TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/22 W119 2122684-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.02.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.02.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch


W119 2122684-3/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Usbekistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 7.9.2020, Zl. 1066512600/200653392, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG, § 9 BFA-VG und §§ 52 Abs. 2 und Abs. 9, 53 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin reiste gemeindam mit ihrem Gatten (GZ W119 2122686) mit einem usbekischen Reisepass in einem Zug aus der Republik Usbekistan aus, zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 29.4.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

In der Erstbefragung am selben Tag gab sie zu ihrem Fluchtgrund im Wesentlichen an, aufgrund der Probleme ihres Gatten und aus Angst vor dem Mann, der ihn bedroht habe, ihre Heimat verlassen zu haben

Am 22.12.2015 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) niederschriftlich einvernommen. Zu ihren Lebensumständen gab sie an, sie habe neun Jahre die Grundschule besucht und sei danach Hausfrau gewesen. Im Herkunftsstaat würden noch ihre Eltern, ein Bruder und eine Schwester leben. Diese hätten ein Haus und würden nur eine Straße entfernt von ihrem Wohnhaus wohnen. Sie erklärte, keine eigenen Fluchtgründe zu haben.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 5.2.2016, Zahl 1066522600-150436936, wurde der erste Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekstan gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gegen die Beschwerdeführerin wurde gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.9.2018 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes III. des ergangenen Bescheides zu lauten habe: „Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.“.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass die Beschwerdeführerin Staatsangehörige der Republik Usbekistan und moslemischen Glaubens sei sowie der Volksgruppe der Tadschiken angehöre. Bis zur Ausreise habe sie in Samarkand gelebt und spreche Usbekisch sowie Tadschikisch.

Das Vorbringen zu den Gründen für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat sei nicht glaubhaft. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Gatte der Beschwerdeführerin in der Republik Usbekistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre.

Auch könnten keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die gesunde Beschwerdeführerin im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Republik Usbekistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein würde.

Der Gatte der Beschwerdeführerin habe neun Jahre die Grundschule besucht und anschließend ein Geschäft gemietet, in dem er eine Kfz-Werkstatt mit drei bis vier Angestellten betrieben habe. Sie selbst habe ebenfalls neun Jahre die Grundschule besucht und bis zur ihrer Eheschließung zu Hause als Schneiderin gearbeitet, anschließend sei sie als Hausfrau tätig gewesen und habe für die Familie geschneidert. Beide hätten bis zu ihrer Ausreise gemeinsam mit den Eltern ihres Mannes in dessen Elternhaus gelebt. Dessen Vater sei bereits verstorben, die Mutter weiterhin in diesem Haus aufhältig, das nunmehr zum Eigentum des Gatten der Beschwerdeführerin gehöre. Daneben lebten noch die Eltern, ein Bruder, eine Schwester und viele Onkel und Tanten der Beschwerdeführerin und eine Schwester und ein Bruder ihres Mannes in der Republik Usbekistan.

Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen unglaubwürdig und als Vorwand für die illegale Einwanderung nach Österreich bzw. zur Umgehung der fremdenrechtlichen Vorschriften erfunden, die Ausreise aus der Republik Usbekistan langfristig geplant und legal erfolgt sei.

In rechtlicher Hinsicht verwies das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zusammengefasst darauf, dass es der Beschwerdeführerin und ihrem Gatten nicht gelungen sei, eine asylrelevante Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat glaubhaft zu machen. Zu § 8 AsylG führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass sie bis zu ihrer Ausreise problemlos in der Lage gewesen seien, ihren Unterhalt zu bestreiten und sie selbst während des gesamten Verfahrens angegeben hätten, dass ihre wirtschaftliche Situation gut gewesen sei. Es habe sich daher im Verfahren nicht ergeben, dass sie im Falle der Rückkehr Hunger leiden müssten. Zudem bestünden im Herkunftsstaat zahlreiche familiäre Anknüpfungspunkte, weshalb die Beschwerde diesbezüglich im Ergebnis abzuweisen gewesen sei.

Am 18.12.2018 stellte die Beschwerdeführerin einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag gab sie an, dass sie und ihr Mann aus Angst im ersten Verfahren nicht alle Fluchtgründe angegeben hätten. Für sie würden dieselben Fluchtgründe wie für ihren Gatten gelten.

Am 15.1.2019 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte sie, dass die Fluchtgründe ihres Mannes auch für sie gelten würden. Aufgrund ihrer Schwangerschaft sei sie in ärztlicher Behandlung, wobei eine Kaiserschnittentbindung geplant sei. Ihr Vater, ihre Schwester und ihr Bruder würden nach wie vor in Usbekistan leben, zu denen sie ein- bis zweimal im Monat Kontakt habe.

Zu ihren Fluchtgründen gab sie an, dass sie keine eigenen Fluchtgründe habe und sich inhaltlich ihrem Mann anschließe. Im Dezember 2013 hätten sie geheiratet, im Jänner 2014 sei ihr Mann in Usbekistan verhaftet worden. Die Behörden hätten ihrem Mann „alles, was geschah“ vorgeworfen, weil er in Russland im Gefängnis gewesen sei. Wann dies erfolgt sei, wisse sie nicht, nur, dass er um Geld gestritten und jemanden geschlagen habe. Er habe in Russland Waren aus Usbekistan verkauft, welche Waren wisse sie aber nicht. In Usbekistan sei er mit der Begründung verhaftet worden, dass er aufgrund seines Gefängnisaufenthaltes in Russland auch in Usbekistan ins Gefängnis müsse. Er sei öfter zwei bis drei Tage eingesperrt gewesen. Er sei immer wieder gefoltert und geschlagen, in der Folge aber wieder freigelassen worden. Im Erstverfahren habe sie dies aus Angst nicht vorgebracht.

Im Falle einer Rückkehr werde ihr Ehemann eingesperrt, weil der Asylantrag einen Verrat darstelle. Zudem hätten sie in Usbekistan kein Zuhause mehr, sodass eine Rückkehr mit den kleinen Kindern unmöglich sei. Sie wisse deshalb, dass ihrem Mann Haft drohe, weil ihm vor vier Jahren gesagt worden sei, dass er aufgrund seines Gefängnisaufenthaltes in Russland wieder eingesperrt werde. Ihr selbst drohe im Falle einer Rückkehr keine Haft.

Am 1.3.2019 erfolgte eine neuerliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt, wo sie ergänzend ausführte, dass ihre jüngste Tochter (GZ W119 2219897) an einer Lungenzündung erkrankt sei und nach wie vor leicht huste. Sie selbst habe bis zur 9. Klasse die Schule besucht, Schneiderin gelernt und auch als solche gearbeitet.

Zum Fluchtgrund befragt gab sie an, dass ihr Mann bereits bei der Heirat im Jahr 2013 Probleme gehabt habe. Jedes Mal, wenn irgendwo ein Raub oder Diebstahl stattgefunden habe, sei die Polizei gekommen und habe ihren Mann beschuldigt. Sie seien nicht jeden Tag da gewesen, sondern ein- oder zweimal pro Woche oder einmal im Monat. Die Polizisten hätten ihn gefoltert und geschlagen, damit er die Straftaten gesteht. Sie hätten ihn zur Polizeistation mitgenommen, ein paar Tage dort behalten und dann wieder frei gelassen.

Zu den 2015 vorgebrachten Fluchtgründen führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie damals nicht die Wahrheit erzählt hätten, weil sie Angst vor der Abschiebung gehabt hätten.

Im Falle der Rückkehr würde ihr Mann verhaftet. Da es strafbar sei, einen Asylantrag zu stellen, würden sie drei Jahre eingesperrt.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 7.5.2019, Zl 066512600/181215620, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkt II.) ab, erteilte gemäß § 57 AsylG einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und setzte die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG jmit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Beigelegt wurden ein Empfehlungsschreiben der Caritas vom 28.5.2019, sowie ein ärztlicher Entlassungsbrief der jüngsten Tochter (GZ W119 2219897) aus dem Landesklinikum vom 21.02.2019.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.7.2019, W226 2122684-2/5E, wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, an den Feststellungen zur Beschwerdeführerin habe sich bezogen auf das Erkenntnis vom 21.9.2018 im Wesentlichen nichts geändert.

Aufgrund dieser offensichtlichen Widersprüche zum ursprünglichen Fluchtvorbringen sowohl bezüglich der Angaben der Beschwerdeführerin gegenüber jenen ihres Gatten, als auch innerhalb ihrer jeweiligen eigenen Aussagen, gehe das erkennende Gericht weiterhin davon aus, dass die beiden auch im Erstverfahren ein vollkommen unglaubwürdiges Vorbringen erstattet hätten, sodass sich an der Einschätzung im Erkenntnis vom 21.9.2018 nichts geändert habe.

Soweit im nunmehrigen (zweiten) Asylverfahren vorgebracht worden sei, der Gatte der Beschwerdeführerin werde im Herkunftsstaat von der Polizei verfolgt, hätten sich auch diese Angaben als völlig unglaubwürdig erweisen. Glaubhaft sei einzig, weil durch die nunmehr vorgelegte Haftbestätigung des Russischen Justizministeriums nachgewiesen, dass er in Russland von 2005 bis 2012 eine Haftstrafe verbüßt habe und zudem in der Russischen Föderation vorbestraft sei.

Zur Behauptung, die Asylantragstellung im Ausland wäre in Usbekistan strafbar, sei auszuführen, dass sich laut den Länderfeststellungen die usbekischen Behörden diesbezüglich auf Personen konzentrierten, die islamistischen Parteien oder anderen verbotenen Gruppierungen angehörten bzw. auf solche, die in Usbekistan einen radikalen religiösen oder regimekritischen Hintergrund hätten. Da eine entsprechende politische Gesinnung der Beschwerdeführer – entgegen den Schilderungen in der Beschwerde – weder unterstellt werde, noch aus ihren Ausführungen abzuleiten sei und auch sonst keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, sei es auch diesbezüglich nicht gelungen, eine begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen.

Zutreffend werde in der Beschwerde ausgeführt, dass die illegale Ausreise in Usbekistan unter Strafe stehe, doch werde auch dabei verkannt, dass diese Strafbarkeit – entsprechend den Länderfeststellungen – vom politischen bzw. religiösen Profil des Einzelnen abhänge, sodass sich auch daraus eine begründete Furcht vor Verfolgung nicht ableiten lasse.

Diesbezüglich sei zudem der Argumentation des Bundesamtes zuzustimmen, wonach die Beschwedeführerin legal mit dem Zug aus Usbekistan ausgereist sei und schon deshalb keine Konsequenzen infolge illegaler Ausreise zu befürchten habe.

Unter Bezugnahme auf die eingeholte Anfragebeantwortung zur Staatendokumentation habe das Bundesamt außerdem zutreffend ausgeführt, dass sich die Fragen der usbekischen Behörden im Falle der Rückkehr von Asylwerbern darauf beschränkten, wie lange und wo man sich im Ausland aufgehalten habe und im Falle der Beschwerdeführerin nur eine kurze Befragung zu erwarten sei, zumal sich dieser in keinem Kriegsland wie beispielsweise Syrien aufgehalten habe.

Schließlich sei den Ausführungen des Bundesamtes auch dahingehend zu folgen, dass die österreichischen Behörden keine Informationen hinsichtlich der Asylantragstellung an die usbekischen Behörden weitergäben und oppositionelle Aktivitäten aus dem Vorbringen nicht hervorgingen.

Soweit der Gatte der Beschwerdeführerin am 1.3.2019 ausgeführt habe, dass er aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Tadschiken Probleme gehabt hätte, sei festzuhalten, dass dies nur angedeutet worden sei, aber keine substantiierten Angaben dazu gemacht worden seien und eine etwaige Diskriminierung von Tadschiken auch aus den Länderfeststellungen nicht hervorgehe.

Am 11.10.2019 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland. Nach erfolgter Dublin Zustimmung Österreichs wurde sie am 28.7.2020 anher überstellt.

Noch am 28.7.2020 stellte die Beschwerdeführerin den gegenständlichen und somit dritten Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag).

Bei der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch die Beamten der Fremden- und Grenzpolizeilichen Abteilung Schwechat gab sie an, Österreich verlassen zu haben und von Oktober 2019 bis zum 28.7.2020 in Deutschland aufhältig gewesen zu sein.

Die Beschwerdeführerin sei in Samarkand in Usbekistan geboren, wies sich mit einem usbekischen Reisepass aus und legte eine Geburtsurkunde aus dem Herkunftsstaat vor. sie gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an.

Den nunmehrigen Folgeantrag begründete die Beschwerdeführerin damit, dass ihre damals genannten Fluchtgründe aufrecht blieben, bei einer Rückkehr würde ihr Mann getötet werden. Ein neuer Fluchtgrund sei, dass ihre Tochter in Deutschland eine Krankheit bekommen habe, die Ärzte vermuteten, dass es vielleicht Krebs wäre. Sie hätte in Deutschland operiert werden sollen, aber wegen Covid 19 sei es nicht dazu gekommen. Die Krankheit habe man im Oktober 2019 diagnostiziert. Eine Änderung ihres Fluchtgrundes gebe es nicht.

Am 26.8.2020 wurde die Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und erklärte zunächst, nicht an Erkrankungen zu leiden und sich seit dem Vorverfahren in Deutschland aufgehalten zu haben.

Nachgefragt, ob sich an ihren Fluchtgründen seit dem Vorverfahren etwas geändert habe, verneinte die Beschwerdeführerin dies audrücklich. Auch gebe es weder Änderungen im bezug auf ihr Privat- und Familienleben noch hinsichtlich ihrer Kinder seit dem Vorverfahren.

Vorgelegt wurden ein Unterstützungsschreiben für die Familie aus dem Jahr 2016 und eines aus 2018 sowie eines der Caritas vom Mai 2019 und eine Deutschkursteilnahmebestätigung der Beschwerdeführerin vom November 2016.

Mit gegenständlich bekämpftem Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG hinsichtlich des Status der Asylberichtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Unter Spruchpunkt III. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG ausgeführt, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise bestehe und gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Begründend wurde im Wesentlichen festgestellt, dass die Beschwerdeführerin Staatsangehörige von Usbekistan, volljährig und voll handlungsfähig sei. Sie leide an keinen schweren lebensbedrohenden Krankheiten, Änderungen hinsichtlich ihrer Person seit Rechtskraft vom 26.9.2018 bzw. 19.7.2019 seien nicht gegeben. Die Beschwerdeführerin habe im neuerlichen Asylverfahren keine neuen asylrelevanten Gründe vorgebracht bzw. habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben.

Auch lägen keine Abänderungen hinsichtlich ihres Privat- und Familienlebens seit Rechtskraft der Vorverfahren vor. Der hiesige Lebensunterhalt werde ausschließlich aus Zuwendungen der öffentlichen Hand bestritten. Die Beschwerdeführerin gehe in Österreich keiner Beschäftigung nach. Eine nachhaltige Integration im Bundesgebiet sei nicht ersichtlich. Von Oktober 2019 bis 28.7.2020 habe sich die Beschwerdeführerin in Deutschland aufgehalten.

Die Erlassung des Einreiseverbotes begründete die belangte Behörde damit, dass die Beschwerdeführerin die in ihrem Vorverfahren gewährte Frist zur Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung nicht eingehalten und somit die behördliche Anordnung gänzlich missachtet habe. Zudem habe sie sich durch Untertauchen den ersten Verfahren und in weiterer Folge den fremdenpolizeilichen Maßnahmen entzogen. Auch habe sie seit der illegal erfolgten Einreise in das österreichische Bundesgebiet ausschließlich aus Mitteln der öffentlichen Hand gelebt und müsse damit ihr gesamter Lebensunterhalt (Obdach und Nahrung, Krankenversicherung) finanziert werden. Den Besitz von Mitteln für seinen Unterhalt habe sie nicht nachweisen können.

Das Bundesamt traf umfassende herkunftsbezogene Feststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin.

Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde in vollem Umfang erhoben. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, dass der Gesundheitszustand der zweitältesten Tochter nicht in Ordnung wäre. Die belangte Behörde hätte dies bereits im Ermittlungsverfahren berücksichtigen müssen. Zudem fehlten Berichte zur aktuellen Lage betreffend Covid 19 und die Möglichkeit, überhaupt entsprechende medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen.

Mit Beschluss vom 28.9.2020, GZ W119 2122684-3/2Z, erkannte das Bundesverwaltungsgericht dieser Beschwerde gemäß § 17 Abs 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zu.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage sämtlicher Asylanträge der Beschwerdeführerin und ihres Gatten, der Einvernahmen vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesamts sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht, der bislang ergangenen Entscheidungen der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, der im Verfahren vorgelegten Schriftsätze sowie der Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin ist usbekische Staatsangehörige, stammt aus Samarkand und gehört der Volksgruppe der Tadschiken an.

Sie stellte am 29.4.2015 ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde vom Bundesamt und in weiterer Folge vom Bundesverwaltungsgericht als Rechtsmittelinstanz mit Erkenntnis vom 21.9.2018 abgewiesen. Den zweiten, am 18.12.2018 gestellten, Antrag auf internationalen Schutz wies das Bundesamt mit Bescheid vom 7.5.2019 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan ab, erließ eine Rückkehrentscheidung und gewährte eine Ausreisefrist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.7.2019, GZ W226 2122684-2/5E, abgewiesen.

Während der ganzen Verfahren brachte die Beschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe vor, sondern bezog sich auf jene ihres Gatten, dessen Asylverfahren allesamt negativ entschieden wurden, zuletzt mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.7.2019, GZ W226 2122686-2/5E, und nunmehr im Folgeverfahren mit Bescheid der belangten Behörde vom 7.9.2020, Zl. 1066512306/200653384.

Am 11.10.2019 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland. Nach erfolgter Dublin-Zustimmung Österreichs wurde sie am 28.7.2020 anher überstellt.

Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den zweiten Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin kann ebenso wenig festgestellt werden, wie eine maßgebliche Änderung der bereits in den Vorverfahren vorgebrachten Fluchtgründe.

Seit dem Abschluss des Vorverfahrens sind keine Umstände eingetreten, wonach der Beschwerdeführerin allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ohne Hinzutreten individueller Faktoren in Usbekistan aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Person drohen würde oder ihr im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Die Beschwerdeführerin wurde in Samarkand geboren, besuchte dort neun Jahre die Schule und arbeitete als Schneiderin. Ihr Gatte besuchte ebenfalls neun Jahre die Schule und führte eine Kfz-Werkstatt mit drei bis vier Angestellten. Er ist gelernter Automechaniker.

Das Ehepaar wohnte vor seiner Ausreise gemeinsam mit den Schwiegereltern in einem Haus, das ihr Mann nach dem Tod ses Vaters erbte. Die finanzielle Situation der Familie war laut eigenen Angaben sehr gut. In der Heimat leben noch der Vater, Geschwister sowie viele Onkel und Tanten der Beschwerdeführerin sowie die Schwester des Gatten.

Die Beschwerdeführerin ist arbeitsfähig und selbsterhaltungsfähig, ebenso ihr Ehemann. Angesichts der festgestellten heimatlichen Bildung, Berufserfahrung, Vermögensverhältnisse und der verwandtschaftlichen Beziehungen der Beschwerdeführerin und ihres Gatten ist auch unter Berücksichtigung einer derzeit durch Covid 19 schwierigeren Lage davon auszugehen, das sie imstande sind, bei einer Rückkehr für sich und die Familie ein Auskommen zu erwirtschaften sowie die notwendigen medizinischen Behandlungen zu erhalten zumal – wie aus aus den Länderfeststellungen hervorgeht – auch soziale Unterstützung möglich wäre. Wenn das Bundesverwaltungsgericht auch nicht verkennt, das die medizinische Versorgung in Usbekistan unterfinanziert ist, so ist sie doch in der Basis gesichert.

Festgestellt wird, dass sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.7.2019 die Integration der Beschwerdeführerin nicht verfestigt hat, Die vorgelegte Bestätigung über die Teilnahme an einem Deutschkurs sowie die Unterstützungserklärungen stammen allesamt aus den Vorverfahren. Nach dem letzten negativen Erkenntnis reiste die Beschwerdeführerin nach Deutschland aus, wo sie sich bis zur Rückschiebung am 29.7.2020 aufhielt.

Der Beschwerdeführer konnte keine Deutschzertifikate vorlegen, war im Bundesgebiet nie legal erwerbstätig und bezog kein eigenes Einkommen. Wie die belangte Behörde in der Bescheidbegründung richtigerweise ausführte, lebte sie seit der illegal erfolgten Einreise in das österreichische Bundesgebiet ausschließlich aus Mitteln der öffentlichen Hand und musste damit ihr gesamter Lebensunterhalt (Obdach und Nahrung, Krankenversicherung) finanziert werden. Den Besitz von Mitteln für ihren Unterhalt konnte sie nicht nachweisen.

Im Bundesgebiet befinden sich noch der Gatte (GZ W119 2122686) der Beschwerdeführerin sowie die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder (GZ W119 2122688, GZ W119 2158741 und GZ W119 2219897), deren Beschwerden ebenfalls mit Erkenntnissen des heutigen Tages abgewiesen und gegen die gleichzeitig Rückkehrentscheidungen erlassen wurden. Weitere Angehörige hat die Familie in Österreich nicht.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Feststellungen zur Situation aufgrund der Corona-Pandemie:

Mit Stichtag vom 3.2.2020 werden von der World Health Organization (WHO) in Usbekistan 78.801 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei im Fall von 621 der infizierten Personen der Todesfall bestätigt worden ist. Die Tendenz ist insgesamt stark fallend und mit Stand 3.2.2021 waren nurmehr 58 Personen erkrankt. (WHO Coronavirus Disease (COVID-19) Dashboard | WHO Coronavirus Disease (COVID-19) Dashboard).

Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Politische Lage

Usbekistan ist ein Binnenstaat, der zwischen Kasachstan im Norden und Nordwesten, Kirgisistan und Tadschikistan im Nordosten und Osten, Afghanistan und Turkmenistan im Süden und Südwesten liegt. Die Fläche des Landes beträgt 448 900 km², die Einwohnerzahl wird mit Stand 2016 auf 31,5 Millionen geschätzt. Hauptstadt ist Taschkent (GIZ 9.2018a). Das Staatsgebiet ist in die zwölf Provinzen (Viloyatlar), Andischan, Buchara, Choresm, Dschisak, Fergana, Kaschkadaria, Namangan, Navoi, Samarkand, Syrdarja, Surchandarja und Taschkent sowie die Stadtregion Taschkent und die autonome Republik Karakalpakstan gegliedert. Die Provinzen gliedern sich wiederum in Bezirke (Tuman/Rayon) (AA 3.2018; vgl. GIZ 9.2018a).

Die Republik Usbekistan erlangte 1991 ihre Unabhängigkeit und erhielt 1992 eine demokratische Verfassung (GIZ 9.2018b). Usbekistan ist eine autoritäre Präsidialrepublik mit einer dominanten Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates. Gewaltenteilung, Institutionen und Regeln existieren nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, welches aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden der staatlichen Komitees und anderer staatlicher Organe, sowie dem Vorsitzenden des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan, besteht. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die stellvertretenden Minister, die Richter des Verfassungs- und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist Oberster Befehlshaber der Streitkräfte (GIZ 9.2018b).

Am 14.12.2016 übernahm der langjährige Ministerpräsident Shavkat Mirziyoyev offiziell das Amt des Präsidenten der Republik Usbekistan. Mirziyoyev gewann die Präsidentschaftswahlen vom 04.12.2016 mit 88,61 Prozent der Stimmen. Die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen wurden angesetzt, nachdem der ehemalige Präsident Islam Karimov am 2.9.2016 gestorben war. Mirziyoyev hatte seit Anfang September 2016 das Land bereits als Interimspräsident geführt (AA 4.2018a; vgl. GIZ 9.2018b).

Seit den Parlamentswahlen im Dezember 2004 hat das Land ein Zweikammer-Parlament, bestehend aus dem Unterhaus, Olij Maschlis (Oberste Versammlung) und dem Senat. Das Unterhaus umfasst 150 Abgeordnete, von denen laut Verfassung 135 Vertreter von der wahlberechtigten Bevölkerung gewählt und 15 von der Ökologischen Bewegung Usbekistans ernannt werden. Der Senat umfasst 100 Sitze, von denen 84 aus den Provinzen sowie der Republik Karakalpakstan und der Stadt Taschkent gewählt werden, während die restlichen 16 Senatoren vom Staatspräsidenten ernannt werden (AA 3.2018; vgl. AA 4.2018a).

Die letzten Parlamentswahlen fanden am 21.12.2014 (Stichwahl 5.1.2015) statt. Alle vier im Unterhaus vertretenen Parteien stehen der Regierung nahe, andere Parteien durften nicht antreten (AA 4.2018a; vgl. GIZ 9.2018b). Das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/ODIHR) stellte in seinem abschließenden Wahlbeobachtungsbericht fest, dass es bei den Wahlen an Wettbewerbsfähigkeit mangelte und den Wählern keine echte Auswahl an politischen Alternativen angeboten wurden. Wahlbeobachter führten schwerwiegende Unregelmäßigkeiten auf, welche mit den nationalen Rechtsvorschriften und den OSZE-Verpflichtungen unvereinbar sind, darunter stellvertretende Stimmabgaben und Wahlfälschung durch das Auffüllen der Wahlurnen mit Stimmzetteln (USDOS 20.4.2018).

Die aus der kommunistischen Partei hervorgegangene Xalq Demokratik Partiyasi (Demokratische Volkspartei) hat die Mehrheit der Parlamentssitze inne. Die anderen Parteien im Parlament sind Adolat (Gerechtigkeit), Milliy Tiklanish (Nationale Wiedergeburt), und Fidokorlar (Die sich Aufopfernden), welche alle regierungsnah sind. Im April 2000 fusionierte die Partei Vatan Taraqiyoti (Fortschritt des Vaterlandes) mit Fidokorlar. Die jüngste Neugründung ist die Liberaldemokratische Partei Usbekistans. Die Gründung regierungsnaher Parteien soll die Fassade eines Mehrparteiensystems aufrechterhalten (GIZ 9.2018b).

Mahallas (Nachbarschaftsgemeinden) haben Funktionen der lokalen Selbstverwaltung übernommen. In Usbekistan sind sie seit 1992 als gesetzliche Organe der lokalen Selbstverwaltung in den Staatsapparat eingegliedert. Die Mahalla-Kommissionen unterliegen staatlicher Kontrolle, ihre Sekretäre und Vorsitzenden werden vom Staat bezahlt und vom jeweiligen Provinzgouverneur (Hokim) ernannt (GIZ 9.2018b).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (3.2018): Usbekistan, Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistan/206788, Zugriff 15.10.2018

-        AA - Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018a): Usbekistan, Überblick, https://www.liportal.de/usbekistan/ueberblick/, Zugriff 22.10.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018


Sicherheitslage

Es ist in Usbekistan von einer latenten Gefährdung durch radikale Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (GIZ 8.2018b). Radikaler politischer Islamismus scheint sich vor allem im Ferganatal zu konzentrieren (GIZ 9.2018c). Landesweit herrscht die Gefahr von Terroranschlägen durch islamistische Gruppen (BMEIA 13.11.2018). Die seit den neunziger Jahren aktive „Islamische Bewegung Usbekistans“ (IBU) ist eine der aktivsten Extremisten-Gruppen in Zentralasien. Die IBU unterstützte lange die Taliban im Nachbarland Afghanistan und war auch in Pakistan aktiv. 2015 legte sie den Treueeid auf den Islamischen Staat (IS) ab (SD 8.4.2017).

Usbekistan und Kirgisistan haben sich 2017 darauf geeinigt, einen jahrzehntelangen Grenzstreit über Enklaven im Ferganatal lösen zu wollen, welcher in vorangegangenen Jahren zu Schusswechseln und anderen Formen der Gewalt geführt hat. Insbesondere in der 350 km² großen Enklave Sokh, in der über 50.000 Usbeken leben, sind mehrfach Konflikte zwischen Grenzschutzbeamten und Einheimischen aufgeflammt. Dies führt oft zu Grenz- und Straßensperren durch kirgisische Beamte, was einen Gütermangel zur Folge hatte, der wiederum oft zu neuerlichen Aufständen und Gewalt führte. Neben dem usbekischen Sokh geht es auch um die kirgisische Enklave Barak und die usbekischen Enklaven Shohimardan, Jani-Ayil und Chon Qora/Qalacha (RFE/RL 14.12.2017). Im August 2018 haben sich beide Länder im Fall der Enklave Barak auf einen Gebietstausch gegen Ländereien im Gebiet um das usbekische Grenzdorf Birleshken geeinigt, welcher bis zu zwei Jahre dauern könnte (RFE/RL 15.8.2018).

Quellen:

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018c): Usbekistan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/usbekistan/gesellschaft/, Zugriff 22.10.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2018b): Usbekistan, Alltag, https://www.liportal.de/usbekistan/alltag/, Zugriff 22.10.2018

-        BMEIA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (13.11.2018): Reiseinformation Usbekistan - Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan/, Zugriff 13.11.2018

-        Novastan (9.4.2018): Usbekistans innere und äußere Bedohungen, https://www.novastan.org/de/usbekistan/innere-und-ausere-bedrohungen-usbekistans/, Zugriff 12.11.2018

-        RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.12.2017): Tug-Of-War: Uzbekistan, Kyrgyzstan Look To Finally Settle Decades-Old Border Dispute, https://www.rferl.org/a/uzbekistan-kyrgyzstan-resolving-decades-old-border-dispute/28918059.html, Zugriff 12.11.2018

-        RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (15.8.2018): Kyrgyzstan, Uzbekistan Agree To Work On Land Swap Near Border, https://www.rferl.org/a/kyrgyzstan-uzbekistan-agree-to-work-on-land-swap-near-border/29435146.html, Zugriff 12.11.2018

-        SD - Süddeutsche Zeitung (8.4.2017): Islamische Bewegung Usbekistans rekrutiert in Deutschland, https://www.sueddeutsche.de/politik/anschlag-in-stockholm-usbekistan-rueckt-ins-zentrum-des-terrors-1.3457183-2, Zugriff 12.11.2018
2.         Rechtsschutz / Justizwesen

Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, gibt es einige Fälle in denen die Justiz nicht mit völliger Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gearbeitet hat (USDOS 20.4.2018).

Alle Richter werden vom Präsidenten für eine verlängerbare Amtszeit von fünf Jahren ernannt. Die Absetzung von Richtern des Obersten Gerichtshofs muss vom Parlament bestätigt werden, welches im Allgemeinen den Wünschen des Präsidenten nachkommt (USDOS 20.4.2018). Die Rechtsanwaltskammer, eine Aufsichtsbehörde mit Pflichtmitgliedschaft, dient als Instrument der staatlichen Kontrolle über den Rechtsberuf (FH 1.2018).

Die Garantien für ein ordnungsgemäßes Verfahren sind nach wie vor äußerst schwach. Die Strafverfolgungsbehörden haben die Verhaftung von Personen, welche des religiösen Extremismus verdächtigt werden, routinemäßig gerechtfertigt, indem sie Konterbande platzierten, zweifelhafte Anklagen wegen finanzieller Verfehlungen erhoben oder Zeugenaussagen erfanden (FH 1.2018). Obwohl laut dem usbekischen Strafgesetzbuch die Unschuldsvermutung gilt, haben sich die Empfehlungen eines Staatsanwalts im Allgemeinen durchgesetzt. Beklagte haben das Recht, an Gerichtsverfahren teilzunehmen, Zeugen zu befragen und Beweise vorzulegen. Richter lehnten Anträge der Verteidigung jedoch ab, zusätzliche Zeugen vorzuladen oder Beweise, die den Beklagten unterstützen, in die Akte aufzunehmen. Angeklagte haben das Recht auf Vertretung durch einen Anwalt. Bei Bedarf wird ein Rechtsbeistand, und wenn nötig auch ein Dolmetscher, kostenlos zur Verfügung gestellt. Glaubwürdigen Berichten zufolge handelten staatlich bestellte Verteidiger jedoch routinemäßig im Interesse der Regierung und nicht ihrer Mandanten (USDOS 20.4.2018).

Die überwiegende Mehrheit der Strafverfahren endeten mit einem Schulspruch. Mitglieder der Justiz sollen Entscheidungen auf Wunsch der Exekutive, der Generalstaatsanwaltschaft oder anderer Strafverfolgungsbehörden, gefällt haben. Gerichte stützen ihre Urteile oft ausschließlich auf Geständnissen oder Zeugenaussagen, die durch Misshandlung, Bedrohung von Familienangehörigen oder anderer Formen von Gewaltanwendung gewonnen wurden. Verteidiger haben Richter gelegentlich aufgefordert Geständnisse abzulehnen und Folterbehauptungen zu untersuchen. Solche Forderungen wurden häufig aber als unbegründet abgelehnt. Foltervorwürfe wurden nicht richtig untersucht und in Gerichtsurteilen wird oft festgehalten, dass Foltervorwürfe dazu dienen würden, sich der strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen. Es gibt ein Recht auf Berufung, wobei diese selten zu einer Aufhebung der Verurteilung führt, in einigen Fällen jedoch zu einer Verringerung oder Aussetzung von Strafen (USDOS 20.4.2018).

Bürger können bei Zivilgerichten wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen durch Beamte, mit Ausnahme von Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern, Klage erheben. Es wird berichtet, dass Bestechungsgelder für Richter Entscheidungen von Zivilgerichten beeinflussen (USDOS 20.4.2018).

Im Februar 2017 verabschiedete Usbekistan eine Handlungsstrategie für die Jahre 2017 bis 2021, die Reformen im Justizbereich vorsieht. Dazu gehören neben der Verbesserung der Verwaltungs-, Straf-, Zivil- und Handelsgerichtsbarkeit auch präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität und eine verbesserte juristische Ausbildung (AA 4.2018a).

Usbekistan hat die Kompetenz zum Ausstellen von Haftbefehlen von der Staatsanwaltschaft auf die Gerichte übertragen („Habeas-Corpus-Prinzip“). Die Umsetzung dieser Maßnahme ist aber nach wie vor nicht abgeschlossen (AA 4.2018a).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018

-        FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Sicherheitsbehörden

Die zivilen Behörden behielten im Allgemeinen eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte bei, jedoch sind die zivilen Strukturen von den Sicherheitsdiensten durchdrungen (USDOS 20.4.2018).

Usbekistan verfügt über drei Institutionen zur Bekämpfung krimineller Aktivitäten. Für Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Untersuchung allgemeiner Verbrechen ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Die Generalstaatsanwaltschaft untersucht Gewalttaten wie Mord, außerdem Korruption und Machtmissbrauch durch Beamte. Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB), welches über seinen Vorsitzenden direkt dem Präsidenten unterstellt ist, befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und der Spionage, welche auch die Bereiche Terrorismus, Korruption, organisierte Kriminalität, Grenzkontrolle und Drogen umfassen (USDOS 20.4.2018).

Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB) wird für die Verhaftung und Folterung von Hunderten von Bürgern sowie Aktivisten und religiösen Persönlichkeiten verantwortlich gemacht (IWPR 4.4.2018). Es gibt mehrere Berichte, dass die Regierung oder deren Agenten, willkürliche oder rechtswidrige Tötungen - auch durch Folter - begangen haben. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Offiziell wird das Innenministerium mit der Untersuchung und Disziplinierung von Beamten beauftragt, die wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt sind. Es gibt keine Fälle in denen es zur Bestrafung kam. Auch das dem Parlament angegliederte Büro des Bürgerbeauftragten für Menschenrechte hat - obwohl seine Entscheidungen nicht verbindlich sind - eine Befugnis zur Untersuchung von Fällen (USDOS 20.4.2018).

Ende März verabschiedete das usbekische Oberhaus das Gesetz „Über den Staatlichen Sicherheitsdienst“ und formuliert damit erstmals seit der Unabhängigkeit des Landes einen rechtlichen Rahmen für die Arbeit des Sicherheitsdienstes. Nach dem neuen Gesetz gehört zu den Aufgaben des Sicherheitsdienstes der Schutz der Verfassung, der Souveränität und der territorialen Integrität vor äußeren wie inneren Gefahren. Er ist direkt Präsident Mirziyoyev rechenschaftspflichtig (Novastan 9.4.2018). Am 1.4.2018 hat Präsident Mirziyoyev per Dekret eine umfassende Reorganisation des Nationale Sicherheitsdienstes (SNB) eingeleitet, mit der die bisherige, umfassende Autorität des SNB, beendet wird. Einige Aufgabenbereiche, wie die Sicherung staatlicher Institutionen werden dem Innenministerium unterstellt, andere, wie der Bau und die Instandhaltung von Sicherheitseinrichtungen wurden dem Verteidigungsministerium übertragen. Der SNB wurde im Zuge dessen in Staatssicherheitsdienst (GSB) umbenannt (IWPR 4.4.2018).

Der OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan unterstützt die usbekische Polizeiakademie bei ihrem Aus- und Weiterbildungsprogramm durch internationale Austauschbesuche und das Einbringen von internationalem Fachwissen in den Ausbildungsplan. Für Mitarbeiter der Abteilung für Menschenrechte und Rechtsschutz des Innenministeriums werden auch Kurse zur Menschenrechtslehre, den Rechten von Jugendlichen und zu Korruption organisiert (OSZE 2018).

Im Oktober 2018 fand in Taschkent eine vom OSZE-Projektkoordinator organisierte Schulung für Polizeibeamte statt. Der Fokus der Schulung lag auf der Einhaltung der nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards im Polizeidienst, wie die Wahrung der Unschuldsvermutung, das Verbot von Folter und repressiven Praktiken und den Schutz von Würde und Achtung von Zeugen und Verdächtigen in allen Phasen des Ermittlungsprozesses (OSZE 6.11.2018). Im Mai 2018 fand der erste Teil einer Reihe von Kursen zur Erkennung und Untersuchung von Fällen von Menschenhandel statt. Die Schulung ist Teil eines langjährigen Engagements des OSZE-Projektkoordinators in Usbekistan zur Unterstützung des Landes bei der Bekämpfung des Menschenhandels (OSZE 21.5.2018).

Geschätzt 12.000 Nachbarschaftskomitees (Mahalla) dienen als Informationsquelle über potenzielle „Extremisten“. Diese Ausschüsse bieten verschiedene soziale Unterstützungsfunktionen an, fungieren aber auch als Informanten in der lokalen Gesellschaft für die Regierung und Strafverfolgung. Mahallas in ländlichen Gebieten waren in der Regel einflussreicher als in Städten (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        IWPR - Institute for War and Peace Reporting (4.4.2018): Uzbek President Reigns In Security Service, https://www.ecoi.net/en/document/1429539.html, Zugriff 29.10.2018

-        Novastan (9.4.2018): Usbekistans innere und äußere Bedohungen, https://www.novastan.org/de/usbekistan/innere-und-ausere-bedrohungen-usbekistans/, Zugriff 12.11.2018

-        OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (2018): OSCE Project Co-ordinator in Uzbekistan - Policing, https://www.osce.org/uzbekistan/106127, Zugriff 13.11.2018

-        OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (21.5.2018): Specialized anti-trafficking training course for regional branches of police in Uzbekistan held in Urgench with OSCE support, https://www.osce.org/project-coordinator-in-uzbekistan/382117, Zugriff 13.11.2018

-        OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (6.11.2018): Project Co-ordinator in Uzbekistan conducts training course for police investigators on protecting rights of alleged victims and accused persons during preliminary investigations, https://polis.osce.org/project-coordinator-uzbekistan-conducts-training-course-police-investigators-protecting-rights, Zugriff 13.11.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018


Folter und unmenschliche Behandlung

Während die Verfassung und Gesetze solche Praktiken verbieten, haben Polizei- und Sicherheitsbeamte regelmäßig Häftlinge geschlagen und misshandelt, um Geständnisse oder belastende Informationen zu erhalten (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018; FH 1.2018). Quellen berichteten, dass Folter, grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Gefängnissen, Untersuchungseinrichtungen und örtlichen Polizei- und Sicherheitsdienststellen für Personen üblich seien, die wegen religiöser oder extremistischer Anschuldigungen verhaftet oder festgehalten werden. Foltermethoden umfassen harte Schläge, die Verweigerung von Nahrung und Toilettenbenutzung, das Fesseln der Hände und eine Ausübung von psychologischem Druck, einschließlich von Drohungen gegen Familienangehörige (USDOS 20.4.2018).

Ein Polizeigesetz aus dem Jahr 2016 verbietet Folter, und ein Präsidialdekret vom November 2017 verbietet es Gerichten Beweise zu verwenden, die durch Folter gewonnen wurden (FH 1.2018).

Am 1.6.2018 endete in Taschkent die erste internationale Diskussionsrunde über die Einrichtung eines Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) Usbekistans gegen Folter. Bei der vom OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan und vom Ombudsmann organisierten Veranstaltung nahmen hochrangige Regierungsvertreter, Parlamentarier, Vertreter nationaler Menschenrechtsinstitutionen, ein Mitglied des UN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter sowie lokale und internationale Rechtsexperten teil und besprachen die Entwicklung eines Rechtsrahmens gemäß internationaler Normen (OSZE 1.6.2018).

Quellen:

-        AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Uzbekistan, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/uzbekistan/report-uzbekistan/, Zugriff 29.10.2018

-        FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018

-        OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (1.6.2018): OSCE supports establishment of National Preventive Mechanism against Torture in Uzbekistan, https://www.osce.org/project-coordinator-in-uzbekistan/383226, Zugriff 13.11.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Korruption

Korruption ist allgegenwärtig. Bestechung, wie auch Bestechung unter Beamten niedriger und mittlerer Ebene sind üblich und manchmal sogar transparent. Die mediale Diskussion über korrupte Praktiken hat sich seit Präsident Karimovs Tod vorsichtig ausgeweitet, aber in einigen Fällen sind die beteiligten Journalisten und Kommentatoren - nicht die korrupten Beamten - unter Druck geraten (FH 1.2018).

Im Dezember 2016 wurde im Parlament ein neues Gesetz zur Korruptionsbekämpfung verabschiedet, welches die strafrechtlichen Sanktionen für Korruption von Beamten verschärft. Trotz einiger Verhaftungen auf hohen Ebenen, darunter einige Richter, bleibt Korruption endemisch. Strafrechtliche Verfolgung von Beamten durch die Regierung ist weiterhin selten, selektiv, aber oft öffentlich. Beamte sind häufig ungestraft an korrupten Praktiken beteiligt (USDOS 20.4.2018). Es gab eine Reihe von Fällen, in denen untergeordnete Amtsträger verhaftet und als „Opferlämmer“ wegen angeblicher Korruption verfolgt wurden. Diese Strafverfolgung ist jedoch weder systematisch und unparteiisch, noch spiegelt sie eine entschlossene Anti-Korruptionspolitik der usbekischen Regierung und der Strafverfolgungsbehörden wider (BTI 2018).

Auf dem weltweiten Korruptionsindex wird Usbekistan 2017 im Bezug auf Korruption im öffentlichen Sektor mit 22 von 100 möglichen Punkten bewertet und liegt damit auf Rang 157 von 180 indizierten Staaten, gleichauf mit den Staaten gleichauf mit Burundi, Haiti und Zimbabwe (TI 21.2.2018).

Quellen:

-        BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Uzbekistan Country Report, https://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/UZB/, Zugriff 15.10.2018

-        FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018

-        TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 15.10.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

NGOs und Menschenrechtsaktvisten

Nicht registrierte Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sind mit extremen Schwierigkeiten und Belästigungen konfrontiert (FH 1.2018). In Usbekistan sind mehrere Menschenrechtsgruppen aktiv. Die Regierung versucht, die Aktivitäten von NGOs zu kontrollieren. Die Rahmenbedingungen für eine unabhängige Zivilgesellschaft, insbesondere für Menschenrechtsverteidiger, sind weiterhin restriktiv. Die meisten lokalen NGOs sind gezwungen sich einer staatlich kontrollierten NGO-Vereinigung anzuschließen, die der Regierung eine weitreichende Aufsicht über deren Finanzierung und Aktivitäten erlaubt. Für Regelverstöße werden hohe Bußgelder verhängt. Auch für internationale NGOs, sind Sanktionen vorgesehen, wenn sie Aktivitäten setzen, welche die Regierung nicht im Vorfeld genehmigt hat (USDOS 20.4.2018).

Die Regierung hat zwei einheimische Menschenrechts-NGOs, Ezgulik und die unabhängige Menschenrechtsorganisation Usbekistans, offiziell anerkannt. Vertreter von Ezgulik berichten, dass ihre Arbeit durch Schikanen, Einschüchterungen und Androhungen von Gerichtsverfahren gegen Mitarbeiter weiterhin behindert wird. Andere Menschenrechtsorganisationen, wie Human Rights Alliance, Najot, das Humanitarian Legal Center, die Human Rights Society of Usbekistan, die Expert Working Group und Mazlum (Unterdrückte), konnten sich nicht registrieren, sind aber nach wie vor aktiv. Aktivisten berichten von anhaltender staatlicher Kontrolle und Belästigung. Es gibt Berichte, dass die Polizei und andere Sicherheitskräfte ohne Haftbefehle in die Häuser von Menschenrechtsaktivisten und Mitgliedern religiöser Gruppen eingedrungen sind (USDOS 20.4.2018).

1999 wurde in Usbekistan ein Gesetz zur Arbeit von NGOs verabschiedet. Von den etwa 500 (Stand 2004) registrierten Organisationen im Land, sind etwa zehn Prozent tatsächlich aktiv. Sie sind in hohem Maße von ausländischer Finanzierung abhängig (GIZ 9.2018b). Nach der gewaltsamen Niederschlagung einer Erhebung der Bevölkerung von Andischan im Ferganatal am 12./13.5.2005, bei der je nach Angaben 169 oder 500 bis 1000 Menschen ums Leben kamen, setzte eine Welle von „freiwilligen“ Schließungen von NGOs ein. Zahlreiche ausländische NGOs mussten das Land verlassen. Nun kehren erste ausländische Organisationen zurück (GIZ 9.2018b). Erstmals seit sieben Jahren durfte im September 2017 eine offizielle Delegation von Human Rights Watch ihre erste Feldarbeitsbewertung in Usbekistan durchführen. Eine Reihe von internationalen Menschenrechtsbeauftragten, darunter der VN-Hochkommissar für Menschenrechte, durften ebenfalls das Land und die im Lauf des Jahres freigelassenen politischen Gefangenen besuchen (FH 1.2018).

Der Grad, in dem NGOs in der Lage sind, zu arbeiten, ist je nach Region unterschiedlich und abhängig von der Toleranz lokaler Beamter gegenüber den Aktivitäten der NGOs (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018b): Usbekistan, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/usbekistan/geschichte-staat/, Zugriff 22.10.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018


Wehrdienst und Rekrutierungen

In Usbekistan herrscht Wehrpflicht für Männer ab dem 18. Lebensjahr (CIA 26.9.2018). Die Dienstzeit beträgt zwölf Monate (Brockhaus 13.11.2018).

Usbekistan befindet sich im Übergang zu einem Berufsheer, die Wehrpflicht soll aber in irgendeiner Form beibehalten werden. Da das Militär nicht jeden aufnehmen kann, herrscht bei der Aufnahme ein Wettbewerb ähnlich dem für die Zulassung zu Universitäten (CIA 26.9.2018).

Quellen:

-        Brockhaus - Brockhaus Enzyklopädie Online (13.11.2018): Usbekistan, https://brockhaus.at/ecs/permalink/7B601147543D1660B185A39F56101BEA.pdf, Zugriff 13.11.2018

-        CIA - Central Intelligence Agency (26.9.2018): The World Factbook, Central Asia: Uzbekistan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/uz.html, Zugriff 15.10.2018


Allgemeine Menschenrechtslage

Usbekistan hat wichtige Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen ratifiziert, darunter den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter. Dem stehen aber in der Praxis Menschenrechtsverletzungen gegenüber. Es wird weiterhin von Verhaftungen unter dem Vorwurf des Terrorismus oder der Mitgliedschaft in islamistischen Organisationen bzw. Unterstützung islamischer Fundamentalisten berichtet (AA 4.2018a).

Zu den gravierendsten Menschenrechtsfragen in Usbekistan gehörten Folter und Misshandlung von Gefangenen durch Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftung, Isolationshaft, ausgeweitete Haft und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen, Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit sowie der Zivilgesellschaft, die Unmöglichkeit, die Regierung in freien, fairen und regelmäßigen Wahlen zu wählen, endemische Korruption, Menschenhandel, einschließlich staatlich veranlasster Zwangsarbeit, und die Inhaftierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen/Transgender und Intersexuellen (LGBTI-Personen) auf der Grundlage von Gesetzen, welche gleichgeschlechtliches Sexualverhalten kriminalisieren. Es gab keine Berichte über politisch motiviertes langfristiges Verschwinden von Personen durch oder im Auftrag von Regierungsbehörden. In ihrem Jahresbericht von 2017 stellt die in Genf ansässige Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu erzwungenem oder unfreiwilligem Verschwinden fest, dass es sieben Fälle aus den Vorjahren gibt. Nach Angaben der Arbeitsgruppe hat die Regierung nicht auf Anfragen der Gruppe, das Land besuchen zu dürfen reagiert (USDOS 20.4.2018).

Präsident Mirziyoyev hat einige Schritte unternommen, um Usbekistans „katastrophale“ Menschenrechtsbilanz zu verbessern, wie z.B. die Freilassung einiger politischer Gefangener, die Lockerung bestimmter Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die Streichung von Bürgern von der berüchtigten „schwarzen Liste“ der Sicherheitsdienste und eine stärkere Rechenschaftspflicht staatlicher Institutionen gegenüber der Bürger (HRW 18.1.2018; vgl. AI 22.2.2018).

Die Regierung arbeitet mit Vertretern der Vereinten Nationen (VN) sowie mit VN-Sonderorganisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und weiteren internationalen Organisationen, welche die Menschenrechte überwachen, zusammen und erlaubt Besuche (USDOS 20.4.2018).

Das nationale Zentrum für Menschenrechte (National Human Rights Center - NHRC), eine Regierungsbehörde, ist für die Aufklärung von Öffentlichkeit und Beamtenschaft über die Grundsätze von Menschenrechten und Demokratie zuständig und soll sicherstellen, dass die Regierung ihren internationalen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Menschenrechtsinformationen nachkommt. Das NHRC arbeitete mit der OSZE bei der Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte zusammen. (USDOS 20.4.2018).

Im Mai 2017 besuchte Zeid Ra'ad Al Hussein, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, die Republik Usbekistan. Dies war der erste Besuch eines Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, seit dessen Etablierung im Jahr 1993. Erstmals nach sieben Jahren war es auch der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Anfang September 201

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten