TE Bvwg Beschluss 2021/2/15 W105 2177148-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.02.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.02.2021

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W105 2177148-2/6Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 03.02.2021, Zl. 1093812608/210109746, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 idgF iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 idgF sowie § 22 BFA-VG idgF rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte im Bundesgebiet am 06.04. 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der am 06.04.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, dass es in Afghanistan Krieg und Unruhe gebe. Seine Mutter habe ihn nach Europa geschickt, um der Familie Geld zu schicken. Der Beschwerdeführer könne auch nicht heiraten und seine Familie sei sehr religiös.

3. Am 31.03.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden „Bundesamt“ oder „BFA“) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass er Drogen von Afghanistan in den Iran geschmuggelt habe. Er sei von der iranischen Polizei aufgegriffen worden und nach einiger Zeit nach Afghanistan abgeschoben wurden. Dort habe er sich vor der Mafiosi-Gruppe, für die er Drogen geschmuggelt hatte, gefürchtet, weil diese ihn töten wollte. Der Beschwerdeführer sei auch krank und nehme verschiedene Medikamente gegen psychische Probleme und gegen Magenschmerzen ein.

4. Mit Bescheid vom 12.10.2017 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.) und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Im Rahmen der Beschwerde brachte im Wesentlichen vor, dass er wegen seines Auslandsaufenthaltes unafghanisch geworden sei und der Gruppe der „verwestlichten“ Ausländer angehöre. Zudem würde er aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe von Personen, die mit Drogen zu tun hätten, verfolgt. Er werde sowohl von einer im gesamten Staatsgebiet tätigen Drogenmafia als auch von staatlicher Seite verfolgt.

5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 19.07.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Im Rahmen der abgeführten Beschwerdeverhandlung lieferte der Beschwerdeführer keinerlei Hinweis auf ein weiteres Vorbringen oder allenfalls vorliegende Mentalreservationen seinerseits. Der Verhandlung wohnte ein männlicher Vertreter im Rahmen der Rechtsberatung bei, ohne auch nur im Vorfeld einen Hinweis auf vorliegende andere Hintergründe oder eine vorliegende Mentalreservation aufzuzeigen.

Inhaltlich tätigte der Antragsteller auf nachstehende Fragestellung zentral nachstehende Aussagen zu seinen Fluchtgründen:

„R: Nennen Sie jetzt bitte abschließend und möglichst umfassend und detailliert alle Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (Fluchtgründe). Sie haben dafür nun ausreichend Zeit und auch die Gelegenheit, allfällige Beweismittel vorzulegen. (freie Erzählung):

BF: Warum ich mich der Mafia angeschlossen habe, lag in erster Linie in meinen finanziellen Problemen. Meine Mutter und meine Geschwister sind alle krank, mein Vater hat damals gearbeitet und konnte uns nicht alle versorgen. Ich hatte einen Mitschüler im XXXX , er hat Drogen geschmuggelt. Er hat in Herat Drogen geschluckt und auf diese Art kiloweise über die Grenze in den Iran gebracht. Er wusste von meiner Geldnot, dann hat er mir von dieser Arbeit erzählt, so bin ich nach Herat gekommen. Über meinen Freund Reza habe ich andere Mafia-Angehörige kennengelernt. Mir wurde dort angeboten, dass es mir freisteht, den Drogentransport entweder mit einem Auto zu machen oder kiloweise Drogen zu schlucken und zu transportieren. Ich habe einige Monate innerhalb von Afghanistan mit einem kleinen Fahrzeug, einem Pkw, Drogen zwischen den verschiedenen Provinzen transportiert. In der Gruppe gab es Personen, die gemeint haben, dass ich mit dem Auto gleich 100 kg Drogen schmuggeln soll und in den Iran bringen soll, andere Personen dieser Gruppe wollten, dass ich 2mal einfach so in den Iran fahre, um die Route gut zu kennen. Es gab interne Auseinandersetzungen. Mir wurde mein Reisepass wieder zurückgegeben und ich wurde aufgefordert, zu warten. Ich habe dann in der zuvor genannten Gesundheitsfirma Arbeit gefunden. Als ich meine Arbeit angetreten habe, habe ich von denen einen Anruf erhalten, sie haben mir gesagt, dass sie sich geeinigt hätten. Sie haben gesagt, dass ich arbeiten kommen soll, daraufhin habe ich ihnen erklärt, dass ich eine Anstellung hätte. Sie haben dann zu mir gesagt, wenn ich nicht bereit bin, sofort zu arbeiten, muss ich ihnen 10.000 Dollar, die ich ihnen schulde geben, die Zeit die ich dort im Hotel verbracht habe, hat pro Tag 50 Dollar gekostet, darüber hinaus hätten sie für mein Essen und weitere Ausgaben weitere 50 Dollar verbraucht. Sie sagten, entweder arbeitest du für uns oder du bezahlst deine Schulden, ich versuchte ihnen zu erklären, dass ich durch meine Arbeit nicht viel verdiene, 280 Euro habe ich pro Monat verdient. Sie meinten, ich hätte einen Vertrag mit ihnen, wenn ich nicht arbeite, würden sie mich und meine Familie töten. Ich war in einer Notlage, ich habe mich nicht einmal kündigen lassen und fuhr sofort nach Herat. Diese Leute haben mir ein 6monatiges Visum für den Iran besorgt und zwar aus der Botschaftsvertretung in Kandahar. Eine Woche lang musste ich einen 2stöckigen Bus lenken, um zu erlernen, wie man das Fahrzeug lenkt. Sie haben mir gesagt, dass jedes Mal, wenn ich nach XXXX ankomme, würde ich 10.000 Dollar erhalten. Das erste Mal, als ich mit dem Fahrzeug in XXXX ankam, gaben Sie mir 2.000 Dollar. Ich fragte, wo die 8.000 Dollar bleiben, sie meinten, wenn ich nach Herat zurückkomme, würde ich mein Geld erhalten. Als ich in Herat ankam, meinten Sie, dass ich erst nach der 2. Runde in XXXX die ausstehende Summe erhalten würde. Ich bin dann wieder mit der Ware nach XXXX gefahren und habe wieder 2.000 Dollar erhalten. Ich habe mich natürlich aufgeregt. Mir wurde erklärt, dass ich ein Visum für 6 Monate hätte und man würde dann gegen Ende mir das bezahlen, was mir auch zusteht. Ich erklärte ihnen, wenn man mich dabei erwischt, droht mir die Todesstrafe. In XXXX haben Afghanen gelebt, die als Spione eingesetzt waren, sie haben dadurch Aufenthaltstitel erhalten. 2010 hat der iranische Staat ihnen zusätzlich 10 Mio. Toman gegeben. Sie haben mit der iranischen Polizei zusammengearbeitet. Diese Personen haben mich verraten und den Beamten gesagt, dass ich illegale Ware bei mir habe. Als die Polizei mich angehalten hat, habe ich gesagt, dass ich 1.000 Dollar pro Monat für die Fahrt bekomme, ich sei nur ein einfacher Fahrer, ich weiß nicht, um welche Ware es sich handelt. Die iranischen Polizisten haben nach meiner Telefonnummer verlangt. Sie haben mich dann tw. 50mal am Tag angerufen, um zu wissen, wann ich über die Grenze fahren möchte. Ich bin dann mit 100 kg Ware in XXXX angekommen, die Polizisten haben die Grenze zugesperrt und haben mein Fahrzeug durchsucht in einer Gegend namens Taibad. Sie fragten mich, wo die Ware platziert sei, ich sagte, dass das Fahrzeug beladen wurde, allerdings weiß ich nicht, wo sich die Ware befindet. Ich habe mit den Beamten kooperiert, alles, was zum Aufsperren war, habe ich aufgesperrt, sie haben das Fahrzeug sozusagen auseinandergenommen. Sie haben die Drogen gefunden. Dann wurde ich zur Grenzpolizei, die zuständig für Drogenschmuggel war, gebracht. Die Nacht musste ich dort verbringen. Ich habe die Personen angerufen und gesagt, dass die iranischen Beamten mich aufgegriffen hätten, sie werden mich zu Tode verurteilen und ihr habt mich nicht einmal bezahlt. Weil ich mit den Beamten kooperiert habe und sie davon überzeugt waren, dass ich unschuldig war, wurde ich nicht zu Tode verurteilt, es gab auch ein Gerichtsverfahren. Dort sagte ich, dass ich als Fahrer gearbeitet habe, der Richter sagte, ich habe mit den Behörden kooperiert, es leben viele Afghanen, ich kann mich weiterhin hier aufhalten. Die Mafia-Angehörigen gingen davon aus, dass der iranische Staat mein Todesurteil vollstreckt hat. Bis November 2013 habe ich mich im Iran aufgehalten, danach wurde ich von iranischen Polizisten nach Afghanistan zurückgeschoben. Ich habe dann einige Monate zu Hause verbracht, aus Angst, habe ich mich nicht nach draußen begeben können. Nachdem mein Vater verstorben war, musste ich arbeiten gehen. Ich habe dann von Personen in meiner Umgebung Geld als Spende für den Tod meines Vaters erhalten, das Geld war nicht geliehen, damit ich mir ein Taxi zulege, ich bin eine kurze Strecke Taxi gefahren. Ich habe mit Kopfbedeckung das Fahrzeug gelenkt. Ich hatte Angst, erkannt zu werden, ich hatte auch Angst, dass sie meine Familie töten. Meine Mutter hat mir angeraten, das Auto zu verkaufen und nach Europa zu flüchten, ich bin der einzige, der die Familie irgendwie erhalten kann.“

Im weiteren spezifizierte der Beschwerdeführer seine Aussage durch eine Vielzahl detaillierter Angaben im Zuge gezielter Nachfrage, wie folgt:

„R: Wo waren die Drogen im 2stöckigen Bus versteckt?

BF: Im 2. Stock, dort, wo das Kühlgerät ist, da ist ein Fach drinnen, die Klimaanlage war durchtrennt, die hat nicht funktioniert.

R: Wie viel war das?

BF: 50 kg in einem Karton, 50 kg in einem anderen, es war Crack.

R: Wo haben Sie gelebt zwischen dem Aufgriff durch die iranische Polizei und dem Gerichtsverfahren?

BF: Ich war eine Nacht in Haft, am nächsten Tag war das Gerichtsverfahren, mir wurde der Reisepass zurückgegeben.

R: Wovon haben Sie im Iran gelebt?

BF: Ich habe gearbeitet.

R: Haben die iranischen die afghanischen Behörden informiert, dass Sie aufgegriffen wurden?

BF: Nein, mir wurde erklärt, dass keine Rückmeldung gemacht wird, es ist ihnen wichtig, dass sie die Hintermänner aufgreifen, die Sicherheitsbehörde in Herat hat erfahren, dass ein Fahrzeugaufgriff stattfand.

R: Sonst hat die Sicherheitsbehörde nichts erfahren?

BF: Nein, mir wurde im Iran erklärt, dass sonst nichts weitergeleitet werde, ich habe dann im Iran gelebt.

R: Wer war der Chef dieses Drogenschmuggels, wer hat das koordiniert?

BF: Dazu muss ich erklären, wenn im großen Stil geschmuggelt wird, gibt es einige große Gruppierungen, die das machen. Die Gruppe, für die ich gearbeitet habe, wurde von XXXX angeführt. Diese Personen sind sehr wohlhabend. Zu XXXX möchte ich anführen, dass er eigentlich Kommandant der Polizei ist, er hat dafür gesorgt, dass mein Fahrzeug nicht kontrolliert wird. Bis zur Grenze hat er mich sogar begleitet.

R: Hatten Sie damals die Telefonnummern von all diesen Personen dabei?

BF: Ja, ich habe alle Nr. der iranischen Polizei gegeben.

R: Hat Sie irgendjemand kontaktiert von diesen Personen, als Sie im Iran lebten?

BF: Ich habe, als ich in Haft war, einmal Kontakt zu ihnen aufgenommen und gesagt, dass die Beamten mir erklärt hätten, dass man mich zu Tode verurteilt wird, ich habe ihnen vorgeworfen, dass man mir mein Geld nicht gegeben hätte.

R: Welchen Marktwert hatte 100 kg Crack damals in Dollar ungefähr?

BF: Abhängig von der Qualität, wobei es sich bei dieser Ware um hochwertige Qualität handelt, hat 1 kg 2.000 Dollar in Afghanistan gekostet, die schlechtere Qualität wurde um 1.500 Dollar verkauft, im Iran hatte 1 kg 2010 einen Marktwert von 6.000 Dollar. Der Marktwert in Afghanistan ist niedriger durch die Eigenproduktion, produziert wird in XXXX , das befindet sich in Herat, darüber hinaus in XXXX und in Jalalabad, dort gibt es eigene Fabriken.

R: Hat nach dem Gerichtsverfahren im Iran jemand mit dieser Drogenschmuggelbande Kontakt aufgenommen und ihnen vorgeworfen, dass Sie die Ware an die iranische Polizei übergeben haben?

BF: Nach dem afghanischen Marktwert waren es 200.000 Dollar plus 50.000 für das Fahrzeug, sie haben angenommen, dass das Todesurteil vollstreckt wurde, deswegen wurde ich auch nicht mehr kontaktiert.

R: Nach der Rückkehr nach Afghanistan im November 2013 als Sie als Taxifahrer gearbeitet haben, hat zu der Zeit jemand mit Ihnen Kontakt aufgenommen?

BF: Nein. Wenn Sie von meiner Rückkehr erfahren hätten, hätten Sie mich und meine Familie getötet. Sie töten die Familie deshalb, damit man keine internen Informationen weitergibt.

R: Hat nach Ihrem Aufgriff im Iran jemand mit Ihrer Familie in Kabul Kontakt aufgenommen?

BF: Nein, sie wussten nicht, dass ich mit den iranischen Behörden kooperiert hatte, im Iran wird man wegen 8 Gramm zu Tode verurteilt. Ich habe alles offengelegt, die Kontakte, ich habe überall Angst, deshalb bin ich nicht in sozialen Medien aktiv, wenn sie erfahren, dass ich am Leben bin, werden sie sich überall rächen. Wenn ich getötet werde, ist es eine Sache, aber meine Familie ist unschuldig, sie sind körperlich und geistig krank. Es ist am besten, wenn ich so weit wie möglich von ihnen entfernt bin, um sie zu beschützen. Ich habe in der Unterkunft mich auch sehr bedeckt behalten, von anderen Afghanen halte ich mich fern, ich sagte in der Unterkunft, dass ich als Putzkraft auch arbeiten kann, ich möchte einfach nur hier in Sicherheit leben.

R: Was würde Ihnen konkret passieren, wenn Sie jetzt wieder in Ihren Herkunftsstaat, konkret nach Kabul, zurückkehren müssten?

BF: Ich habe Angst vor eine Rückschiebung, weil ich nach der Ankunft, sei es in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif oder Kunduz Personen registriert werden, sie sind sehr gut vernetzt und werden mich finden. In Kandahar werden Substanzen eingekauft, in Jalalabad ebenso und verarbeitet, ich weiß und kenne die Route, sie transportieren von Mazar-e Sharif nach Usbekistan, von Kunduz nach Tadschikistan, von Herat, Nimroz und XXXX transportieren sie in den Iran, wobei eine Route von Herat nach Turkmenistan führt.

R: Wer hat Ihre Flucht organisiert, was hat sie gekostet, wer hat das finanziert?

BF: Ich habe mein Auto verkauft, dafür habe ich 7.000 Dollar bekommen, damit bin ich bis nach Europa gekommen.

R: War das alles oder möchten Sie noch etwas sagen, was Sie konkret befürchten würden, im Falle eine Rückkehr?

BF: Ich habe große Angst vor den Selbstmordanschlägen, nicht nur in Kabul, wenn ich zurückkehre, wird kein Angehörigen bereit sein, die Familie zu erhalten, ich muss arbeiten gehen. Meine Mutter ist herzkrank, ich habe große Angst, dass sie einen Herzinfarkt erleidet, ich habe große Angst, getötet zu werden. Ich habe nicht nur bei der EB, sondern bei der weiteren Befragung die Beamten gebeten, meine Familie aufzusuchen, um tatsächlich zu überprüfen, dass meine Familie krank ist. Ich habe die ganze Wahrheit gesagt, angefangen von den finanziellen Problemen und den internen Problemen, die meine Familie hat. Ich hatte in der Familie Probleme mit der Familie väterlicherseits, aber auch mütterlicherseits. Meine Onkel mütterlicherseits haben mich wegen meines kurzen Bartes angegriffen und mir vorgeworfen, ich sei nicht gläubig. Meine Onkel mütterlicherseits haben meiner Mutter verboten die Schule zu besuchen, wir durften zu Hause keine Musik hören, keinen PC haben, während sie selbst Zugang zu allen hatten. Als Jugendlicher spielte ich Keyboard, meine 3 Onkel väterlicherseits haben meinen Vater geben mich aufgehetzt, zusammen haben sie mich zu viert im Garten verprügelt, sie haben ich als Tanzknaben und als Verräter beschimpft.

R: Haben Sie den Auftrag bekommen, ein Rückkehrgespräch zu führen nach Afghanistan?

BF: Bei der letzten Befragung wurde es nicht protokolliert, aber mir wurde gesagt, ich sei ein Verbrecher und mein Platz wäre nicht in Ö, ich habe versucht, meine Situation zu erklären und warum ich diesen Fehler begangen habe. Eine Notsituation ist eine andere, ich wollte an Geld rankommen, um die Angehörigen zu unterstützen, es ist eine Straftat, ein Straftäter ist jemand, der durchgehend solche Sachen macht. Ich habe einen Fehler begangen, weil ich die Angehörigen finanzieren musste, deren Medikamente.“

6. Die erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.07.2019, W273 2177148-1/11E rechtskräftig unbegründet abgewiesen.

7. Der Beschwerdeführer stellte am 24.12.2020 einen (2.) Antrag auf internationalen Schutz, wobei er sich dabei zentral auf die Aussage stützte, nicht mehr dem Islam anzugehören sowie sei er als Kind schon aus der Koranschule weggelaufen, da der Mullah ihn sexuell zu belästigen versucht hätte. Nach Negativentscheidung im Asylverfahren sei er nach Frankreich, Holland und Deutschland gegangen und letztlich nach Österreich überstellt worden.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.10.2020 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt sowie wurde eine Rückkehrentscheidung gegen den Antragsteller erlassen und wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Für die freiwillige Ausreise wurde ihm keine Frist eingeräumt und wurde gegen ihn ein auf 2 Jahre befristetes Einreiseverbot verhängt.

8. Am 12.01.2021 wurde der Antragsteller aus der Schweizerischen Eidgenossenschaft nach Österreich rücküberstellt und wurde über den Antragsteller sogleich die Untersuchungshaft wegen gefährlicher Drohung (Tötungsandrohung) und Tatbegehungsgefahr verhängt. Der diesbezüglich nunmehr Beschuldigte hatte in der Schweiz angekündigt, nach erfolgter Rückschiebung die Verantwortlichen für die Ablehnung seines Asylantrages in Österreich zu töten bzw. äußerte er sich gegenüber Mitarbeitern einer Schweizer Hilfsorganisation telefonisch dahingehend, dass er nach erfolgter Einreise in Österreich sich eine Waffe besorgen und die Verantwortlichen seines negativen Verfahrens in Österreich töten wolle. Das in Rede stehende Telefongespräch fand in Voltingen, Schweiz statt.

Am 22.01.2021 gab der Antragsteller nunmehr im Rahmen eines Gespräches mit dem Psychologischen Dienst der Justizanstalt Wr. Neustadt an, dass er „alle in sein Verfahren involvierten Personen umbringen und sich anschließend suizidieren“ werde.

9. Am 26.01.2021 teilte der genannte nunmehrig den dritten gegenständlichen Antrag auf internationale Schutzgewährung.

Im Rahmen seiner durchgeführten Einvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 26.01.2021 bezog sich der Antragsteller nach Vorhalt der rechtskräftigen Erledigung seines Asylantrages mit 27.10.2020 und Frage nach allfällig ergebender Änderung nunmehr vor: Er habe seine Religion verloren und sei er nicht mehr Moslem und könne er deshalb nicht nach Afghanistan zurückkehren. Er habe 15.000 Euro Schulden bei Leuten, die er in Europa bei seinen Reisen in Deutschland und Holland und der Schweiz kennengelernt habe. Wenn er nach Afghanistan zurückkehre würde er umgebracht, weil er kein Moslem mehr sei. Im Weiteren gab der Antragsteller an, er sei in Afghanistan im Alter von 10 Jahren sexuell missbraucht worden und hätten diese Misshandlungen bis zu seinem Alter von 15 Jahren angedauert. Er sei deshalb in Österreich in psychiatrischer Behandlung. Für den Fall der Rückkehr fürchte er um sein Leben; erstens werde er von der Regierung getötet und weiters habe er Angst, dass ihn seine Familie umbringen werde. Auf weiteren Frage nach einer Situationsänderung oder einer Änderung seiner Fluchtgründe gab der Antragsteller an, er sei seit 6 oder 7 Jahren (sic!) kein Moslem mehr.

7. Mit dem mündlich verkündeten Bescheid des BFA vom 03.02.2021 wurde der faktische Abschiebungsschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und Feststellungen zur aktuellen Situation in Afghanistan unter Bezugnahme auf den aktuellen Stand der Covid-19 Krise ausgeführt, dass sein nunmehriges Vorbringen im dritten Asylantrag als nicht glaubhaft befunden werde. Der vom Antragsteller vorgebrachte nunmehrige Sachverhalt, jedenfalls bereits vor der Erstantragstellung bestanden und habe ihn jedoch bis dato nicht angeführt. Es handle sich dabei um eine Vorbringenssteigerung. Es sei davon auszugehen, dass er diese Umstände gleichsam als ultima ratio dazu benutze, um seinen weiteren Aufenthalt in Österreich sicherzustellen. Eine Sachverhaltsänderung habe sohin nicht stattgefunden.

8. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte in der Folge den Verwaltungsakt mit einem als „Beschwerdevorlage“ bezeichneten Schreiben vom 03.02.2021 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Mit Mitteilung vom 05.02.2021 gem. § 22 Abs. 2 BFA-VG bestätigte das BVwG dem BFA gegenüber das Einlangen der Verwaltungsakten am 05.02.2021.

Mit Aktenvermerk vom 08.02.2021 erklärte sich das zuständige Organ der Rechtsprechung für unzuständig und wurde die Rechtssache mit 08.02.2021 dem nunmehr zur Entscheidung zuständigen Organ zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakten und den Gerichtsakten des BF.

2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.

Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

2.1. Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde (Z 1), kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt (Z 2), im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben (Z 3), und eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist (Z 4).

Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufheben, wenn gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z 1), der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Folgeantrag jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden. Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 3 BFA-VG binnen acht Wochen zu entscheiden.

2.2. Die Verfahren über den ersten Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde – wie im Verfahrensgang dargestellt – mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts rechtskräftig abgeschlossen.

Der vom Antragsteller am 24.12.2019 gestellte zweite Antrag auf internationale Schutzgewährung wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.10.2020 bereits wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Im Rahmen des zweiten Asylantrages begründete er sein nunmehriges Begehren damit, seit 2015 ohne Bekenntnis zu sein.

Der Antragsteller begab sich sodann, offensichtlich aufgrund der Zurückweisung seines abermaligen Antrages in die Schweiz, von wo wer am 12.01.2021 rücküberstellt wurde. Während seines Aufenthaltes in der Schweiz stieß er die obdargestellten gefährlichen Drohungen gegen die entscheidenden Organe in seinen bisherigen Asylverfahren aus.

Aus dem Stande der Schubhaft beantragte er nunmehr abermals die Gewährung internationalen Schutzes unter gänzlichem Austausch seines ursprüngliche und weiteren bisherigen Fluchtvorbringens: So führt er nunmehr ins Treffen, bei verschiedenen Personen, die er bei seinen Reisen in Deutschland, Holland und der Schweiz kennengelernt habe, Schulden in der Höhe von 15.000 Euro angehäuft zu haben und führte er neu ins Treffen, im minderjährigen Alter sexuell missbraucht worden zu sein.

Beim gegenständlichen, eingebrachten Antrag des BF auf internationalen Schutz handelt es sich somit um einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.

2.3. Mit Erkenntnis des BVwG vom 19.07.2019, W273 2177148-1/11E wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA im Erstverfahren als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

2.4. Der Antrag vom 26.01.2021 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist:

Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048; 13.11.2014, Ra 2014/18/0025; 31.07.2014, 2013/08/0163; vgl. dazu ausführlich die – zu einer früheren Rechtslage des AsylG 2005 getätigten, aber auch auf die nunmehrige Rechtslage übertragbaren – Erwägungen in VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).

Im Folgeantragverfahren können – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (vgl. VwGH 08.09.2015, Ra/2014/18/0089).

Festzuhalten ist bei einer Gesamtbetrachtung nun, dass der Antragsteller sich im Rahmen des ersten Rechtsganges auf Ereignisse im Herkunftsstaat im Zusammenhang seiner Beteiligung im Rahmen eines mafiösen Drogenhandelsgeflechts bezogen hat. Im zweiten Rechtsgang bezog sich der Antragsteller nunmehr auf eine erfolgte Abkehr von seiner bisherigen Religionszugehörigkeit, wohingegen er im nunmehrigen dritten Rechtsgang er sich im Wesentlichen auf weit zeitlich zurückliegende Ereignisse eines sexuellen Missbrauchs im minderjährigen Alter bezogen hat.

Die Gesamtbetrachtung der gänzlich divergenten Angaben des Antragsstellers in drei aufeinanderfolgenden Asylanträgen, in Zusammenhang mit den weiteren Geschehnissen – zeigt deutlich, dass der Antragsteller nach erstmaliger Ablehnung seines Asylbegehrens er nunmehr durch bloßen unsubstantiierten Austausch des Asylvorbringens versucht, eine neuerliche inhaltliche Auseinandersetzung in einem neuen Rechtsgang hervorzurufen.

Hinsichtlich persönlicher Verhältnisse kann insgesamt betrachtet nicht davon ausgegangen werden, dass eine Sachverhaltsänderung seit erstmaliger rechtskräftiger Abhandlung der Asylsache entstanden ist.

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344 mwN).

Aus den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderberichten ergibt sich, dass auch im Hinblick auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat keine maßgebliche Änderung der Lage im Vergleich zum Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.09.2029 eingetreten ist.

2.5. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des BF nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 MRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Im vorliegenden Fall ist hervorgekommen, dass keine berufliche und soziale Verfestigung erkannt werden kann, kann auch keine Verletzung seines Rechts auf Privat- oder Familienleben durch eine Abschiebung festgestellt werden.

Umgekehrt ist hervorgekommen, dass der Antragsteller sich derzeit wegen dringend indizierter erfolgter Todesdrohung gegen Organe der öffentlichen Verwaltung und Justiz in Untersuchungshaft befindet.

Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass der mündlich verkündete Bescheid des BFA vom 30.11.2020 rechtmäßig ist und die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen.

3. Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG ist das Verfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag gefährliche Drohung glaubhafter Kern Untersuchungshaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W105.2177148.2.00

Im RIS seit

14.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten