TE Vwgh Beschluss 1997/3/20 96/20/0912

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Veröffentlicht am 20.03.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/20/0914

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Anträge 1. der A in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Erhebung der zur hg. Zl. 96/20/0913 protokollierten Beschwerde gegen den Bescheid des BMI vom 17. 9. 1996, Zl. 4.345.850/1-III/13/95, betr Asylgewährung (Wiedereinsetzungsantrag protokolliert zur hg. Zl. 96/20/0912), und 2. der F in W, vertreten durch Dr. W, RA in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Erhebung der zur hg. Zl. 96/20/0915 protokollierten Beschwerde gegen den Bescheid des BMI vom 2. 9. 1996, Zl. 4.345.851/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung (Wiedereinsetzungsantrag protokolliert zur hg. Zl. 96/20/0914), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 46 VwGG wird den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben.

Begründung

Nach den Behauptungen der Antragstellerinnen wurde der jeweils anzufechtende Bescheid der Erstantragstellerin am 23. September 1996 und der Zweitantragstellerin am 9. September 1996 zugestellt. Die Frist für die Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde endete demnach für die Erstantragstellerin am 4. November 1996, für die Zweitantragstellerin schon am 21. Oktober 1996.

Nach dem gleichlautenden Vorbringen in den beiden am 19. Dezember 1996 zur Post gegebenen Wiedereinsetzungsanträgen wandten sich beide Antragstellerinnen nach der Zustellung der anzufechtenden Bescheide an ihren Betreuer bei der Ausländerberatung der Caritas Wien Mag. P. Dieser telefonierte im Auftrag der Antragstellerinnen am 27. September 1996 mit Rechtsanwalt Dr. G und legte ihm die Einzelheiten des Falles dar. Dr. G zeigte sich "einer Beschwerdeerhebung grundsätzlich nicht abgeneigt". Er sagte zu, sich die vom Caritasbetreuer jeweils zusammen mit einer unterfertigten Vollmachtsurkunde zuzusendenden Unterlagen "durchzusehen", und erklärte, er würde noch mit Mag. P Rücksprache halten, "falls er nach Durchsicht der Akten zum Entschluß gelangen sollte, die gewünschte Beschwerde nicht (zu) übernehmen, ansonsten könne von einer Erledigung ausgegangen werden". Das am 30. September 1996 von Mag. P an Dr. G abgesandte Schreiben mit allen die Antragstellerinnen betreffenden Informationen und Unterlagen sowie je einer Vollmachtsurkunde langte nach dem weiteren Antragsvorbringen bei Dr. G jedoch nicht ein, wodurch es zur Versäumung der Beschwerdefrist kam. Am 10. Dezember 1996 kam dies aus Anlaß einer Rückfrage Mag. P bei Dr. G wegen der vereinbarten Übersendung von Beschwerdekopien hervor.

Dieser Sachverhalt ist durch die vorgelegten Kopien des Schreibens vom 30. September 1996, eines Schreibens vom 18. Oktober 1996, in welchem Mag. P gegenüber der belangten Behörde behauptete, es seien "Beschwerden bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts eingebracht" worden, und die ausführliche und glaubhafte eidesstättige Erklärung Mag. P - mit der noch zu behandelnden Ausnahme - hinreichend bescheinigt. Die Ausnahme bildet der behauptete Verlust des Schreibens vom 30. September 1996. In dieser Hinsicht liegt nur eine eidesstättige Erklärung Dr. G vor, die in den übrigen Punkten mit der Darstellung Mag. P übereinstimmt, und derzufolge Dr. G "keine derartige Zuschrift erhielt", weshalb er sich, da er "noch nicht bevollmächtigt" gewesen sei, auch "keine Erledigung vorgemerkt" und "in der Folge keine Veranlassung" gehabt habe, bei Mag. P rückzufragen. Als eidesstättige Erklärung eines Rechtsanwalts ist diese Behauptung der Entscheidung zumindest insoweit zugrunde zu legen, als danach nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon auszugehen ist, daß die Bevollmächtigung Dr. G durch den Zugang der Vollmachtsurkunden wirksam zustande kam.

Damit fehlt es in rechtlicher Hinsicht an ausreichenden Grundlagen dafür, den Antragstellerinnen ein allfälliges Verschulden Dr. G zuzurechnen. Die Antragstellerinnen selbst und Mag. P trifft nach den dargestellten Umständen kein einen minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden, weil das Vertrauen darauf, daß Dr. G die Beschwerde erheben oder antworten würde, nach der Absendung des Schreibens vom 30. September 1996 samt allen ihm angeschlossenen Unterlagen nicht als kraß sorgfaltswidrig einzustufen ist. Inwieweit und unter welchen Voraussetzungen diesbezügliche Sorgfaltsverstöße des Caritasbetreuers den Antragstellerinnen zurechenbar sind oder darüber hinaus von einem Asylwerber auch die selbständige Überwachung der Tätigkeit eines Caritasbetreuers erwartbar ist, braucht unter diesen Umständen nicht geprüft zu werden.

Gemäß § 46 VwGG war den Anträgen daher stattzugeben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996200912.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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