TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/22 W182 2178824-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.03.2021
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Entscheidungsdatum

22.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch


W182 2178824-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Philippinen, vertreten durch: Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2017, Zl. 601045806/170928850, gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBI. I. Nr 33/2013 idgF, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger der Philippinen, ist Christ, reiste am 02.06.2027 mit einem bis XXXX 2017 gültigen Schengen-Visum C zusammen mit seiner Gattin ins Bundesgebiet ein und stellte am 09.08.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.08.2017 sowie einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 07.09.2017 brachte der BF zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass zwei seiner Freunde im April 2017 festgenommen worden seien, wobei einer von ihnen im Anschluss im Gefängnis – offiziell aufgrund eines Selbstmordes – verstorben sei. Die Polizei sei korrupt und habe ihnen heimlich Drogen zugesteckt, weil sie als reiche Männer gelten würden. Sie seien wie der BF „Reisgeschäftsmänner“ gewesen. Die Gattin eines der beiden Freunde habe dann die Frau des BF gewarnt, dass die Polizei auch hinter ihm her sei, da alle drei befreundet gewesen seien. Daraufhin habe der BF Angst bekommen, habe sein Haus nicht mehr verlassen und sei im Juni 2017 mit seiner Frau legal ausgereist. Der BF habe im Herkunftsland zusammen mit seinen beiden Freunde Drogen (Shabu) konsumiert. Er habe jedoch nie Drogen verkauft. Bis zum Juli 2016 habe er eine einjährige Drogentherapie absolviert und sei seither „clean“. Auch einer seiner beiden Freunde habe eine Drogentherapie absolviert. Die Polizei habe davon gewusst. Der BF selbst habe bisher keine Probleme mit den Behörden gehabt, befürchte aber im Zusammenhang mit dem Regierungsprogramm zur Bekämpfung der Drogenkriminalität verfolgt zu werden. In Österreich lebe eine Schwester des BF, bei der er auch wohne.

Der BF legte dazu u.a. eine Bestätigung von zwei Direktoren eines Rehabilitationszentrums vom 01.07.2016 vor, wonach er freiwillig bis zum 01.07.2016 zwölf Monate lang ein Drogenentzugsprogramm erfolgreich absolviert habe und nunmehr völlig drogenfrei sei; eine am 31.08.2017 von der Polizei in seiner Heimatprovinz ausgestellte Bestätigung, wonach gegen ihn weder Strafverfahren anhängig seien noch Vorstrafen vorliegen; eine Einstellungszusage vom August 2017 für eine Tätigkeit als Produktionsmitarbeiter sowie zwei Internet-Artikel vom Mai bzw. August 2017 über den Antidrogenkampf von Präsident Duterte vor.

Weiters langte eine undatierte Stellungnahme der Gattin des BF zur Situation im Herkunftsland ein, worin sie insbesondere im Zusammenhang mit der Antidrogenkampagne der Regierung Duterte auf polizeiliche Verfolgungen und extralegale Tötungen von teilweise vermeintlichen Drogendealern und –süchtigen, Attacken von Bürgerwehren sowie eine weit verbreitete Korruption innerhalb der Sicherheitsbehörden thematisierte.

1.2. Mit dem nunmehr angefochtenen, oben angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Philippinen (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Philippinen zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde unter Spruchpunkt IV. ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Seitens des Bundesamtes wurde begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom BF angegebenen Gründe für das Verlassen des Heimatlandes aufgrund zahlreicher, näher dargetaner Widersprüche und Unstimmigkeiten und der allgemeine vagen Schilderung nicht glaubhaft gewesen seien.

Mit Verfahrensanordnung vom 07.11.2017 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

1.3. Gegen den Bescheid wurde seitens der Vertretung des BF binnen offener Frist in vollem Umfang Beschwerde erhoben. Darin wurde der gegenständliche Bescheid in vollem Umfang bekämpft. Dazu wurde im Wesentlichen das Vorbringen des BF wiederholt, eine Reihe von Zeitungsartikeln zur Antidrogenkampagne des Präsidenten Duterte zitiert und ausgeführt, dass dem BF als ehemaligen Drogensüchtigen im Falle einer Rückkehr Verfolgung drohe. Seit dem Beginn des Kampfes gegen die Drogenkriminalität im Juni 2016 seien inzwischen zwischen 4.000 und 13.000 Menschen getötet worden. In weiterer Folge wurde der Beweiswürdigung des Bundesamtes im bekämpften Bescheid mit konkreten Argumenten entgegengetreten. Dazu wurde u.a. ausgeführt, dass weder der Gattin noch den Kindern, sondern einzig dem BF aufgrund seiner früheren Drogensucht asylrelevante Verfolgung durch korrupte Polizeibeamte bzw. durch von diesen beauftragten Killern drohe. Deshalb habe sich die Gattin des BF dazu entschlossen, freiwillig zu ihren Kindern ins Herkunftsland zurückzukehren. Dem BF drohe im Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung wegen seiner Zugehörigkeit zu sozialen Gruppe der Drogensüchtigen. Da Präsident Duterte es zu seinem Ziel erklärt habe, alle Drogenabhängigen „abzuschlachten“, habe er diese zu seinen politischen Gegnern erklärt, und unterstelle diesen einer seiner politischen Überzeugung entgegenstehende politische Überzeugung. Aus diesem Grund drohe dem BF auch asylrelevante Verfolgung wegen ihm unterstellter politischer Überzeugung. Es wurde u.a. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

1.4. Anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 05.01.2021, zu der ein Vertreter des Bundesamtes entschuldigt nicht erschienen ist, wurde Beweis aufgenommen durch die Befragung des BF sowie einer Schwester des BF als Zeugin im Beisein seiner Rechtsvertretung, weiters durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes. Zudem wurde der Antrag auf Einvernahme der bereits ausgereisten Gattin des BF, die bereit wäre, für eine Verhandlung einzureisen, aufrechterhalten.

Dem BF wurden in der Verhandlung Länderberichte zur Situation in den Philippinen zu Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt, wovon im Rahmen einer schriftlichen Stellungnahme vom 13.01.2021 Gebrauch gemacht wurde. Darin wurde die zeugenschaftliche Einvernahme einer Mitarbeiterin einer Suchtberatung zum Beweis, dass beim BF immer noch eine Suchterkrankung bestehe, beantragt. Weiters wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die dargetanen Länderberichte bestätigen würden, dass der BF aufgrund seiner Drogensucht von der philippinischen Regierung als Feindbild angesehen werde. Personen, die an Suchterkrankungen leiden oder verdächtigt werden mit Drogenhandel oder -konsum in Verbindung zu stehen, würden laut Berichten in den Philippinen verfolgt, ohne vorangegangenes Verfahren verhaftet und teils umgebracht werden. Dazu wurde insbesondere die Asylrelevanz einer derartigen Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit des BF zur sozialen Gruppe der Drogensüchtigen bzw. einer unterstellten politischen Überzeugung aufgrund seines Drogenkonsums betont. Zudem wurde die Situation im Herkunftsland im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie erörtert und daraus geschlossen, dass der BF im Falle einer Ansteckung mit schwerem Verlauf keine adäquate medizinische Behandlung erhalten könnte. Dazu wurde weiters die Ansicht vertreten, dass der BF aufgrund seiner Suchtkrankheit zu einer Risikogruppe zähle und diese wie andere chronische Krankheiten nicht heilbar und durch Rückfälle charakterisiert wäre, weshalb eine langfristige Behandlung erforderlich sei. Bei einer Rückkehr auf die Philippinen sei keinesfalls sichergestellt, dass der BF eine medizinische Behandlung bzw. Therapie erhalten werde. Dies ergebe sich dies bereits aus den Länderberichten hinsichtlich der mangelhaften medizinischen Versorgung im Herkunftsland. Diesbezüglich wurde insbesondere auf den Bericht von Amnesty International zur Menschenrechtslage im Herkunftsstaat (Berichtszeitraum 2019) verwiesen, wonach die Programme der philippinischen Regierung zur Behandlung und Rehabilitation von Drogenabhängigen unzureichend wären.

In einer fortgesetzten Verhandlung am 18.01.2021 wurde neben dem BF als Zeugin eine Mitarbeiterin einer Suchtberatung befragt, die den BF in Österreich betreut habe.

Für den BF wurden u.a vorgelegt: eine mit 30.12.2020 datierte Betreuungsbestätigung einer Suchtberatung, wonach sich der BF von August 2018 bis Mai 2019 in psychosozialer Betreuung befunden habe; ein Befundbericht einer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutischer Medizin vom 11.01.2021 hinsichtlich des BF über eine Konsultation am 18.02.2019 mit der Diagnose depressive Verstimmung nach XXXX ; eine mit 17.06.2019 datierte Bestätigung eines Geschäftsführers eines Elektrotechnik-Unternehmens über eine Einstellungszusage des BF als Produktionsmitarbeiter; eine Bestätigung eines Koordinators gemeinnütziger Sportveranstaltungen, wonach der BF diese schon mehrere Jahre aktiv als „Ehrenamtlicher“ ua. bei Auf- und Abbauarbeiten anlässlich eines jährlichen Gedenkturniers bzw. eines Sporttages unterstützt habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der BF ist Staatsangehöriger der Philippinen, ist Christ und reiste zuletzt am 02.06.2017 mit einem bis XXXX 2017 gültigen Schengen-Visum C ins Bundesgebiet ein. Davor war er zwischen 2012 und 2014 dreimal bei seiner in Österreich aufhältigen Schwester, der auch die österreichische Staatsbürgerschaft zukommt, vorübergehend zu Besuch. Seine Identität steht fest.

Der XXXX -jährige BF hat im Herkunftsstaat in einer Ortschaft in der Provinz XXXX gewohnt. Er leidet an keiner lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung und ist arbeitsfähig. Hinsichtlich seiner Suchterkrankung ist festzustellen, dass der BF zumindest seit Jänner 2020 kein einschlägiges Suchtgift konsumiert hat. Er hat diesbezüglich seit Februar 2019 keine ärztliche Betreuung und seit Mai 2019 auch keine Suchtberatung mehr in Anspruch genommen.

Der BF hat im Herkunftsland seine Schulausbildung mit einer Reifeprüfung und ein Bachelorstudium im Fach XXXX abgeschlossen. Im Herkunftsland halten sich seine Frau, seine drei Kinder, seine Eltern und eine weitere Schwester auf. Es besteht Kontakt. Der BF besitzt in seiner Heimatgemeinde ein Haus sowie landwirtschaftliche Güter. Er war im Herkunftsland als XXXX tätig. In seiner Abwesenheit führen seine Gattin und seine Schwester seine Erwerbstätigkeit fort.

In Österreich lebt der BF seit 2017 bei einer Schwester im gemeinsamen Haushalt. Er ist im Bundesgebiet bislang keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen und bezieht Grundversorgung. Er konnte eine Einstellungszusage vorlegen. Er engagiert sich bei einem gemeinnützigen Sportveranstaltungsprojekt und hilft dabei u.a. durch Auf- und Abbautätigkeiten bei jährlichen Sportevents mit. Er konnte keine abgeschlossenen Deutschprüfungen und auch sonst kaum nennenswerte Deutschkenntnisse nachweisen. Er ist unbescholten.

Das Vorbringen des BF, wegen seiner Kontakte zu zwei Personen, die im April 2017 wegen Drogenkriminalität verhaftet worden seien, wobei einer davon nach der Festnahme verstorben sei, verfolgt zu werden, hat sich als nicht glaubhaft erwiesen.

Es kann auch kein zwingendes Risiko erkannt werden, dass der BF wegen ehemaligen Drogenkonsums im Herkunftsland verfolgt oder sonst einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt werden würde. Es liegen auch keine begründeten Anhaltspunkte dafür vor, dass er bei einer Rückkehr hinsichtlich seiner Grundbedürfnisse (Nahrung, Unterkunft) im Herkunftsland einer existenzbedrohenden Notsituation ausgesetzt wäre. Zudem ist für den BF auch eine Wohnsitzverlegung innerhalb des Herkunftsstaates, etwa nach XXXX , möglich und zumutbar.

Im Übrigen werden die Ausführungen im Verfahrensgang der Entscheidung zugrunde gelegt.

1.2. Zur Situation auf den Philippinen

Politische Lage

Die Philippinen haben ca. 300.000 km² Fläche und ca. 107 Mio. Einwohner. Die primären Landessprachen sind Pilipino (Tagalog) und Englisch (allgemeine Verkehrssprache). Die Regierungsform des Landes ist ein Präsidialsystem, Staatsoberhaupt und Regierungschef ist seit Juni 2016 Rodrigo Duterte (AA 6.3.2019a). Das philippinische Präsidialsystem folgt weitgehend dem US-amerikanischen Vorbild mit zwei Kammern, dem Repräsentantenhaus mit etwa 290 Abgeordneten und einem 24-köpfigen Senat. Die Kongressabgeordneten werden alle drei Jahre gewählt, während die Amtszeit von Senatoren sechs Jahre beträgt, wobei jeweils die Hälfte von ihnen nach drei Jahren gewählt wird. Der mit großen Befugnissen ausgestattete Präsident an der Spitze der Exekutive ist gleichzeitig in Personalunion Staatsoberhaupt, Regierungschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er ernennt die Mitglieder des Kabinetts und hat ein Vetorecht bei Gesetzesbeschlüssen des Kongresses. Seine Amtszeit endet nach sechs Jahren, eine Wiederwahl ist nicht möglich. Die Legislative besteht aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat (GIZ 3.2019a).

Die Regierung des am 9.5.2016 gewählten und seit dem 30.6.2016 regierenden Präsidenten Rodrigo Duterte hat die Bekämpfung der Drogenkriminalität, die Armuts- und Korruptionsbekämpfung, die Befriedung der inneren muslimischen und kommunistischen Rebellionen und einen föderalen Umbau des Staates zu den wichtigsten Prioritäten ihrer Politik erklärt. Zivilgesellschaftliche Organisationen beklagen eine deutlich verschlechterte Menschenrechtslage im Zuge der Anti-Drogen-Kampagne, bei der seit Amtsantritt Dutertes nach offiziellen Zahlen über 5.000 Personen getötet worden sind. Nach NGO-Angaben ist die Zahl der durch die Polizei oder Unbekannte Getöteten deutlich höher (12.000 bis 20.000) (AA 6.3.2019b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019a): Philippinen - Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/philippinen/212478, Zugriff 22.5.2019

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019b): Philippinen, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2019a): Philippinen, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/philippinen/geschichte-staat/, Zugriff 22.5.2019

Sicherheitslage

Seit der Unabhängigkeit der Republik der Philippinen am 4.7.1946 existiert eine Reihe virulenter politischer, wirtschaftlicher und sozialer Konflikte, die bis heute von sämtlichen Regierungen gar nicht oder nur teilweise gelöst werden konnten. Es gibt eine Reihe kommunistischer und muslimischer Gruppen, die – mitunter auch bewaffnet – gegen die Zentralregierung und für unterschiedliche politische Ziele kämpfen. Nennenswert sind vor allem die Dachorganisation des kommunistischen Untergrundbündnisses (NDFP) sowie die heute größte und bedeutendste muslimische Widerstandsorganisation, die Moro Islamische Befreiungsfront (MILF) (GIZ 3.2019a). Die New Peoples Army (NPA), bewaffneter Arm der philippinischen kommunistischen Partei, ist in großen Teilen des Landes präsent, v.a. im Norden und Zentrum der Insel Luzon, auf den Inseln Samar, Leyte, Madbate, Negros und Mindoro (FD 24.5.2019).

Seit dem Frühjahr 2014 gestalten sich gleichzeitig auch Kontakte zwischen dem dschihadistischen IS (Islamischer Staat) - vormals ISIS (Islamischer Staat in Irak und Syrien) - und Gesinnungsgenossen in Südostasien immer enger. Neben Indonesien ist dabei auch der Süden der Philippinen ins Zentrum von IS-Propagandisten und -Rekruteuren gerückt (GIZ 3.2019a). Zuletzt wurde im Jänner 2019 ein schwerer Bombenanschlag auf die Kathedrale in Jolo in der Provinz Sulu verübt; bei diesem Angriff starben rund 20 Menschen und es wurden mindestens 100 verletzt (GIZ 3.2019a, vgl. AA 22.5.2019). Schließlich hat dort mit der Abu Sayyaf-Gruppe (ASG) eine militante Organisation schon lange und mehrfach international für Aufsehen gesorgt; deren Gründungsmitglieder hatten bereits als Mudschahedin in Afghanistan gegen die sowjetischen Besatzungstruppen gekämpft. Mehrere Großoffensiven philippinischer Eliteeinheiten und US-Spezialkräfte in der Region vermochten es nicht, die ASG aufzureiben (GIZ 3.2019a). Bewaffnete islamistische Gruppierungen, allen voran die bereits erwähnte Abu Sayyaf-Gruppe, sind im Westen der Insel Mindanao aktiv, ebenso wie auf der Insel Palawan und den Archipelen Sule und Tawi-Tawi (FD 24.5.2019). Für die gesamte Insel Mindanao gilt bis mindestens Ende 2019 Kriegsrecht. Diese Maßnahme beinhaltet Ausgangssperren, militärische Kontrollposten sowie die Aussetzung bestimmter Bürgerrechte, wie des Rechts auf unverzügliche gerichtliche Überprüfung von Inhaftierungen (AA 22.5.2019).

Das deutsche auswärtige Amt warnt vor Reisen in folgende Regionen: Zamboanga Peninsula (Region IX); Northern Mindanao (Region X); Davao-Region (Region XI), einschließlich der Insel Samal, aber mit Ausnahme von Davao City; Soccsksargen (Region XII); Autonomous Region of Muslim Mindanao (ARMM) mit dem Sulu-Archipel, also den Inseln zwischen Mindanao und Ost-Malaysien (wie Tawi-Tawi, Sulu, Basilan); Sulu-See; Süd-Palawan (südlich von Puerto Princesa). Von nicht erforderlichen Reisen in andere Regionen von Mindanao und in der Mindanao-See wird abgeraten (AA 22.5.2019). Das französische Außenministerium warnt („formellement deconseillé“) vor Reisen auf die Insel Basilan, die Archipele Sulu und Tawi-tawi, auf die Halbinsel Zamboanga, West-Misamis und andere im Süden der Philippinen gelegene Gebiete und Inseln. Gebiete, die unter Vorliegen eines triftigen Grundes bereist werden können, sind der südliche Teil der Insel Palawan, in Mindanao die nördlichen Provinzen, Ost-Davao, Agusan del Sur, Ost-Misamis, Bukidnon und Surigao del Sur (FD 24.5.2019). In diesen Gebieten sind unterschiedliche Gruppen von islamistischen Terroristen und Rebellen aktiv, es kommt immer wieder zu Anschlägen sowie Kampfhandlungen mit der philippinischen Armee und Sicherheitskräften. Die Armee konnte die von IS-nahen Terroristen besetzte Stadt Marawi im Oktober 2017 erst nach fünf Monaten schwerster Gefechte mit über 1.000 Todesopfern und hunderttausenden Vertriebenen zurückerobern. In West-Mindanao wurden seit Juli 2018 vermehrt Bombenanschläge verübt, bei denen zahlreiche Menschen getötet und eine noch höhere Zahl von Personen verletzt wurde. Die Anschlagsziele waren in Lamitan City in Basilan; in Isulan, Midsayap, Cotabato City und General Santos City auf der Hauptinsel Mindanao; sowie zuletzt Ende Jänner 2019 auf der Insel Jolo in der Provinz Sulu. Die in der Region operierende islamistische Terrorgruppe Abu Sayyaf ist für Entführungen und Ermordungen vor allem auf Mindanao und in der Sulu-See verantwortlich und zielt vermehrt auf ausländische Entführungsopfer. Am 26.2.2017 wurde von ihr eine deutsche Geisel ermordet, nachdem sie bereits im November 2016 in der Sulu-See verschleppt und die Reisegefährtin getötet worden war. Auch ortskundige Ausländer sind dort derzeit besonders gefährdet. Im April 2017 kam es in Bohol und Umgebung und in Davao zu Gefechten zwischen schwerbewaffneten Gruppen und philippinischen Sicherheitskräften. In Manila im Stadtteil Quiapo kam es im selben Zeitraum wiederholt zu Bombenanschlägen, deren Motiv ungeklärt blieb (AA 22.5.2019).

Präsident Duterte hatte Friedensprozesse mit den muslimischen und kommunistischen Rebellen zunächst fortgesetzt. Mit den Moro Islamic Liberation Fighters (MILF) besteht eine Waffenstillstandsvereinbarung; der Konflikt soll durch Gewährung einer Teilautonomie durch das “Bangsamoro Organic Law” endgültig beendet werden. Die Verhandlungen mit den kommunistischen Aufständischen der New People’s Army (NPA) hat die Regierung nach fortdauernden Angriffen von NPA-Kräften auf Armeeangehörige beendet; Ende 2017 wurden die NPA und die Kommunistische Partei der Philippinen (CPP) zu terroristischen Organisationen erklärt, Duterte kündigte einen „all-out war“ gegen sie an. Ungeachtet der Vereinbarung mit der MILF sind in Mindanao mit der terroristisch operierenden Abu-Sayyaf-Gruppe und den von der MILF abtrünnigen Bangsamoro Islamic Freedom Fighters (BIFF) neue Gegner eines Friedens entstanden; die fünfmonatige Besetzung der Stadt Marawi offenbart eine substantielle Gefahr durch islamistische Gruppierungen (AA 6.5.2019b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019b): Philippinen, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- AA - Auswärtiges Amt (22.5.2019): Philippinen, Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/philippinensicherheit/212492, Zugriff 22.5.2019

- FD - France Diplomatie (24.5.2019): Conseils aux voyageurs - Philippines - Securité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/philippines/, Zugriff 24.5.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2019a): Philippinen, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/philippinen/geschichte-staat/, Zugriff 22.5.2019

Anti-Drogen-Kampagne

Im Zuge des unter Präsident Duterte geführten, sogenannten Kriegs gegen Drogen, ist es zu einer hohen Zahl von Tötungen durch Sicherheitskräfte gekommen. Während Menschenrechtsaktivisten in diesem Zusammenhang von schweren Menschenrechtsverletzungen sprechen, hat die Polizei nach Angaben der philippinischen Regierung in Notwehr getötet (AA 6.3.2019b). Dutertes Kampf gegen die Drogenkriminalität hat bislang 20.000 Menschen das Leben gekostet (TS 19.2.2019).

Die Kampagne der Regierung gegen Drogen führte 2017 zu Tausenden von rechtswidrigen Tötungen durch Polizisten und andere Personen. Menschenrechtsaktivisten, die Kritik an der Kampagne übten, wurden vom Staatspräsidenten und seinen Verbündeten gezielt ins Visier genommen. Die Verhängung des Kriegsrechts über die Insel Mindanao und dessen zweimalige Verlängerung ließ weitere Menschenrechtsverstöße befürchten (AI 22.2.2018).

Die vorsätzlichen, rechtswidrigen und weitverbreiteten Tötungen Tausender mutmaßlicher Drogenkrimineller, die von den Behörden offenbar systematisch geplant, organisiert und unterstützt wurden, könnten Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Die meisten Getöteten stammten aus verarmten städtischen Wohngebieten. Obwohl Beweise dafür vorliegen, dass für die Welle außergerichtlicher Hinrichtungen mutmaßlicher Drogenkrimineller Polizisten und von ihnen angeheuerte Auftragsmörder verantwortlich waren, wurden die rechtswidrigen Tötungen von den Behörden weiterhin geleugnet (AI 22.2.2018).

Im Oktober 2017 kündigte Präsident Duterte an, dass die Zuständigkeit für die Anti-Drogen-Kampagne von der Nationalpolizei auf die Drogenbehörde übergehen solle. Trotz aller ungelösten Probleme hieß es keine zwei Monate später, die Polizei könne sich durchaus erneut an Antidrogeneinsätzen beteiligen. Es gab keine ernsthaften Untersuchungen zu den Tötungen mutmaßlicher Drogenkrimineller. Soweit bekannt, wurde kein Polizist zur Rechenschaft gezogen. Die Angehörigen der Opfer schreckten weiterhin davor zurück, die Verbrechen anzuzeigen, weil sie Vergeltungsmaßnahmen der Polizei befürchteten (AI 22.2.2018).

Die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) gab im Februar 2017 die Aufnahme von Vorermittlungen gegen Präsident Duterte wegen möglicher Taten im Zusammenhang mit dem „Kampf gegen Drogen“ bekannt. Die Philippinen leiteten daraufhin ihren Rücktritt aus dem Römischen Statut ein, der auf die Vorermittlungen des IStGH jedoch keine Auswirkungen hat (AA 6.3.2019). Rodrigo Duterte hat im September 2018 erstmals zugegeben, dass unter seiner Führung im Rahmen des „Kriegs gegen Drogen“ bei Polizeieinsätzen Personen ohne Gerichtsverfahren ermordet wurden. Diese „außergerichtlichen Tötungen“ seien seine einzige Sünde, sagte Duterte. Das Schuldbekenntnis Dutertes könnte ein wichtiger Bestandteil der laufenden Untersuchungen des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Duterte werden. Im März 2018 bestätigte das Gericht, dass Ermittlungen gegen Duterte eingeleitet wurden. Duterte wird hierbei vorgeworfen, an Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowohl zu seiner Zeit als Bürgermeister von Davao als auch als Präsident beteiligt gewesen zu sein (FA 28.9.2018).

Im Zuge des "Anti-Drogenkriegs" begingen Polizei und unbekannte Bewaffnete auch 2019 weiterhin Tötungen. Im Juni 2019 bestätigte der Chef der philippinischen Nationalpolizei, dass seit dem Amtsantritt der Regierung Duterte im Juli 2016 mehr als 6.500 Menschen bei Polizeieinsätzen getötet wurden. Menschenrechtsorganisationen schätzten die Zahl deutlich höher ein. Laut amtlichen Unterlagen gab es in diesem Zeitraum über 20.000 weitere, noch ungeklärte Tötungsdelikte, davon zahlreiche mit mutmaßlicher Beteiligung von PolizistInnen. Die Opfer kamen auch 2019 zum größten Teil aus armen, marginalisierten Bevölkerungsgruppen und standen oft auf willkürlichen Namenslisten, die die Polizei bei ihren Anti-Drogen-Einsätzen weiterhin verwendete. Die Polizei behauptete in der Regel, die Betroffenen hätten Widerstand geleistet und so die Anwendung tödlicher Gewalt notwendig gemacht, wohingegen ZeugInnen erklärten, die Opfer seien kaltblütig ermordet worden. Die Familienangehörigen hatten kaum eine Möglichkeit, Wiedergutmachung zu erhalten, denn es war sehr schwierig, Klage gegen die Verantwortlichen einzureichen, und sie mussten Racheakte befürchten. So kam es nirgendwo im Land zu einer nennenswerten Aufarbeitung dieser Delikte. Im März 2019 wurde der Austritt der Philippinen aus dem Internationalen Strafgerichtshof wirksam, nachdem das Land seine Ratifizierung des Römischen Statuts im März 2018 zurückgezogen hatte. Dessen ungeachtet führte der Internationale Strafgerichtshof die Ermittlungen wegen möglicher völkerrechtlicher Verbrechen fort. Im Juli forderte der UN-Menschenrechtsrat das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte auf, einen umfassenden Bericht über die Lage auf den Philippinen vorzulegen. Anfang November 2019 akzeptierte Vizepräsidentin Leni Robredo, Mitglied einer Oppositionspartei, Präsident Dutertes Einladung, den Co-Vorsitz des staatlichen Komitees gegen illegale Drogen zu übernehmen. Doch bereits nach 18 Tagen wurde sie wieder von dieser Aufgabe entbunden, weil sie Transparenz und Zugang zu Geheimdienstberichten zur Anti-Drogen-Kampagne der Regierung forderte (AI 29.1.2020).

Der Anti-Drogen-Krieg der philippinischen Regierung gefährdete weiterhin das Recht der Menschen auf das Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit. Recherchen von Amnesty International zufolge waren die Programme der Regierung zur Behandlung und Rehabilitation von Drogenabhängigen unzureichend; viele Familien berichteten, dass für ihre drogenabhängigen Angehörigen, die medizinische Hilfe suchten, kein solches Programm zur Verfügung stand. Anderen wurden weiter Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen aufgezwungen, und der Zugang zu grundlegenden Gesundheitsleistungen und Risikominderungsmaßnahmen wurde ihnen verwehrt(AI 29.1.2020).

Duterte hat am 31.08.2020 am Rande einer Kabinettssitzung im Fernsehen öffentlich angemerkt, den obersten Zollbeamten des Landes¸ Guerrero, einem pensionierter Armeegeneral, in einem Gespräch unter Zusicherung von Straffreiheit ausdrücklich dazu aufgefordert zu haben, Drogenschmuggler zu erschießen und zu töten, da nach wie vor Drogen ins Land fließen würden. Dies war eine seiner offenkundigsten Bedrohungen während einer tödlichen vierjährigen Kampagne, die das Herzstück seiner Präsidentschaft darstellt. Duterte hat bisher die Genehmigung außergerichtlicher Tötungen verweigert, Drogendealern jedoch wiederholt und offen mit dem Tod gedroht. Er und die nationale Polizei, die die Durchsetzung seiner Antidrogenkampagne angeführt hat, sagten, die meisten Verdächtigen, die während der Kampagne von der Polizei getötet wurden, hätten sich gewehrt und das Leben von Strafverfolgungsbehörden bedroht. Duterte hat sich geschworen, das brutale Vorgehen in seinen verbleibenden zwei Jahren an der Macht fortzusetzen. Mehr als 5.700 meist aus ärmlichen Verhältnissen stammende Drogenverdächtige wurden im Verlauf der Antidrogenkampagne bisher getötet, ein Umstand, der Menschenrechtsgruppen und westliche Regierungen alarmiert und eine Untersuchung mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem internationalen Strafgerichtshof ausgelöst hat. Phil Robertson, der stellvertretende Asien-Direktor von Human Rights Watch hat den UN-Menschenrechtsrat aufgefordert, eine unabhängige internationale Untersuchung der Morde auf den Philippinen einzuleiten. Laut Menschenrechtsgruppen gebe es einige Fälle, wo Verdächtige gnadenlos getötet worden seien und ihnen von der Polizei im Anschluss Schusswaffen in die Hände gelegt worden seien, um den Anschein zu erwecken, dass sie sich gewehrt hätten (Guardian, 01.09.2020).

Laut eines am 15.12.2020 vom Internationalen Strafgerichtshof veröffentlichten vorläufigen Berichts gebe es Beweise dafür, dass auf den Philippinen im Zusammenhang mit dem seit 2016 andauernden Drogenkrieg unter Präsident Duterte Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden. Das Gericht wird in den kommenden Monaten entscheiden, ob eine vollständige Untersuchung eingeleitet werden soll. Die Philippinen zogen sich 2019 offiziell aus dem IStGH zurück, nachdem mehrere Beschwerden gegen Duterte eingereicht wurden. Nach Angaben der philippinischen Nationalpolizei wurden rund 8.000 Menschen getötet, denen vorgeworfen wurde, am illegalen Drogenhandel beteiligt gewesen zu sein. NGOs haben höhere Zahlen gemeldet und berichtet, dass die Gewalt auch während der Sperren im Rahmen der COVID Pandemie anhalte. Der jüngste Vorfall ereignete sich im November 2020, als in einer Stadt außerhalb von Manila auf einen 27-jährige mehrmals von unbekannten Bürgerwehrangehörigen geschossen wurde, wobei dieser letztlich getötet wurde. Duterte hat jegliche Verbindung zu den Morden bestritten und diesen auf Bandenkriege zurückgeführt. Derartige Dementis schlugen jedoch 2018 fehl, als drei Polizisten wegen Mordes an einem 17-jährigen Jungen, der fälschlicherweise als Drogendealer identifiziert wurde, verurteilt wurden. Dieser Fall sorgte für große öffentliche Empörung und zwang Duterte, den Drogenkrieg vorübergehend einzustellen. Etta Rosales, die frühere Vorsitzende der philippinischen Menschenrechtskommission, betonte indes, dass der Bericht des IStGH einen Triumph in den Bemühungen darstelle, Duterte und seine Regierung zur Rechenschaft zu ziehen. Die philippinischen Menschenrechtsorganisation Karapatan unter ihrer Leiterin Cristina Palabi hat Vorwürfe untersucht, wonach auf den Philippinen unbekannte Angreifer "tausende von rechtswidrigen Morden" durchgeführt hätten und Duterte und hochrangige Mitglieder seiner Polizei "die Tötung verdächtiger oder angeblicher Drogenkonsumenten gefördert und gefördert" hätten. Die Senatorin Leila de Lima, eine ausgesprochene Kritikerin von Duterte, hat seinen Krieg gegen Drogen "eine Maschine ungerechter Todesfälle" bezeichnet (NYT 15.12.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019b): Philippinen, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/1446462.html, Zugriff 22.5.2019

- AI - Amnesty International (29.1.2020): Amnesty International Report Philippinen 2019, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2019/philippinen

- FA - Frankfurter Allgemeine( 28.9.2018): Drogenkrieg auf Philippinen - Duterte gesteht „außergerichtliche Tötungen“, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/philippinen-rodrigo-duterte-gesteht-aussergerichtliche-toetungen-15811128.html, Zugriff 22.5.2019

-- The Guardian: If it’s drugs, you shoot and kill,' Duterte orders Philippine custom chief, 01.09.2020, https://www.theguardian.com/world/2020/sep/01/if-its-drugs-you-shoot-and-kill-duterte-orders-philippine-custom-chief

--NYT -- New York Times: Court Finds Evidence of Crimes Against Humanity in the Philippines 15.12.2020, https://www.nytimes.com/2020/12/15/world/asia/philippines-duterte-drugs-icc.html

- TS - Der Tagesspiegel (19.2.2019): Philippinen - Massive Kritik an Dutertes tödlicher Antidrogenpolitik, https://www.tagesspiegel.de/politik/philippinen-massive-kritik-an-dutertes-toedlicher-antidrogenpolitik/24012810.html, Zugriff 22.5.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Die philippinische Judikative basiert auf US-amerikanischem bürgerlichem Recht. Die gültige Verfassung aus dem Jahre 1987 enthält eine Bill of Rights, wonach der Grundsatz der Verfassungsgerichtsbarkeit gilt. Das heißt, die Rechte sind für jeden Bürger beim Obersten Gerichtshof, dem Supreme Court, einklagbar. Das betrifft im Prinzip auch staatliche Gesetze, die als nicht verfassungskonform gelten. Der Oberste Gerichtshof besteht aus 15 Richtern, welche vom Präsidenten auf Vorschlag eines Richterrates, des Judicial and Bar Council, ernannt werden und die bis zu ihrem 70. Lebensjahr im Amt bleiben. Der Sandiganbayan entspricht einem Sondergericht, das sich mit Korruptionsfällen befasst, in die Regierungsbeamte verstrickt sind. Bezüglich Rechtsstaatlichkeit besteht das Problem nicht im Fehlen von Gesetzen; problematisch ist eher deren mangelhafte Umsetzung. Da bis dato die eigentliche Macht im Staate in den Händen nur weniger politisch potenter und sehr wohlhabender landbesitzender Familien und Großunternehmen liegt, ist es für den "Normalbürger" kaum möglich, sich gegen diese mächtigen Interessen zu stemmen (GIZ 3.2019a).

Das Gesetz sieht eine unabhängige Justiz vor, und die Angeklagten haben das Recht auf eine faire öffentliche Verhandlung. Diese Rechte werden in der Regel zwar durchgesetzt, aber nicht immer rechtzeitig. Aufgrund der Korruption durch Vetternwirtschaft, persönliche Verbindungen und Schmiergeldzahlungen bleiben wohlhabende und einflussreiche Personen oft straffrei. Personalmangel, ineffiziente Verfahren und lange Verzögerungen aus verfahrensrechtlichen Gründen wirken weiterhin hemmend auf das Justizwesen (USDOS 13.3.2019) Das Justizsystem ist überlastet, wenig effektiv, unterfinanziert und gilt als notorisch korrupt (AA 6.3.2019b). Ein weiteres Problem stellt das mangelhafte Zeugenschutzprogramm der Justizbehörden dar (GIZ 3.2019a). Menschenrechtsorganisationen berichten, dass dieses Programm aufgrund fehlender Finanzierung, verfahrensbedingter Verzögerungen und grundsätzlicher Zweifel an seiner Effektivität oft nicht in der Lage ist, für die Betroffenen den erforderlichen Schutz zu gewährleisten. Die Kommission für Menschenrechte bietet ein kleineres Zeugenschutzprogramm an, das aufgrund der Opfer der von der Regierung durchgeführten Anti-Drogen-Kampagne überbelastet ist. Dem Ombudsmann sind auch Fälle von Polizeimissbrauch und Korruption bekannt, in denen die Opfer und die Zeugen, aber manchmal auch deren Familien, aufgrund ihrer mangelhaften Zusammenarbeit mit der Behörde unter Druck gesetzt werden (USDOS 13.3.2019). Die Bemühungen des Obersten Gerichtshofs werden weiterhin fortgesetzt, um schnellere Verfahren gewährleisten, Amtsvergehen reduzieren und die Leistungsfähigkeit der Judikative generell erhöhen zu können und das Vertrauen der Öffentlichkeit ins Justizwesen zurückzugewinnen (USDOS 13.3.2019). Die Europäische Kommission und die philippinische Regierung führen schon seit 2006 (wie z.B. EPJUST, EPJUST II) verschiedene gemeinsame Projekte durch, um den Justizsektor auf den Philippinen zu stärken. Bis Oktober 2019 läuft das aktuellste Kooperationsprogramm zwischen der Europäische Union und den Philippinen unter dem Titel GOJUST (Governance in Justice) (EEAS 23.2.2017; vgl. GoJust o.D.).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019b): Philippinen, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- EEAS - European External Action Service (23.2.2017): https://eeas.europa.eu/delegations/philippines/21223/eu-and-justice-sector-coordinating-council-launch-gojust-programme-23-february_en, Zugriff 23.5.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2019a): Philippinen, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/philippinen/geschichte-staat/, Zugriff 22.5.2019

- GOJUST - Governance in Justice (o.D.): Governance in Justice: A Justice Sector Reform Programme, https://gojust.org/, Zugriff 23.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

Sicherheitsbehörden

Die Nationale Polizei der Philippinen (Philippine National Police, PNP) ist im größten Teil des Landes für die innere Sicherheit zuständig. Sie ist dem Department of the Interior and Local Government (DILG) untergeordnet. Das Militär (Armed Forces of the Philippines, AFP) ist für die externe Sicherheit verantwortlich, aber in konfliktbetroffenen Regionen (besonders in den Regionen von Mindanao) wird es auch für die innere Sicherheit eingesetzt. Die AFP ist dem Verteidigungsministerium unterstellt. Gouverneure, Bürgermeister und andere lokale haben einen erheblichen Einfluss auf die regionalen Polizeieinheiten, darunter auf die Ernennung der obersten Polizeibeamten auf Bezirks- und kommunaler Ebene; Bereitstellung von Ressourcen etc., was oft zu Korruption und Bestechung führt. Die PNP mit einer derzeitigen Stärke von 180.000 Mann gilt weiterhin als massiv korruptionsanfällig. Menschenrechtsgruppen warnen weiterhin vor potentiellen Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte (USDOS 13.3.2019). Die IAS (PNP Internal Affairs Service) sowie andere Regierungsmechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption in der Polizei operieren weitgehend ineffektiv, obwohl Korruption unter den Regierungs- und Sicherheitskräften von Präsident Duterte öffentlich verurteilt wurde. Von Jänner bis August 2018 erhielt der Ombudsmann 114 Beschwerden über 294 Fälle von Menschenrechtsverletzungen (Tötungen, Verletzungen, rechtswidrige Verhaftungen, Folter) infolge angeblicher militärischer und polizeilicher Einsätze; im Großteil der Fälle handelt es sich um Sicherheitsbeamte der unteren Dienstgrade. Im August 2018 standen alle Fälle bis auf einen, der abgelehnt wurde, noch zur weiteren Untersuchung offen. Viele Fälle aus dem Vorjahr waren noch offen (USDOS 13.3.2019).

Im Oktober 2017 kündigte Präsident Duterte an, dass die Zuständigkeit für die Anti-Drogen-Kampagne von der Nationalpolizei auf die Drogenbehörde übergehen solle. Trotz aller ungelösten Probleme hieß es keine zwei Monate später, die Polizei könne sich durchaus erneut an Antidrogeneinsätzen beteiligen. Es gab keine ernsthaften Untersuchungen zu den Tötungen mutmaßlicher Drogenkrimineller. Soweit bekannt, wurde kein Polizist zur Rechenschaft gezogen. Die Angehörigen der Opfer schreckten weiterhin davor zurück, die Verbrechen anzuzeigen, weil sie Vergeltungsmaßnahmen der Polizei befürchteten (AI 22.2.2018).

Es wurden jedoch Bemühungen fortgesetzt, um die PNP zu reformieren und zu professionalisieren. Neben einer verbesserten Ausbildung, erweiterten Gemeinschaftsinitiativen und Gehaltserhöhungen wurden menschenrechtliche Themen in die Kurse für Polizisten integriert und das Büro für Menschenrechte der PNP führte landesweite Routinetrainings zum Thema menschenrechtliche Verantwortlichkeit in der Polizeiarbeit durch (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/1446462.html, Zugriff 22.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

Folter und unmenschliche Behandlung

Verfassung und Gesetze verbieten Folter und andere unmenschliche Behandlung. Dadurch erlangte Beweismittel sind gerichtlich nicht zulässig. Dennoch kommt es regelmäßig zu Missbrauch und gelegentlich zu Folter von Verdächtigen sowie Häftlingen durch Sicherheitskräfte und Polizei. Die Kommission für Menschenrechte (CHR) untersuchte bis August 2018 30 Fälle von angeblichen Foltervorwürfen. In acht Fällen wurde die Polizei verdächtigt. Es gab im Jahr 2018 keine Verurteilungen wegen Folter, aber einige Fälle wurde gemäß dem Antifoltergesetz weiter verhandelt. Psychischer Missbrauch - illegal gemäß des Anti-Folter-Gesetzes - wird besonders in Drogenfällen ausgeübt (USDOS 13.3.2019).

Im April 2017 wurde auf einer Polizeiwache in Manila eine geheime Folterzelle entdeckt. Die staatliche Menschenrechtskommission leitete die Information und entsprechende Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen zur weiteren Untersuchung an die Ombudsstelle weiter. Die Sicherheitskräfte wurden beschuldigt, während der fünf Monate andauernden Kämpfe zwischen der Armee und der Maute-Gruppe in Marawi gefangen genommene Personen gefoltert und außergerichtlich hingerichtet zu haben. Der Gesetzentwurf zur Einrichtung eines nationalen Präventionsmechanismus gemäß dem Fakultativprotokoll zum UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe war bis Ende 2017 nicht verabschiedet (AI 22.2.2018).

Quellen:

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/1446462.html, Zugriff 22.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

Korruption

Das Gesetz sieht zwar Strafen für Korruption durch Beamte vor, aber es gibt weiterhin Berichte, dass korrupte Praktiken ungestraft bleiben. Zur Bekämpfung der Korruption wurden das unabhängige Amt des Ombudsmanns, das Gericht für Anti-Korruption und eine Revisionskommission errichtet. Obwohl diese drei Einheiten unterbesetzt sind, arbeiten sie sowohl miteinander als auch mit der Öffentlichkeit und der Zivilgesellschaft aktiv zusammen. Anscheinend operieren sie unabhängig und setzen ihre beschränkten Ressourcen effektiv ein. Von Jänner bis September 2018 erreichte der Ombudsmann 436 Verurteilungen gegen Beamte in 578 Korruptionsfällen, eine dramatische Steigerung gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (USDOS 13.3.2019). Die Philippinen liegen im 2018 Corruption Perceptions Index von Transparency International mit einer Bewertung von 36 (von 100) (0=sehr korrupt, 100=nicht korrupt) auf Platz 99 (von 180) (je höher, desto schlechter) (TI 2019). 2017 lag das Land mit einer Bewertung von 34 auf Platz 111 (von 180) (TI 21.2.2018).

Quellen:

- TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://files.transparency.org/content/download/2172/13704/file/CPI2017_Full_DataSet_.xlsx, Zugriff 23.5.2019

- TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/files/content/pages/2018_CPI_FullResults.zip, Zugriff 23.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

Wehrdienst und Rekrutierungen

Ein freiwilliger Militärdienst ist im Alter von 17 bis 23 Jahren möglich (bei Offizieren von 20 bis 24 Jahren), eine Wehrpflicht gibt es nicht (CIA 13.5.2019).

Quellen:

- CIA - Central Intelligence Agency (13.5.2019): The World Factbook – Philippines, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rp.html, Zugriff 23.5.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

In den Philippinen werden die Menschenrechte durch zahlreiche Gesetze geschützt. Zudem hat das Land die wichtigsten völkerrechtlichen Vereinbarungen zum Schutze der Menschenrechte ratifiziert. Im Zuge des unter Präsident Duterte geführten sogenannten Kriegs gegen Drogen ist es zu einer hohen Zahl von Tötungen durch Sicherheitskräfte gekommen. Während Menschenrechtsverteidiger in diesem Zusammenhang von schweren Menschenrechtsverletzungen sprechen, hat die Polizei nach Angaben der philippinischen Regierung in Notwehr getötet. Es kommt auch außerhalb des „Kriegs gegen Drogen“ zu Menschenrechtsverletzungen (wie sogenannte extralegale Tötungen, Körperverletzungen, Entführungen, Folter). Eine strafrechtliche Ahndung der Tötungen findet so gut wie nicht statt (AA 6.3.2019b).

Die größten Menschenrechtsprobleme in den Philippinen sind ungesetzliche und willkürliche Tötungen durch die Sicherheitskräfte sowie durch Aufständische, Verschwindenlassen, Folter, willkürliche Inhaftierungen, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, politische Häftlinge, ungesetzliches Eindringen in die Privatsphäre, Tötungen von und Drohungen gegenüber Journalisten, behördliche Korruption sowie Zwangsarbeit und Kinderarbeit (USDOS 13.3.2019).

Die Philippinen wurden 2018 erneut in den UN-Menschenrechtsrat gewählt. Das Verfahren des Universal Periodic Review (UPR) durchliefen sie zuletzt im Mai 2017. Seit 2011 sind die Philippinen neben Japan das einzige asiatische Land, das dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) beigetreten ist. Die Chefanklägerin des IStGH gab im Februar 2017 die Aufnahme von Vorermittlungen gegen Präsident Duterte wegen möglicher Taten im Zusammenhang mit dem „Kampf gegen Drogen“ bekannt. Die Philippinen leiteten daraufhin ihren Rücktritt aus dem Römischen Status ein, der auf die Vorermittlungen des jedoch keine Auswirkungen hat (AA 6.3.2019b). Seit der Wahl des neuen Präsidenten Rodrigo Duterte im Mai 2016 haben sich die Menschenrechtsprobleme in den Philippinen massiv verschärft. 2017 kam es zu Tausenden von rechtswidrigen Tötungen von Kleinkriminellen und Verdächtigen durch Polizisten und andere Personen im Rahmen einer Kampagne gegen Drogen. Zudem geht die Polizei vermehrt mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Demonstrierende vor. Immer wieder begehen unbekannte Täter und mutmaßliche Milizen Morde an Journalisten, Richtern, Rechtsanwälten und Angehörigen von indigenen Gemeinschaften. Bei Menschenrechtsverletzungen herrscht ein Klima der Straflosigkeit. Machtmissbrauch und Korruption sind entsprechend weit verbreitet. In den Südphilippinen schwelt immer noch ein bewaffneter Konflikt zwischen dem Militär und separatistischen islamischen Gruppen, im Mai 2017 verhängte Präsident Duterte das Kriegsrecht über die Insel Mindanao (HR 27.8.2018).

Immer wieder kommt es zu Folter von Häftlingen durch Sicherheitskräfte und die Polizei. Im Jahr 2016 wurde zum ersten Mal ein Polizist auf Grundlage des Antifoltergesetzes wegen Folter schuldig gesprochen. Viele andere Folteropfer warten aber weiterhin darauf, dass man ihre Folterer zur Verantwortung zieht. Auch sind mehrere Fälle des Verschwindenlassens bekannt. Trotz eines Gesetzes gegen das Verschwindenlassen wurde noch kein Schuldspruch auf der Grundlage dieses Gesetzes erlassen. Frauen, LGBTI-Personen, Personen mit Behinderungen und Angehörige einiger indigener Gruppen werden diskriminiert. Die sexuellen und reproduktiven Rechte der Frauen sind stark eingeschränkt. Es wird von sexueller Ausbeutung von Kindern, Kinderarbeit und Menschenhandel berichtet. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte kritisierte die Philippinen zudem, weil die Regelungen zum Mindestlohn nicht eingehalten werden (HR 27.8.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019b): Philippinen, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- HR - Informationsplattform Human Rights (27.8.2018): Länderinformation: Menschenrechte in den Philippinen, http://www.humanrights.ch/de/service/laenderinfos/philippinen/, Zugriff 23.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

Haftbedingungen

In den Gefängnissen herrschen oft schlechte (USDOS 13.3.2019; vgl. DFAT 12.2018) bzw. potentiell lebensbedrohliche (USDOS 13.3.2019) Umstände. Gefängnisse sind häufig massiv überbelegt, verfügen über unzureichende sanitäre Einrichtungen (USDOS 13.3.2019; vgl. DFAT 12.2018) und es fehlt an Nahrung und adäquater medizinischer Versorgung. Gemäß NGOs kommt es zu Missbrauch durch Wärter und andere Insassen, aber die meisten Gefangenen weigern sich aus Angst vor Vergeltung eine formale Beschwerde einzureichen (USDOS 13.3.2019). Die Überbelegung führt zu Gewalt zwischen Wärtern und Insassen (DFAT 12.2018).

Quellen:

- DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade (12.2018): DFAT Country Information Report - The Philippines, S29, https://www.ecoi.net/en/file/local/2002931/country-information-report-philippines.pdf, Zugriff 23.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

Todesstrafe

Die Todesstrafe wurde im Juni 2006 gesetzlich abgeschafft (AA 22.5.2019; vgl. DFAT 12.2018). Internationale Gruppen forderten die Regierung auf, ihren 2016 angekündigten Plan zur Wiedereinführung der Todesstrafe aufzugeben und verwiesen auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes, insbesondere aufgrund des Zweiten Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe (AI 22.2.2018). Im März 2017 stimmte das Repräsentantenhaus einem Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Todesstrafe zu (AI 22.2.2018; vgl. DFAT 12.2018). Das Vorhaben geriet ins Stocken, nachdem der Entwurf im Senat auf Kritik gestoßen war (AI 22.2.2018). Der Entwurf zur Wiedereinführung der Todesstrafe enthielt ursprünglich 21 Delikte; im vom Repräsentantenhaus abgesegneten endgültigen Entwurf waren nur noch Delikte mit Bezug zur Drogenkriminalität enthalten. Mit Stand Dezember 2018 lag der Entwurf weiterhin zur Begutachtung beim Menschenrechtskommittee des Senats (DFAT 12.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (22.5.2019): Philippinen, Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/philippinensicherheit/212492, Zugriff 22.5.2019

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/1446462.html, Zugriff 22.5.2019 - DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade (12.2018): DFAT Country Information Report - The Philippines, S29, https://www.ecoi.net/en/file/local/2002931/country-information-report-philippines.pdf, Zugriff 23.5.2019

Bewegungsfreiheit

Die Verfassung garantiert Bewegungs- und Reisefreiheit im Inneren wie nach außen sowie Emigration und Wiedereinbürgerung. Diese Rechte werden im Allgemein von der Regierung respektiert (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

13.Grundversorgung

Seit einigen Jahren verzeichnen die Philippinen ein auch im asiatischen Vergleich überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum von jährlich 6 bis über 7%. Allerdings hat das beeindruckende Wirtschaftswachstum nur bedingt zu einer Verringerung der massiven Armut geführt. Auch heute lebt etwa ein Fünftel der ca. 107 Mio. Filipinos in Armut. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung liegen weiterhin bei über 20% (AA 6.3.2019b). Die philippinische Wirtschaft weist eine deutliche Zweiteilung auf: Moderner Elektronik-Industrie und einem boomenden Dienstleistungssektor stehen auf der einen Seite Armut und Subsistenzlandwirtschaft gegenüber. Hinzu kommt ein Entwicklungsgefälle zwischen dem Großraum Manila (National Capital Region/NCR), der vielerorts den Entwicklungsstand eines Schwellenlandes widerspiegelt, und den wirtschaftlich rückständigeren Provinzen (GIZ 3.2019c).

Die Ungleichheit bei der Einkommensverteilung ist hoch. Leider ist es der philippinischen Regierung trotz des starken Wirtschaftswachstums nicht gelungen, die Armut im Lande deutlich zu reduzieren. Nach Angaben der Weltbank ist die Armutsquote 2015 immerhin auf 21,6% zurückgegangen, nachdem sie 2012 noch bei 25,2% lag. Ein wesentlicher Grund ist das hohe Bevölkerungswachstum von etwa 1,5% (ca. 1,6 Mio. pro Jahr). Aktuellere Zahlen zur Armutsentwicklung liegen nicht vor. Internationale Finanzinstitutionen beklagen, dass auch unter der Regierung Dutertes weite Teile der Bevölkerung von den Vorteilen des Wachstums ausgeschlossen bleiben. Die Armut ist in den Philippinen regional unterschiedlich verteilt, insbesondere in ländlichen Gebieten ist sie wesentlich höher als in den Städten. Die ärmste Region liegt im muslimisch geprägten Teil der Philippinen in West-Mindanao. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung bleiben drängende Probleme (AA 6.3.2019c) Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung (offiziell mit 7,5% bzw. knapp 23% beziffert) und die in der Region mit 1,9% höchste Geburtenrate sind weitere Probleme, die dringend der Lösung harren. Laut der in Genf beheimateten Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verzeichnen die Philippinen die höchste Arbeitslosigkeit in der insgesamt zehn Länder umfassenden Vereinigung südostasiatischer Nationen (ASEAN) (GIZ 3.2019c). Die Arbeitslosenquote auf den Philippinen ist nach offiziellen Angaben relativ moderat und lag zuletzt recht stabil bei unter 6%. Dieser Wert ist auch bei aktuell kräftigem Wirtschaftswachstum grundsätzlich konstant, da angesichts des Bevölkerungswachstums jährlich mindestens 1 Mio. neue Stellen geschaffen werden müssen, um diese Quote stabil zu halten. Die offiziellen Angaben geben aber nur ein sehr unvollständiges Bild der Lage ab. Nur ca. 55% aller Beschäftigten sind im formalen Sektor tätig, der Rest als Dienstleister im Haushaltsbereich oder als Aushilfskräfte in der Landwirtschaft. Erfreulich ist, dass der Anteil der Unterbeschäftigung spürbar zurückgegangen ist (2017: 16,1%). Außerdem verlassen jährlich zahlreiche Menschen das Land, um im Ausland Arbeit zu suchen – mit zunehmender Tendenz. Die Entsendung von Gastarbeitern ins Ausland hilft zwar einerseits, den heimischen Arbeitsmarkt zu entlasten und Devisen zu erwirtschaften. Sie führt andererseits aber zu einer immer stärker ausgeprägten Konzentration unterqualifizierter Arbeitnehmer im Inland, die sich in einem Mangel an Facharbeitern im Lande niederschlägt (AA 6.3.2019c). Die sozialen Sicherheitsnetze sind nach wie vor deutlich unterentwickelt. Die meisten Filipinos verlassen sich auf Unterstützung durch die Familie (auch Überweisungen aus dem Ausland) oder durch Dorfgemeinschaften. Das Hauptinstrument des staatlichen Sozialsystems ist das Conditional-Cash-Transfer-Programm (CCT) unter dem Namen Pantawid Pamilyang Pilipino Program (4Ps), das 2007 eingeführt wurde. Derzeit werden im Rahmen des Programms 3 Millionen von 5.2 Millionen Haushalten finanziell unterstützt. So erhalten Mütter regelmäßige Beihilfen in der Höhe von etwa 33 US-$, wenn ihre Kinder die Schule besuchen und sie Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen erhalten. Laut einer Studie ist das philippinische CCT eines der effizientesten sozialen Sicherheitsnetze, da es nur 0,5% des GDP kostet, jedoch 15 Mio. Einwohner erreicht (BS 2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019b): Philippinen, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019c): Philippinen, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Philippines Country Report, https://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/PHL/, Zugriff 24.5.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2019c): Philippinen - Wirtschaft&Entwicklung, http://liportal.giz.de/philippinen/geschichte-staat/, Zugriff 22.5.2019

Medizinische Versorgung

Im philippinischen Gesundheitssystem arbeiten etwa 90.000 re

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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