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L10015 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Salzburg;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der Al-GmbH in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 10. April 1995, Zl. 1/02-33.244/3-1995, betreffend eine Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich auf Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 5. April 1993 bezieht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
Mit Eingabe vom 23. Oktober 1990 suchte die Beschwerdeführerin um Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines Bürogebäudezubaues auf den Gp. 1666, 1663/1, 2578/2 und 1665/5, KG XY, an. Das Projekt sah den Zubau eines Bürotraktes im rechten Winkel an das bestehende Bürogebäude vor. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung festgestellt, daß das geplante Bauvorhaben eine Fläche (Gp. 2578/2) beanspruche, für die noch keine rechtskräftige Bauplatzerklärung vorliege. Für die Erteilung der Baubewilligung seien einerseits eine Abänderung der Bauplatzerklärung durch Erweiterung um die genannte Wegfläche und andererseits eine Zusammenlegung der Bauplätze Gp. 1666, 1663/1 und 1665/5 erforderlich. Die Beschwerdeführerin stellte daher im Zuge der Bauverhandlung mündlich entsprechende Anträge. Von Seiten der Behörde erster Instanz wurde im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Änderung der Bauplatzerklärung zunächst mit der Entscheidung über den Baubewilligungsantrag zugewartet.
Im Jahr 1992 fand aufgrund eines Ansuchens der Beschwerdeführerin um Erteilung der Baubewilligung zum Einbau einer Aufzugsanlage in dem bis dahin nicht bewilligten Bürogebäudezubau neuerlich eine mündliche Verhandlung statt. Dabei stellte sich heraus, daß der Bürogebäudezubau mittlerweile konsenslos errichtet worden war und sich im Rohbau befand. Die Beschwerdeführerin stellte sodann am 20. Oktober 1992 schriftlich den Antrag auf Erweiterung der bestehenden Bauplätze Gp. 1663/1 und 1665 um das erforderliche Teilstück auf dem Grundstück Nr. 2578/2 sowie auf Vereinigung dieser Bauplätze mit der Gp. 1666 zu einem Bauplatz. Weiters ersuchte sie um Aussetzung des Bauverfahrens betreffend den Bürogebäudezubau und den Einbau der Liftanlage bis zum Vorliegen der Bauplatzerklärung. Eine aufgrund dieses Antrages abgehaltene Verhandlung ergab, daß eine Bauplatzerklärung erst nach Änderung des Bebauungsplanes möglich sei und hinsichtlich einer Teilfläche auch die Änderung des Flächenwidmungsplanes erforderlich wäre.
Mit Bescheid vom 5. April 1993 versagte die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung der Beschwerdeführerin aufgrund der Bestimmung des § 9 Abs. 1 lit. b Salzburger Baupolizeigesetz die beantragte baubehördliche Bewilligung sowohl für den Bürogebäudezubau als auch für die Aufzugsanlage, da die Baumaßnahme weder mit dem Bebauungsplan noch mit den bestehenden Bauplatzerklärungen im Einklang stehe. Darüber hinaus trug die Behörde der Beschwerdeführerin gemäß § 16 Abs. 3 Salzburger Baupolizeigesetz auf, den konsenslos errichteten Bürogebäudezubau zu beseitigen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie das Verfahren insofern als mangelhaft bezeichnete, als dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Aussetzung des Bauverfahrens bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Bauplatzvereinigung und eines geänderten Bebauungsplanes nicht entsprochen worden sei. Das Verfahren betreffend den Beseitigungsauftrag müsse gesondert nach den Vorschriften der §§ 37 ff AVG durchgeführt und der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben werden. Im übrigen sei die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung betreffend die Erteilung des Beseitigungsauftrages unzuständig.
Mit Bescheid vom 10. April 1995 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG (zur Gänze) als unbegründet ab. Die Baubehörde habe den Beseitigungsauftrag zu Recht auf § 16 Abs. 3 Salzburger Baupolizeigesetz, LGBl. Nr. 117/1973 idgF (BauPolG), gestützt, da die im Hinblick auf das Ansuchen um Bewilligung des Bürogebäudezubaues und der Aufzugsanlage sowie bezüglich des Ansuchens um die Bauplatzerklärung und -vereinigung durchgeführten Verfahren lediglich auf die Erteilung einer Bauplatzerklärung, Baubewilligung bzw. sonstiger Bewilligung gemäß § 19 Abs. 1 Raumordnungsgesetz gerichtet seien und einen Beseitigungsauftrag exkludierten. Betreffend die Frage der Zuständigkeit der Behörde erster Instanz zur Erlassung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 16 Abs. 3 Salzburger Baupolizeigesetz verwies die belangte Behörde auf die Delegierungsverordnung für den politischen Bezirk Salzburg-Umgebung und ein diesbezüglich ergangenes Schreiben der Salzburger Landesregierung, wonach eine Delegierung im wesentlichen auch unselbständige, von der Baubewilligungspflicht abhängige Verfahren, insbesondere auch baupolizeiliche Auftragsverfahren gemäß § 16 Abs. 1 bis 4 Salzburger Baupolizeigesetz, umfasse.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit, in der auch die Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung und der belangten Behörde geltend gemacht wird. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung zur Erteilung der Baubewilligung für den Bürogebäudezubau und die Aufzugsanlage:
§ 1 (Abs. 1) Z. 1 I lit. b der Bau-Delegierungsverordnung für Salzburg-Umgebung, LGBl. Nr. 98/1968 in der Fassung LGBl. Nr. 19/1993 (Druckfehlerberichtigung LGBl. Nr. 48/1993), lautet:
"§ 1
(1) Für die Gemeinden ... und Wals-Siezenheim wird auf dem dem eigenen Wirkungsbereich zugehörigen Gebiete der örtlichen Baupolizei und der örtlichen Raumplanung übertragen:
I. Auf die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung die Besorgung der
a)
...
b) Erteilung der Baubewilligung in jenen Fällen, in
denen nach der
Gewerbeordnung die
gewerbebehördliche
Genehmigung der
Betriebsanlage
erforderlich ist..."
...
d) die Besorgung von Maßnahmen, die zur Behebung von Baumängeln an Bauten der in lit. b und c angeführten Art erforderlich sind;"
(§ 1 ist nicht in Absätze gegliedert, die Bezeichnung "(1)" stellt daher offenbar ein Redaktionsversehen dar).
Daraus ergibt sich, daß eine Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung zur Erteilung der Baubewilligung jedenfalls dann gegeben ist, wenn die beantragte Baumaßnahme (im Beschwerdefall: der Bürogebäudezubau und die Liftanlage) eine Baumaßnahme darstellt, die einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedarf bzw. die eine Änderung einer Betriebsanlage darstellt, die gemäß § 81 GewO 1994 bewilligungspflichtig ist.
Die belangte Behörde ist aber, ohne die Frage der Bewilligungspflicht nach der Gewerbeordnung abschließend geprüft zu haben, aufgrund des Umstandes, daß es sich beim konsentierten Bestand um eine nach §§ 74 ff GewO 1973 genehmigte Betriebsanlage handelt, davon ausgegangen, daß jegliche Änderung dieser Betriebsanlage, mag sie auch nach § 81 Abs. 1 GewO 1973 (die im Beschwerdefall noch anzuwenden gewesen wäre, im übrigen aber im hier maßgeblichen Zusammenhang der GewO 1994 entspricht) nicht bewilligungspflichtig nach der Gewerbeordnung sein, von der Zuständigkeitsübertragung nach § 1 (Abs. 1) I lit b der Delegierungsverordnung für die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung erfaßt sei.
Dieser Rechtsauffassung ist im Ergebnis zuzustimmen, da nach dem Wortlaut der oben wiedergegebenen lit. b es nicht darauf ankommt, daß die einzelne Baumaßnahme der gewerbebehördlichen Genehmigung bedarf, sondern die Betriebsanlage nach der Gewerbeordnung genehmigungspflichtig ist. Damit wird die Zuständigkeit zur Erteilung von Baubewilligungen für Baumaßnahmen, die sich als Änderung einer Betriebsanlage im Sinn des § 74 GewO 1973 darstellen, auf die Bezirkshauptmannschaft übertragen, gleichgültig, ob gleichzeitig auch eine Bewilligungspflicht nach § 81 Abs. 1 GewO 1973 (nunmehr GewO 1994) gegeben ist. Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zutreffend von der Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung ausgegangen.
Feststellungen dahingehend, ob die beantragten Baumaßnahmen auch der gewerbebehördlichen Bewilligung bedurften, waren daher
-
entgegen der diesbezüglichen Verfahrensrüge in der Beschwerde
-
entbehrlich.
Allerdings bildet der Umstand, daß im angefochtenen Bescheid zur Frage der Zuständigkeit lediglich die oben wiedergegebenen Ausführungen zur Zuständigkeit zur Erlassung baupolizeilicher Aufträge enthalten sind und die belangte Behörde ihre Rechtsauffassung erst in der Gegenschrift dargelegt hat, einen Verfahrensmangel. Dieser Verfahrensmangel führt jedoch im Beschwerdefall nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides, da die belangte Behörde (wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt) auch bei Vermeidung des Mangels zu keinem anderen Ergebnis hätte kommen können.
2. Zur Abweisung der Berufung gegen die Versagung der Baubewilligung:
Soweit die belangte Behörde hinsichtlich der Versagung der beantragten Baubewilligung zu Recht von der Zuständigkeit der Behörde erster Instanz ausgegangen ist, bliebe noch zu prüfen, ob insoweit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorliegt.
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird jedoch in der Beschwerde - die keine ausdrücklich ausformulierten Beschwerdepunkte enthält - nur auf die Problematik der Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft hingewiesen. Im Rahmen der Verfahrensrüge wird jedoch darauf hingewiesen, daß die belangte Behörde festgestellt habe, daß das Verfahren nach § 24 Abs. 3 ROG 1992 mittlerweile positiv abgeschlossen sei, daß jedoch laut Auskunft des Bauamtsleiters der mitbeteiligten Gemeinde der bestehende Bebauungsplan noch nicht abgeändert worden sei, daß der Beschwerdeführerin aber kein Parteiengehör zu diesen Feststellungen eingeräumt worden sei. Abgesehen davon, daß dieses Vorbringen nicht erkennen läßt, in welchem Recht sich die Beschwerdeführerin verletzt erachtet, führt die Beschwerdeführerin damit nicht aus, was sie vorgebracht hätte, wenn ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre. Das entsprechende Beschwerdevorbringen zeigt somit keinen Verfahrensmangel auf, der zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen würde.
Die Beschwerde war daher, soweit sie sich gegen die Abweisung der Berufung gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 5. April 1993 richtet, als unbegründet abzuweisen.
3. Zur Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung zur Erteilung eines baupolizeilichen Auftrags gemäß § 16 Abs. 3 Sbg. BauPolG:
Gemäß § 1 (Abs. 1) I lit d) der Bau-Delegierungsverordnung für Salzburg-Umgebung ist die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung auch zuständig für die Besorgung von Maßnahmen, die zur Behebung von Baumängeln an Bauten der in lit. b und c angeführten Art erforderlich ist.
Im Sinne der unter 1. dargestellten Überlegungen, denen zufolge die Bezirkshauptmannschaft auch zur Erteilung der Baubewilligung zuständig ist, wenn die einzelne Baumaßnahme, die eine Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage darstellt, selbst nicht der gewerberechtlichen Bewilligungspflicht unterliegt, ist auch die Kompetenz nach lit. d) auf derartige Baumaßnahmen zu beziehen. Soweit eine Zuständigkeit nach lit. d) gegeben ist, kommt diese somit auch hinsichtlich Baumaßnahmen in Betracht, für die keine gewerberechtliche Bewilligung erforderlich war, die aber eine Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage darstellen.
Damit ist jedoch noch nicht geklärt, ob die in lit. d) der Bezirkshauptmannschaft übertragene Zuständigkeit auch die Wahrnehmung der in § 16 BaupolG den Baubehörden eingeräumten Befugnisse umfaßt. In der Beschwerde wird hiezu die Auffassung vertreten, daß § 1 I lit d der Verordnung nur die Aufsicht über bestehende Gebäude umfasse. Nicht übertragen seien mit der Bestimmung die Kompetenzen betreffend Aufträge in Bezug auf einen konsenslosen Bau. Tatsächlich muß man im Hinblick auf die Formulierung "Baumängeln an Bauten der in lit. b und c angeführten Art" zum Ergebnis kommen, daß damit zwar die in § 20 Abs. 1 bis 6 BauPolG enthaltenen Befugnisse hinsichtlich von "Baugebrechen" an konsentierten Gebäuden, nicht aber die in § 16 BauPolG geregelten verwaltungspolizeilichen Befugnisse erfaßt werden (§ 20 BauPolG enthält die behördlichen Sanktionsmöglichkeiten für den Fall, daß den Verpflichtungen nach § 19 des Gesetzes nicht entsprochen wird, und bezieht sich demnach sowohl auf die Verletzung der Erhaltungspflicht - Absätze 1 bis 6 - als auch auf die Verletzung der Verpflichtung, die einzelnen Teile des Baues nur in der festgelegten bzw. erschließbaren Art des Verwendungszweckes zu benützen - Abs. 7; inwieweit die in Abs. 7 enthaltenen Maßnahmen zur "Behebung von Baumängeln" erforderlich sind, kann aus dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles dahingestellt bleiben). Auch der Umstand, daß der Verordnunggeber nicht den Begriff "Baugebrechen" verwendet hat, kann an diesem Ergebnis nichts ändern, muß doch die Errichtung eines Baues in Abweichung von einer Bewilligung oder ohne Bewilligung von einem Baumangel (sowohl auf dem Boden der Salzburger Rechtslage, als auch bei Einbeziehung der Systematik und Terminologie der Bauordnungen der übrigen Länder) unterschieden werden. Bei der Errichtung eines Bauwerkes in Abweichung von der Baubewilligung oder ohne Baubewilligung liegt zwar ein nicht der Rechtslage entsprechender Zustand vor, der als ein Mangel im weiteren Sinn verstanden werden kann (vgl. die Verwendung des Begriffes "Mangel" in den Erläuterungen zur Novelle zum Salzburger Baupolizeigesetz 1983, abgedruckt bei Hauer, Salzburger Baurecht, 2. Aufl., 119f), ein derartiger Mangel ist aber begrifflich kein "Baumangel". § 16 BauPolG knüpft nicht an das Vorliegen eines (allenfalls im technischen Sinn verstandenen) "Baumangels" an, sondern an den Umstand, daß ohne die erforderliche Bewilligung oder in Abweichung von der Bewilligung gebaut wird.
Zutreffend wird in der Beschwerde auch auf den gemeinderechtlichen Aspekt der Auslegung einer Übertragungsverordnung nach Art. 118 Abs. 7 B-VG hingewiesen. Sollte eine weitergehende Übertragung von Zuständigkeiten intendiert sein, wäre dies in der - aufgrund eines Antrages der betreffenden Gemeinde ergehenden - Verordnung deutlich zum Ausdruck zu bringen.
Dieser Auslegung kann auch nicht entgegengehalten werden, daß sie zu praktischen Abgrenzungsschwierigkeiten führe, kann doch der Umstand, ob eine bewilligungspflichtige Bauführung vorliegt und ob eine Baubewilligung erteilt wurde, objektiv festgestellt werden, und kann andererseits dem Gesichtspunkt der Praktikabilität bei der Auslegung von Vorschriften nur bei der Auswahl von einer aus mehreren gleichwertigen Normhypothesen oder bei der Entscheidung für eine der mehreren, durch verschiedene Auslegungsmethoden zulässigerweise erzielbaren, Auslegungsergebnisse Bedeutung beigemessen werden, wobei im vorliegenden Fall hinzukommt, daß eine Bestimmung betreffend die Ausnahme einer Zuständigkeit aus dem eigenen Wirkungsbereich nicht ohne gute Gründe ausdehnend interpretiert werden kann. (Bei der hier zugrunde gelegten Auslegung erstreckt sich die Kompetenz der Bezirksverwaltungsbehörde auf baupolizeiliche Maßnahmen hinsichtlich konsensgemäß errichteter Bauwerke, wobei im Beschwerdefall die Frage dahingestellt bleiben kann, ob angesichts der Unterschiede im Wortlaut der Delegierungsverordnungen mit der gegenständlichen Verordnung auch die Maßnahmen gemäß § 17 BauPolG auf die Bezirksverwaltungsbehörde übertragen wurden; vgl. § 1 I lit b der Bau-Delegierungsverordnung Zell am See, LGBl. Nr. 101/1968, zuletzt geändert durch die Verordnung LGBl. Nr. 81/1995). Daß aufgrund der solcherart vorgenommenen Abgrenzung der Zuständigkeiten Teile der baupolizeilichen Zuständigkeiten bei den Gemeindebehörden verbleiben, während "im allgemeinen" für eine bestimmte Anlage die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig ist, mag aus praktischer Sicht unbefriedigend erscheinen, spricht aber nicht gegen das rechtsdogmatisch aus den vorhandenen Normen ableitbare Ergebnis, sondern wäre allenfalls ein rechtspolitisches Argument für eine Ergänzung der Übertragungsverordnung.
Die belangte Behörde hätte daher hinsichtlich des baupolizeilichen Auftrages gemäß § 16 Abs. 3 Baupolizeigesetz aufgrund der Berufung der Beschwerdeführerin nicht in der Sache entscheiden dürfen, sondern hätte den bei ihr bekämpften Bescheid insoweit wegen Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz aufheben müssen.
Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er sich auf Spruchpunkt II. des Bescheides vom 5. April 1993 bezieht, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die angesprochenen Stempelgebühren für die nicht erforderlichen Beschwerdeausfertigungen bzw. Beilagen.
Schlagworte
Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3 Behörden Zuständigkeit Allgemein BauRallg2/1 sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995060119.X00Im RIS seit
11.07.2001