Entscheidungsdatum
27.01.2021Norm
AsylG 2005 §54 Abs1 Z2Spruch
W152 1406182-3/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter KOPP über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2016, Zl. 394506702-1223326, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.12.2020
A)
beschlossen:
I. Das Verfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 13 Abs. 7 AVG idgF iVm §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG idgF hinsichtlich der Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheides eingestellt.
zu Recht erkannt:
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG idgF iVm § 9 BFA-VG idgF auf Dauer unzulässig ist. XXXX wird gemäß §§ 58 Abs. 2, 54 Abs. 1 Z 2 und 55 Abs. 2 AsylG 2005 idgF der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ erteilt.
III. Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG idgF ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beschwerdeführerin stellte erstmalig am 10.04.2000 einen Asylantrag.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.06.2000, Zahl: 00 04.168-BAG, wurde dem Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben und der Beschwerdeführerin in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.07.2001, Zahl: 00 04.168-BAG, wurde das Asylverfahren gemäß § 69 Abs. 3 AVG aus den Gründen des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG von Amts wegen mit dem Ermittlungsverfahren in erster Instanz wieder aufgenommen. Weiters wurde der Asylantrag gemäß § 6 Z 3 AsylG 1997 als offensichtlich unbegründet abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Mongolei gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt.
Am 19.07.2008 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.03.2009, Zahl: 08 06.305-BAE, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Mongolei ausgewiesen.
Der Asylgerichtshof wies die gegen den zuletzt genannten Bescheid erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 12.05.2009, GZ: C12 406.182-1/2009/2E, gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab.
Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28.01.2010, U 1724/09-6, wurde die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde abgelehnt.
Am 02.11.2009 stellte die Beschwerdeführerin neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt, vom 11.08.2010, Zahl: 09 13.592-BAE, wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Weiters wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei abgewiesen (Spruchpunkt II). Schließlich wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Mongolei ausgesprochen (Spruchpunkt III).
Das Bundesverwaltungsgericht behob mit Beschluss vom 24.04.2014, GZ: W117 1406182-1/5E, in Erledigung der gegen zuletzt genannten Bescheid erhobenen Beschwerde den bekämpften Bescheid und verwies die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, wies mit Bescheid vom 11.03.2016, Zahl: 394506702-1223326, den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei abgewiesen (Spruchpunkt II), wobei weiters ausgesprochen wurde, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Antragstellerin gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).
Da im gegenständlichen Fall ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 iVm § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 mit dem zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen Sohn der Beschwerdeführerin – XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei – vorliegt, gilt durch dessen Beschwerde gemäß § 16 Abs. 3 BFA-VG auch der zuletzt genannte Bescheid als angefochten.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, beantragte im Hinblick auf die für den 02.12.2020 anberaumte Verhandlung mit Schriftsatz vom 16.11.2020 die Vertagung der Verhandlung auf unbestimmte Zeit, weil sich das Bundesamt außer Stande sehe, „angesichts der mittels Verordnung auferlegten Sicherheitsmaßnahmen und Ausgangssperren im Rahmen der Bekämpfung der „Coronaepidemie und der pandemiebedingt gebotenen Prävention an der Verhandlung teilzunehmen“, wobei in eventu die Beischaltung des Bundesamtes mittels technischer Hilfsmittel (Video) möglich sei. Gleichzeitig wurde – für den Fall, dass die Verhandlung ohne Beteiligung des Bundesamtes abgehalten werde – die Übermittlung der Verhandlungsschrift und sämtlicher durch den Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht vorgelegter Beweismittel in Kopie samt Einräumung einer Frist zur schriftlichen Stellungnahme beantragt.
Mit Schriftsatz vom 26.11.2020 teilte das Bundesverwaltungsgericht daraufhin Folgendes mit:
„Das Bundesverwaltungsgericht teilt im Hinblick auf das do. Schreiben vom 16.11.2020 mit, dass die Verhandlung bezüglich der im Betreff Genannten – wie ausgeschrieben – am 02.12.2020, 12:30 Uhr, stattfinden wird.
In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 15 Abs. 1 Z 3 der COVID-19-Notmaßnahmenverordnung (COVID-19-NotMV) diese Verordnung für Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Organe der Gesetzgebung und Vollziehung mit Ausnahme des Parteienverkehrs in Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten nicht gilt. Im Übrigen sind gemäß § 1 Abs. 1 Z 4 COVID-19-NotMV berufliche Zwecke und andererseits gemäß § 1 Abs. 1 Z 6 COVID-19-NotMV die Wahrnehmung von unaufschiebbaren behördlichen oder gerichtlichen Wegen (laut „Rechtlicher Begründung“ fallen darunter alle notwendigen Partei- und Amtshandlungen, die zu einem bestimmten Termin, z.B. im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, wahrgenommen werden müssen; ein unaufschiebbarer behördlicher oder gerichtlicher Weg liegt jedenfalls dann vor, wenn etwa Zeugen und Parteien zu einer mündlichen Verhandlung geladen wurden.) ohnedies von der Ausgangsbeschränkung („Ausgangsregelung“) ausgenommen.“
Mit Schriftsatz vom 27.11.2020 teilte dann das Bundesamt mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der für den 02.12.2020, 12.30 Uhr, anberaumten Verhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei.
Im Rahmen der vor dem Bundesverwaltungsgericht am 02.12.2020 vorgenommenen Verhandlung (hg. OZ 15Z) zog die Vertretung der Beschwerdeführerin die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheides mangels Aktualität des vormaligen Vorbringens zurück.
Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte mit Schriftsatz vom 09.12.2020 die Verhandlungsschrift vom 02.12.2020 und Kopien von im Beschwerdeverfahren vorgelegten Urkunden und räumte hiebei die Möglichkeit der Erstattung einer Stellungnahme binnen zwei Wochen ein.
Mit Schriftsatz vom 17.12.2020 erstattete das Bundesamt hiezu eine Stellungnahme, wobei ausgeführt wurde, dass durch die Zurückziehung der Beschwerde zu Spruchpunkt I und II sich das Vorbringen als gänzlich unglaubhaft erwiesen habe und die Beschwerdeführerin ihren Aufenthalt letztlich aufgrund unwahrer Fakten generieren habe können. Weiters liege kein rechtlich qualifiziertes Abhängigkeitsverhältnis bzw. keine qualifizierte Beziehungsintensität vor. Es sei auch keine Entwurzelung vom Herkunftsland, die das Leben dort unzumutbar machen würde, festzustellen. Weiters sei nicht hervorgekommen, dass die Beschwerdeführerin trotz langjährigem Aufenthalt im Bundesgebiet die verbrachte Zeit für nennenswerte Integrationsschritte genutzt habe. So sei kein Beweis für die Absolvierung einer Integrationsprüfung und auch kein ÖSD-zertifiziertes Sprachzertifikat vorgelegt worden. Schließlich sei die Beschwerdeführerin mehrmals rechtskräftig verurteilt worden, wobei angesichts mangelnder Integrationsschritte nicht von einer dauerhaft positiven Prognose auszugehen sei.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Mongolei, lebt nunmehr seit April 2000 – somit seit mehr als 20 Jahren – ohne Unterbrechung im Bundesgebiet.
Die Beschwerdeführerin hat eine innige Beziehung zu ihrem Sohn XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, dem mit Erkenntnis vom heutigen Tage, GZ: W152 1415090-2/28E, der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß §§ 58 Abs. 2, 54 Abs. 1 Z 1 und 55 Abs. 1 AsylG 2005 idgF iVm § 9 Abs. 4 letzter Satz IntG iVm § 10 Abs. 2 Z 5 IntG erteilt wurde. So lebte die Beschwerdeführerin mit diesem Sohn in Österreich über elf Jahre im gemeinsamen Haushalt in XXXX Wien, XXXX . Trotz der nunmehrigen räumlichen Trennung – dieser Sohn der Beschwerdeführerin lebt aufgrund seiner Heirat nun in Linz – besteht weiterhin enger Kontakt, der in nahezu täglichen Telefonaten und auch gegenseitigen Besuchen besteht. Weiters hat die Beschwerdeführerin eine enge Beziehung zu ihrer Tochter XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, die über einen Aufenthaltstitel in Form einer „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ verfügt und seit mehr als fünf Jahren mit der Beschwerdeführerin im gemeinsamen Haushalt an der zuletzt genannten Adresse lebt.
Der oben genannte Sohn der Beschwerdeführerin schloss mit der mongolischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , die in Österreich anerkannter Flüchtling ist, am 17.08.2020 die Ehe. Es sind keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Scheinehe erkennbar. So lebt dieser Sohn der Beschwerdeführerin und seine Ehegattin seit 09.09.2020 im gemeinsamen Haushalt in XXXX Linz, XXXX . Am XXXX wurde nunmehr der gemeinsame Sohn – XXXX – geboren. Die Ehegattin dieses Sohnes der Beschwerdeführerin hat aus einer früheren Beziehung noch einen weiteren Sohn, XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, der im gemeinsamen Haushalt lebt, wobei dieser Sohn der Beschwerdeführerin zu diesem auch ein sehr gutes Verhältnis pflegt.
Die Beschwerdeführerin erwarb am 25.04.2018 das ÖSD Sprachzertifikat A2, wobei sie die diesbezügliche Prüfung mit dem Kalkül „Gut“ absolvierte. Im Rahmen der vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Verhandlung stellte die Beschwerdeführerin auch ihre deutschen Sprachkenntnisse unter Beweis, wobei festgehalten wurde, dass sie im gesamten Verhandlungsverlauf bemüht war, spontan in deutscher Sprache zu antworten. Jedenfalls verfügt die Beschwerdeführerin über Sprachkenntnisse der deutschen Sprache, die für das Alltagsleben ausreichend sind.
Die Beschwerdeführerin leistet auch ehrenamtliche Arbeit, wobei sie den 88-jährigen Herrn Dipl.-Ing. XXXX als Pflegehilfe betreut, der hiefür eindrucksvolle Empfehlungsschreiben verfasste.
Während ihres langjährigen Aufenthalts in Österreich hat die Beschwerdeführerin auch einen aus Österreichern bestehenden Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut, wogegen die Bindung zum Herkunftsstaat völlig abgebrochen ist und keinerlei Kontakte mehr in die Mongolei bestehen. So sind bereits ihr Ehegatte und ihre Eltern verstorben.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 11.10.2002 (RK 15.09.2009), XXXX , wurde die Beschwerdeführerin nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB und §§ 146, 147 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 24.01.2013 (RK 29.01.2013), XXXX , wurde die Beschwerdeführerin nach §§ 127, 130 1. Fall StGB und § 241e Abs. 3 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 09.12.2014 (RK 07.05.2015), XXXX , wurde die Beschwerdeführerin zuletzt nach §§ 15, 127 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt. Bei allen genannten Verurteilungen wurde jeweils ein reumütiges Geständnis der Beschwerdeführerin als Milderungsgrund bei der Strafbemessung anerkannt.
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 02.12.2020.
Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin ergeben sich insbesondere aus dem im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung erstatteten glaubwürdigen Vorbringen, ihrer Geburtsurkunde, ihrem mongolischen Personalausweis („Citizen Identity Card of Mongolia“), wobei die Schreibweise ihres Vornamens „ XXXX “ angeführt ist, die auch von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Verhandlung bestätigt wurde, der am 05.09.2019 ausgestellten „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ ihrer Tochter, der am 17.08.2020 vom Standesamt XXXX zur Zl. XXXX ausgestellten Heiratsurkunde ihres Sohnes, der am 23.10.2020 vom Standesamt Linz zur Zl. XXXX ausgestellten Geburtsurkunde ihres Enkelsohnes XXXX , der im Rahmen der Verhandlung vorgenommenen zeugenschaftlichen Einvernahme der Ehegattin ihres Sohnes XXXX , geb. XXXX , und deren am 19.09.2017 zur Pass-Nr. XXXX ausgestellten Konventionspass, einem ÖSD Sprachzertifikat A2 vom 25.04.2018, aus Empfehlungsschreiben des von der Beschwerdeführerin betreuten Herrn Dip.- Ing. XXXX , den Sterbeurkunden des Ehegatten und der Eltern der Beschwerdeführerin und den Einsichtnahmen in das Strafregister (SA) und den diesbezüglichen Strafurteilen hinsichtlich der Beschwerdeführerin und in das Zentrale Melderegister (ZMR) hinsichtlich der Beschwerdeführerin, ihres Sohnes, dessen Ehegattin, des Sohnes dieser Ehegattin aus einer früheren Beziehung und der Tochter der Beschwerdeführerin.
Hinsichtlich der Stellungnahme des Bundesamtes vom 17.12.2020 wird weiters einerseits zunächst darauf hingewiesen, dass gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 nach Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz eine Rückkehrentscheidung zu erfolgen hat, weshalb ein negativer Ausgang des Verfahrens für die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung nicht von vornherein (maßgeblich) entscheidend ist, wobei im gegenständlichen Fall durch die diesbezügliche Zurückziehung der Beschwerde auch die entsprechende Beweiswürdigung des Bundesamtes einer Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht entzogen war. Es ist zwar festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin mehrere Anträge stellte, wobei jedoch betont werden muss, dass der letzte Antrag auf internationalen Schutz aus dem Jahre 2009 stammt.
Weiters erweist sich die hiebei vom Bundesamt aufgestellte Behauptung, die Beschwerdeführerin habe kein ÖSD-zertifiziertes Sprachzertifikat vorgelegt, als aktenwidrig. Die Beschwerdeführerin legte nämlich – das in den hg. Feststellungen angeführte – ÖSD Sprachzertifikat A2 vom 25.04.2018 vor (vgl. hg. OZ 16), das wiederum im Wege des Parteiengehörs dem Bundesamt mit hg. Schriftsatz vom 09.12.2020 (vgl. hg. OZ 17Z) am 10.12.2020 u.a. übermittelt wurde. Es trifft zwar zu, dass die Beschwerdeführerin mehrmals rechtskräftig verurteilt wurde, wobei jedoch der Beurteilung des Bundesamtes, dass angesichts mangelnder Integrationsschritte nicht von einer dauerhaft positiven Prognose auszugehen ist, nicht gefolgt werden kann. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich vielmehr, dass die Beschwerdeführerin sehr wohl Integrationsschritte – wie z.B. Erwerb des ÖSD Sprachzertifikates A2 – gesetzt hat. Hinsichtlich der rechtskräftigen Verurteilungen ist auszuführen, dass die letzte Verurteilung mehr als sechs Jahre her ist und daher zuletzt von einem langjährigen Wohlverhalten der Beschwerdeführerin auszugehen ist, was auch eine positive Zukunftsprognose zulässt. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass es sich bei den Verurteilungen in erster Linie um Vermögensdelikte handelte und nur bei der letzten Verurteilung eine unbedingte Freiheitsstrafe ausgesprochen wurde. Schließlich bleibt der Vollständigkeit halber noch zu erwähnen, dass bei allen Verurteilungen jeweils ein reumütiges Geständnis der Beschwerdeführerin als Milderungsgrund bei der Strafbemessung anerkannt wurde.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 33/2013 idgF (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchpunkt A):
I.)
Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht am Ende jenes Verfahrens, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Aufl. [2018] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Ein beim Verwaltungsgericht anhängiges Beschwerdeverfahren ist mit Beschluss einzustellen, wenn die Beschwerde rechtswirksam zurückgezogen wird (z.B. VwGH 29.04.2015,
Fr 2014/20/0047).
Da die Vertretung des Beschwerdeführers die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheides zurückgezogen hat, sind diese rechtskräftig geworden und das diesbezügliche Verfahren gemäß § 13 Abs. 7 AVG iVm §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss einzustellen.
II.)
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG idgF lautet:
„Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt.
Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel und Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 31110/67, Yb 11, 494(518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde auch von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Art. 8 EMRK macht zwischen ehelicher und nichtehelicher Familie keinen Unterschied (EGMR 13.06.1979, 6833/74, Marckx gg Belgien, Z 31; EGMR 27.10.1994, 18535/91, Kroon und andere gg die Niederlande). Familienleben ist jedoch nicht auf Beziehungen beschränkt, die auf einer Ehe beruhen (EGMR 26.05.1994, 16.969/90, Keegan vs Irland, EGMR 13.07.2000, 25.735/94, Elsholz gg Deutschland) und umfasst daher auch eheähnliche Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau.
Bei der Prüfung der Zulässigkeit von Ausweisungen und dem damit verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben hat eine Einzelfallprüfung zu erfolgen, die sich nicht in der formelhaften Abwägung iSd Art. 8 EMRK erschöpfen darf, sondern auf die individuelle Lebenssituation des von der Ausweisung Betroffenen eingehen muss. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29.09.2007, B328/07, dargelegt hat, lassen sich aus der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes eine Vielzahl von Kriterien ableiten, die bei der gebotenen Interessensabwägung zu beachten sind. Dazu zählen vor allem die Aufenthaltsdauer, die an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft ist (EGMR vom 31.01.2006, 50.435/99), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR vom 28.05.1985, 9214/80, 9473/81, 9474/81 ua.) und dessen Intensität (EGMR vom 02.08.2001, 54.273/00), der Grad der Integration, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schul- oder Berufsausbildung, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (EGMR vom 04.10.2001, 43.359/98 ua.), die Bindung zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und die Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (EGMR vom 24.11.1998, 40.447/98 ua.) und die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR vom 24.11.1998, 40.447/98 ua.).
Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (VwGH 26.02.2015, Ra 2015/22/0025; VwGH 19.11.2014, 2013/22/0270). Auch in Fällen, in den die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag, hat der VwGH eine entsprechende Berücksichtigung dieser langen Aufenthaltsdauer gefordert (VwGH 16.12.2014, 2012/22/0169; VwGH 09.09.2014, 2013/22/0247; VwGH 30.07.2014, 2013/22/0226). Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandaufenthalt des Fremden zugrunde (VwGH 26.03.2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082).
Da die Beschwerdeführerin nunmehr bereits seit April 2000 – somit seit mehr als 20 Jahren – ohne Unterbrechung in Österreich lebt, über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt – so erwarb die Beschwerdeführerin das Sprachzertifikat A2 mit dem Kalkül „Gut“, wobei sie diese Sprachkenntnisse im Rahmen der Verhandlung unter Beweis stellte, ehrenamtliche Arbeit verrichtet, wobei sie einen 88-jährigen Herrn betreut und auch einen weiteren Freundeskreis- und Bekanntenkreis in Österreich gewonnen hat, wogegen die Bindung zum Heimatstaat völlig abgebrochen ist und keinerlei Kontakte mehr bestehen und die Interessen der Beschwerdeführerin insbesondere angesichts der äußerst langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet, wobei im gegenständlichen Fall in keinesfalls gesagt werden kann, dass die Beschwerdeführerin ihre in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, sich zu integrieren, und der im gegenständlichen Fall hohen Intensität des Familienlebens in Österreich somit die öffentlichen Interessen – die letzte Verurteilung stammt aus dem Jahre 2014, wobei seitdem von einem Wohlverhalten der Beschwerdeführerin auszugehen ist und diese auch deutliche Integrationsschritte setzte, wodurch eine positive Zukunftsprognose gestellt werden kann – überwiegen, würde eine Rückkehrentscheidung eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen. Daraus ergibt sich, dass die vorliegenden Umstände nicht bloß vorübergehende sind, weshalb die Rückkehrentscheidung auf Dauer als unzulässig festzustellen ist.
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum FrÄG 2015 ergibt sich hiezu, dass damit zusätzlich klargestellt werden soll, dass auch das Bundesverwaltungsgericht – in jeder Verfahrenskonstellation – über einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 absprechen darf. Es handelt sich hiebei jedoch nicht um eine Einräumung einer amtswegigen Entscheidungszuständigkeit für das Bundesverwaltungsgericht, welche entsprechend dem Prüfungsbeschluss des VfGH vom 26. Juni 2014 (E 4/2014) als unzulässig zu betrachten wäre, da die Frage der Erteilung des Aufenthaltstitels diesfalls vom Prüfungsgegenstand einer angefochtenen Rückkehrentscheidung mitumfasst ist und daher in einem zu entscheiden ist.
Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß Abs. 2 eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.
Gemäß § 81 Abs. 36 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) gilt das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren. Die §§ 7 bis 16 Integrationsgesetz, BGBl. Nr. 68/2017, mit Ausnahme von § 13 Abs. 2 traten mit 01.10.2017 in Kraft.
Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung war gemäß § 14a Abs. 4 NAG idF vor dem Bundesgesetz, BGBl. Nr. 68/2017, erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt (Z 1), einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 NAG vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3) oder einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4).
Die Beschwerdeführerin erfüllt somit jedenfalls die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005.
Gemäß § 54 Abs. 1 AsylG 2005 werden Drittstaatsangehörigen folgende Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt:
1. „Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt;
2. „Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt;
3. „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind diese Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.
Da die Beschwerdeführerin die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 erfüllt, jedoch nicht die Voraussetzungen zur Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm § 81 Abs. 36 NAG vorliegen, so wurde das ÖSD Zertifikat A2 erst am 25.04.2018 und somit nach dem maßgeblichen 01.10.2017 erworben, ist ihr somit gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat der Beschwerdeführerin den Aufenthaltstitel gemäß § 58 AsylG 2005 auszufolgen. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.
III.)
Im Hinblick auf Spruchpunkt A) II.) der gegenständlichen Entscheidung war Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos zu beheben.
Zu Spruchpunkt B):
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 1985/10 idgF (VwGG), hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Schließlich liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Hiebei wird einerseits auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf die Eindeutigkeit der Rechtslage und andererseits darauf verwiesen, dass der gegenständliche Fall ohnedies maßgeblich auf der Tatsachenebene zu beurteilen war.
Aufgrund der Deutschkenntnisse der Beschwerdeführerin war die Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung iSd § 12 Abs. 1 BFA-VG idgF entbehrlich.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Spruchpunktbehebung Verfahrenseinstellung Voraussetzungen Wegfall der Gründe Zurückziehung der BeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W152.1406182.3.00Im RIS seit
16.06.2021Zuletzt aktualisiert am
16.06.2021