TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/1 W144 1261463-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.02.2021
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Entscheidungsdatum

01.02.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W144 1261463-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. von Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.12.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Spruchpunkte I., III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und dieser Spruchpunkt dahingehend abgeändert, dass dem Antrag vom 29.04.2020 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben wird und dass die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte von XXXX um zwei Jahre verlängert wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige Georgiens, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 05.12.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des – damals zuständigen – Bundesasylamtes vom 31.05.2005 wurde der Asylantrag der BF gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG 1997), abgewiesen (Spruchpunkt I.). Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der BF nach Georgien wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.) und die BF wurde gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes erhob die BF das Rechtsmittel der Beschwerde. Mit Erkenntnis des – damals zuständigen – Asylgerichtshofes vom 04.11.2009 wurde die Beschwerde der BF hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.), aber gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der BF nach Georgien nicht zulässig ist (Spruchpunkt II.) und der BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 03.11.2010 erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde hinsichtlich Spruchpunkt II. ausgeführt, dass bei der BF eine leichtgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom und die Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung diagnostiziert worden sei. Es lasse sich nicht ausschließlich, dass es bei einer Rückführung nach Georgien, wo sie schreckliche Geschehnisse erlebt habe, zu einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes komme. Es bestehe auch weiterhin Therapiebedarf bei der BF, auch wegen ihrer Suizidgedanken und die Länderfeststellungen zur Behandlung psychischer Erkrankungen seien widersprüchlich. Die Existenzgrundlage der BF wäre bei einer Rückkehr nicht gesichert, da sie Geld für die Behandlungen ihrer Erkrankung und jener ihres Sohnes benötige und es fraglich sei, ob sie aufgrund ihres Alters, Gesundheitszustandes und der wirtschaftlich schwierigen Lage in Georgien eine Arbeit bekommen würde. Bei einer Rückführung der BF sei insbesondere eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zu befürchten, weshalb eine solche unzulässig sei.

In der Folge wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung der BF aufgrund entsprechender Anträge, letztmals mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14.02.2019, bis einschließlich 03.11.2020 verlängert. Begründend wurde jeweils unter dem Punkt Feststellungen und Beweiswürdigung ausgeführt, dass aufgrund der Ermittlungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat der BF in Verbindung mit ihrem Antrag das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als glaubwürdig gewertet werden könne.

Am 04.11.2020 wurde die BF seitens des BFA niederschriftlich einvernommen, wobei sie im Wesentlichen Folgendes zu Protokoll gab: Die BF sei jetzt gesund, sie nehme aber Medikamente. Wegen Corona habe sie dieses Jahr keine Behandlungen, sonst hätte sie diese schon. Sie kümmere sich in Österreich um ihren an paranoider Schizophrenie erkrankten Sohn, der das Haus nicht mehr verlasse und in einem sehr schlechten Zustand sei. In Georgien lebe noch ihre Mutter, eine jüngere Schwester und eine Nichte, zu denen sie auch Kontakt habe. Die Angehörigen besitzen eine Schweinefarm, die BF unterstütze sie aber auch finanziell. Die BF habe in Österreich einmal vor etwa acht Jahren geringfügig gearbeitet, sonst lebe sie von Sozialhilfe.

In der Folge wurde mit dem nun angefochtenen Bescheid des BFA vom 01.12.2020 der BF der mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 04.11.2009 zuerkannte Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), der Antrag vom 29.04.2020 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt V.), und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde unter Darlegung näherer Erwägungen zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, da sie eine Weiterführung einer nervenärztlichen und psychotherapeutischen Behandlung, auch wegen ihrer Suizidgedanken, benötige und die diesbezüglichen Länderfeststellungen widersprüchlich seien. Zudem wäre die Existenzgrundlage der BF in Georgien nicht gesichert. Nunmehr habe die BF aber keine Suizidgedanken mehr und sie leide lediglich an einer Anpassungsstörung. Sowohl der Gesundheitszustand der BF als auch die Behandelbarkeit von psychischen Erkrankungen in Georgien habe sich maßgeblich verbessert. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes liegen folglich nicht mehr vor und der BF sei der Schutzstatus abzuerkennen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 16.12.2020, in welcher die BF zusammengefasst geltend machte, dass eine wesentliche und nicht bloß vorübergehende Änderung der maßgeblichen Umstände im vorliegenden Fall nicht eingetreten sei. Die belangte Behörde habe auch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der BF nicht ausreichend gewürdigt. Der Bescheid sei daher aufzuheben und die Aufenthaltsberechtigung der BF zu verlängern.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der unter I. dargelegte Verfahrensgang.

Die BF ist georgische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Georgier an und bekennt sich zum christlich-orthodoxen Glauben.

In Georgien besuchte die BF zehn Jahre lang eine Schule sowie fünf Jahre eine Universität und arbeitete zuletzt in einem Nachtlokal in XXXX . In ihrem Heimatstaat leben noch ihre Mutter, eine jüngere Schwester und eine Nichte, die eine Schweinefarm besitzen und die die BF mit Überweisungen finanziell unterstützt.

Die BF ist geschieden und hat im Bundesgebiet einen – ebenfalls Subsidiärschutz genießenden – Sohn, der seit 2013 in Österreich lebt und in einer Nebenwohnung wohnt. Da ihr Sohn an einer starken Ausprägung von paranoider Schizophrenie leidet, kümmert sich die BF täglich um ihn und ist seine Erwachsenenvertreterin.
(Die Entscheidung des BFA vom 01.12.2020, mit welcher der Subsidiärschutz des Sohnes aberkannt wurde, wurde mit Entscheidung des BVwG vom heutigen Tage ersatzlos behoben und seine beantragte Aufenthaltsberechtigung um 2 Jahre verlängert!)

Die BF ist strafrechtlich unbescholten, arbeitslos und nicht selbsterhaltungsfähig. In Österreich ging sie nur kurzzeitig – vor etwa acht Jahren – einer geringfügigen Erwerbstätigkeit nach.

Die BF leidet an einer Anpassungsstörung und nimmt Medikamente ein. Ihr Gesundheitszustand hat sich seit ihrer Ankunft in Österreich und seit der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten verbessert. Bei einer Rückkehr nach Georgien würde die BF dennoch weiterhin in eine aussichtslose Lage geraten und sich ihre Existenz nicht sichern können.

Zur Grundversorgung und medizinischen Versorgung von psychisch kranken Personen im Herkunftsland der BF wird Folgendes festgestellt:

Grundversorgung

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet, die staatliche Sozialhilfe liegt bei GEL 180 (ca. EUR 60) im Monat, bei Rentnern bei GEL 200 [ca. EUR 70]. Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband. Eine große Rolle spielen die Geldtransfers der georgischen Diaspora im Ausland (AA 19.10.2019).

Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung seit 2003 sind große Teile der georgischen Bevölkerung unterbeschäftigt oder arbeitslos. Knapp 22 % der Georgier leben in Armut. Vor allem die Bewohner der ländlichen Bergregionen sind betroffen, aber auch städtische Arbeitslose sowie zumeist in Isolation lebende Binnenvertriebene und Alleinerzieherinnen. Ländliche Armut führt meist zu Landflucht oder Emigration. Die Rücküberweisungen von saisonalen und permanenten Auslandsmigranten machen mit rund 11,8% einen nennenswerten Anteil des Bruttoinlandsprodukts aus (ADA 11.2018).

Die Arbeitslosenquote betrug 2018 12,7% (2017: 13,9%) (GeoStat 17.5.2019). Laut der Daten des nationalen Statistikamtes von 2018 sind 63,9% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter erwerbstätig (Geostat 17.5.2019; vgl. GT 21.10.2019). Die Arbeitslosenrate ist im ländlichen Raum (2018: 5,8%) geringer als im städtischen Raum (2018: 19,3%) (Geostat 17.5.2019). Die hohe Zahl Erwerbstätiger in ländlichen Gegenden ist mit den gering vergüteten Jobs im Agrarsektor zu erklären. Viele Pensionisten sind noch erwerbstätig, da die Pension alleine zum Überleben nicht ausreicht. Dagegen ist die Arbeitslosigkeit unter 15-25-Jährigen recht hoch. Die meisten Erwerbstätigen befinden sich im Alter von 40 bis 60 Jahren (IOM 2018).

Zu Jahresbeginn 2020 nahm eine Agentur zur Beschäftigungsförderung (Employment Support Agency), die im Ministerium für Binnenflüchtlinge aus den besetzten Gebieten, Arbeit, Gesundheit und Soziales angesiedelt ist (MOH 24.12.2019; vgl. KP 1.2020, GT 21.10.2019). Die neue Agentur soll u.a. durch Fortbildungen, Umschulungen, Beratung und Karriereplanung die Beschäftigung im Land fördern (KP 1.2020). Die Agentur soll auch legale Arbeitsmigration fördern (GT 21.10.2019; vgl. KP 1.2020). Eine Priorität der Agentur ist es, Arbeitsmöglichkeiten für sozial benachteiligte Personen zu erschließen (GT 21.10.2019).

Die meisten Arbeitsplätze gibt es im Groß- und Einzelhandel sowie in Autowerkstätten und im Kleinwarengeschäft, in der Industrie und im Bauwesen (IOM 2018). Das Durchschnittseinkommen (nominal) der unselbständig Beschäftigten lag im ersten Quartal 2019 bei den Männern bei GEL 1.294 [rund EUR 400] und bei den Frauen bei GEL 876 [rund EUR 270] (GeoStat 2019).

Sozialbeihilfen

Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen Zuschüsse:

?        Existenzhilfe

?        Re-Integrationshilfe

?        Pflegehilfe

?        Familienhilfe

?        Soziale Sachleistungen

?        Sozialpakete

Menschen unterhalb der Armutsgrenze können zum Beispiel mit einer Unterstützung von GEL 10-60 pro Familienmitglied rechnen. Eine Arbeitslosenunterstützung gibt es nicht. Der Sozialdienst ist für Personen unterhalb der Armutsgrenze verantwortlich. Der staatliche Fond zum Schutz und Unterstützung für Opfer von Menschenhandel hilft schutzbedürftigen Personen, wie z.B. Opfern häuslicher Gewalt, Personen mit Einschränkungen, Alten und Waisen. Dabei bietet er: Kinderheime, Pflegeheime für Personen mit Einschränkungen, Unterkünfte für Opfer von Menschenhandel, Krisenzentren und Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt (IOM 2018).

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie vor Ort, wobei in der „Familiendeklaration“ der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: GEL 60 für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied GEL 60 und alle anderen GEL 48 pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen „Haushaltsunterstützung“ oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.).

Pensionssystem:

Es gibt nur ein staatliches Pensionssystem. Voraussetzungen (nicht alle müssen erfüllt sein):

?        Rentenalter: 65 Jahre für Männer; 60 Jahre für Frauen;

?        Behindertenstatus;

?        Tod des Hauptverdieners

Für die Registrierung der Pension ist ein Antrag beim zuständigen Sozialamt (Social Service Centre) nötig. Die Entscheidung fällt innerhalb von zehn Tagen. Personen, die bereits aus dem Ausland eine Pension beziehen, sind vom georgischen Pensionssystem ausgeschlossen (IOM 2018).

Die staatliche Alterspension (universal) beträgt GEL180 pro Monat. Die Leistungen werden ad hoc angepasst. Eine Invaliditätsleistung als Sozialhilfe beträgt GEL 180 pro Monat für eine Invalidität erster Stufe und GEL 100 für eine zweiter Stufe, wobei die Leistungen ad hoc angepasst werden (US-SSA 3.2019).

Seit dem 1.1.2019 ist das kumulierte Pensionssystem für Beschäftigte unter 40 Jahren verpflichtend, d.h., sie werden automatisch registriert. Für Selbständige und Personen über 40 Jahren ist die Aufnahme in das Programm freiwillig. Dieses System gilt sowohl für Mitarbeiter des öffentlichen als auch des privaten Sektors. Das System wird nach einem 2+2+2-Schema arbeiten. Jeder Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der Staat leisten einen Beitrag von je 2% des Bruttoeinkommens des Arbeitnehmers auf ein individuelles Pensionskonto. Selbständige müssen eine Einlage von 4% ihres Einkommens leisten und der Staat schießt weitere zwei Prozent zu. Das neue Pensionsgesetz sieht keine Aufhebung des bestehenden Pensionssystems vor. Am 1.1.2018 stiegen die staatlichen Pensionen um GEL 20 und beliefen sich auf GEL 200 pro Monat (Agenda.ge 3.1.2019).

Angesichts der Tatsache, dass Georgien bislang nur eine Pensionsersatzrate von 18% aufweist und über 44% der Erwerbstätigen Selbständige sind, insbesondere in der einkommensschwachen Landwirtschaft, bestehen Zweifel am Funktionieren des neuen Systems (OCM 14.12.2018).

Medizinische Versorgung

Bis 2010 war das Gesundheitswesen bis auf wenige Ausnahmen privatisiert. Der Staat überließ es dem freien Markt, das Gesundheitswesen zu regulieren. Die Privatisierung hatte als Kehrseite, dass einem wesentlichen Teil der Bevölkerung der Zugang zum Gesundheitswesen aus finanziellen Gründen verwehrt blieb oder ein Krankheitsfall zu existenzbedrohenden finanziellen Engpässen führte. Ab 2007 steuerte der georgische Staat gegen, indem er kostenlose Krankenversicherungen und kostenlose medizinische Dienstleistungen für bestimmte vulnerable Gruppen einführte. 2013 schließlich wurde das Universal Health Care (UHC) Program eingeführt. Es ist ein staatlich geleitetes, hauptsächlich staatlich finanziertes, allgemeines Gesundheitssystem mit überwiegend privaten medizinischen Institutionen. Diese staatliche Krankenkasse soll den finanziellen Zugang zur medizinischen Grundversorgung für alle Georgier sicherstellen, die noch nicht durch private Versicherungen oder über den Arbeitgeber versichert sind. Da Versicherte bei bestimmten Leistungen einen Teil der Kosten selbst bezahlen müssen, spricht man von einem co-payment System. Über die UHC sind grundsätzlich alle georgischen Staatsbürger automatisch krankenversichert. Eingeschlossen sind alle Bewohner der de facto unabhängigen Republiken Abchasien und Südossetien, denen der georgische Staat neutrale Identitäts- und Reisepapiere ausstellt. Offiziell anerkannte Staatenlose haben ebenfalls Anrecht auf UHC. Nur einen Teil der Leistungen erhält, wer vor dem 1.1.2017 eine private Krankenversicherung besaß oder über den Arbeitgeber krankenversichert war. Seit 1.5.2017 wird bei der Kostenübernahme zudem nach Einkommen differenziert. Personen mit hohem Einkommen sind von der UHC ausgeschlossen. Personen mit mittlerem Einkommen erhalten nur einen Teil der Leistungen. Für sozial schwache Gruppen, Kinder und Rentner bleiben die Leistungen wie gehabt bestehen (SEM 21.3.2018).

Im Notfall wendet sich ein georgischer Bürger an eine beliebige medizinische Einrichtung. Alle medizinischen Einrichtungen sind an der UHC beteiligt. Für geplante stationäre Behandlungen wendet man sich mit einem gültigen Ausweis und einer Überweisung eines Allgemeinmediziners an die Abteilung Social Service Agency. Die Social Service Agency betreibt eine Hotline unter der Nummer 1505. Die Social Service Agency stellt einen Gutschein (Voucher) oder einen „Letter of Garantee“ (dt. Garantiebrief) über die von ihr berechneten Kosten für die beantragte medizinische Dienstleistung aus (SEM 21.3.2018).

Das staatliche Gesundheitssystem (UHC) umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen, wie folgt:

?        Offen für alle Staatsbürger, sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus

?        Stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt

?        Behandlung von HIV und TB ist kostenfrei, sowie Insulin für Diabetespatienten

?        Dialyse ist ebenfalls gewährleistet

?        Für Drogenabhängige ist ein staatlich gefördertes Methadon-Ersatzprogramm kostenfrei verfügbar. Lediglich eine einmalige Registrierungsgebühr von GEL 70 muss entrichtet werden.

?        Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu 5 Jahren ist teilweise gedeckt, abhängig von der Krankheit.

Hat man Anrecht auf die gesamten Leistungen der UHC, werden Kosten in den drei Bereichen Notfallbehandlung, stationäre Behandlung und ambulante Behandlungen ganz oder zum Teil übernommen. Eine Kostenübernahme von 100% bedeutet in den meisten Fällen, dass der Staat der medizinischen Institution einen fixen Betrag zurückerstattet. Für die Berechnung dieses Betrags analysiert der Staat, wie viel die Dienstleistung in der Vergangenheit kostete und nimmt davon einen tiefen Durchschnittswert. Kommt die Behandlung teurer, muss der Patient die Differenz selber bezahlen (SEM 21.3.2018). Ambulante und stationäre Notfallbehandlungen werden zu 100% übernommen (SEM 21.3.2018; vgl. IOM 2018). Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überweisung durch den Hausarzt werden zu 70-100% übernommen, einige Notfallbehandlungen zu 100% (IOM 2018). Von den stationären Behandlungen werden spezifische Operationen und die stationäre Nachbetreuung zu 100% übernommen. Andere Leistungen werden zu 70% übernommen (SEM 21.3.2018). Notwendige Operationen werden zu 70% übernommen (IOM 2018). Divergierende Angaben gibt es beim Thema Chemotherapie und Geburten. So werden laut SEM onkologische Behandlungen und Geburten zu 100% übernommen (SEM 21.3.2018), laut IOM hingegen werden bei Chemotherapie 80% bis zu Gesamtkosten von GEL 12.000, und bei Geburten Kosten nur bis zu GEL 500 bzw. bei Kaiserschnitten nur bis zu GEL 800 übernommen (IOM 2018).

Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für Pensionisten zahlt der Staat zusätzlich monatlich GEL 100 für drei Monate, erstattet bei den Bürgerämtern (IOM 2018).

Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus EU-Ländern (AA 19.10.2019).

Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert. Allerdings ist eine Registrierung notwendig, um alle Leistungen des Programms beanspruchen zu können. In diesem Zusammenhang sollten Rückkehrer die 15-05 Hotline des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales anrufen oder sich direkt an die nächstgelegene Poliklinik oder Krankenhaus wenden (IOM 2018).

Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die allgemeine Krankenversicherung nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen, jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Wartezeiten möglich. Patienten können einen Termin vereinbaren, für die staatliche Versicherung muss der Hausarzt kontaktiert werden, welcher eine Überweisung zu spezialisierten Ärzten verfassen kann. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden: Medical Information Service http://www.mis.ge/ka/FindDrug.jsp?Clear=True TEL: +995 032 2 252233. Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher müssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine Verschreibung nötig. In diesem Fall, sollte zunächst ein zuständiger Arzt aufgesucht werden, um von diesem das Rezept zu erhalten (IOM 2018).

Für Behandlungskosten, die von Patienten selber getragen werden müssen, kann bei der zuständigen Kommission des Ministeriums um Kostenersatz angesucht werden. Dazu muss das erforderliche Formular ausgefüllt werden. Als Beilagen müssen neben den gesicherten Personalien des Antragstellers (Kopie des Reisepasses oder Personalausweises) auch die im laufenden Jahr angefallenen Rechnungen und vorhandenen Kalkulationen, bzw. im Falle der Beantragung von Kostenersatz für Medikamente die Originalrechnung, vorgelegt werden. Zusätzlich ist noch der soziale Status des Antragstellers (Pensionisten, sozial bedürftige Personen, Binnenvertriebene, Personen mit eingeschränktem Status) und die entsprechenden Zeugnisse vorzulegen. Die Kommission entscheidet dann (mindestens zweimal im Monat) über eine allfällige Finanzierung der vorgelegten Kosten, wobei hier keine generelle Festlegung über die Höhe der Rückerstattung besteht und diese Entscheidungen individuell, von Fall zu Fall, getroffen werden (VB 31.5.2018).

Das staatliche Programm „Psychische Gesundheit“ bezieht sich auf die Erhöhung der geografischen und finanziellen Verfügbarkeit psychiatrischer Dienste für die georgische Bevölkerung:

Behandlungsmöglichkeiten für psychische Krankheiten

Das Programm umfasst u.a. folgende ambulante Dienste:

?        Versorgung der Patienten, die an den Hausarzt/Distriktarzt weitergeleitet werden, primärer Besuch in der psychiatrischen Apotheke, und wenn der Patient nicht in die psychiatrische Einrichtung kommen kann, Hausbesuch eines Psychiaters oder eines anderen Spezialisten auf dem Gebiet der Psychiatrie beim Patienten, Erfüllung der ambulanten Überwachung des Patienten

?        Versorgung der registrierten Patienten, die an die psychiatrische stationäre Einrichtung weitergeleitet werden, unter Berücksichtigung der vom Programm vorgesehenen Krankheitsbilder, Besuche bei einem Psychiater oder bei Bedarf bei anderen Spezialisten auf dem Gebiet der Psychiatrie; nach Überweisung die Versorgung mit Medikamenten; bei Bedarf Besuche der Fachärzte für Psychiatrie zu Hause und Konsultationen mit anderen Fachärzten (Therapeuten und Neurologen)

?        Psychosoziale Rehabilitation

?        Die Versorgung minderjähriger Patienten (unter 18 Jahren), welche unter Veränderungen des psychischen Zustandes und Verhaltens, Verschlechterung der sozialen Funktionsfähigkeit und Disadaptation leiden

?        Kurzfristiger stationärer Dienst, insbesondere für Patienten ab 15 Jahren zur Eindämmung akuter psychotischer Symptome

?        Langfristiger stationärer Dienst, falls erforderlich, oder Behandlung derjenigen Patienten, denen bei schwerwiegenden Störungen des psychosozialen Verhaltens keine Hilfe aus der stationären Abteilung zur Verfügung steht

?        stationäre Behandlung per Gerichtsbeschluss eingewiesener Patienten

?        Versorgung der Patienten mit Lebensmitteln und persönlichen Hygieneartikeln, die den stationären Dienst in Anspruch nehmen

?        Rehabilitationsdienst während der stationären Langzeitbehandlung nach den Standards der psychosozialen Rehabilitation

?        Psychiatrischer stationärer Dienst für Kinder, einschließlich jener unter 15 Jahren mit psychotischen Registerstörungen

?        Dringende medizinische Versorgung für Patienten, einschließlich Notarztdienst für jene, die sich in der psychiatrischen stationären Abteilung befinden

?        Stationäre Behandlung von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen, die durch psychoaktive Substanzen verursacht werden

?        Die psychiatrische Krisenintervention bei Erwachsenen (ab 18 Jahren) berücksichtigt den Dienst für Menschen mit psychischen Störungen und Verhaltensstörungen im administrativ-territorialen Bereich von Tiflis

?        Psychiatrische Krisenintervention in Form von Krisentagesbetten als ambulante Betreuung

?        Erfüllung der Krisenintervention durch die mobile Gruppe für häusliche Pflege am Wohnort des Patienten und, falls erforderlich, dessen Überweisung ins Krisenzentrum oder eine andere psychosoziale/psychiatrische Einrichtung

Die Begünstigten des staatlichen Programms - Psychische Gesundheit – sind: Bürger Georgiens, die den ambulanten und stationären Teil des Programms nutzen; sowohl Bürger Georgiens als auch andere Personen bei denen es zu einem Zwangsaufenthalt kommt, sowie Häftlinge in den Strafvollzugsanstalten ungeachtet des Besitzes eines amtlichen Identitätsdokumentes. Die Leistungen des Programms werden vollständig vom Staat finanziert, mit Ausnahme der stationären Betreuung von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen, die durch psychoaktive Substanzen verursacht werden. Die Leistungen im letzteren Fall werden vom Staat zu 70% der tatsächlichen Kosten im Rahmen der im Programm genannten Fälle erstattet (SSA o.D.e, vgl. SEM 21.3.2018).

IOM zufolge gibt es in Georgien keine psychiatrischen Einrichtungen zur langfristigen stationären Behandlung. Es gibt allerdings Einrichtungen zur kurzfristigen stationären Behandlung wenn der Patient stabil ist. Der Patient braucht einen Vormund oder ein Familienmitglied, das zu Hause auf ihn aufpassen wird, da es in Georgien keine langfristigen Einrichtungen gibt. Zuerst muss der Patient eine psychiatrische Klinik kontaktieren (z.B.: Centre of Mental Health and Prevention of Addiction in Tiflis; Adresse: 21a, Kavtaradze Street/Kontaktperson: Dr. David Khachidze). Ein Gremium von Ärzten wird seine Situation beurteilen. Wenn der Status akut ist, kann er kurzfristig ins Krankenhaus eingeliefert werden bis sich der Patient stabilisiert. Die stationäre Behandlung in psychiatrischen Kliniken ist für Personen die ins Krankenversicherungssystem fallen kostenlos. Die Kosten für Medikamente sind jedoch nicht gedeckt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit der BF, ihrer Volksgruppen- sowie Religionszugehörigkeit, Familienstand, Bildungsweg und Angehörigen in Georgien gründen auf ihren Angaben im vorangegangenen Verwaltungsverfahren. Diese Feststellungen wurden auch dem gegenständlich angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt, wobei in der Beschwerde keine Einwände dagegen erhoben wurden. Die BF legte in der niederschriftlichen Einvernahme vom 04.11.2020 auch glaubhaft dar, dass sie ihre Angehörigen in Georgien finanziell unterstütze; dies ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes in Zusammenschau mit den Länderberichten zur Grundversorgung in Georgien und dem Umstand, dass sie schon, wie ihr Sohn noch in Georgien lebte, diesem die Lebenserhaltungs- und Behandlungskosten finanzierte, glaubhaft.

Dass sich die BF täglich um ihren Sohn kümmert, ergibt sich aus ihren Angaben vor der belangten Behörde. Die Feststellungen zu ihrem Sohn gründen auf der Einsicht in den Verfahrenskt ihres Sohnes (W144 2237884-1) sowie auf den Angaben der BF. Die strafrechtliche Unbescholtenheit und die fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit der BF ergeben sich aus aktuellen Auszügen aus dem Strafregister der Republik Österreich sowie dem Betreuungsinformationssystem und aus ihren glaubhaften Angaben vor dem BFA, dass sie in Österreich nur kurze Zeit geringfügig gearbeitet habe und dies etwa acht Jahre zurückliege.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF beruhen auf den vorgelegten medizinischen Unterlagen - insbesondere auf dem klinisch-psychologischen Befund vom 25.07.2019 - und ihren eigenen Angaben vor der belangten Behörde. Aus dem Befund geht hervor, dass die BF weiterhin an einer Anpassungsstörung leide und Medikamente einnehmen müsse. Im Hinblick auf ihre früheren, den Behörden vorgelegten, medizinischen Unterlagen - insbesondere auf das psychiatrisch-neurologische Gutachten vom 16.05.2008 – ist aber jedenfalls eine Stabilisierung und Besserung ihres Gesundheitszustandes zu sehen. Auch vor dem BFA gab die BF an, grundsätzlich gesund zu sein, auch wenn sie Medikamente einnehme. Weder aus ihren Angaben vor dem BFA noch aus dem klinisch-psychologischen Befund waren etwaige Suizidgedanken zu erkennen. Sie scheint sich auch vielmehr um ihren Sohn und seinen Zustand zu sorgen, als um sich. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes zeigt sich bei der BF eine klare Stabilisierung ihres psychischen Zustandes, welcher sich auch ohne Therapie in Zeiten der Corona-Pandemie nicht verschlechterte. Eine Therapie wird zwar weiterhin im Befund empfohlen, für eine Stabilisierung ihres Zustandes scheint sie jedoch nicht mehr notwendig. Dies stellt im Vergleich zu den früheren medizinischen Befunden und Gutachten eine Besserung dar.

Die Feststellung, dass die BF im Falle einer Rückkehr nach Georgien in eine aussichtslose Lage geraten würde und sich eine neue Existenz nicht aufbauen könnte, gründet auf ihren glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde, den Länderfeststellungen zur Grundversorgung und medizinischen Versorgung in Georgien sowie auf der Einsicht in den Verfahrensakt ihres Sohnes. Schon der Asylgerichtshof begründete die Gewährung von subsidiären Schutz damit, dass die Existenzgrundlage der BF in Georgien nicht gesichert sei und sie Geld für ihre Medikamente sowie Behandlung und jene ihres Sohnes brauche. Zudem sei es sehr fraglich, ob sie aufgrund ihres Alters, ihres Gesundheitszustandes und der wirtschaftlich schwierigen Lage in Georgien eine Arbeit finden würde, um sich wieder eine Existenz aufzubauen.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes stellt sich die jetzige Lage in einer Prognose unverändert dar. Den aktuellen Länderberichten ist keineswegs zu entnehmen, dass es eine ausreichende soziale Absicherung für Personen wie die BF gibt. Es existiert zwar eine Sozialhilfe, aber die grundsätzliche Absicherung erfolgt durch den Familienverband und Zahlungen von Angehörigen aus der Diaspora sind für viele Georgier eine essentielle Einkommensquelle. Eine Unterstützung durch ihre Angehörigen kommt im Falle der BF jedoch nicht in Betracht. Die BF machte glaubhaft, dass gerade sie mit dem Sozialhilfegeld aus Österreich ihre Mutter, Schwester und Nichte unterstützt hat. Sie könnte folglich bloß bei ihrer Mutter Unterkunft finden, finanziell würde sie jedoch weiter auf sich allein gestellt sein. Hinzu kommt, dass die BF für die medizinischen Kosten für sich und ihren Sohn aufkommen muss. Aus den Länderberichten ist ersichtlich, dass die Medikamente außerhalb der stationären Behandlung in Krankenhäusern nicht staatlich gedeckt sind und sie von der BF selbst bezahlt werden müssten. Der reine Bezug von Sozialhilfe in Georgien erscheint folglich nicht ausreichend, um die Gefahr, in eine aussichtslose Lage zu geraten, abzuwenden.

Es wäre notwendig, dass die BF eine Arbeit findet, die ihre Grundversorgung sichert. Diesbezüglich begründete der Asylgerichtshof bei der Zuerkennung des Schutzstatus, dass dies aufgrund ihres Gesundheitszustandes, ihres Alters und der wirtschaftlich schwierigen Lage sehr schwierig werde. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht zuzustimmen; auch weil es die belangte Behörde verabsäumt hat, eine Änderung dieser Umstände aufzuzeigen. Der Gesundheitszustand der BF hat sich zwar gebessert, wobei bei ihr noch immer eine Anpassungsstörung diagnostiziert wurde. Dieser Besserung steht jedoch insbesondere das Alter der BF, die noch dieses Jahr ins Pensionsalter für Frauen in Georgien kommt, gegenüber. Eine Arbeitssuche wird dadurch äußerst erschwert, wobei auch ihre langjährige Abwesenheit aus Georgien nicht hilfreich sein wird. Auch zeigt sich aus den Länderberichten keine wesentliche Verbesserung der Lage am Arbeitsmarkt. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist es naheliegend, dass die BF als fast sechzigjährige Frau, die lange nicht mehr in Georgien gelebt hat, sich um ihren paranoid schizophrenen Sohn kümmern muss und selbst an psychischen Problemen leidet, keine Arbeit findet. Sie könnte daher nur eine geringe Sozialhilfe beantragen, welche nicht ausreichend ist, um für die Behandlungen aufzukommen und sich eine Existenz aufzubauen.

Die Feststellungen zur Grundversorgung und medizinischen Versorgung von psychisch kranken Personen in Georgien ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2019, zuletzt aktualisiert am 16.03.2020, und aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.07.2018 zu Georgien: „Paranoide Schizophrenie, PTBS“ sowie den darin äußerst umfangreich angeführten Quellen (-diesbezüglich wird auf den Akteninhalt verwiesen, da gesonderte (und teils seitenlange) Anführung der Quellen zu einer unübersichtlichen und der Lesbarkeit abträglichen Überlänge führen würde) Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG) nicht oder nicht mehr vorliegen.

§ 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG 2005 betrifft eine Konstellation, in der sich ergibt, dass der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ohne dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung im Entscheidungszeitpunkt erfüllt gewesen sind, weil die Entscheidung sich auf Tatsachen gestützt hat, die sich in der Folge als unzutreffend erwiesen haben (vgl. näher zu diesem Tatbestand VwGH 14.8.2019, Ra 2016/20/0038, unter Hinweis auf EuGH 23.5.2019, Bilali, C-720/17). § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG 2005 erlaubt es der Behörde, die Aberkennung des früher zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten vorzunehmen, wenn sich der Kenntnisstand zu jenem Sachverhalt, der für die Zuerkennung maßgeblich war, geändert hat. Dabei ist es zudem nicht erforderlich, dass die damaligen Feststellungen, die sich aufgrund neuer Erkenntnisse später als unzutreffend herausstellen, auf Handlungen zurückgeführt werden müssten, mit denen sich der Fremde die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erschlichen hätte (vgl. VwGH 18.11.2020, Ra 2020/14/0082, 14.8.2019, Ra 2016/20/0038). Eine solche Änderung des Kenntnisstandes über die persönlichen Umstände der BF oder die Lage in Georgien ist nicht hervorgekommen.

§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 betrifft hingegen jene Konstellationen, in denen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nachträglich weggefallen sind (vgl. VwGH 29.1.2020, Ro 2019/18/0002, mwN).

Nach dem mit „Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung des subsidiären Schutzstatus“ übertitelten Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (in der Folge: Statusrichtlinie) erkennen die Mitgliedstaaten den zuerkannten subsidiären Schutz ab, bzw. beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Art. 16 Statusrichtlinie nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.

Art. 16 Abs. 1 Statusrichtlinie sieht vor, dass ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr hat, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist. Nach Abs. 2 leg. cit. berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei Anwendung des oben zitierten Abs. 1, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Damit stellt § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG in richtlinienkonformer Interpretation auf eine Änderung der Umstände ab, die so wesentlich und nicht nur vorrübergehend ist, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hatte, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Diese maßgeblichen Sachverhaltsänderungen können nicht immer (allein) in Änderungen im Herkunftsland, sondern auch entscheidungswesentlich in der persönlichen Situation des Schutzberechtigten gelegen sein. Dabei sind nicht isoliert nur jene Sachverhaltsänderungen zu berücksichtigen, die zeitlich nach der zuletzt erfolgten Bewilligung der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung eingetreten sind, sondern es dürfen im Rahmen der bei der Beurteilung vorzunehmenden umfassenden Betrachtung bei Hinzutreten neuer Umstände alle für die Entscheidung maßgeblichen Elemente einbezogen werden, selbst wenn sie sich vor der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ereignet haben (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Im vorliegenden Fall stellte das BFA hinsichtlich der Sachverhaltsänderung im Wesentlichen darauf ab, dass aus dem klinisch-psychologischen Befund vom 25.07.2019 eine Verbesserung des Gesundheitszustands der BF abzuleiten sei. Sie habe keine Suizidgedanken mehr und es sei bei ihr lediglich eine Anpassungsstörung diagnostiziert worden. Die Medikamente, die die BF laut dem Befund einnehme, seien in Georgien erhältlich und die Anpassungsstörung behandelbar. Den aktuellen Länderberichten sei zudem ein soziales Sicherungssystem in Georgien zu entnehmen, weshalb der BF keine existenzielle Notlage drohe (siehe Seiten 38-39 des Bescheides vom 01.12.2020).

Der Maßstab für die Frage einer wesentlichen und nicht nur vorübergehenden Änderung der Umstände ist das rechtskräftige Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 04.11.2009, mit welchem der BF der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Der Asylgerichtshof begründete die Gewährung von subsidiärem Schutz im Wesentlichen damit, dass bei der BF eine leichtgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom und die Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung diagnostiziert worden sei. Es lasse sich nicht ausschließlich, dass es bei einer Rückführung nach Georgien, wo sie schreckliche Geschehnisse erlebt habe, zu einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes komme. Es bestehe auch weiterhin Therapiebedarf bei der BF, auch wegen ihrer Suizidgedanken. Die Länderfeststellungen zur Behandlung psychischer Erkrankungen seien zudem widersprüchlich. Die Existenzgrundlage der BF wäre bei einer Rückkehr nicht gesichert, da sie Geld für die Behandlungen ihrer Erkrankung und jener ihres Sohnes benötige und es fraglich sei, ob sie aufgrund ihres Alters, Gesundheitszustandes und der wirtschaftlich schwierigen Lage in Georgien eine Arbeit bekommen würde. Bei einer Rückführung der BF sei insbesondere eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zu befürchten, weshalb eine solche unzulässig sei (siehe Seiten 19-20 des Erkenntnisses vom 04.11.2009).

Wie schon in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt, kann zwar – der Ansicht der belangten Behörde entsprechend – eine grundsätzliche Besserung des Gesundheitszustands der BF erkannt werden. Sie leidet zwar noch an einer Anpassungsstörung, zeigt sich aber sonst psychisch stabilisiert.

Damit aber der Aberkennungstatbestand des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG erfüllt ist, muss eine Änderung der Umstände vorliegen, die so wesentlich und nicht nur vorrübergehend ist, dass die BF im Falle einer Rückkehr nach Georgien tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Die BF benötigt aber weiterhin mehrere, verschiedene Medikamente, welche in Georgien – wie aus den Länderfeststellungen ersichtlich – nur kostenpflichtig verfügbar sind, und bei ihr erscheint eine Therapie empfehlenswert. Zudem führte der Asylgerichtshof im Erkenntnis vom 04.11.2009, mit welchem der BF der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, begründend aus, dass bei der BF im Falle einer Rückkehr eine Verschlechterung ihres psychischen Zustandes zu erwarten sei, da sie in Georgien schreckliche Geschehnisse erlebt habe. Das BFA hat aber nicht aufgezeigt, wieso eine solche Verschlechterung nicht mehr eintreten sollte. Die BF leidet immerhin weiter an psychischen Problemen und es kann aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes insbesondere auf Basis der medizinischen Unterlagen nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass eine solche Verschlechterung wieder eintritt.

Zudem begründete der Asylgerichtshof die Gewährung von subsidiären Schutz damit, dass die Existenzgrundlage der BF in Georgien nicht gesichert sei und sie Geld für ihre Medikamente sowie Behandlung und jene ihres Sohnes brauche. Zudem sei es sehr fraglich, ob sie aufgrund ihres Alters, ihres Gesundheitszustandes und der wirtschaftlich schwierigen Lage in Georgien eine Arbeit finden würde, um sich wieder eine Existenz aufzubauen.

Die belangte Behörde hat es diesbezüglich verabsäumt, eine maßgebliche Änderung dieser Umstände aufzuzeigen. Sie führte zwar an, dass der BF bei einer Rückkehr nach Georgien von ihrer Mutter, Schwester oder Nichte geholfen werden könnte und sie deswegen nicht in eine existenzielle Notlage geraten sollte. Begründet wurde diese Annahme jedoch nicht und entspricht auch nicht dem Akteninhalt. Wie schon zum Zeitpunkt der Zuerkennung des subsidiären Schutzes lebt weiterhin die Mutter, eine Schwester und eine Nichte der BF in ihrem Heimatland, wobei sich deren finanzielle Situation nicht gebessert hat. Die BF machte glaubhaft, dass sie ihre Angehörigen mit dem Geld, das sie in Österreich bekommt, unterstützt. Sie könnte daher im Falle einer Rückkehr Unterkunft bei ihren Angehörigen finden, eine finanzielle Unterstützung kann sie aber nicht erwarten. Folglich stellt dies keine Änderung der Umstände dar.

Weiters ist entgegen der Ansicht des BFA und wie bereits beweiswürdigend dargelegt den Länderfeststellungen keine soziale Absicherung in Georgien für die BF zu entnehmen, sodass sie im Falle einer Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten würde. Das Sozialsystem hat sich nicht dermaßen verbessert, dass die BF ohne Erwerbstätigkeit für die Kosten der medizinischen Behandlungen und der Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse für sich und ihre Angehörigen aufkommen könnte.

Daher wäre es notwendig, dass die BF einer Erwerbstätigkeit nachgeht, die die Grundversorgung sichert, wobei es aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes aufgrund der in der Beweiswürdigung angeführten Erwägungen weiterhin naheliegend ist, dass die BF als fast sechzigjährige Frau, die sich um ihren paranoid schizophrenen Sohn kümmern muss und selbst an psychischen Problemen leidet, keine Arbeit finden können wird.

Zu ergänzen ist in diesem speziellen Fall, dass bei einer Abwägung insofern eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist, als die Situation der Beschwerdeführerin und ihres Sohnes gemeinsam zu betrachten ist, da es in casu eine unbillige Härte darstellen würde, die Mutter, die sich um den alleine nicht zurechtkommenden, psychisch äußerst schwer beeinträchtigten Sohn kümmert, zu trennen bzw. nach etwa 7 Jahren gleichförmiger Entscheidungen zum Subsidiärschutz nunmehr differenzierende Entscheidungen zu treffen.

Eine maßgebliche Änderung dieser Umstände, die zur Bewertung des Asylgerichtshofes, dass die BF im Falle einer Rückkehr in eine Art. 3 EMRK widersprechende Lage geraten wird, geführt haben, ist keineswegs ersichtlich. Das BFA zeigte weder auf, inwiefern die BF nun eher eine Arbeitsmöglichkeit finden wird, noch, dass sich die wirtschaftliche Lage bzw. die Situation am georgischen Arbeitsmarkt wesentlich und nachhaltig verbessert hat. Vielmehr ist die BF mittlerweile fast 60 Jahre alt und die Arbeitssuche erscheint aussichtslos.

Im Gesamtergebnis wurde eine wesentliche und nicht bloß vorübergehende Änderung der Umstände, die zur Gewährung des Schutzstatus geführt haben, von der belangten Behörde nicht aufgezeigt und ist eine solche auch keineswegs aus den Verfahrensakten ersichtlich. Obwohl sich der Gesundheitszustand der BF im Laufe der Jahre verbessert hat, liegt eine maßgebliche Änderung der Umstände, die zur Aberkennung nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG führen würde, nicht vor, da in einer Gesamtbetrachtung die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten im Fall der BF weiter vorliegen. Der Aberkennungstatbestand des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005, auf den sich das BFA gestützt hat, ist folglich nicht erfüllt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist "die zu entscheidende Angelegenheit" im Verfahren über die Beschwerde gegen einen Bescheid, mit welchem der BF der Status der subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde, die Aberkennung des subsidiären Schutzstatus an sich und damit sämtliche in § 9 Abs. 1 und 2 AsylG vorgesehenen Prüfschritte und Aussprüche (VwGH 17.10.2019, Ro 2019/18/0005). Demnach ist das Bundesverwaltungsgericht nicht lediglich auf die Aberkennungstatbestände des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG beschränkt, sondern hat vielmehr alle Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen eines der Aberkennungstatbestände des § 9 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG aufzugreifen. Anhaltspunkte dafür, dass ein anderer Aberkennungstatbestand im Sinne des § 9 Abs. 1 oder Abs. 2 AsylG erfüllt ist, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten liegen sohin gegenständlich nicht vor. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides über die amtswegige Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten war daher ersatzlos zu beheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist die gleichzeitig mit der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannte Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden für jeweils zwei weitere Jahre zu verlängern.

Da nicht festgestellt werden konnte, dass sich die Gründe, aufgrund derer der BF der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, nachhaltig und wesentlich geändert hätten, wie oben bereits dargelegt wurde, liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten an die BF weiterhin vor. In Stattgabe der Beschwerde hinsichtlich Spruchunkt II. des angefochtenen Bescheides war sohin die befristete Aufenthaltsberechtigung der BF auf zwei weitere Jahre zu verlängern. Die Gültigkeitsdauer beginnt mit dem Tag der Zustellung dieses Erkenntnisses zu laufen, da erst mit der Zustellung die rechtlichen Wirkungen des Erkenntnisses eintreten (VwGH 17.12.2019, Ra2019/18/2081).

3.3. Zu den Spruchpunkten III. bis VI. des angefochtenen Bescheides:

Nachdem mit gegenständlichem Erkenntnis Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – mit welchem der BF der Status der subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde – ersatzlos behoben wurde, waren auch die weiteren, damit verbundenen Aussprüche (Spruchpunkte III. bis VI.) ersatzlos zu beheben, zumal sie schon infolge der Behebung der amtswegigen Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ihre rechtliche Grundlage verlieren.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Vor dem Hintergrund, dass der gegenständlich angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 befristete Aufenthaltsberechtigung Behandlungsmöglichkeiten Behebung der Entscheidung ersatzlose Teilbehebung familiäre Situation medizinische Versorgung psychische Erkrankung Rückkehrentscheidung behoben Rückkehrsituation Verlängerung wesentliche Änderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W144.1261463.2.00

Im RIS seit

14.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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