .

R: Stimmen die restlichen Angaben?

BF 1: Ja.

D wiederholt die Angaben.

BF 1: Ja, stimmt.

R: Wie viele Geschwister haben Sie?

BF 1: Ich habe noch 1 Bruder. Er befindet sich dzt. in Finnland, er wurde vor 1 Jahr durch die Kadyrow-Leute angehalten. Dann hat man ihn 1 Monat lang in einer Kellerräumlichkeit gehalten. Über Verwandte und Bekannte gelang es dann, ihn frei zu bekommen und dann musste er Tschetschenien und Russland mit seiner Frau verlassen.

R: Wie heißt dieser Bruder?

BF 1: XXXX . Auf Nachfrage: Er ist XXXX geboren. Am XXXX .

R: Bis wann hat er in der RF gelebt?

BF 1: Er hat das Land vor 1 Jahr verlassen.

R: Hat er davor bereits einmal in Finnland gelebt?

BF 1: Nein. Er ist dort Flüchtling, er hat dort um Asyl angesucht.

R: Warum haben Sie diesen Bruder bisher im Asylverfahren nicht angegeben?

BF 1: Weil das mein Halbbruder ist, er ist ein Bruder ms, wir haben eine Mutter.

R: Sie gaben im Asylverfahren nur einen Bruder an, der sei 2000 im Krieg gestorben. In der Einvernahme am 30.06.2016 gaben Sie an, dass Ihr Bruder schon lange in KASACHSTAN lebt und die Chemotherapie Ihrer 2013 verstorbenen Mutter organisiert hat. Laut der Beschwerde 2017 lebt er übrigens [bereits 2017] in FINNLAND. Was sagen Sie dazu?

BF 1: Ich habe über ihn überhaupt nicht gesprochen, ich hatte eigene Probleme. Ich wollte nicht, dass er meinetwegen Probleme bekommt. Meine Mutter war krank und er hat sich um sie gekümmert. Als meine Mutter gestorben ist, habe ich ihm von hier manchmal finanziell ausgeholfen, er lebte in Tschetschenien, er hatte Freunde. Er wurde in der Wohnung von Freunden gefunden und mit diesen Freunden mitgenommen. Es gab einen Freund von ihnen, sie haben nicht über ihn gesprochen und die wurden alle mitgenommen. Wir wollen nicht zu Russland gehören. Die Kadyrow-Leute arbeiten aber alle zusammen mit Russland. Für uns ist es so, dass Russland ein Land ist und unser Land ist unser Land.

R: Ihre Frau hat im Strafverfahren 2016 zwei schriftliche Stellungnahmen abgegeben (OZ 32 und OZ 95), diesen zufolge haben Sie nur 1 Bruder, was sagen Sie dazu?

BF 1: Meine Frau weiß Vieles über mich nicht. Ich erzähle meiner Frau nicht über das Leben, das ich vorher führte, da geht es auch um meine Sicherheit. Wenn ich Probleme habe und meine Frau irgendwo aufgegriffen wird, könnte sie Vieles über mich sagen.

R: Ihre Frau hat angegeben, dass sie Sie durch Ihren Bruder als Stellvertreter 2011 in Russland geheiratet hat. Wenn der eine Bruder 2000 gestorben ist und sie den anderen nicht kennt, durch wen als Stellvertreter hat sie Sie dann geheiratet? Eine der Aussagen kann nicht stimmen!

BF 1: Sie weiß von nichts. Es war am Standesamt. Das war der Halbbruder, sie weiß nicht, dass ich einen Bruder hatte, der gestorben ist.

R: Am 13.08.2003 gaben Sie als letzte Adresse XXXX an, am 19.07.2003 XXXX , am 30.06.2016 XXXX Was stimmt?

BF 1: Die letzte Adresse XXXX .

R: Der Inlandsreisepass wurde Ihnen am 04./05.04.2003 abgenommen, Sie reisten nach einem Monat in XXXX am 13./14.07.2003 mit Hilfe eines Freundes Ihrer Mutter, der bei der Polizei arbeitete, über die UKRAINE und reisten von dort mit einem LKW unrechtmäßig nach Österreich ein. Trifft das zu?

BF 1: Ja.

R: Sie wurden aufgefordert, den Inlandsreisepass dem Bundesasylamt vorzulegen, wenn Sie wieder einen bekommen. Es liegt keiner im Akt, auch kein Reisepass. Wurde Ihnen seit AUGUST 2003 ein Inlandsreisepass oder Reisepass ausgestellt?

BF 1: Ich hatte andere Dokumente, auf einen anderen Namen ausgestellt. Ich habe mir die Dokumente besorgt, weil ich Russland verlassen musste.

R erinnert an das Aussageverweigerungsrecht.

RB: Der BF 1 will aussagen.

R legt dem BF 1 die Aktenseiten vor. Was sagen Sie dazu, beachten Sie besonders den Stempel über den Fotos.

BF 1: Das, was ich mit den Dokumenten gemacht habe, weiß das Bundesasylamt schon seit 2003, ich habe mein Land verlassen, weil ich wirkliche Probleme hatte. Meine Mutter hat das über einen Polizisten für mich erledigt.

R: Wie sind Sie an die Dokumente mit dem anderen Namen gekommen?

BF 1: Meine Mutter hat das gemacht.

R: Für die Ausreise brauchten Sie einen Pass, wo ist dieser?

BF 1: Ein Polizist hat mich bis zur Ukraine gebracht, das war ein guter Freund, seine Frau und meine Mutter waren wie Schwestern. Er hat mich von dort rausgebracht.

R: Warum legen Sie dem Bundesamt dann falsche Dokumente vor und geben nicht an, dass Sie anders heißen und das falsche Dokumente sind?

BF 1: Ich kam damals in ein fremdes Land, ich kannte mich nicht aus, es ging um meine Sicherheit, das war sozusagen eine Rückversicherung für mich.

R: Hatten sie auch Dokumente mit Ihrer echten Identität?

BF 1: Ja, diese wurden aber beschlagnahmt.

R: Wann und von wem wurden sie beschlagnahmt?

BF 1: Diese Dokumente kamen zu den Föderalen. Ich lebte in einem Dorf beim Großvater im Dorf XXXX .

R: Wurden alle Dokumente beschlagnahmt?

BF 1: Ja, alle Dokumente sind verschwunden.

R: Es blieb nichts über?

BF 1: Ich hatte nur einen Ausweis von der Staatsicherheit.

R: Welcher Ausweis war das?

BF 1: Er war mit meinem russ. Inlandreisepass in XXXX in der Siedlung XXXX .

R: Wie kann es dann sein, dass Sie sich in Deutschland mit Ihrem 2003 ausgestellten FS ausgewiesen haben?

BF 1: Ich hatte den FS, das ist so, man hat das Datum rückdatiert als man ihn mir ausstellte.

R: Wann wurde der FS ausgestellt?

BF 1: Das Dokument wurde mir wieder ausgestellt aufgrund eines Verlustes, das war 2005.

R: Wer hat Ihnen wo 2005 dieses Dokument ausgestellt?

BF 1: Ein Verwandter von mir arbeitet bei der Verkehrsinspektion, er stellte mir dieses Dokument wieder aus.

R: Wo genau?

BF 1: In XXXX .

R: Als Fluchtgrund brachten Sie vor, dass Sie am 05.04.2003 im Morgengrauen von Soldaten zuhause festgenommen und einen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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