TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/1 W170 2203550-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2021
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Entscheidungsdatum

01.04.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W170 2203550-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 09.07.2018, Zl. 1112992405-160604178/BMI-BFA_STM_AST_01, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit §§ 3, 8, 10, 57 AsylG 2005 2005, 9 BFA-VG, 52, 55 FPG 2005 2005 abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

XXXX (in Folge: Beschwerdeführer), ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 27.04.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, aus Iran ausgereist zu sein, um, ohne Strafe befürchten zu müssen, zum Christentum konvertieren zu können. Er habe in Iran zwar keine Probleme gehabt, aber sei in Kontakt zu Christen gestanden, die ihm gesagt hätten, dass er ausreisen müsse, wenn er zum Christentum konvertieren wolle. In Österreich sei der Beschwerdeführer schließlich zum Christentum konvertiert, was in Iran zu einer Verfolgung führen würde.

Mit im Spruch bezeichneten Bescheid wurde der gegenständliche Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Iran zulässig sei sowie eine Frist für seine freiwillige Ausreise bestimmt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorbringen sei nicht glaubhaft gemacht worden und handle es sich bei der Konversion zum Christentum um eine Scheinkonversion.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 10.07.2018 zugestellt.

Mit am 06.08.2018 zur Post gegebenem Schriftsatz wurde gegen den Bescheid Beschwerde erhoben und im Wesentlichen auf das Vorbringen in der Einvernahme verwiesen.

Die Beschwerde wurde samt dem bezugnehmenden Verwaltungsakt am 16.08.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und – nach einer entsprechenden Abnahme – am 02.10.2018 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugeteilt. Am 11.03.2021 wurde vom Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholte.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger iranischer Staatsangehöriger, dessen Identität feststeht und der in Österreich unbescholten ist.

Der Beschwerdeführer ist rechtswidrig nach Österreich eingereist und hat – von seinem asylrechtlichen Status abgesehen – kein Aufenthaltsrecht in Österreich, ihm kam ein solches Aufenthaltsrecht niemals zu.

Der Beschwerdeführer ist heroinsüchtig und befindet sich nach seinen Angaben derzeit in einem Entzugsprogramm, abgesehen davon ist der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig.

1.2. Der Beschwerdeführer hat Iran aus Sicht der iranischen Behörden illegal verlassen, er stammt aus der Stadt XXXX .

Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers wird von den iranischen Behörden kontrolliert, es liegen dort keine kriegs- oder bürgerkriegsähnlichen Zustände vor. Im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers ist die Grundversorgung gesichert.

Dem Beschwerdeführer droht wegen der illegalen Ausreise aus Iran, der gegenständlichen Antragstellung bzw. dem Aufenthalt im Ausland nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine behördliche Verfolgung.

1.3. Der Beschwerdeführer hat am 27.04.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit im Spruch bezeichneten Bescheid hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; unter einem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran zulässig sei. Schließlich wurde über die Frist für die freiwillige Ausreise entschieden. Der Bescheid wurde am 10.07.2018 zugestellt.

Dagegen richtet sich die am 06.08.2018 zur Post gegebene Beschwerde.

1.4. Der Beschwerdeführer hat in der Erstbefragung angegeben, dass er Protestant sei und Iran „wegen der Religion“ verlassen habe, ihm drohe im Falle der Rückkehr die Todesstrafe.

Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt hat der Beschwerdeführer zu seinen Problemen in Iran angegeben, in Iran keine Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Stellen gehabt zu haben, es sei gegen ihn kein Gerichtsverfahren anhängig. Er sei über armenisch- und assyrischstämmige Freunde mit dem Christentum in Kontakt gekommen, dies habe sich herumgesprochen und sei sein Vater in der Moschee darauf angesprochen worden. Daraufhin hätten dieser und die christlichen Freunde des Beschwerdeführers gesagt, dass er das Land verlassen müsse, um zu konvertieren. Hiezu habe sich der Beschwerdeführer schließlich entschieden, nachdem der Cousin des Vaters den Vater angesprochen und zu diesem gesagt habe, dass der Beschwerdeführer eine rote Linie übertreten habe; dieser Cousin sei ein sehr radikaler Mensch und habe einen hohen politischen Posten inne. Der Bruder des Beschwerdeführers, der auch Kontakt zu Christen gehabt habe und der mit dem Beschwerdeführer gleichzeitig nach Österreich gekommen ist, sei nach den Ausführungen des Beschwerdeführers wieder freiwillig nach Iran zurückgekehrt; nach der Rückkehr sei der Bruder, der wieder „zu seiner Religion zurückkehren“ wolle, nur befragt worden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer an, dass man den Bruder nach der Rückkehr für ein paar Monate in Haft angehalten habe; der Bruder habe den Beschwerdeführer wegen dessen Abfalls vom Islam belastet, er habe davon aber erst vor einem Jahr erfahren. Der Cousin seines Vaters habe den Vater gewarnt, dass der Beschwerdeführer wegen dessen Abfall vom Islam getötet werden würde.

Das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Zuwendung zum Christentum noch in Iran und der ihm deshalb drohenden Verfolgung ist nicht glaubhaft.

Weiters hat der Beschwerdeführer angegeben, in Österreich zum Christentum konvertiert zu sein, was in Iran zu einer Verfolgung führen würde. Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft gemacht, dass er ernstlich und aus innerem Entschluss zum Christentum konvertiert ist; bei der vorgebrachten Konversion handelt es sich um eine Scheinkonversion.

Über das oben festgestellte Vorbringen hinaus hat der Beschwerdeführer eine erfolgte oder im Falle der Rückkehr drohende Verfolgung nicht vorgebracht, auch ist nicht zu erkennen, dass diesem im Falle der Rückkehr eine nicht vorgebrachte Verfolgung, insbesondere etwa wegen seiner ethnischen Zugehörigkeit, die dem Beschwerdeführer gar nicht bekannt ist, drohen würde.

1.5. Die Familie des Beschwerdeführers lebt nicht in Österreich, hier befinden sich keine Verwandten des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat angegeben, in Österreich Freunde und eine Freundin zu haben. Diese Beziehungen haben sich jedenfalls zu einem Zeitpunkt entwickelt, zu dem die Beteiligten um den prekären aufenthaltsrechtlichen Status des Beschwerdeführers wussten.

Der Beschwerdeführer spricht rudimentär Deutsch, er hat in Österreich nie legal gearbeitet und bezieht hier – von der Grundversorgung abgesehen – kein Einkommen; allerdings ist er in Österreich zeitweise der Schwarzarbeit nachgegangen.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich von der Polizei einmal mit 14 Gramm Heroin unbestimmter Reinheit betreten, das für den Eigenkonsum bestimmt war.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich kein Mitglied in einem Verein und besucht keine Schule und keine Universität, er besuchte früher eine Kirche, dies dient aber – neben dem Wunsch, sozialen Anschluss zu finden – nur dazu, die Scheinkonversion glaubhaft zu machen; es sind keine darüberhinausgehenden Integrationsbemühungen feststellbar.

1.6. Zur Lage in Iran wird festgestellt, dass Iran eine islamische Republik ist, deren Verfassung islamische und demokratische Elemente kennt, eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht aber nicht.

Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen.

Die Justiz untersteht in Einzelfällen massivem Einfluss der Sicherheitsbehörden, Gerichtsverfahren erfüllen internationale Standards nicht. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung und werden nach wie vor Körperstrafen, grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) und die Todesstrafe angewandt.

Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Es kann auch zu einem Verprügeln durch Basij kommen.

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha‘i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen. Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten „Buchreligionen“ (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als „mohareb“ (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist. Selbst anerkannte religiöse Minderheiten – Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen – werden also diskriminiert. Vertreter dieser religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung – im Vergleich mit anderen Ländern der Region – nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen. Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa – unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke – eigene Vertreter im Parlament. Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten. Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden und ihre politische Vertretung bleibt schwach. Wichtige politische Ämter stehen ausschließlich schiitischen Muslimen offen. Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück. Nicht anerkannte religiöse Gruppen – Baha’i, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten – werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Schiitische Religionsführer, welche die Regierungspolitik nicht unterstützen, sind weiterhin Einschüchterungen und Verhaftungen ausgesetzt. Laut der in den USA ansässigen NGO „United for Iran“ befanden sich 2019 mindestens 109 Angehörige religiöser Minderheitengruppen aufgrund des Praktizierens ihrer Religion in Haft. Personen, die sich zum Atheismus bekennen, laufen Gefahr, willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt oder wegen Apostasie (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden. In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie jedoch sehr selten (wenn überhaupt noch vorhanden), bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gab es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war.

Seit der islamischen Revolution hat sich das iranische Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die iranische Verfassung sichert jedem Staatsbürger das Recht zu, den jeweiligen höchst erreichbaren Gesundheitszustand zu genießen. Die Verwirklichung dieses Zieles obliegt dem Ministerium für Gesundheit und medizinische Ausbildung. Jede Provinz beheimatet mindestens eine medizinische Universität, deren Rektor die Verantwortung für das Gesundheitswesen in der betroffenen Provinz trägt. Neben dem zuständigen Ministerium und den Universitäten gibt es auch Gesundheitsdienstleister des privaten Sektors und NGOs. Diese bedienen jedoch eher die sekundäre und tertiäre Versorgung, während die Primär-/Grundversorgung (z.B. Impfungen, Schwangerschaftsvorsorge) staatlich getragen wird. Darüber hinaus gibt es im ganzen Land viele NGOs und Wohltätigkeitsorganisationen, die Gesundheitseinrichtungen betreiben, deren Zugang auf einer Bedarfsanalyse basiert, ohne dass auf einen vorherigen Versicherungsschutz Bezug genommen wird. Die Mahak-Gesellschaft zur Unterstützung krebskranker Kinder ist beispielsweise ein bekanntes gemeinnütziges Forschungs-, Krankenhaus- und Rehabilitationszentrum für Kinder mit Krebs. Die Patienten werden von Ärzten im ganzen Land an Mahak überwiesen. Laut einem Vertreter von Mahak wird jedes Kind, bei dem Krebs diagnostiziert wird, entweder im Mahak-Krankenhaus oder in anderen Krankenhäusern behandelt. Mahak deckt auch die Behandlung von Patienten in anderen Krankenhäusern im Iran ab. Die Behandlung ist kostenlos und die Patienten müssen nicht versichert sein, um eine Behandlung zu erhalten. Selbst Verwandte können bei der Begleitung ihrer kranken Kinder eine Finanzierung für die Unterkunft erhalten. Mahak empfängt Krebspatienten auch aus mehreren Nachbarländern. Notfallhilfe bei Natur- oder menschlich verursachten Katastrophen wird durch den gut ausgestatteten und flächendeckend organisierten iranischen Roten Halbmond besorgt. Der Rote Halbmond ist auch die zentrale Stelle für den Import von speziellen Medikamenten, die für Patienten in speziellen Apotheken erhältlich sind. In jedem Bezirk gibt es Ärzte sowie Kliniken, die dazu verpflichtet sind, Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitscenter kontaktieren und einen Termin vereinbaren. Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Das Gesundheitswesen ist zwar fast flächendeckend – laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung, die Qualität schwankt jedoch. Die spezialisierte, medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich. Auch wenn der Zugang zu gesundheitlicher Erstversorgung größtenteils gewährleistet ist, gibt es dennoch gravierende Qualitätsunterschiede einzelner Regionen. Zum Beispiel liegt der Unterschied der Lebenserwartung im Vergleich mancher Regionen bei bis zu 24 Jahren. Folgende sieben Provinzen weisen eine niedrigere Qualität als die Referenz-Provinz Teheran auf: Gilan, Hamadan, Kermanschah, Khuzestan, Tschahar Mahal und Bachtiyari, Süd-Khorasan, sowie Sistan und Belutschistan. Politische Reformen wurden bereits unternommen, um einen gleichmäßigeren Zugang zu Gesundheitsdiensten zu schaffen. Nichtsdestotrotz gibt es noch eine Vielzahl an Haushalten, die sich keine ausreichende gesundheitliche Versorgung leisten können. Gesundheitsdienste sind geographisch nicht nach Häufigkeit von Bedürfnissen, sondern eher nach Wohlstand verteilt. Die medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, die von jeweils einem männlichen und einer weiblichen „Behvarz“ (Gesundheitspersonal, das nach der regulären elfjährigen Schulbildung zwei Jahre praktisch und theoretisch ausgebildet wird) geleitet werden. Jedes dieser Gesundheitshäuser ist für Gesundheitsvorsorge (u.a. Impfungen, Betreuung von Schwangerschaften) und für durchschnittlich ca. 1.500 Personen zuständig, wobei die Qualität der Versorgung als zufriedenstellend beurteilt wird, und mehr als 85% der ländlichen Bevölkerung in dieser Weise „nahversorgt“ werden. In Städten übernehmen sogenannte „Gesundheitsposten“ in den Bezirken die Aufgabe der ländlichen Gesundheitshäuser. Auf der nächsten Ebene sind die ländlichen Gesundheitszentren (ca. 3.000 landesweit) zu finden, die jeweils von einem Allgemeinmediziner geleitet werden. Sie überwachen und beraten die Gesundheitshäuser, übernehmen ambulante Behandlungen und übergeben schwierigere Fälle an ca. 730 städtische, öffentliche Krankenhäuser, die in jeder größeren Stadt zu finden sind. 90% der Bevölkerung in ländlichen als auch ärmeren Regionen hat Zugang zu essenziellen Gesundheitsdienstleistungen (IOM 2019). Weitere staatliche Institutionen wie die Iranian National Oil Corporation, die Justiz und Revolutionsgarden betreiben ihre eigenen Krankenhäuser. Die medizinische Belegschaft im Iran umfasst insgesamt mehr als 51.000 Allgemeinärzte, 32.000 Fachärzte, 115.000 Krankenschwestern, 33.000 Hebammen und 35.000 örtliche Gesundheitshelfer (behvarz). Es ist anzuführen, dass der Anteil der Out-of-pocket-Zahlungen durch die Patienten in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen ist. Vor dem Health Transformation Plan im Jahr 2014 waren Out-of-pocket-Zahlungen die Hauptfinanzierungsquelle, und lagen über 50% der Kosten. 2010 erreichten die Zahlungen einen Höchststand von 58%, während sie bis 2016 auf 35,5% zurückgingen. Dies ist jedoch noch weit von dem erklärten Ziel entfernt, die Out-of-pocket-Zahlungen auf unter 30% zu senken. Dies bedeutet, dass das Zahlungssystem nach wie vor weitgehend auf Servicegebühren sowohl im öffentlichen als auch im privaten Gesundheitswesen basiert. Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, dass die Versorgung des Kranken mit Gütern des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt. Der Iran verwendet interne Referenzpreise für Arzneimittel, was bedeutet, dass Arzneimittel zum Preis des Referenz-Arzneimittels erstattet werden und die Patienten die Möglichkeit haben, teurere Arzneimittel zu kaufen und die zusätzlichen Kosten zu bezahlen. Der Erstattungspreis wird von der Regierung festgelegt, während Hersteller, Händler oder Einzelhändler ihren eigenen Arzneimittelpreis festlegen können. Die Regierung versucht kostenfreie medizinische Behandlung und Medikamentenversorgung für alle Iraner zu gewährleisten, insofern gibt es zwei verschiedene Krankenversicherungen: entweder durch die Arbeit oder privat. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI. Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern abgedeckt. Versicherung durch Arbeit: Regierungsangestellte profitieren vom kostenfreien Zugang zur staatlichen Krankenversicherung. Private Firmen decken die Unfallversicherung für ihre eigenen Mitarbeiter. Private Versicherung: Mit Ausnahme von Regierungsangestellten müssen sich alle iranischen Bürger selbst privat versichern, wenn deren Arbeitgeber dies nicht bereits erledigen. Um die Versicherung zu erhalten, sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig. Salamat Versicherung: Diese neue Versicherung wird vom Ministerium für Gesundheit angeboten und deckt bis zu 90% der Behandlungskosten. Die Registrierung erfolgt online unter: http://www.bimesalamat.ir/isc/ISC.html. Die Registrierung erfordert eine geringe Gebühr. Pro Jahr sollten 2,450.000 IRR vom Begünstigten eingezahlt werden. Es gibt Ärzte und private Zentren, die eine öffentliche und/oder SALAMAT-Versicherung akzeptieren, um einen Teil der Ausgaben zu decken. Um zu 90% abgedeckt zu sein, muss man sich auf staatliche bzw. öffentliche Krankenhäuser und Zentren beziehen. TAMIN EJTEMAEI Krankenhäuser decken 100% der versicherten Kunden ab. Die „Organisation für die Versicherung medizinischer Dienste“ (MSIO) wurde 1994 gegründet, um Beamte und alle Personen, die nicht von anderen Versicherungsorganisationen berücksichtigt wurden, zu versichern. Für anerkannte Flüchtlinge wurde eine eigene Versicherungsorganisation geschaffen. Daneben kümmern sich Wohltätigkeitsorganisationen, u.a. die „Imam Khomeini Stiftung“, um nicht versicherte Personen, etwa Mittellose oder nicht anerkannte Flüchtlinge, wobei letztere kaum Chancen auf eine gute Gesundheitsversorgung haben. Alle iranischen Staatsbürger inklusive Rückkehrende haben Anspruch auf grundlegende Gesundheitsleistungen (PHC) sowie weitere Angebote. Es gibt, wie bereits oben beschrieben, zwei verschiedene Arten von Krankenversicherung: Versicherung über den Arbeitsplatz oder private Versicherung. Beide werden von der öffentlichen Versicherung im Iran TAMIN EJTEMAEI verwaltet. Die Anmeldung erfolgt über www.tamin.ir/. Die Leistungen variieren dabei je nach gewähltem Versicherungsschema. Informationen zu verschiedenen Varianten erhält man bei der Anmeldung. Notwendige Dokumente: Eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto, und ein vollständiges medizinisches Check-up sind notwendig. Weitere Dokumente können noch verlangt werden. Zuschüsse hängen von der gewählten Versicherung des Klienten ab, über die er/sie während der Registrierung ausführlich informiert wird. Jegliche Kosten werden vom Arbeitgeber getragen, sobald die Person eine Arbeit in Iran aufnimmt. Andernfalls müssen die Kosten selber getragen werden. Für schutzbedürftige Gruppen im Iran gibt es zwei Arten von Zentren: Öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen sich oft an kleinere spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, welche Projekte zu Genderfragen, älteren Menschen, Behinderten (inklusive psychischer Probleme), ethnischer und religiöser Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem psychosoziale Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen, Suchtbehandlungen, etc. Es gibt einige Zentren unter Aufsicht der BEHZISTI Organisation, welche Personen in Not Hilfe gewähren. Solche Leistungen sind kostenfrei. Aufgrund der hohen Nachfrage und einiger Beschränkungen bevorzugen viele zahlungspflichtige private Zentren. Im Zuge der aktuellen Sanktionen gegen den Iran ist es zu gelegentlichen Engpässen beim Import von speziellen Medikamentengruppen gekommen. Obwohl auf dem Papier Medikamente und Lebensmittel von den Sanktionen nicht betroffen sind, ist es seit 2020 u.a. wegen fehlenden Zahlungskanälen zu mehr Engpässen bei bestimmten Medikamenten wie z.B. Insuline gekommen. Das Gesundheitsministerium ist sehr bemüht, den Bedarf an Medikamenten zu decken. Aufgrund der mangelnden Devisen aber steigen die Preise der Medikamente die vom Ausland eingeführt werden sollen von Tag zu Tag, so dass schwache Gesellschaftsschichten sich diese nicht mehr leisten können. Diese Situation wird bei offiziellen Gesprächen von iranischen Funktionären immer wieder als Kritikpunkt gegenüber der Politik des Westens angesprochen. Im Generellen gibt es aber keine ernsten Mängel an Medizin, Fachärzten oder Equipment im öffentlichen Gesundheitssystem. Pharmazeutika werden zumeist unter Führung des Gesundheitsministeriums aus dem Ausland importiert. Zusätzlich gibt es für Bürger Privatkrankenhäuser mit Spezialleistungen in größeren Ballungsräumen. Die öffentlichen Einrichtungen bieten zwar grundsätzlich fast alle Leistungen zu sehr niedrigen Preisen an, aber aufgrund langer Wartezeiten und überfüllter Zentren, entscheiden sich einige für die kostenintensivere Behandlung bei privaten Gesundheitsträgern.

Iran gilt als eines der am stärksten von Corona betroffenen Länder und ist nun auch von einer dritten COVID-19-Infektionswelle stark betroffen. Regionale Schwerpunkte sind dabei kaum auszumachen, da das Ansteckungsrisiko flächendeckend sehr hoch ist. Städte und Provinzen sind je nach Infektionszahlen in unterschiedliche Risikogruppen eingeteilt (rot = kritische Situation, orange = hohes Risiko, gelb = geringes Risiko). Die Zahl der Neuinfektionen bewegt sich den offiziellen Zahlen zufolge weiterhin auf einem hohen, und weiter steigenden Niveau, die Zahl der täglichen Todesopfer ist auch im Steigen begriffen. Aktuelle Informationen und detaillierte Zahlen bieten das iranische Gesundheitsministerium und die Weltgesundheitsorganisation WHO. Die Auslastung der medizinischen Einrichtungen ist sehr hoch, verschiedentlich gibt es Engpässe bei der Versorgung mit Schutzausrüstung und Medikamenten. Die Spitäler kämpfen mit Überlastung. Für alle der 31 Provinzen inklusive Teheran gilt die Situation als sehr besorgniserregend. Personen, die in den Iran auf dem Luftweg einreisen wollen, haben einen negativen molekularbiologischen Test auf SARS-CoV-2 aus dem Abreisestaat in englischer Sprache mit sich zu führen und vorzuweisen. Das ärztliche Zeugnis darf bei der Einreise nicht älter als 96 Stunden sein. Kann das Gesundheitszeugnis nicht vorgelegt werden, wird ausländischen Staatsangehörigen die Einreise nach Iran verwehrt. Iranische Staatsangehörige (Doppelstaatsbürger reisen in der Regel mit ihrem iranischen Reisepass ein) werden unter Aufsicht des Gesundheitsministeriums in ein Flughafenhotel eingewiesen, dessen Kosten selbst zu tragen sind. Mit eigenhändiger Unterschrift ist zu bestätigen, dass das Hotel nicht verlassen werden darf. Die 14-tägige Quarantäne kann durch einen negativen molekularbiologischen Test beendet werden. Positiv auf COVID-19 getestete Passagiere werden in ein Krankenhaus in Teheran oder andere Isolationsstationen verbracht. Seit 21. November 2020 gilt für alle Provinzhauptstädte und zahlreiche weitere Städte ein zunächst zweiwöchiger Lockdown mit weitreichenden Verkehrseinschränkungen, obwohl sich die iranische Regierung - aus Angst vor Protesten - lang gegen einen Lockdown gewehrt hat. Der Reiseverkehr zwischen diesen rot eingestuften Städten ist grundsätzlich untersagt. In Teheran gilt von 21 Uhr bis 4 Uhr ein Fahrverbot für Privatfahrzeuge. Ab 22 Uhr gilt dies auch für den öffentlichen Nahverkehr. Taxis verkehren auch nach 22 Uhr. Es kommt – abgesehen vom Lebensmittelhandel und systemrelevanten Einrichtungen – ebenfalls zu landesweiten Betriebsschließungen. Im Alltag ist derzeit vor allem in orangen und roten Regionen wieder mit Einschränkungen bei Öffnungszeiten und Serviceangebot zu rechnen. Vorübergehend werden weitergehende Beschränkungen eingeführt (z.B. Schließungen von Restaurants, Sporteinrichtungen, religiösen Einrichtungen usw.). Einrichtungen für den essentiellen Lebensbedarf wie Supermärkte und Apotheken bleiben geöffnet. Davon sind u.a. Teheran sowie der Großteil der Provinzhauptstädte und weitere Großstädte betroffen. In roten Regionen bleiben Touristenziele teilweise geschlossen. Camping in öffentlichen Parks ist grundsätzlich untersagt. Behörden bleiben geöffnet, werden aber nur mit einem Drittel der üblichen Mitarbeiter besetzt. In allen Schulen und Universitäten wird auf Fernunterricht umgestellt. Die iranischen Behörden rufen weiterhin dazu auf, möglichst soziale Kontakte zu meiden sowie persönliche Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu ergreifen und öffentliche Transportmittel zu meiden. Es gilt eine generelle Maskenpflicht an allen öffentlichen Orten, in geschlossenen Räumlichkeiten sowie im öffentlichen Nahverkehr. Künftig soll die Polizei stärker gegen Verstöße vorgehen, Strafen für Verstöße gegen die Auflagen wurden angekündigt. Die Regierung hat ein Hilfspaket für Haushalte und Arbeitgeberbetriebe in der Höhe von 24 Mrd. USD beschlossen. 4 Mio. Haushalte sollen einen zinsfreien Mikrokredit von umgerechnet 62 bzw. 124 USD erhalten.

1.7. Methadon ist in Iran verfügbar. Es gibt auch verfügbare Alternativen zu Methadon wie beispielsweise Buprenorphin, Levomethadon und Naltrexone hydrochlorid. Alle Medikamente sind sowohl in privaten als auch öffentlichen Apotheken verfügbar. Der Wirkstoff Prothipendyl (von Dominal Forte) hat derzeit Lieferschwierigkeiten, kann aber über spezielle Apotheken aus dem Ausland bestellt werden, obwohl er nicht auf der staatlichen Medikamentenliste steht. Die Nachlieferungen (aufgrund der Flugeinschränkungen) können mehr als 4 Wochen dauern. Als Alternativen zu Prothipendyl werden Bromazepam (mit denselben Lieferschwierigkeiten) und Zolpidem (verfügbar) genannt. Die Medikamente müssen vom Patienten bezahlt werden. Entzugskliniken sind sowohl privat als auch öffentlich verfügbar, auch psychiatrische Behandlung bei Drogenentzug ist ambulant und stationär verfügbar. Psychologen und Psychiater sind verfügbar, ebenso wie Sozialarbeiter. Im Jahr 2010 verabschiedete Iran ein Gesetz zur Legitimation von „Schadensminderungspraktiken“ für Drogenkonsumenten. Diese Praktiken bestehen in einer Reihe von Maßnahmen wie der Verwendung von Methadon für Erhaltungstherapie und Drogen-Reha-Zentren wie private oder öffentliche Kliniken oder sogenannte Rehabilitationslager. Dieses Gesetz unterscheidet auch zwischen registrierten Abhängigen, die bereit sind, sich behandeln zu lassen und nicht registrierten Süchtigen, die für ihr Suchtverbrechen verantwortlich sind und gezwungenermaßen in staatliche Rehabilitationslager geschickt werden können. Mittlerweile wurden Tausende von privaten und öffentlichen Methadon-Kliniken (MMT – Methadone Maintenance Therapy centres) eröffnet. Im Jahr 2014 gab es rund 5.300 Kliniken für Drogenkonsumenten, von denen 4.900 dem privaten Sektor angehörten. Bis 2014 waren fast 800.000 Menschen unter MMT registriert, eine Zahl, die zu den höchsten weltweit zählt. Drogenkonsumenten, die sich nicht in Privatkliniken registrieren können, werden durch ein Netzwerk von staatlichen Kliniken unterstützt, in denen die Kosten für Methadon stark subventioniert werden. Diese sind in der Regel mit staatlichen Zwangslagern unter der Leitung der therapeutischen Polizei verbunden. 2017 gab es 7.000 MMT-Kliniken, die 900.000 Patienten betreuten. MMT-Kliniken bieten keine kostenlosen Dienstleistungen an und Patienten müssen bezahlen, um das Methadon dort zu erhalten. Im Gegensatz zu den staatlichen Lagern, die kostenlose Dienstleistungen für z.B. obdachlose Süchtige anbieten, die von der Polizei verhaftet und zur Reha geschickt werden, verlangen private MMT-Zentren und private Camps große Geldsummen für die von ihnen angebotenen Dienstleistungen. Drogenrehabilitationsbehandlungen sind nicht von der öffentlichen Versicherung abgedeckt, obwohl Sucht als eine Krankheit angesehen wird. Dies ist ein Hindernis zum Zugang zu Drogenentzug. Der Staat subventioniert jedoch einen Monat Behandlung für die Methadon-Aufrechterhaltung pro Patient für die Gesamtkosten von 1.000.000 Rial (ca. 21€), auch wenn sie möglicherweise jahrelange Behandlung brauchen. Der nicht genau definierte Versicherungsschutz für die Behandlung von Drogenkonsum, führt zu sehr hohen Behandlungskosten für die Familien. Bezüglich der Kosten der einzelnen Medikamente: Prothipendyl (Wirkstoff von Dominal Forte) steht nicht auf der offiziellen staatlichen Medikamentenliste und daher konnte der Preis auch nicht eruiert werden. Nichtsdestotrotz kann es – wie oben erwähnt – über spezielle Apotheken aus dem Ausland bestellt werden (Lieferschwierigkeiten). Die Alternative Zolpidem kostet zwischen 1.500 (5mg) und 3.000 Rial (10mg) (3 Cent – 6 Cent) – je nachdem, welche Versicherung der Patient hat. Methadon kostet zwischen 120.000 und 380.000 Rial (2,5€ - 8€), je nach Dosierung. Die Kosten für MMT-Dienstleistungen ist in staatlichen und privaten Zentren unterschiedlich. Im Durchschnitt müssen Patienten 20 bis 40 US-Dollar monatlich in staatlichen Zentren bezahlen. Die Gebühren in privaten Kliniken können dreimal höher als in staatlichen Kliniken sein. Es gibt staatlich zugelassene stationäre Behandlungszentren lizensiert durch die staatliche Wohlfahrtsorganisation, die sowohl medizinische als auch psychologische Leistungen umfasst und im Durchschnitt 244.666 Rial (ca. 5€) für 23 Tage Aufenthalt (ohne Essen) kostet. Manche dieser Einrichtungen zwingen ihre Patienten zu einem stationären Aufenthalt, obwohl dies illegal ist. Aufgrund des Covid-19 Ausbruchs wurden tausende Drogenkonsumenten aus staatlich finanzierten Rehabilitationszentren oder Drogenrehabilitationslagern entlassen, um Krankheitsausbrüche in den überfüllten Einrichtungen zu verhindern.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Beweiswürdigung stützt sich auf die Aussagen des Beschwerdeführers vor der Polizei (siehe Niederschrift der Erstbefragung vom 28.04.2016), dem Bundesamt (siehe Niederschrift der Einvernahme vom 06.06.2018 samt Beilagen) und dem Bundesverwaltungsgericht (siehe Niederschrift der Verhandlung vom 11.03.2021 samt Beilagen), auf die Beschwerde vom 06.08.2018 und die vom Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht abgegebene Stellungnahme (Stellungnahme vom 05.02.2019 an das Bundesverwaltungsgericht) sowie auf folgende Beweismittel:

?        Länderinformation der Staatendokumentation, Iran, Version 2, generiert am 24.02.2021;

?        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Iran „Drogenabhängigkeit, Methadon“, vom 03.06.2020;

?        Befunde zu Verletzungen nach Vorfall am 11.04.2018;

?        Kopien der Schulzeugnisse des Beschwerdeführers der Schule in XXXX , Grundschule und Gymnasium;

?        Kopien der ID Karte der Mutter des Beschwerdeführers, des Personalausweises und der Geburtsurkunde des Vaters des Beschwerdeführers;

?        Kopien der Geburtsurkunde des Beschwerdeführers;

?        Bestätigung der Internationalen Baptistengemeinde vom 19.06.2018;

?        Abtretungsbericht der LPD Wien an die Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts auf Suchtmittelkonsum durch den Beschwerdeführer vom 05.10.2020.

2.2. Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich aus der unbedenklichen Aktenlage und den vorgelegten Kopien der Geburtsurkunde des Beschwerdeführers sowie aus der in das Verfahren eingeführten Strafregisterauskunft. Hinsichtlich der Heroinsucht, des derzeitigen Besuchs eines Entzugsprogramms und der sonstigen Gesundheit und Arbeitsfähigkeit ist auf die Aussagen des Beschwerdeführers zu verweisen.

Die Feststellungen unter 1.1. zur Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seiner Aussage vor dem Bundesverwaltungsgericht, gesund zu sein; aus diesem Umstand, seinem Alter und da nichts Gegenteiliges vorgebracht wurde oder hervorgekommen ist, ist auf die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers zu schließen.

2.3. Die Feststellungen zu 1.2. ergeben sich hinsichtlich der Feststellung, dass der Beschwerdeführer Iran aus Sicht der iranischen Behörden rechtswidrig verlassen hat, aus der Aktenlage – insbesondere findet sich kein Reisepass im Akt bzw. ist dessen Sicherstellung nicht dokumentiert – und den diesbezüglich nachvollziehbaren Angaben des Beschwerdeführers.

Hinsichtlich des Herkunftsgebietes ist auf die diesbezüglich unwidersprochenen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt sowie dem Bundesverwaltungsgericht und hinsichtlich der Sicherheitslage und der Kontrolle des Herkunftsgebietes auf die Länderinformation der Staatendokumentation zu verweisen; dieses führt hinsichtlich der Sicherheitslage (siehe S. 11 f) aus, dass Iran über eine stabile politische Ordnung und Infrastruktur verfüge, jedoch gewisse Spannungen bestünden, die periodisch zunehmen würden. Den komplexen Verhältnissen in der Region müsse stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern könnten sich auf die Sicherheitslage im Iran auswirken. Die schwierige Wirtschaftslage und latente Spannungen im Land würden periodisch zu Kundgebungen führen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Preiserhöhungen oder mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei müsse mit schweren Ausschreitungen und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten sowie mit Straßenblockaden gerechnet werden. Zum Beispiel hätten im November 2019 Proteste gegen die Erhöhung der Treibstoffpreise Todesopfer und Verletzte gefordert. Das Risiko von Anschlägen – so das LIB weiters – bestehe im ganzen Land. Im Juni 2017 seien in Teheran Attentate auf das Parlament und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini verübt worden, diese hätten über zehn Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. Im September 2018 habe ein Attentat auf eine Militärparade in Ahvaz (Provinz Khuzestan) zahlreiche Todesopfer und Verletzte gefordert, 2019 habe es einen Anschlag auf einen Bus der Revolutionsgarden in der Nähe der Stadt Zahedan gegeben. In Iran komme es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Die iranischen Behörden hätten seit einiger Zeit die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zum Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran erhöht. In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) komme es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen, die Bewegungsfreiheit sei eingeschränkt und es gebe vermehrt Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt seien Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen worden. Eine Weiterreise sei in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich gewesen. Dies sei vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region geschehen. Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan, stünden teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen, diese hätten wiederholt Anschläge verübt und würden teilweise Landminen auf Überlandstraßen einsetzen. Es könne hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen. In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gebe es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang hätten Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen sowie Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit 2015 komme es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stünden und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen. Im iranisch-irakischen Grenzgebiet seien zahlreiche Minenfelder vorhanden, wenn auch in der Regel in Sperrzonen. Die unsichere Lage und die Konflikte in Irak würden Spannungen im Grenzgebiet verursachen. Gelegentlich komme es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen und den Sicherheitskräften. Bisweilen komme es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften. Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren würden, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet seien.

Da der Länderinformation der Staatendokumentation, die in das Verfahren eingeführt wurde, diesbezüglich nicht entgegengetreten worden ist, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die Sicherheitslage jedenfalls außerhalb der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan hinreichend stabil und jedenfalls nicht kriegs- oder bürgerkriegsähnlich ist.

Auch ergibt sich aus dem Länderinformationsblatt, dass im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers die Grundversorgung gesichert ist.

Hinsichtlich der Feststellung, dem Beschwerdeführer drohe wegen der rechtswidrigen Ausreise, der gegenständlichen Antragstellung bzw. dem Aufenthalt im Ausland des Beschwerdeführers nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit behördliche Verfolgung, ist auf die Länderinformation der Staatendokumentation zu verweisen; diese führt hinsichtlich der Rückkehr nach Iran – soweit entscheidungsrelevant – aus, dass allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt habe, bei der Rückkehr keine staatlichen Repressionen auslöse. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem könne es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher sei kein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert worden seien. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen hätten, könnten von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. Zum Thema Rückkehrer gebe es kein systematisches Monitoring das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen habe im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden können, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hätten. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbieten würde, unternehme ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen wird im FFM-Bericht ausgeführt, dass es solche Rückkehrer gebe, aber keine Statistiken dazu vorhanden seien. Es sei auch durchaus üblich, dass Personen die Grenze zwischen Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte seien weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen würden nicht notwendigerweise Strafverfolgung riskieren, wenn sie nach Iran zurückkehren würden. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten müsse, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese gewesen seien, abhängen. Befragungen durch Behörden seien natürlich möglich, aber wenn sie beweisen könnten, dass sie nicht politisch aktiv seien und nicht in bewaffnete Aktivitäten involviert gewesen seien, würde wohl nichts geschehen. Iraner, die im Ausland leben würden, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren würden, könnten von Repressionen bedroht sein. Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv seien, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergebe, könne das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hänge aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab. Das Verbot der Doppelbestrafung gelte nur stark eingeschränkt. Nach IStGB werde jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen habe und in Iran festgenommen werde, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen hätten bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit seien keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden. Zurückgeführte unbegleitete Minderjährige würden vom „Amt für soziale Angelegenheiten beim iranischen Außenministerium“ betreut und in Waisenheime überführt, wenn eine vorherige Unterrichtung erfolge. Da dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, das in das Verfahren eingeführt wurde, diesbezüglich nicht entgegengetreten worden ist, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass im gegenständlichen Fall kein reales Risiko von über ein Verhör hinausgehenden Repressionen im Falle der Rückkehr besteht.

2.4. Die Feststellungen zu 1.3. ergeben sich aus der undenklichen Aktenlage.

2.5. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen mit Bezug zu Iran bzw. zu den Gründen, warum dieser nicht nach Iran zurückkehren kann, ergibt sich aus der Aktenlage.

Zur Feststellung der mangelnden Glaubhaftmachung des Vorbringens, der Beschwerdeführer habe sich schon in Iran dem Christentum zugewandt, dies sei bekannt geworden und sei dem Vater des Beschwerdeführers von dessen mächtigem Cousin gedroht worden, den Beschwerdeführer zu töten, ist beweiswürdigend darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen zu den Vorkommnissen in Iran sowohl vor dem Bundesamt als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht sehr oberflächlich geschildert wurde. Trotz dieser oberflächlichen Schilderung gab es einen wesentlichen Widerspruch, der den Kern des Vorbringens betraf, nämlich hinsichtlich der Frage, wie der Vater des Beschwerdeführers von dessen und der Konversion des Bruders des Beschwerdeführers erfahren habe. Während der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt angab, dass der Vater des Beschwerdeführers in der Moschee darauf angesprochen worden sei und der Vater dann dem Beschwerdeführer gesagt habe, er habe damit kein Problem, gab er vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass der Beschwerdeführer mit der Familie offen über seine Abkehr vom Islam gesprochen habe und der Vater des Beschwerdeführers als erster vom Beschwerdeführer selbst von dessen Abkehr vom Islam erfahren habe. Dieser Widerspruch ist im Lichte dessen, dass der Vater im Wesentlichen die Entscheidung hinsichtlich der Ausreise traf oder zumindest stark beeinflusste, so schwerwiegend, dass die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers hinsichtlich der Vorfälle in Iran vollkommen untergeht. Weiters gab der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt an, dass der Beschwerdeführer überrascht gewesen sei, dass sein streng religiöser Vater so offen reagiert habe während er vor dem Bundesverwaltungsgericht angab, sich nicht erinnern zu können, was er empfunden habe, wie sein Vater reagiert habe.

Zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht hat, dass er ernstlich und aus innerem Entschluss zum Christentum konvertiert sei und es sich bei der vorgebrachten Konversion um eine Scheinkonversion handelt, ist beweiswürdigend auszuführen, dass der Beschwerdeführer zwar von Ende 2016 bis Ende 2017 intensiveren Kontakt mit einer baptistischen Gemeinde hatte, aber seit diesem Zeitpunkt praktisch keinen Kontakt mehr pflegt. Er hat sich auch während der COVID-19-Pandemie, als die Gottesdienste eingeschränkt waren, nicht um Kontakt zur Gemeinde oder deren Organe bemüht, konnte nicht erklären, warum er sich dem Christentum zugewandt hat, wusste nicht, dass die Kirchengemeinde, die er besucht, eine baptistische Gemeinde ist – er bezeichnete diese lediglich als protestantisch –, konnte das Vater Unser weder richtig wiedergeben noch wusste er, dass das Gebet von Jesus selbst stammt – er schrieb es den Jüngern Jesu zu – und konnte nicht erklären, an welchen christlichen Geboten er seine Lebensführung ausrichtet. Zwar haben die beiden Zeugen bestätigt, dass der Beschwerdeführer früher ihre Gemeinde besucht hat, aber auch sie haben eingeräumt, dass sie ihn schon länger nicht mehr gesehen haben und eine Taufe des Beschwerdeführers noch in weiter Ferne ist. Daher ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, ernsthaft zum Christentum konvertiert zu sein, nicht glaubhaft gemacht worden.

2.5. Die Feststellungen zum fehlenden Familienleben in Österreich und zum Freundeskreis in Österreich ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers und – hinsichtlich der zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Beziehungen bestehenden prekären aufenthaltsrechtlichen Situation des Beschwerdeführers – aus der Aktenlage, die Feststellungen zum Niveau der Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers aus der Wahrnehmung des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung, die dem Beschwerdeführer vorgehalten wurden und denen er zugestimmt hat.

Hinsichtlich des fehlenden Einkommens des Beschwerdeführers in Österreich und des Umstands, dass sich der Beschwerdeführer in Grundversorgung befindet, ist auf die Aktenlage und seine Aussagen vor dem Bundesverwaltungsgericht zu verweisen.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich kein Mitglied in einem Verein ist und keine Schule und keine Universität besucht, ergibt sich aus der Aktenlage und seinem Vorbringen; ebenso ergeben sich die Feststellungen zum früheren Kirchenbesuch aus dessen Vorbringen und zu den fehlenden Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers aus der Aktenlage und dessen Vorbringen. Die Feststellung, dass der Kirchenbesuch des Beschwerdeführers – neben dem Wunsch, sozialen Anschluss zu finden – nur dazu dient, eine Scheinkonversion glaubhaft zu machen, ergibt sich insbesondere aus der Diskrepanz zwischen den allenfalls früher gegebenen äußeren (wie etwa dem früheren regelmäßigen Kirchenbesuch) und inneren Merkmalen, in denen sich der Glauben des Beschwerdeführers äußert. Festgestellt und näher begründet wurde bereits der Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht ernstlich und aus innerem Entschluss, sondern nur zum Schein zum Christentum konvertiert ist.

2.6. Die Feststellungen unter 1.6. zur Lage in Iran ergeben sich aus der in das Verfahren eingeführten Länderinformation der Staatendokumentation. Da dieser diesbezüglich nicht entgegengetreten worden ist, waren die obigen Feststellungen zu treffen. Die Feststellungen zur Verfügbarkeit eines Drogenersatzprogrammes ergeben sich aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation „Iran – Drogenabhängigkeit, Methadon“ vom 03.06.2020; da dieser Anfragebeantwortung, die in das Verfahren eingeführt wurde und die mit der in das Verfahren eingeführten Länderinformation der Staatendokumentation in Einklang zu bringen ist, diesbezüglich nicht entgegengetreten worden ist, waren die obigen Feststellungen zu treffen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

3.1.1. Gemäß § 3 AsylG 2005, ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder – im Falle der Staatenlosigkeit – der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifellos Iran.

3.1.2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG 2005 auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Wie oben dargestellt hat der Beschwerdeführer das sich auf die vorgebrachten Vorfälle in Iran abstellende Fluchtvorbringen nicht glaubhaft gemacht.

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer behauptet, vom Islam abgefallen und zum Christentum konvertiert zu sein.

Mit der Frage der asylrechtlichen Relevanz einer Konversion zum Christentum in Bezug auf den Iran hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt befasst (VwGH 24.10.2001, 99/20/0550; VwGH 17.09.2008, Zl. 2008/23/0675; VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0210). Entscheidend ist demnach, ob der Fremde bei weiterer Ausführung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Ob die Konversion bereits – durch die Taufe – erfolgte oder bloß beabsichtigt ist, ist nicht entscheidend (VwGH 30.06.2005, Zl. 2003/20/0544).

Allerdings ist oben festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht hat, er sie ernstlich und aus innerem Entschluss zum Christentum konvertiert ist.

3.1.3 Da darüber hinaus keine im Falle der Rückkehr nach Iran drohende Verfolgung hervorgekommen ist, insbesondere auch nicht wegen der Ausreise, des Auslandsaufenthaltes und der gegenständlichen Antragstellung, ist die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen.

3.2. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, (1.) der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder (2.) dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 Europäische Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958 in der Fassung BGBl. III Nr. 139/2018 (in Folge: EMRK), Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht, gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Gemäß § 8 Abs. 6 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten darüber hinaus abzuweisen, wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Diesfalls ist eine Rückkehrentscheidung zu verfügen, wenn diese gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG nicht unzulässig ist.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 AsylG 2005 zu verbinden.

3.2.2. Unter Berücksichtigung der Feststellungen zum Fluchtvorbringen und zu den Folgen der Rückkehr sowie unter Berücksichtigung der allgemeinen Lage im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers ist nicht zu erkennen, dass dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Iran eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würden.

3.2.3. Auch die geltend gemachte Heroinabhängigkeit kann zu keiner Schutzgewährung führen, weil in Iran die Möglichkeit einer Behandlung dieser Erkrankung besteht; der Beschwerdeführer hat nicht nachgewiesen, dass er sich derzeit überhaupt in einer Behandlung befindet, obwohl ihm schon mit verfahrensleitendem Beschluss vom 08.01.2019, W170 2203550-1/8Z, aufgetragen wurde, allfällige akute psychische und physische Erkrankungen zu melden. Da er dies unter Missachtung der Mitwirkungspflichten unterlassen hat – eine Erkrankung wurde in der Stellungnahme vom 05.02.2019 ausdrücklich geleugnet und später auch nicht bekanntgegeben, obwohl dem Beschwerdeführer dies im oben genannten Beschluss aufgetragen war –, war das Verwaltungsgericht auch nicht in der Lage, diese Behandlung zu überprüfen.

3.2.4. Da im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers auch kein internationaler oder innerstaatlicher Konflikt vorherrscht, ist die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen.

3.3. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen:

3.3.1. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, (1.) wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG 2005, seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht, (2.) zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder (3.) wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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