TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/20 95/15/0002

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Veröffentlicht am 20.03.1997
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §23;
FinStrG §33 Abs2 lita;
FinStrG §49 Abs1 lita;
FinStrG §98 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der E in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Berufungssenates I bei der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 4. Oktober 1994, 411-4/1994, betreffend Abgabenhinterziehung und Finanzordnungswidrigkeit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Geschäftsführerin eines, in Form einer GmbH geführten, technischen Produktionsunternehmens (idF GmbH). Seit 1963 war die Beschwerdeführerin für die abgabenrechtlichen Belange des zunächst in Form eines Einzelunternehmens, dann in Form einer KG und ab 1985 in Form einer GmbH geführten Unternehmens verantwortlich. Im Frühjahr 1992 wurde bei der Beschwerdeführerin eine Krebserkrankung festgestellt. Am 9. Juni 1993 wurde über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, sie habe als Geschäftsführerin der GmbH 1.) vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Zeiträume 06-12/92 sowie 01 und 02/93 von 749.465 S verkürzt und dies für gewiß gehalten und 2.) vorsätzlich für den Zeitraum 07-12/92 und 01/93 Lohnsteuer von 450.011 S und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen von 151.676 S nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet, ohne der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe der geschuldeten Beträge bekanntgegeben zu haben. Die Beschwerdeführerin habe dadurch 1.) das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG und 2.) die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG begangen. Über die Beschwerdeführerin wurde eine Geldstrafe von 200.000 S und eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen verhängt. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Verwirklichung der äußeren Tatseite der beiden Finanzvergehen sei unstrittig. Hinsichtlich der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG müsse der Vorsatz des Täters auf die Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen gerichtet sein, wobei bedingter Vorsatz genüge. Darüber hinaus müsse der Täter vorsätzlich Vorauszahlungen an Umsatzsteuer verkürzen, wobei er die aus der Pflichtverletzung resultierende Abgabenverkürzung für gewiß halten müsse. Dies müsse dem Grund nach geschehen. Die konkrete Höhe des Verkürzungsbetrages müsse vom Vorsatz nicht mitumfaßt sein. Hinsichtlich des Finanzvergehens der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG sei zumindest bedingter Vorsatz des Täters bezüglich der Nichtentrichtung der geschuldeten Beträge spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit bzw der Nichtbekanntgabe der Höhe der geschuldeten Beträge bis zu diesem Zeitpunkt erforderlich. Die sehr guten Kenntnisse der Beschwerdeführerin im kaufmännischen Bereich und in Steuerangelegenheiten, ihre Erfahrungen auf Grund langjähriger verantwortlicher Tätigkeit im kaufmännischen Bereich des Unternehmens und die Tatsache, daß es bis zum gegenständlichen Fall nie zu irgendwelchen Beanstandungen seitens der Abgabenbehörde gekommen sei, sie also ihren steuerlichen Verpflichtungen immer tadellos entsprochen habe, indiziere sehr stark die Verwirklichung der inneren Tatseite im beschriebenen Sinn, zumal sie wissen habe müssen, daß sie sich pflichtwidrig verhalten habe und zu welchen Folgen ihr Verhalten zwangsläufig führen habe müssen. Die Liquiditätsprobleme des Unternehmens und die persönlichen Schwierigkeiten der Beschwerdeführerin könnten daran nichts ändern. Wenn die Beschwerdeführerin mangels liquider Mittel nicht in der Lage gewesen sei, ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Abgabenbehörde nachzukommen, wäre sie dennoch zur Abgabe entsprechender Umsatzsteuervoranmeldungen sowie zur Bekanntgabe der Höhe der geschuldeten Beträge gegenüber der Abgabenbehörde spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit verpflichtet gewesen. Hätte die Beschwerdeführerin dies trotz Zahlungsunfähigkeit getan, wäre sie nicht strafrechtlich belangt worden. Die Tatbestände seien sohin in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt. Hinsichtlich der Strafbemessung ergebe sich gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid insoweit eine Korrektur, als die sehr schlechte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin, ihr bisher ordentlicher Lebenswandel, das Geständnis hinsichtlich der jeweils äußeren Tatseite in Verbindung mit der von ihr erstatteten Selbstanzeige als mildernd, hingegen das Zusammentreffen von zwei Finanzvergehen als erschwerend zu berücksichtigen seien, doch sei die Geldstrafe von 200.000 S im Hinblick auf die gesetzliche Höchststrafe von 1,799.773 S angemessen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtbestrafung mangels Vorliegens der subjektiven Tatseite und in ihrem Recht auf schuldangemessene Bestrafung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorausgeschickt sei zunächst, daß die Beschwerdeführerin das Vorliegen des objektiven Tatbestandes nicht bestreitet.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite hält die Beschwerdeführerin dem angefochtenen Bescheid im wesentlichen entgegen, bei der GmbH habe es sich bis zum Jahr 1991 um einen "vorbildlichen Steuerzahler" gehandelt. Im Mai 1991 sei es infolge des Golfkrieges zu einem nicht vorhersehbaren rapiden Umsatzeinbruch gekommen. Sie habe sich von Beginn der wirtschaftlichen Schwierigkeiten an bemüht, die Verbindlichkeiten gegenüber der Abgabenbehörde vorrangig zu befriedigen. Im Frühjahr 1992, am Höhepunkt des finanziellen Niederganges sei sie von ihrem behandelnden Arzt über einen positiven Krebsbefund informiert worden. In den folgenden Monaten habe sie sich einer langwierigen und außerordentlich belastenden Behandlung unterziehen müssen. Das Zusammentreffen der schwierigen betrieblichen mit ihrer persönlichen gesundheitlichen Situation stelle eine absolute "Ausnahmesituation" dar, die mit der "Normalsituation" nicht verglichen werden könne, weshalb die "normale" Schlußfolgerung der Annahme eines bedingten Vorsatzes nicht zutreffe.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Handlungen oder Unterlassungen mit dem Ziel, Abgaben zu verkürzen, beruhen auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensentschluß. Auf einen solchen kann nur aus dem Verhalten des Täters, insoweit dies nach außen in Erscheinung tritt, im Weg der Beweiswürdigung (§ 98 Abs 3 FinStrG) geschlossen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher im Sinn seiner ständigen Rechtsprechung zu prüfen, ob das Ergebnis der im Beschwerdefall von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens im Einklang steht und ob die Sachverhaltsannahmen in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren gewonnen wurden (vgl das hg Erkenntnis vom 20. Februar 1997, 93/15/0096). Unter diesen Gesichtspunkten ist die dargestellte Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die betriebliche Situation und die Erkrankung der Beschwerdeführerin stellen Umstände dar, die lediglich im Rahmen der Strafbemessung zu berücksichtigen sind. Die Beschwerdeführerin hat überdies nicht bestritten, daß sie die aus der Pflichtverletzung resultierende Abgabenverkürzung für gewiß gehalten hat.

Die Beschwerdeführerin hält dem angefochtenen Bescheid weiters entgegen, die ausgesprochene Strafe stehe in keinem Verhältnis zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Sie erhalte aus der GmbH kaum noch ein Einkommen und bestreite ihren Lebensunterhalt von der Witwenrente ihres verstorbenen Gatten.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Strafbemessung innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist eine Ermessensentscheidung, die vom Verwaltungsgerichtshof nur dahin überprüfbar ist, ob die Behörde vom Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl das hg Erkenntnis vom 26. Juli 1995, 92/15/0049). Die belangte Behörde hat die sehr schlechte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin ausdrücklich als Milderungsgrund herangezogen. Bei einem Strafrahmen von bis zu 1,799.773 S kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens bei der Strafbemessung eine Strafe von rund 11 % der möglichen Höchststrafe trotz der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin verhängt hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995150002.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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