TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/29 W251 2240598-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.03.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.03.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §52

Spruch


W251 2240598-1/3Z

Teilerkenntnis:

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT über die Beschwerden von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, vertreten durch RA Dr. Peter LECHENAUER und RA Dr. Margit SWOZIL, gegen Spruchpunkt V. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2021, Zl. 120637704 - 200140387 betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A)       

Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG nicht zuerkannt.

B)       

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer hält sich seit 1998 in Österreich auf. Er verfügt über eine Aufenthaltsberechtigung „Daueraufenthalt EU“. Diese ist bis zum 01.06.2022 gültig.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat drei Kinder, ein Kind davon aus einer früheren Beziehung. Darüber hinaus leben auch die Eltern und zwei Schwestern des Beschwerdeführers in Österreich.

2. Der Beschwerdeführer wurde mehrfach straffällig. Er wurde von 2002 bis 2020 insgesamt neun Mal von einem Landesgericht bzw. einem Bezirksgericht verurteilt.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 16.02.2021 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), festgestellt, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bosnien und Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt II.), ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt III.), keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Das Bundesamt führte im Bescheid im Wesentliche aus, dass die Kernfamilie des Beschwerdeführers, nämlich seine Ehefrau und zwei seiner Kinder für die er sorgepflichtig sei, und seine weiteren Verwandten in Österreich leben und er sich aufgrund der langen Aufenthaltsdauer in Österreich auch integriert habe. Der Beschwerdeführer stelle jedoch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung da, da er bereits in der Vergangenheit massiv straffällig geworden sei. Er sei bereits mehrfach inhaftiert gewesen. Der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Es handle sich bei Bosnien und Herzegowina um einen sicheren Drittstaat, sodass dem Beschwerdeführer dort weder eine asylrelevante Verfolgung noch Eingriffe in seine körperliche Integrität oder Lebensgefahr drohen würde, sodass die Abschiebung dorthin zulässig sei. Da der Beschwerdeführer – wie sich aus der Vielzahl seiner Verurteilungen ergebe – eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle, sei ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot zu erlassen. Da einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt worden sei, werde keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt. Da der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, sei die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers erforderlich, sodass einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.

4. Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Beschwerde. Er brachte im Wesentliche vor, dass er sich mit seiner Ehefrau seit ca. 23 Jahren in Österreich aufhalte. Sein Aufenthalt sei zudem rechtmäßig. Er verfüge in Österreich über ein schützenswertes Familien- und Privatleben, dass einer Rückkehrentscheidung sowie einem Einreisverbot entgegenstehe. Er habe zudem keine Bindung mehr zu seinem Heimatland. Der Beschwerdeführer bereue seine Straftaten sehr, es sei von einem positiven Gesinnungswandel auszugehen. Es liegen daher die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung bzw. die Erlassung eines Einreiseverbotes nicht vor. Der Beschwerdeführer beantragte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer hält sich seit 1998 in Österreich auf. Er verfügt über eine Aufenthaltsberechtigung „Daueraufenthalt EU“. Diese ist bis zum 01.06.2022 gültig. Er hält sich seit ca. 23 Jahren in Österreich auf.

1.2. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat drei Kinder, ein mittlerweile erwachsenes Kind davon aus einer früheren Beziehung. Die anderen Kinder des Beschwerdeführers sind noch minderjährig, für diese ist er sorgepflichtig. Darüber hinaus leben auch die Eltern und zwei Schwestern des Beschwerdeführers in Österreich.

Die Schwiegereltern des Beschwerdeführers leben in Bosnien. Diese hat er regelmäßig besucht.

1.3. Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende Verurteilungen auf:

1.3.1. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 08.05.2002 wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch, des Vergehens der Hehlerei, des Vergehens der Veruntreuung (gemäß §§ 127, 128 Abs 2, 129 Abs 1, 164 Abs 2, 133 Abs 1 und 2) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, die unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Der Beschwerdeführer ist am 28.10.2001 mit zwei anderen Mittätern nach Aufzwicken eines Zaunes in ein Firmengelände eingestiegen um dort 320 Stück Handys im Wert von EUR 61.502,27 EUR zu stehlen, wobei es beim Versuch gebliebene ist. Der Beschwerdeführer hat am 04.12.2001 drei gestohlene Handywertkarten im Wert von EUR 36,33 an sich gebracht. Der Beschwerdeführer hat am 07.12.2002 einen ihm anvertrauten Bargeldbetrag von EUR 5.523,13, der seinem Arbeitgeber gehörte, vereinnahmt und sich mit dem Vorsatz zugeeignet sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Mildernd wurde der bisherige ordentliche Lebenswandel sowie die Schadenswiedergutmachung hinsichtlich des veruntreuten Geldbetrages seines Arbeitgebers gewertet. Als erschwerend wurde das Zusammentreffen von einem Verbrechen und zwei Vergehen gewertet.

1.3.2. Der Beschwerdeführer wurde mit einem Urteil eines Landesgerichts vom 03.11.2006 wegen des Verbrechens des schweren Betruges und des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch (gemäß §§ 146, 147 Abs 3, 127, 128 Abs 1 und 4, 129 Abs 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe von 2 Jahren unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Der Beschwerdeführer hat eine andere Person durch Vorspiegelung, dass er ein rückzahlungsfähiger und rückzahlungswilliger Darlehnsnehmer sei, zur Ausbezahlung von Bargeld in Höhe von insgesamt EUR 57.000 verleitet und den Darlehnsgeber dadurch im Vermögen geschädigt. Er hat vom Darlehnsgeber unter Vorspiegelung falscher Tatsachen im September 2004 Bargeld in Höhe von EUR 15.000, im Herbst 2004 in drei Angriffen insgesamt EUR 2.000 sowie im November 2004 Bargeld in Höhe von EUR 40.000 erhalten.

Der Beschwerdeführer hat am 13.08.2006 Bargeld in Höhe von EUR 41.907,68 einer Bank aus einem Nachttresor mit dem Vorsatz sich zu bereichern entwendet, indem er mit einem nachgemachten und widerrechtlich erlangten Schlüssel eingedrungen ist.

Der Beschwerdeführer wurde schuldig erkannt den Privatbeteiligten EUR 57.000 sowie EUR 41.907,58 zurückzuzahlen.

Als mildernd wurde kein Umstand gewertet. Als erschwerend wurde die einschlägige Vorstrafe gewertete, sowie das Zusammentreffen von zwei Verbrechen.

1.3.3. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 29.10.2008 wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch (gemäß §§ 15, 127, 129 Abs 2 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat am 31.10.2007 versucht bei einer Tankstelle Schlösser von 4 Geldautomaten mit einem Taschenmesser aufzubrechen und Bargeld in unbekannter, jedoch EUR 3.000 nicht übersteigender, Höhe wegzunehmen.

Als mildernd wurden das teilweise Geständnis und die Tatsache, dass es beim Versuch geblieben ist, gewertet. Als erschwerend wurden zwei einschlägige Vorstrafen und die Tatwiederholung gewertet. Die Probezeit der mit Urteil vom 03.11.2005 verhängten Freiheitsstrafe wurde auf 5 Jahre verlängert.

1.3.4. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 15.12.2009 wegen des Vergehens der Untreue (gemäß § 153 Abs 1 und 2 erster Fall StGB) unter Bedachtnahme auf die Verurteilung vom 04.11.2008 zu einer Zusatzstrafe von zwei Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat die ihm von seinem Arbeitgeber anvertraute Tankkarte samt dem Eingabecode missbraucht und seinen Arbeitgeber dadurch zu einer Zahlung verpflichtet und diesem einen Vermögensschaden zugefügt. Er hat größere Mengen Diesel, als er diese für die beauftragten Fahrten benötigte, in der Absicht getankt diesen für private Zwecke zu nutzen und zwar im September 2007 ca. 1.600 Liter Diesel im Wert von EUR 1.140, im Oktober 2007 ca. 1.000 Liter im Wert von EUR 900,00, im November 2007 ca. 4.000 Liter Diesel im Wert von EUR 3.600 und im Dezember 2007 ca. 1.400 Liter im Wert von EUR 1.260.

Als mildern wurde das Geständnis gewertet. Als erschwerend der lange Tatzeitraum sowie die Vorstrafen.

1.3.5. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 14.06.2012 wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch (gemäß §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 erster Fall StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum vom 20.08.2011 bis zum 22.08.2011 mit einem anderen Mittäter Kleidung, Schuhe und Schmuck im Gesamtwert von EUR 3.842,50 einer Firma durch Einbruch, nämlich durch Aufzwängen einer Seitentür eines Lagergebäudes, mit dem Vorsatz weggenommen sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Als erschwerend wurden der rasche Rückfall nach der Strafentlassung vom 28.04.2011, die Mehrfachqualifikation des Diebstahls sowie drei einschlägige Vorstrafen gewertet.

1.3.6. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 29.09.2015 (gemäß §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt.

1.3.7. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 09.06.2016 (gemäß §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.

1.3.8. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 09.01.2020 wegen des Vergehens des Diebstahls (gemäß §§ 15, 127 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat am im Zeitraum vom 15.07.2018 bis 17.07.2018 anderen Personen Bargeld, Schmuck, ein HP Notebook und zwei Tablets mit unbekanntem Wert weggenommen. Der Beschwerdeführer hat am 04.01.2019 einer anderen Person einen Goldring im Wert von EUR 100,00 weggenommen. Der Beschwerdeführer hat am 21.07.2019 versucht unbekannte Gegenstände wegzunehmen, wobei die Tat mangels Auffinden von verwertbaren Gegenständen beim Versuch geblieben ist.

Als mildernd wurde gewertet, dass es teilweise beim Versuch gebliebene ist. Als erschwerend wurden die einschlägigen Vorstrafen gewertet. In Ermangelung der Verantwortungsübernahme durch den Beschwerdeführer und in Anbetracht der einschlägigen Vorstrafen konnte aus spezialpräventiven und generalpräventiven Gründen nicht mit einer Diversion vorgegangen werden.

1.3.9. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Bezirksgerichts vom 10.12.2020 wegen dem Vergehen der Untreue (gemäß § 153 StGB) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt, die unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Der Beschwerdeführer hat am 02.06.2020 drei private PKWs sowie neun Benzinkanister mit Diesel im Gesamtwert von EUR 449,37 betankt und die Rechnung bei der Buchhaltung seines Arbeitgebers zur Bezahlung eingereicht.

Als mildernd wurden das Geständnis sowie die Schadensgutmachung gewertete. Als erschwerend wurden 7 einschlägige Vorstrafen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB gewertet.

1.4. Dem Beschwerdeführer wurden wegen Verwaltungsübertretungen nach der StVO bzw. dem KFG Geldstrafen auferlegt und zwar 2016 einmal EUR 70, einmal EUR 200, im Jahr 2017 EUR 120,00, im Jahr 2018 EUR 70,00 sowie EUR 50,00.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Gerichtsakt sowie aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Die Feststellungen zu den Verurteilungen ergeben sich aus dem Strafregisterauszug sowie den im Gerichtsakt erliegenden Verurteilungen der Strafgerichte. Diese sind unbestritten und konnten daher den Feststellungen zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A):

3.1.1. § 18 BFA-VG lautet auszugsweise:

„Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1.         die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist
2.         der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3.         Fluchtgefahr besteht.

(…)

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“

3.1.2. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat darüber gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014), ohne dass damit der Ausgang des Hauptverfahren vorweg genommen wird.

Zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden genügt es nicht, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren (VwGH vom 12.9.2013, 2013/21/0094). Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (VwGH vom 27.08.2020, Ra 2020/21/0172).

Es ist nur dann gerechtfertigt und auch sinnvoll die Frist zur freiwilligen Ausreise zu versagen und die aufschiebenden Wirkung abzuerkennen, wenn sich der Fremde noch im Bundesgebiet aufhält und wegen der Dringlichkeit einer Abschiebung die sofortige Durchsetzbarkeit der erstinstanzlichen Rückkehrentscheidung bewirkt werden muss. Das ergibt sich schon evident aus der in § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG normierten Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, dass die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist (VwGH vom 05.05.2020, Ra 2019/21/0061).

3.1.3. Der Beschwerdeführer ist bosnischer Staatsangehöriger. Er ist volljährig, anpassungsfähig, gesund sowie erwerbsfähig.

Er verfügt in Bosnien noch über familiär Anknüpfungspunkte, nämlich über seine Schwiegereltern.

Das Gericht verkennt nicht, dass die Kernfamilie des Beschwerdeführers in Österreich lebt und er mit dieser auch ein Familienleben im Sinn des Art 8 EMRK führt. Dem steht jedoch das besonders hohe öffentliche Interesse an der Verhinderung von Vermögensdelikten gegenüber. Der Beschwerdeführer begeht seit mehreren Jahren in regelmäßigen Abständen Straftaten mit sehr hohen Vermögensschaden, sehr langen Deliktszeiträumen und hoher Wiederholungsgefahr. Es konnten auch Verurteilungen sowie der Vollzug von Haftstrafen den Beschwerdeführer nicht von weiteren Straftaten abhalten. Der Beschwerdeführer wurde nach den jeweiligen Strafvollzügen wiederholt rasch rückfällig, obwohl dieser bereits das Haftübel verspürt hat und er sich in offenen Probezeiten befunden hat. Dem Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich steht daher eine sehr hohe Rückfallgefahr gegenüber. Aufgrund der – nach der bisherigen Aktenlage – besonders hohen Rückfallgefahr und dem besonders hohen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Vermögensdelikten, besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse an der sofortigen Ausreise des Beschwerdeführers. Es ist daher – nach der derzeitigen Aktenlage – die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (Bosnien und Herzegowina) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 BFA-VG. Der Beschwerdeführer hat betreffend Bosnien und Herzegowina weder eine asylrelevante Verfolgung behauptet noch haben sich sonstige Hinweise auf Eingriffe in seine körperliche Integrität bzw. Lebensgefahr bei einer Rückführung nach Bosnien und Herzegowina ergeben.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen vor dem Hintergrund der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des VwGH keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W251.2240598.1.00

Im RIS seit

14.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten