TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/16 L517 2237953-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.03.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.03.2021

Norm

AuslBG §12a
AuslBG §13
AuslBG §20d
AuslBG §4
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L517 2237953-1/4E

L517 2238309-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den fachkundigen Laienrichtern Dr. Lorenz HUBER MBL und Mag. Dr. Klaus MAYR LL.M als Beisitzer über die Beschwerde des Arbeitgebers XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom XXXX , ABB-Nr. XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A.)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idgF iVm § 4 Abs. 1 und § 12a Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) idgF stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

30.09.2020 - Antrag des Arbeitnehmers XXXX , geboren am XXXX , SVNr. XXXX (in Folge beschwerdeführende Partei 1 bzw. „bP1“) auf Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot Karte“ Fachkraft im Mangelberuf beim Magistrat XXXX und Zuweisung an das AMS XXXX (in Folge belangte Behörde oder „bB“) gem. § 20d Abs. 1 Z2 AuslBG

30.09.2020- Aussendung eines Parteiengehör durch die belangte Behörde an die bP1 und den Arbeitgeber XXXX (in Folge beschwerdeführende Partei 2 bzw. „bP2“)

12.10.2020 - Stellungnahme des Arbeitgebers bP2 zum übermittelten Sachverhalt

23.10.2020 - Behandlung im Regionalrat

XXXX – Bescheid der belangten Behörde; Abweisung des Antrags auf Zulassung als Fachkraft im Mangelberuf

18.11.2020 – Bestätigung des Magistrat XXXX über die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Student“ für die bP1 bis 25.11.2021

19.11.2020 – Beschwerde des Arbeitgebers bP2 gegen den Bescheid vom XXXX

18.12.2020 - Mitteilung der Arbeitgebers bP2, dass die Beschwerde trotz verlängerter Aufenthaltsbewilligung als Student dennoch aufrecht bleibt

21.12.2020 – Beschwerdevorlage an das BVwG

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP1 (antragstellender Arbeitnehmer) ist türkischer Staatsbürger. Am 30.09.2020 stellte die bP1 beim Magistrat XXXX einen Antrag auf Ausstellung einer „Rot Weiß Rot Karte“ -Fachkraft im Mangelberuf für die berufliche Tätigkeit als „Network/System Engineers“ bei der der XXXX XXXX . In weiterer Folge erfolgte die Weiterleitung an das AMS XXXX („belangte Behörde“ bzw. „bB“) als zuständige Behörde gem. § 20d Abs. 1 Z2 AuslBG. Mit dem Antrag wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

Kopie Reisepass Nr. XXXX ; Arbeitgebererklärung der XXXX XXXX mit dem Inhalt: Tätigkeit: „System Administrator und Projektmitarbeiter“, Entlohnung: EUR 1.428,90, Stundenausmaß: 30 Wochenstunden, Tätigkeit im speziellen: System-Administrator, Mitarbeit bei diversen Projekten, Betreuung der Mitglieder, Urlaubsvertretung;

Weitere Vorlagen: Empfehlungsschreiben Frau Dr. XXXX Kunstuniversität XXXX ; Zertifikat internationaler Englisch-Test vom 12.02.2015 der „IELTS, IDP Education Pty Ltd“; Diplom Nr. XXXX vom 23.06.2013: Bachelorstudium an der „Sabanci Universitesi“ in Istanbul.

Am 30.09.2020 erfolgte die Aussendung eines Parteiengehörs an die beiden beschwerdeführenden Parteien. Darin wurde ausgeführt, dass die Voraussetzung für eine Rot-Weiß-Rot Karte/Fachkraft Mangelberuf §12a neben der erforderlichen Mindestpunkteanzahl, ein der Ausbildung und jeweiligen Einstufung entsprechendes Entgelt, das vom Arbeitgeber vor der Einstellung zu gewährleisten ist, eine unabdingbare Zulassungsvoraussetzung sei (Verordnung oder Kollektivvertrag). Darüber hinaus müssten auch die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG vorliegen. Insbesondere dürfe die Beschäftigung nicht öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interessen entgegenstehen. So würden Fachkräfte, die lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausüben sollen, im Hinblick auf die Zulassung des neuen Zuwanderungssystems aus arbeitsmarktpolitischer Sicht, nicht zugelassen werden.

Am 12.10.2020 langte eine Stellungnahme des Arbeitgebers (bP2) zum übermittelten Sachverhalt bei der belangten Behörde ein. Darin wurde ausgeführt, dass es die aktuelle Budgetsituation der bP2 als Kulturverein bedauerlicherweise nicht zulasse, dass sie die bP1 mehr als 30 Stunden anstelle. Wenn sich ihre finanziellen Möglichkeiten zum positiven entwickeln würden, dann würden sie eine höhere Anstellung evaluieren. Als Kulturverein würden sie keinem Kollektivvertrag unterliegen. Laut der der belangten Behörde vorliegenden Stellenbeschreibung des Ersatzkraftverfahrens von 2019 ist ersichtlich, dass für diese Position bei der bP2 eine IT-Fachkraft mit künstlerischem Background, wie die bP1 sie vorweisen könne, unumgänglich sei. Deshalb sei es der Firma auch ein ausgesprochen großes Anliegen die bP1 längerfristig zu beschäftigen und dass alle Voraussetzungen für die Ausstellung der Rot-Weiß-Rot-Card vorliegen würden.

Am 23.10.2020 wurde die Angelegenheit sodann im Ausländerausschuss der belangten Behörde behandelt. Im Protokoll wurde nochmals festgehalten, dass für eine Erteilung die allgemeinen sowie die besonderen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG vorliegen müssen. So würden Fachkräfte, die lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausüben sollen, im Hinblick auf die Zulassung des neuen Zuwanderungssystems aus arbeitsmarktpolitischer Sicht, nicht zugelassen werden. Gemäß seiner Stellungnahme würde der Dienstgeber einer Vollzeitbeschäftigung nicht zustimmen.

Am XXXX erging sodann auf dieser Grundlage der Bescheid der belangten Behörde, mit welchem der Antrag der bP1 auf Zulassung als Fachkraft im Mangelberuf abgewiesen wurde. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 12a AuslBG Ausländer/innen in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13 AuslBG) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen werden, wenn sie eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können, die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B des AuslBG angeführten Kriterien erreichen, für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind.

Für die Kriterien nach Anlage B wurden von der bB folgende Punkte an die bP1 vergeben:

Qualifikation:  30

Ausbildungsadäquate Berufserfahrung: 12

Sprachkenntnisse: 0

Alter 27 Jahre:  15

Insgesamt wurden gem. Anlage B, 57 Punkte erreicht und folglich die erforderliche Punkteanzahl von 55 erfüllt.

Jedoch seien laut der Behörde nicht die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 AuslBG erfüllt:

Laut Arbeitgebererklärung sei eine Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 30 Wochenstunden für die Tätigkeit als Network/Systemengineer beantragt worden. Es müssten die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 vorliegen. Insbesondere dürfe die Beschäftigung nicht öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interessen entgegenstehen. So würden Fachkräfte, die lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausüben sollen, im Hinblick auf die Zulassung des kriteriengeleiteten Zuwanderungssystems aus arbeitsmarktpolitischer Sicht nicht zugelassen werden. Der Dienstgeber sei mittels Parteiengehör am 30.09.2020 schriftlich über die Sachlage informiert worden und stimme laut E-Mail vom 12. Oktober 2020 einer Vollzeitbeschäftigung nicht zu, weshalb der Antrag abzulehnen sei.

Am 18.11.2020 informierte die bP2 die belangte Behörde darüber, dass der Aufenthaltstitel der bP1 als „Student gemäß § 64 NAG“ vom Magistrat XXXX verlängert worden sei. Aufgrund der Rückfrage der belangten Behörde bestätigte das Magistrat XXXX am selben Tag die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Student“ für die bP1 bis 25.11.2021. Ferner wurde ihm eine Beschäftigungsbewilligung bis zum 25.11.2021 erteilt.

Am 19.11.2020 langte sodann die Beschwerde des Arbeitgebers (bP2) bei der belangten Behörde ein. Darin wurde begründend ausgeführt, dass die bP1 die Voraussetzungen des § 12a AuslBG erfülle. Die belangte Behörde habe den Antrag ausschließlich deshalb abgelehnt, weil eine Tätigkeit im Ausmaß von 30 Wochenstunden und somit eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt werden solle. Weder in § 12a noch in § 4 Abs. 1 AuslBG sei jedoch als Voraussetzung der Bewilligung normiert, dass die Tätigkeit eine gewisse Mindestanzahl von Wochenstunden ausgeübt werden müsse. § 12a Z3 AuslBG stelle lediglich auf das Einkommen bzw. das zu zahlende Entgelt ab und würden diese Voraussetzungen erfüllt werden. Der Verein beschäftige auch bereits Personen welche teilzeitbeschäftigt sind. Der Entscheidung der belangten Behörde fehle es an der gesetzlichen Grundlage, weshalb der Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet sei. Des Weiteren wäre auch eine Abweisung im Hinblick auf die Entgelthöhe gem. § 12a Z3 AuslBG nicht rechtmäßig. Für die beabsichtigte Tätigkeit im Verein bestehe kein Kollektivvertrag. Die Höhe des Entgelts für die Arbeitnehmer werde durch Einzelvereinbarung festgelegt. Dabei werde nach dem Solidaritätsprinzip vorgegangen. Jeder Mitarbeiter beziehe unabhängig von Funktion und Verantwortungsbereich dasselbe Entgelt. Alle Mitarbeiter der bP2 seien derzeit mit einem Höchstausmaß von 25 Wochenstunden angestellt. Es gebe für die Tätigkeit weder ein gesetzliches, kollektivvertragliches oder durch Verordnung festgelegtes Entgelt. Das Entgelt sei betriebsüblich und entspreche demjenigen, was andere Arbeitnehmer im Verein verdienen würden. Die Abweisung des Antrags sei rechtwidrig erfolgt und daher durch Bescheid abzuändern.

Aufgrund der vorliegenden verlängerten Aufenthaltsberechtigung und Beschäftigungsbewilligung der bP1 wurde am 10.12.2020 von der belangten Behörde mit dem Arbeitgeber (bP2) Rücksprache gehalten, ob die Beschwerde gegen den Bescheid mit welchem der Antrag auf Rot-Weiß-Rot-Karte, Fachkraft in Mangelberuf, abgelehnt wurde, aufrecht bleibe.

Am 18.12.2020 langte die Mitteilung der bP2 bei der Behörde ein in welcher mitgeteilt wurde, dass die Beschwerde trotz verlängerter Aufenthaltsbewilligung dennoch aufrecht bleibe. Begründend wurde ausgeführt, dass die bP2 die bP1 mit mehr Stunden und mehr künstlerisch-technischer Verantwortung in ihrem Verein anstellen wolle. Das sei mit der Stundenvorgabe einer Student-Residency und einer Studenten-Beschäftigungsbewilligung nicht möglich, mit der RWR-Karte hingegen schon. Da die RWR-Karte nun abgelehnt worden sei, hätte die Firma rasch handeln müssen, damit der bestehenden Aufenthaltstitel der bP1 verlängert wird um das Auslaufen der Student-Residency zu verhindern und den ursprünglichen Anstellungsstatus bei der bP2 mit allen notwendigen Voraussetzungen wieder herstellen zu können.

Am 21.12.2020 erfolgte sodann die Beschwerdevorlage an das BVwG. Erläuternd wurde darin von der belangten Behörde vorgebracht, dass die bP1 nun weiterhin über einen Aufenthaltstitel Student verfüge. Zum gegenständlichen Antrag führte sie aus, dass sich dieser laut Arbeitgebererklärung auf die berufliche Tätigkeit eines „Network/System Engineers“ beziehe. Dieser Beruf sei in der Fachkräfteverordnung 2020, BGBl. II Nr.421/2019, als Mangelberuf angeführt.

Die bP1 überschreite auch mit 57 Punkten für die in Anlage B angeführten Kriterien, die geforderte Mindestpunktezahl von 55.

Die Ablehnung erfolgte deshalb, weil es sich bei der beabsichtigen Beschäftigung lediglich um eine Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 30 Wochenstunden handle. Die Zulassung von Fachkräften, die lediglich einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen wollen, würde aus arbeitsmarktpolitischer Sicht den Zielsetzungen des kriteriengeleiteten Zuwanderungssystems nicht entsprechen.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und unter Punkt II. 1.0. festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

2.3. Die bP1 ist türkischer Staatsbürger; er hat am 23.06.2013 an der türkischen Universität: „Sabanci Universitesi“ seinen Abschluss mit Diplom und dem Titel „Bachelor of Science in Computer Engineering“ erlangt. Das Diplom wurde der belangten Behörde vorgelegt. Ferner hat er auch ein Englisch-Zertifikat vom 25.02.2015 des Instituts „IELTS IDP Education Pty Ltd“ vorgelegt.

Die bP1 war bereits von 10.09.2019 - 03.11.2020 beim Arbeitgeber, der bP2, angestellt und übt nach einer kurzen Unterbrechung seit 27.11.2020 wieder eine Erwerbstätigkeit bei der bP2 aus. Grundlage für die Beschäftigung ist eine Beschäftigungsbewilligung der belangten Behörde vom 26.11.2020 (gültig für ein Jahr); die „Aufenthaltsberechtigung-Student“ der bP1 wurde zuletzt durch das Magistrat XXXX am 05.10.2020 verlängert und der bP1 deshalb die Beschäftigungsbewilligung von der belangten Behörde erteilt.

Am 30.09.2020 stellte die bP1 als Dienstnehmer beim Magistrat XXXX einen Antrag auf Ausstellung einer „Rot Weiß Rot Karte“ Fachkraft im Mangelberuf für die berufliche Tätigkeit als „Network/System Engineer“ bei der bP2 mit einem Stundenausmaß von 30 Wochenstunden und einer Entlohnung von EUR 1.428,90 monatlich. In weiterer Folge erfolgte die Weiterleitung an die belangte Behörde zur Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen gem. § 12a AuslBG.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX stellte diese sodann fest, dass die Zulassungsvoraussetzungen nicht vorliegen würden. Zwar läge eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung für den beantragen Beruf vor, der auch als Mangelberuf gemäß der Fachkräfteverordnung 2020, BGBl. II Nr. 421/2019 gelte. Auch die Mindestpunkteanzahl der Anlage B des AuslBG würde erreicht werden und wurden keinerlei Einwendungen gegen die Entlohnung für die vorgesehene Tätigkeit vorgebracht.

Die Begründung der belangten Behörde stützt sich dabei einzig und allein auf den Verweis des §12a auf § 4 Abs. 1 AuslBG und den einleitenden Satz dieser Bestimmung wonach „die Beschäftigung nicht öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interessen entgegenstehen darf“.

So würden Fachkräfte, die lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausüben sollen, im Hinblick auf die Zulassung des kriteriengeleiteten Zuwanderungssystems aus arbeitsmarktpolitischer Sicht nicht zugelassen werden.

Das BVwG hält die Ausführungen in der Beschwerde der bP2, dass es dieser Entscheidung einer gesetzlichen Grundlage fehle als berechtigt und begründet seine Entscheidung wie folgt:

Die bP1 überschreitet aufgrund der Feststellungen die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 55 Punkten gemäß der Anlage B, was auch die belangte Behörde zugestanden hat. Die Beschäftigung entspricht der Ausbildung der bP1. Auch wurden keine Einwendungen gegen die angeführte Entlohnung seitens der belangten Behörde vorgebracht und führte die bP2 in ihrer Beschwerde aus, dass eine betriebsübliche Entlohnung erfolge.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts ist die Begründung der belangten Behörde im Anlassfall nicht rechtskonform. Nach dem Wortlaut des § 12a AuslBG ist keine Vollzeitbeschäftigung bei Fachkräften im Mangelberuf vorgesehen.

Aus Sicht des erkennenden Gerichts sind auch die Voraussetzungen des § 4 Absatz 1 AuslBG sinngemäß erfüllt, gegenteilige Anhaltspunkte haben sich nicht ergeben.

Die Begründung, dass eine Teilzeitbeschäftigung den öffentlichen bzw. gesamtwirtschaftlichen Interessen entgegenstehe und somit die Zulassungsvoraussetzungen nicht vorliegen würden, ist von der Behörde konstruiert, insbesondere findet diese Beurteilung keinerlei rechtliche Grundlage in § 4 Abs. 1 Z 2 bis 11 AuslBG (auf die § 12 a AuslBG de facto verweist).

Daher erfüllt die bP1 die Voraussetzungen einer Fachkraft im Mangelberuf unabhängig vom Stundenausmaß ihrer Beschäftigung bei der bP2.

Dem BVwG ist die Praxis der belangten Behörde bekannt, das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen im Hinblick auf das Vorliegen einer Teilzeitbeschäftigung bei Schlüsselkräften und Fachkräften in Mangelberufen abzulehnen. Nach Ansicht des Gerichts stellt dies eine Gleichheitswidrigkeit dar. Auch die Kammer Wien des BVwG hat in einem Erkenntnis vom 27.03.2018, Zl. W167 2184885-1, bei welchem es um die Zulassung einer hochqualifizierten Schlüsselkraft ging, festgestellt, dass es der Ablehnung des Antrags welche allein damit begründet wird, dass eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt werden soll, einer gesetzlichen Grundlage fehlt.

Es sprechen jedoch auch verschiedene Gründe dafür, dass eine Teilzeitbeschäftigung im Hinblick auf die Zielsetzung nicht zuzulassen ist (vergleiche etwa Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsrecht, 2018, zu §12a AuslBG, RZ 48 "So sind etwa Fachkräfte, die lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausüben sollen, im Hinblick auf die Zielsetzung des neuen Zuwanderungssystems aus arbeitsmarktpolitischer Sicht generell nicht zuzulassen.").

Diesbezüglich fehlt es an einer Rechtsprechung, weshalb die ordentliche Revision zugelassen wird.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz AVG, BGBl Nr. 51/1991 idgF

- Ausländerbeschäftigungsgesetzes AuslBG, BGBl Nr 218/1975 idgF

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl Nr 1/1930 idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl I Nr 10/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl Nr 10/1985 idgF

- Fachkräfteverordnung 2020, BGBl II Nr 421/2019

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; (…)

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

In Anwendung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 20g AuslBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

Gemäß § 20g Abs 5 AuslBG gelten im Übrigen die Bestimmungen des VwGVG.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.4. Gemäß § 21 AuslBG hat der Ausländer in allen Verfahren, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind, sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 vorhanden ist, Parteistellung. In allen anderen Verfahren hat der Ausländer die Stellung eines Beteiligten.

Gemäß § 21 AuslBG kommt einem Ausländer Parteistellung im Verfahren nur dann zu, wenn seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind. In den Urteilen vom 27.7.2006, Jurisic und Collegium Mererau gegen Österreich (Appl 62539/00) und Coorplan-Jenni GmbH und Hascic gegen Österreich (Appl 10523/00) kommt der EGMR aber zum Ergebnis, dass das Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung – entgegen der ständigen Rsp des VfGH und VwGH sowie zu § 21 – eine Angelegenheit ist, die zivilrechtliche Ansprüche iSv Art 6 Abs 1 EMRK betrifft. Deshalb müsse auch für Ausländer stets und nicht nur – wie es § 21 vorsieht – bei Maßgeblichkeit der persönlichen Umstände der Zugang zu einem Gericht iSd Art 6 Abs 1 EMRK gewährleistet und für sämtliche Antragsteller eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden.

Dieser Judikatur folgend werden Ausländer daher auch in allen übrigen Verfahren, die seine Zulassung zu einer Beschäftigung bzw. deren Widerruf zum Gegenstand haben, Parteistellung haben (Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz 2018, zu § 20 Rz 9 ff, § 21 Rz 2). Einer Partei kommen alle nach dem AVG zustehenden Rechte, wie Akteneinsicht, Parteiengehör, Kenntnis des Bescheides sowie die Beschwerdelegitimation zu.

Der ausländische Arbeitnehmer hat im Verfahren um Zulassung zu einer Beschäftigung als Fachkraft Parteistellung.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt 3.1. im Generellen und die unter Pkt 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.5.    Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung BGBl Nr 218/1975 idgF lauten:

Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte, sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Künstler

1.       § 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“, Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine „Blaue Karte EU“ und ausländische Künstler den Antrag auf eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde – je nach Antrag – schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung
1.         als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12
2.         als Fachkraft gemäß § 12a,

[…] Z3 bis 6

erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.

[…]

Fachkräfte in Mangelberufen

§ 12a. Ausländer werden in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie
1.         eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,
2.         die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,
3.         für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und

sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.

Fachkräfteverordnung

§ 13. (1) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz legt im Falle eines längerfristigen Arbeitskräftebedarfs, der aus dem im Inland verfügbaren Arbeitskräftepotenzial nicht abgedeckt werden kann, zur Sicherung des Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort durch Verordnung für das nächstfolgende Kalenderjahr Mangelberufe fest, in denen Ausländer als Fachkräfte gemäß § 12a für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet oder in bestimmten Bundesländern zugelassen werden können. Als Mangelberufe kommen Berufe in Betracht, für die bundesweit oder in bestimmten Bundesländern pro gemeldeter offener Stelle höchstens 1,5 Arbeitsuchende vorgemerkt (Stellenandrangsziffer) sind. Berufe mit einer Stellenandrangsziffer bis zu 1,8 können berücksichtigt werden, wenn weitere objektivierbare Mangelindikatoren, insbesondere eine erhöhte Ausbildungsaktivität der Betriebe festgestellt werden oder der betreffende Beschäftigungszweig eine überdurchschnittlich steigende Lohnentwicklung aufweist. Die von Arbeitskräfteüberlassern gemäß § 3 Abs. 2 AÜG gemeldeten offenen Stellen sind bei der Ermittlung der Stellenandrangsziffer gesondert auszuweisen.

[…] Abs 2 bis 4

Gemäß § 1 der Fachkräfteverordnung BGBl II Nr 421/2019 werden für das Jahr 2020 folgende Mangelberufe, in denen AusländerInnen als Fachkräfte gemäß § 12a AuslBG zugelassen werden können, für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet festgelegt:

[…]

Z 5 Techniker/innen mit höherer Ausbildung (Ing.) für Datenverarbeitung

Z 12 Techniker/innen mit höherer Ausbildung (Ing.), soweit nicht anderweitig eingeordnet

[…]

Anlage B

Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 20

Berufserfahrung (pro Jahr)

Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2

4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1)

Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5

10

15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5

10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 15

bis 30 Jahre

bis 40 Jahre

15

10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

90

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55

Bei der beantragten Tätigkeit als „Network/System Engineer“ handelt es sich um einen in der Fachkräfteverordnung 2020 angeführten Mangelberuf.

Wie den Erläuterungen in der Regierungsvorlage (1077 dB 24 GP.) zur Novelle des Ausländerbeschäftigungsgesetzes BGBl I Nr 25/2011, mit der das kriteriengeleitete Zuwanderungsmodell eingeführt wurde, klar zu entnehmen ist, soll Fachkräften aus Drittstaaten bei Erfüllung personenbezogener und nach Punkten bewerteter Kriterien und klar definierter arbeitsmarktpolitischer Voraussetzungen nur eine qualifizierte Beschäftigung in Österreich ermöglicht werden. Eine Tätigkeit die im überwiegenden Ausmaß in Hilfsarbeitertätigkeiten oder einfachen angelernten Tätigkeiten besteht, soll davon nicht erfasst werden.

Daraus ergibt sich, dass, wenn auch eine formale Gleichstellung der im Ausland absolvierten Ausbildung mit einer inländischen Ausbildung nicht erforderlich ist, doch eine inhaltlich der österreichischen Lehre vergleichbare Qualifikation vorliegen muss.

Der Nachweis kann etwa durch Beibringung des Curriculums, Jahreszeugnisse, Umschulungsbestätigungen sowie durch Praxisbelege während der Ausbildungszeit erbracht werden.

Von der bP1 wurde mittels Diplom der Universität „Sabanci“ über den Abschluss des „Bachelor of Science in Computer and Engineering“ vom 23.06.2013 die erfolgreiche Absolvierung der Ausbildung zum „Computer-Ingenieur“ nachgewiesen. Ferner erfüllt er auch die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien. Die für die Tätigkeit vorgesehene Entlohnung entspricht den gesetzlichen Voraussetzungen und wurden seitens der Behörde dagegen keine Einwendungen erhoben. Aus Sicht des erkennenden Gerichts sind auch die Voraussetzungen des § 4 Absatz 1 AuslBG sinngemäß erfüllt, gegenteilige Anhaltspunkte haben sich nicht ergeben. Die Zulassungsvoraussetzungen des § 12a AuslBG liegen daher vor.

Da es der Begründung der belangten Behörde, bei der Tätigkeit handle es sich um eine Teilzeitbeschäftigung weshalb ihr öffentliche bzw. gesamtwirtschaftliche Interessen entgegenstehen würden an jeglicher gesetzlichen Grundlage fehlt war spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde stattzugeben.

3.6. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, da der maßgebliche Sachverhalt gegenständlich hinreichend durch die Aktenlage geklärt werden konnte und durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist.

Des Weiteren ist in Ergänzung des eben Ausgeführten auch darauf hinzuweisen, dass aufgrund der bestehende Corona-Pandemie die Durchführung einer Verhandlung ein Gesundheitsrisiko für alle Verhandlungsteilnehmer darstellt. Zwar ist gemäß § 2 Abs 1 Z 6 und § 16 Abs 1 Z 3 der 3. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung die Verwaltung und die Justiz von der angeordneten Ausgangsbeschränkung ausgenommen und können unaufschiebbare behördliche und gerichtliche Wege, einschließlich der Teilnahme an mündlichen Verhandlungen der Gerichte, von der Bevölkerung wahrgenommen werden, jedoch steht für das erkennende Gericht der entscheidungserhebliche Sachverhalt fest und bedarf dieser keine Ergänzungen mehr, weshalb das Gericht auch im Hinblick auf das erhöhte Infektionsrisiko bei Verhandlungen von der Durchführung einer solchen Abstand nimmt.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig. Nach dem Wortlaut des § 12a AuslBG stellt das Vorliegen einer Vollzeitbeschäftigung keine Zulassungsvoraussetzung für eine Fachkraft in einem Mangelberuf dar und ergibt sich dies auch nicht aus § 4 Abs. 1 AuslBG. Es sprechen jedoch auch verschiedene Gründe dafür, dass eine Teilzeitbeschäftigung im Hinblick auf die Zielsetzung nicht zuzulassen ist (vergleiche etwa Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsrecht, 2018, zu §12a AuslBG, RZ 48 "So sind etwa Fachkräfte, die lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausüben sollen, im Hinblick auf die Zielsetzung des neuen Zuwanderungssystems aus arbeitsmarktpolitischer Sicht generell nicht zuzulassen."). Diesbezüglich fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb die ordentliche Revision zugelassen wird.

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Fachkräfteverordnung gesetzliche Grundlage Revision zulässig Rot-Weiß-Rot-Karte Teilzeitbeschäftigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L517.2237953.1.00

Im RIS seit

16.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten