TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/7 W240 2187734-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.04.2021
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Entscheidungsdatum

07.04.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AVG §68
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


W240 2187734-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.01.2021, Zl. 1078607810/201151573, nach Beschwerdevorentscheidung des BFA vom 10.03.2021, Zahl 1078607810/201151573-2, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung vom 10.03.2021 behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge auch BF) reiste spätestens am 17.07.2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.01.2018, Zahl 1078607810/150880518, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan wurde abgewiesen und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt. Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Es wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise des BF von 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung gewährt.

Die vom BF eingebrachte Beschwerde gegen vorzitierten Bescheid vom 25.01.2018 wurde nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung mit Erkenntnis des BVwG vom 24.10.2019 zu W260 2187734-1/21E als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschluss vom 13.12.2019 erkannte der VfGH der gegen die Entscheidung des BVwG vom 24.10.2019 erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu.

Mit Erkenntnis des VfGH vom 04.03.2020 wurde festgestellt, dass der BF nicht in einem verfassungsgesetzlichen Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde. Die Beschwerde wurde abgewiesen und die Beschwerde zur weiteren Prüfung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die außerordentliche Revision an den VwGH gegen die Entscheidung des BVwG vom 24.10.2019 wurde mit Beschluss des VwGH vom 12.10.2020 zurückgewiesen.

2. Am 18.11.2020 stellte der BF den zweiten - den gegenständlichen – Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich der niederschriftlichen Erstbefragung durch die Beamten einer österreichischen Polizeiinspektion am 18.11.2020 gab der BF zu seinen Gründen für die Stellung des gegenständlichen Antrages im Wesentlichen Folgendes an:

„(…)

Ich bin mit 3 Jahren in den Iran ausgewandert. Ich kann aufgrund der derzeitigen Corona-Situation nicht zurück nach Afghanistan. Weiters habe ich mich vom Islam abgemeldet, da ich zum Christentum wechseln will. In Afghanistan wird der Christentum nicht anerkannt und deshalb würde ich mich einer großen Gefahr aussetzen. Die afghanische Regierung weiß auch sicherlich mit hoher Wahrscheinlichkeit über meinen Austritt aus dem Islam Bescheid und das wäre für mich lebensgefährlich. Dies würde mit der Todesstrafe bestraft werden.

7. Haben Sie alle Ausreise-, Flucht, oder Verfolgungsgründe genannt?

Ja.

8. Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

Todesstrafe wegen dem Austritt aus dem Islam sowie Probleme aufgrund der Corona-Situation.

9. Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Ihrer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe droht, oder sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen haben?

Ich kann das alles nicht beweisen, aber ich weiß, dass es mit der Todesstrafe geahndet wird, wenn man in Afghanistan den Glauben wechselt.

10. Seit wann sind Ihnen die Änderungen der Situation/Ihrer Fluchtgründe bekannt?

Vom Islam ausgetreten bin ich am XXXX .

Sie legten auch einige Unterlagen hinsichtlich Ihrer Integration vor.

Am 04.12.2020 wurden Sie bezüglich Ihres Antrags auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Die wesentlichen Passagen gestalteten sich wie folgt:

LA: Wie heißen Sie und wann sind Sie geboren?

VP: XXXX .

(…)

LA: Sind Sie gesund?

VP: Ja.

LA: Nehmen Sie Medikamente oder sind Sie in ärztlicher Behandlung?

VP: Nein.

LA: Haben Sie in der Erstbefragung die Wahrheit gesagt?

VP: Es ist alles korrekt, ich habe nur ein Datum falsch angegeben, glaube ich, ich sagte, dass sich am XXXX . aus dem Islam ausgetreten bin, richtig ist der XXXX .

LA: Haben Sie einen Beleg für Ihren Austritt?

VP: Den habe ich schon bei der Polizei abgegeben (bereits im Akt)

LA: Wurden Ihre Angaben rückübersetzt?

VP: Ja. Ich habe den Fehler gemacht, ich habe das Datum vergessen.

LA: Möchten Sie sonst noch etwas korrigieren oder ergänzen?

VP: Nein, es ist alles korrekt.

LA: Besitzen Sie Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?

VP: Nein.

LA: Sie haben am 20.07.2015 einen Asylantrag gestellt, der rechtskräftig abgewiesen wurde. Warum stellen Sie einen neuerlichen Antrag?

VP: Ich bin aus dem Islam ausgetreten, ich bin zum Christentum konvertiert, aktuell besuche ich den Glaubenskurs, das ist mein neuer Asylgrund, die Konversion zum Christentum.

LA: Hat sich bezüglich der Ausreisegründe, die Sie im ersten Verfahren angegeben haben, etwas geändert?

VP: Mein erstes Verfahren ist negativ abgeschlossen, ich muss damit zurechtkommen, jetzt will ich über die neuen Gründe sprechen.

LA: Haben Sie außer den Problemen im Zusammenhang mit Ihrer Konversion noch weitere?

VP: Es gibt in Afghanistan momentan ein sehr großes Problem, nämlich Covid19. Die Situation ist völlig außer Kontrolle. Die Patienten werden nicht behandelt, weil die Behörde dazu nicht fähig ist. Für mich ist es noch schlimmer, weil ich dort niemanden habe. Meine ganze Familie lebt im Iran. Sollte ich in Afghanistan wirklich krank werden, weiß ich nicht, wie es weitergehen soll. Wer soll mir helfen, wer sollte mich ins Krankenhaus bringen.

LA: Haben Sie seit der ersten Antragstellung Österreich verlassen?

VP: Nein.

LA: Wieso sind aus der islamischen Religionsgemeinschaft ausgetreten?

VP: Ich bin seit über fünf Jahren in Österreich, hier habe ich viele Freunde gefunden, die alle Christen sind, sie sind alle nett und hilfsbereit. Ich finde es faszinierend und ich habe nachgedacht, wieso diese Leute so sind, und ich habe festgestellt, dass es wegen ihres Glaubens ist. Dann habe ich angefangen eine Kirche zu besuchen, ich wollte so sein wie diese netten Leute. Deswegen habe ich mich für das Christentum entschieden.

LA: Gab es einen Anlass für den Austritt aus der islamischen Religionsgemeinschaft oder war es eine Folge Ihrer Konversionsabsicht?

VP: Ich finde, dass der Islam zu streng ist, so viele unnötige komplizierte Gesetze hat. Alles wurde bestimmt, sogar, wenn man aufs Klo gehen muss, muss man zuerst einige Verse zitieren, auf der anderen Seite habe ich das Christentum entdeckt und festgestellt, dass man religiös sein kann, aber frei sein kann. Das ist das Leben das ich wollte, im Islam ist es anders, die Rollen sind geteilt, die Frauen bleiben zu Hause, bringen Kinder zur Welt und kümmern sich um den Haushalt, einer ist aktiv und einer passiv. Ich habe festgestellt, dass der Islam nichts für mich ist, deswegen bin ich ausgetreten.

LA: Seit wann interessieren Sie sich für das Christentum?

VP: Letztes Jahr wollte ich Christ werden und habe damit angefangen. Ich bin mit den Freunden zur Kirche gegangen und dann habe ich versucht mich für einen Glaubenskurs anzumelden. Es hat nicht geklappt, weil ein Kurs erst abgeschlossen werden sollte, bevor der nächste beginnt. Dann gab es im Großtraum Innsbruck keinen Dolmetscher. Ich habe angerufen, mit der zuständigen Person gesprochen und schlussendlich habe ich vor vier Monaten mit dem Glaubenskurs angefangen, ich muss regelmäßig mit dem Zug nach Imst fahren, etwa 40 Minuten entfernt von dort wo ich wohne. Ich habe mir eine Jahreskarte gekauft.

LA: Seit wann interessieren Sie sich für das Christentum?

VP: Ich war 23 Jahre lang Moslem, ob ich regelmäßig gebetet oder gefastet habe, ist eine andere Geschichte, aber ich war theoretisch Moslem. Deswegen dauert es, bis man feststellt, dass man nicht mehr Moslem sein will und eine andere Religion will. Vor ca. 1,5 Jahren habe ich angefangen hin und wieder zur Kirche zu gehen. Ich habe alles beobachtet und gesehen wie die Leute beten und singen. Das fand ich schön und so wurde mein Interesse nach und nach geweckt. Bis ich mit dem Kurs anfangen konnte hat es gedauert.

LA: Könnten Sie mir den Prozess der Abwendung vom Islam und der Zuwendung zum Christentum schildern? Was ist passiert, dass dieser Prozess so stattgefunden hat?

VP: Ich habe einige Sachen in beiden Religionen miteinander verglichen. Diese Sachen habe ich in meinem täglichen Leben immer wieder erlebt. Hier in Österreich könnte ich leicht mit allen Frauen über alle Themen sprechen. Kein Mensch meinte, dass das unmoralisch wäre. Im Iran, einem islamischen Land, ist es unvorstellbar, dass ich mit einer Nachbarfrau einfach so spreche. Sofort sagen alle, was will er von dieser Frau, welches Verhältnis haben sie.

Auf der anderen Seite habe ich gedacht, warum ein 40jähriger Mann im Iran 4 Frauen haben kann und kein Mensch sagt, wieso so viel. Hier in Österreich ist Ehe etwas Persönliches und ganz Freiwilliges. Man kann heiraten muss aber nicht. Wenn man verheiratet ist und nicht einverstanden ist, kann man sich scheiden lassen. So ist das nicht im Islam und im Iran.

Ich habe meinen Pflichtschulabschluss gemacht, wir hatten eine weibliche Lehrerin für Biologie. Viele Fachbegriffe habe ich nicht verstanden, manchmal handelt es sich um weibliche Körperorgane/-teile der frau. Ich ging zu meiner Lehrerin und wir haben offen darüber gesprochen und sie hat mir alles gründlich erklärt. So ein Gespräch hätte ich mit einer Frau im Iran niemals führen können, das ist ein Tabu.

LA: Bezüglich Hochzeit und Scheidung ist festzuhalten, dass das in der kath. Kirche auch nicht möglich ist sich scheiden zu lassen.

VP: Viele haben sich scheiden lassen.

LA: Ja staatlich, in der Kirche ist eine Scheidung nicht möglich.

VP: Hochinteressant ist, dass die Christen alle anderen Religionen akzeptieren, ich war Moslem, ein Fremder in diesem Land und wurde trotzdem sehr freundlich aufgenommen. Viele heiraten nicht, und das ist kein Problem.

LA: Aber nicht für die Kirche.

VP: Ich werde über dieses Thema nachfragen. Soweit sind wir noch nicht.

LA: Wann hat die Religion für Sie so eine große Bedeutung gewonnen?

VP: Der Mensch braucht einen Gott, man muss mit Gott sprechen, wohin soll man sich wenden.

LA: War das für Sie immer schon so?

VP: Ja, aber was man im Islam sagt, ist anders, als im Christentum.

LA: Welche christlichen Feste haben Sie schon gefeiert?

VP: Das Fest der tausend Kerzen für Verstorbene, das wurde wegen Corona abgesagt. Ostern habe ich gefeiert, Weihnachten, Pfingsten. Das ist alles.

LA: Was wird da jeweils gefeiert.

VP: Ostern geht es um die Auferstehung von Jesus Christus, wir gehen alle gemeinsam zur Kirche und wir nehmen einen Korb voll mit Brot, Essen Süßigkeiten. Der Priester betet und wir kehren nach Hause zurück und essen alle gemeinsam.

Pfingsten: der Heilige Geist hat die Leute, die an Jesus geglaubt haben, Kraft geschenkt, damit sie alle anderen Menschen überzeugen können

Weihnachten: ist die Geburt Jesu Christi.

LA: Wieso haben Sie sich für die katholische Kirche entschieden?

VP: Meine Freunde in Innsbruck sind alle Katholiken, die Kirche in die ich immer ging, ist auch eine katholische Kirche. Die katholische Kirche bedeutet alle gemeinsam, das ist ein Symbol unserer Gesellschaft.

LA: Kennen Sie andere christliche Kirchen?

VP: Es gibt drei, die Orthodoxen, die Katholiken und die Protestanten.

LA: Habe ich es richtig verstanden, dass sie sich nicht aus inhaltlichen Gründen für die katholische Kirche entschieden haben, sondern, weil Ihre Freunde Katholiken waren.

VP: Ja, die Leute, die ich kannte, waren alles Katholiken.

LA: Wann waren Sie zuletzt im Taufvorbereitungskurs?

VP: Letzten Samstag, online.

LA: Worum ging es da?

VP: Wir haben eine Bibel in Farsi bekommen, wir sollten noch weitere bekommen, wegen Corona, war es nicht möglich. Zuerst haben wir darüber gesprochen, dass wir die Bücher nach der Pandemie bekommen. Das Hauptthema war, wo Jesus geboren ist und was er in seinem Leben gemacht hat.

LA: Wo ist Jesus geboren und was hat er gemacht?

VP: Er wurde in Jerusalem, Bethla, geboren, in einem Stall, Gott hat Jesus einen Körper geschenkt, damit er zwischen den Menschen leben kann. Danach hat er, wie alle anderen Menschen normal gelebt, er hat gegessen, geschlafen und getrunken, wie alle anderen. Er hatte eine bestimmte Aufgabe. Er sollte den Menschen zeigen, dass man zu Gott gehört. Schlussendlich wurde er gekreuzigt und durch sein Blut wurden unsere Sünden verziehen.

LA: War Jesus Gott oder Mensch?

VP: Es war der Sohn Gottes.

LA: Frage wird wiederholt.

VP: Mensch.

LA: Wann waren Sie zuletzt in der Kirche?

VP: Das war auf jeden Fall an einem Mittwoch. Ich bin seit 10-12 Tagen hier, es war davor.

LA: Wieso an einem Mittwoch?

VP: Ich hatte nichts zu tun, deswegen war ich in der Kirche.

LA: Wieso waren Sie hier noch nicht in der Kirche?

VP: Wegen des Lockdowns. In Innsbruck hat Johannes, der Pfarrer, gesagt, dass nur 10 Personen gleichzeitig in der Kirche sein dürfen, deswegen sollen sich die Leute voranmelden. Ansonsten kann man derzeit nicht einfach zur Kirche gehen. Das war in Innsbruck und ich dachte hier ist es auch so. Aber ich bete jeden Tag.

LA: Haben Sie sich erkundigt, ob die Kirche offen oder geschlossen ist.

VP: Nein.

LA: Lesen Sie die Bibel?

VP: Ja. Ich bekam eine Bibel auf Deutsch und nicht in Farsi, deswegen war es sehr schwierig die Begriffe zu verstehen. Ich habe mir eine Kinderbibel besorgt, so kann ich es leichter verstehen.

LA: Wieso haben Sie sich keine Bibel auf Farsi besorgt.

VP: Wir haben gehört, dass es vom Glaubenskurs zur Verfügung gestellt wird, deswegen habe ich mich nicht darum gekümmert.

LA: Wie oft lesen Sie in der Bibel?

VP: Nicht jeden Tag, aber alle zwei, drei Tage.

LA: Wieso so selten?

VP: Ich habe momentan viel Stress und bin sehr nervös, wegen der Corona-Pandemie und meiner Situation und der Ungewissheit. Ich bete lieber als zu lesen.

LA: Wieso lesen Sie überhaupt in der Bibel?

VP: Ein Kapitel in der Bibel ist eine Lebensgeschichte von Jesus und immer, wenn man mit einem Kapitel fertig ist, hat man etwas gelernt. Und was man lernt, kann man nützen und verwenden.

LA: Was haben Sie zuletzt gelesen?

VP: Es war eine Geschichte, soll ich es erzählen?

LA: Welche Geschichte?

VP: Den Titel weiß ich nicht. Aber ich kann es erzählen. Jesus und seine Apostel waren bei einem Brunnen. Die Apostel gingen in die Stadt und Jesus wartete beim Brunnen. Dann kam eine Frau, sie gehörte zu einer Volksgruppe, die nicht mit Juden reden durften. Jesus fragte Sie nach Wasser und sagte, dass sie dafür eine ganz andere Art Wasser bekommt. Die Frau dachte, dass Jesus nicht die Wahrheit sagt, sie wusste nicht, dass es Jesus ist. Sie glaubte ihm nicht und dachte er hätte nichts anzubieten…

LA: Danke, wann haben Sie das gelesen?

VP: Wenn ich überlege, ca. vor 16 Tagen.

LA: Dh. seit Sie hier sind haben Sie noch nie in der Bibel gelesen?

VP: Nein, mein Leben sieht hier anders aus, ich bete nur. Mein Leben ist geprägt von Stress und Nervosität.

LA: Was ist Ihre Lieblingsstelle in der Bibel?

VP: Das ist eine andere Geschichte in Matthäus. Zwei Schüler von Jesus haben gestritten und jeder meinte, dass er mehr weiß. Nachgefragt gebe ich an, dass es Jakob und Simon war.

LA: Welcher Simon?

VP: Simon, der Tapfere (phon.: fadahi)

LA: Wie ging die Geschichte weiter?

VP: Einer sagte er wüsste mehr, weil er älter wäre. Jesus hat mitbekommen, worum es geht. Er sah ein Kind. Er nahm das Kind und es ihnen gezeigt. Er sagte, dass sogar dieses Kind mehr wissen könnte als sie. Es geht darum, was man wissen will und was man dafür tut. Das hat mit dem Alter nichts zu tun. Sogar ein Kind kann mehr wissen.

LA: Wieso ist das Ihre Lieblingsstelle?

VP: Als ich neu in Österreich war, konnte ich nicht einmal richtig in Farsi lesen und schreiben. Dann dachte ich, dass ich nie Deutsch lernen würde. Ich war immer neidisch, wenn in unserem Flüchtlingsheim, einige Deutsch oder Englisch konnte. Dann habe ich diesen Teil in der Bibel gelesen: Dann war es mir klar, dass man sich bemühen muss, dann geht alles.

LA: Wann haben Sie das gelesen?

VP: Ca. einem oder zwei Monate nach dem Glaubenskurs.

LA: Da hatten Sie ja schon Ihren Pflichtschulabschluss?

VP: Das ist korrekt. Als ich diesen Teil gelesen habe, habe ich mich daran erinnert, wie es war als ich in Österreich war. Ich konnte nicht einmal meinen Namen auf Deutsch schreiben. Dann habe ich diesen Teil gelesen und gesagt, dass ist es.

LA: Wieso haben Sie am 18.11.2020 diesen Antrag auf internationalen Schutz gestellt? Gab es einen konkreten Anlass?

VP: Nein.

LA: Es muss ja einen Grund gegeben haben?

VP: Ich habe ein Gespräch mit meinem Anwalt geführt und dann dachte ich, dass die Kontrollen wegen Corona vielleicht verschärft würden und könnte dann keinen Antrag mehr stellen. Deshalb habe ich mich beeilt.

LA: Sie haben Fotos aus dem Jahr 2019 vorgelegt. Wie kam es zu den Fotos in XXXX und mit Bischof XXXX ?

VP: Das letzte Jahr hat der Bischof unsere Stadt besucht, es gab ein Treffen in der Kirche, viele Obdachlose und Flüchtlinge waren dort. Ich ging auch hin und habe mich vorgestellt, wir haben ein sehr nettes Gespräch geführt und dieses Foto aufgenommen.

Am 12.12.2020 haben wir einen weiteren Termin beim Bischof. Er wird eine Bestätigung ausstellen, dass wir getauft werden dürfen.

LA: Und das zweite Foto?

VP. Welches meinen Sie?

LA: Das von XXXX ?

VP wird das Foto gezeigt.

VP: Das ist von der Vertrauensperson.

LA: Was sollen diese Fotos belegen?

VP: Ich wollte nur ein paar kirchliche Aktivitäten zeigen. Bei dem Foto sehen sie meine Freund, auch andere Freunde sind zu sehen, das sind meine Fotos zu meinen kirchlichen Aktivitäten.

LA: Wer ist Herr XXXX ?

VP: Wer?

VE wird ermahnt ruhig zu sein.

VP: Ein Politiker. Am Jahresende hat man die Sportler versammelt und sie wurden geehrt. Ich war Boxer.

LA: Welche Funktion hat XXXX .

VP: Der Bürgermeister hat ihn geschickt.

LA: Sie haben ihn offensichtlich ersucht, eine Bestätigung hinsichtlich Ihrer religiösen Aktivitäten?

VP: Der Bürgermeister?

LA: Er ist der Pfarrprovisor und Leiter des Seelsorgeraumes XXXX ?

VP: Wichtig ist der Vorname. Heißt er XXXX ? Dann ist es etwas Anderes.

LA: Kommen wir zur Integration. Was hat sich da getan im letzten Jahr?

VP: Seit 2016 habe ich angefangen in einem Flüchtlingsheim für minderjährige Flüchtlinge zu arbeiten…

AW wird darauf hingewiesen, dass das letzte Verfahren letztes Jahr abgeschlossen wurde.

LA: Mich würden daher vor allem

VP: Seit der negativen Entscheidung habe ich für die Gemeinde im Stadtgarten gearbeitet, nebenbei habe ich Sport getrieben, Boxen trainiert. Ich besuche regelmäßig den Glaubenskurs, ich gehe zu Kirche.

Im Flüchtlingsheim helfe ich anderen Familien als Dolmetscher. Eine Installationsfirma hat mir einen Job zugesagt.

LA: Wie kam es zu dieser Jobzusage?

VP: Ich war im Iran von Beruf Installateur, ich kann das sehr gut. Nach dem Pflichtschulabschluss kann ich auch Deutsch und jetzt kann ich arbeiten. Ich habe Bewerbungen geschickt. Dann gab es ein Bewerbungsgespräch. Sie meinten ich könnte anfangen, dann haben sie gemerkt, dass ich nicht darf. Sie meinten sie würden mich einstellen, wenn ich arbeiten darf.

LA: Wann war das Bewerbungsgespräch?

VP: Vor ca. 2 Monaten. Eigentlich gab es zwei Gespräche in dieser Firma. Einmal haben sie gesagt, dass es momentan nicht geht und wenn ich arbeiten darf, kann ich anfangen. Dann habe ich von vielen anderen Flüchtlingen gehört, dass man trotzdem Saisonarbeiten kann. Ich war wieder bei der Firma und sie sagten, es gebe keine Saisonarbeit. Ich könnte dort anfangen, eine Lehre machen und eine fixe Stelle bekommen.

LA: Boxen Sie noch?

VP: Es gibt Lockdown. Das heißt wir könne nur laufen, joggen und persönlich trainieren. Nachgefragt gebe ich an, dass ich weiterhin trainiere.

LA: Wie oft trainieren Sie?

VP: Damals, drei bis viermal in der Woche im Freien. Jetzt ist es jeden Tag in der Früh ca. 1,5 Stunden.

LA: Haben Sie in Österreich oder Europa Verwandte oder sonstige Angehörige?

VP: Nein. Sehr viele österreichische Freunde. Sie sind meine Familie.

LA: Hatten Sie in Österreich – abgesehen vom Asylverfahren – mal mit der Polizei zu tun.

VP: Nein. Vor ca. 1,5 Jahren wurde ich kontrolliert, als ich einem österreichischen Freund geholfen habe, sie dachten ich würde schwarzarbeiten. Die Polizei hat mich mitgenommen, die Karte kontrolliert. Aber es war alles in Ordnung.

Es wird rückübersetzt. Ast wird aufgefordert genau aufzupassen und sofort bekannt zu geben, wenn etwas nicht korrekt sein sollte bzw. er noch etwas zu ergänzen hat.

Nach erfolgter Rückübersetzung gebe ich an, dass alles richtig und vollständig ist und alles richtig wiedergegeben wurde.

LA: Ich würde Sie bitten eine schriftliche Vollmacht für Dr. KAPFERER vorzulegen.

VP: Ok.

LA: Möchten Sie eine kurze Pause machen?

VP: Eine Pause wäre gut.

EV wird um 09:45 bis 09:55 unterbrochen

LA: Können wir fortsetzen?

VP: Ja.

LA: Sie meinten vorhin, dass Sie seit fünf Jahren in Österreich wären und festgestellt hätten, dass der Islam nicht Ihre Religion ist. Stimmt das?

VP: Ja.

LA: Was ist im Sommer 2020 passiert, dass Sie aus der islamischen Religionsgemeinschaft ausgetreten sind?

VP: Ich wollte das alles bereits im Jahr 2019 machen. Ich bin der Meinung, dass ich Christ sein kann, eine Religion habe, gleichzeitig kann ich frei Leben. So kann ich alle anderen Religionen akzeptieren. Ich werde nicht als, Moslem sagen, dass alle anderen unrecht haben und nur ich recht habe.

LA: Wann haben Sie das erste Mal an den Religionsaustritt gedacht?

VP: Im Jahr 2019. Nachgefragt gebe ich an, dass ich das Datum nicht weiß, ich hatte das Gefühl. Ich wohne in einem Land, ich habe ein soziales Leben, ich sehe wie die Christen leben. Nachgefragt gebe ich an, dass es Mitte des Jahres war.

LA: Sie gaben in der Verhandlung beim BVwG an, dass Sie bereits einmal in der Kirche waren. Welchen Eindruck hatten Sie damals von der Kirche?

VP: Ich hatte ein sehr gutes Gefühl, ich habe mich sehr wohl gefühlt, zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass niemand da ist, der sagte, dass man das nicht machen soll, dass es falsch ist. So war das im Islam.

LA: Wieso sind Sie dann nicht öfter hingegangen?

VP: Ich war damals sehr beschäftigt, ich habe gearbeitet, die Schule besucht, ich habe immer meinen Freunden viele christliche Fragen gestellt.

LA: Wollten Sie damals schon Christ werden?

VP: Ja.

LA: Dann war es vier Jahre nach Ihrer Einreise. Wieso sind Sie aus der islamischen Glaubensgemeinsaft ausgetreten und haben sich für die katholische Kirche interessiert? Das ist für mich noch nicht klar.

VP: Einige Entscheidungen sind sehr wichtig, Religion ist zweifellos eine dieser Entscheidungen. Es ist nicht so, dass man in ein Lebensmittelgeschäft geht, ein Produkt auswählt und wenn es nicht gut war, bringt man es zurück: es ist eine Entscheidung für das Leben. Deshalb habe ich so lange gebraucht. Ich habe hier gelebt, die Leute beobachtet. In der Schule habe ich vor allem im Fach Geschichte viele Fragen gestellt und als ich soweit war habe ich die Entscheidung getroffen.

LA: Welche Bedeutung hat der katholische Glauben für Ihr Leben?

VP: Ich bin jetzt sehr hilfsbereit, das war vorher nicht so, wenn jemand etwas von mir wollte, habe ich lange überlegt. Manchmal hatte ich keine Lust, oder keine Zeit, jetzt ist das anders. Ich helfe immer wo ich kann. Sogar hier habe ich der Arztstation Bescheid gesagt, dass ich Farsi und Deutsch kann und helfen könnte.

In Österreich und seit ich Christ bin, habe ich einiges, nicht nur gelernt, sondern verinnerlicht. Eine Frau ist auch ein Mensch und hat das gleiche Recht, wie ein Mann. Man soll andere Menschen respektieren, egal welche Hautfarbe, welche Religion und welcher Ethnie.

LA: Sie bringen immer eher politische Argumente, die eine liberale Gesellschaft auszeichnen und keine religiösen. Was fasziniert Sie an der katholischen Kirche?

VP: Ich glaube, dass eher alles religiös ist und nicht politisch. Ein Beispiel: Wenn eine Person in Frankreich einen Lehrer umbringt und das so brutal und die Motive sind religiös, dann ist das religiös.

LA: Aber gerade diese Tat wurde von allen Religionsgemeinschaften verurteilt. Gerade das ist eine politische Tat und keine religiöse.

VP: Ich war drei Jahre alt, als ich von Afghanistan in den Iran gezogen bin, 20 Jahre lang habe ich in einem schiitischen Land gelebt, ich war Sunnit. Genau aus diesem Grund wurde ich diskriminiert. Ich war zwar ein Moslem, aber eine andere Glaubensrichtung. Sie haben mich schikaniert und fertiggemacht. Ich musste Bestechungsgeld bezahlen, Toiletten reinigen, nur damit ich dortbleiben durfte. Dann kam ich nach Österreich. Die Christen haben mich als Moslem hier herzlich begrüßt. Ich konnte meinen Platz in der Gesellschaft finden und wurde als Mensch respektiert, obwohl ich Moslem war. Das ist der Unterschied.

LA: Sie legten ein Schreiben des Diakon XXXX vor. Aus diesem geht hervor, dass Sie seit dem 19.09.2020 wöchentlich am Glaubenskurs Katechumenat teilnehmen. Wieso erst seit dem 19.09.2020?

VP: Ich habe es schon flüchtig erzählt. Das Problem haben wir in Innsbruck, es gibt nur einen Glaubenskurs in meiner Sprache und das ist in Innsbruck. Ich habe mich dort gemeldet und sie sagten, dass der Kurs im Laufen wäre. Ich müsste warten. Als er fertig war, habe ich wieder angerufen und sie sagten, dass sie keinen Dolmetscher hätten. Dann habe ich vorgeschlagen, dass ich als Dolmetscher vielleicht helfen können. Sie wollten das nicht. Dann habe ich mithilfe meiner Vertrauensperson den Kurs in Imst gefunden und dort angefangen.

LA: Wann wollten Sie erstmalig einen Taufkurs besuchen.

VP: Vor gut einem Jahr, es war 2019. Nachgefragt gebe ich an, dass ich es nicht genauer angeben kann. Neuerlich nachgefragt gebe ich an, dass es vielleicht Mitte des Jahres war. Ich bin mir nicht sicher.

LA: In der Verhandlung beim BVwG gaben Sie auf die Frage, ob Sie ein gläubiger Moslem wären, an, dass Ihnen Mensch zu sein wichtiger wäre, als die Religion (vgl. S. 15 der Verhandlungsschrift). Sie gaben mehrfach an, dass die Religion für Sie keine große Bedeutung hätte. Wieso sind Sie nun bereit für Ihre neue Religion Ihr Leben aufs Spiel zu setzen?

VP: Ich wiederhole mich, die Menschheit habe ich bei den Christen gefunden. Mensch zu sein ist sehr wichtig. Ich bin auch ein Mensch, ich habe alles gesehen, beobachtet. Als Christ ist es leichter Mensch zu sein. Deswegen wollte ich Christ sein. Ich wollte Jesus für mich haben, wenn ich jeden Tag nur eine Geschichte von Jesus lese, dann habe ich bald so viele Beispiele, an denen ich mich orientieren kann.

LA: Im Erkenntnis wird dazu festgehalten, dass Sie den Eindruck vermittelt hätten, dass der Mensch im Mittelpunkt stehen würde und nicht die Religion. Sie wären am Islam desinteressiert. Wieso kommt es nunmehr zu einer derartigen Fokussierung auf die christliche Religion?

VP: Ein Mensch ist keine Maschine, ein Mensch hat Gefühle, man kann die Situation neu betrachten und beobachten. Das habe ich gemacht. Ich habe meine neue Gesellschaft, Österreich, beobachtet und analysiert. Ich habe festgestellt, dass ich eine Religion haben kann, das Christentum und gleichzeitig kann ich ein freies Leben führen. Das mache ich jetzt. Man trifft viele solche neuen Entscheidungen im Leben.

Anmerkung: Ihnen wird eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 AsylG 2005 ausgehändigt. Anhand dieser Verfahrensanordnung wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass geplant ist Ihren Antrag in Österreich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

LA: Möchten Sie dazu Stellung nehmen?

VP: Ich bin aus dem Islam ausgetreten, dh. sofort nach der Ankunft am Flughafen in Afghanistan, werde ich festgenommen und getötet.

Dann die Corona Situation ist momentan sehr kritisch. Ich kann dort auf keinen Fall mit einer Behandlung rechnen und auch wegen der Pandemie bin ich dort in Lebensgefahr.

3. Ich war 20 Jahre lang im Iran und seit einiger Zeit in Österreich, Afghanistan kenne ich nicht, ich habe dort niemanden, das Land ist für mich absolut fremd. Deshalb habe ich dort keine Überlebenschance.

LA: Woher sollte die afghanische Regierung von Ihrem Religionsaustritt Kenntnis haben?

VP: Ich bin schon ausgetreten.

LA: Ja, aber woher sollte die afghanische Regierung davon Kenntnis erlangen?

VP: Sie wissen schon jetzt, dass ich ausgetreten bin.

LA: Woher?

VP: Ich habe hier ein paar Zettel unterschrieben und erklärt, dass ich nicht mehr Moslem bin. Diese Information hat mit Sicherheit auch die afghanische Botschaft in Wien. Wenn ich in einem Abschiebungslager bin, weiß die afghanische Botschaft, wie viele Leute abgeschoben werden, wie lange sie in Österreich waren und weshalb sie den Antrag gestellt haben.

LA: Nein, die Behörden Ihres Herkunftslandes werden von den Gründen nicht in Kenntnis gesetzt.

VP: Aber in unserer Stadt in Tirol leben so viele Afghanen, viele wissen, dass ich zur Kirche gehe, dass ich erklärt habe, dass ich aus dem Islam ausgetreten bin. Diese Leute sind gut vernetzt. Sie haben vielleicht die Botschaft informiert. Meine Familie hat sehr hart reagiert, als sie erfahren haben, dass ich Christ werde. Mein Vater spricht seit 2,5 Monaten nicht mehr mit mir. Meine Mutter nur heimlich. Wenn meine eigene Familie so reagiert hat. Wie reagieren die anderen?

LA: Zum zweiten Punkt: Wieso sollten sie eine med. Behandlung benötigen.

VP: Ich bin ein Mensch.

AW wird über den weiteren Verfahrensgang aufgeklärt.

LA: Außerdem haben Sie die Möglichkeit Einsicht in die Länderberichte zu Ihrem Herkunftsstaat zu nehmen und eine Stellungnahme dazu abzugeben. Möchten Sie das?

VP: Die ganze Welt weiß, wie die Situation in Afghanistan ist. Nein, ich brauche es nicht.

LA: Sie verfügen nicht über die Mittel Ihren Aufenthalt in Österreich zu finanzieren. Außerdem sind Sie der behördlichen Anordnung Österreich zu verlassen nicht nachgekommen. Daher ist geplant gegen Sie ein zweijähriges Einreiseverbot zu verhängen. Möchten Sie dazu etwas angeben?

VP: Ich verstehe nicht, wie sie mich abschieben können.

AW wird über die entschiedene Sache aufgeklärt.

VP schweigt.

LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?

VP: Ja.

LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

VP: Nein, ich glaube ich habe alles gesagt.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:

LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

VP: Ja.

LA: Hat Ihnen der Dolmetscher alles rückübersetzt?

VP: Ja.

LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

VP: Keine Einwände.

(…)“

Am 04.12.2020 langte ein Schreiben des Diakon Herrn XXXX bei der Behörde ein. Darin wurde insbesondere ausgeführt, dass er Ausbildungsleiter des Katechumenates (Glaubenskurs für Flüchtlinge, welch vom islamischen zum katholischen Glauben wechseln ist und bestätige, dass sich der BF seit 19.09.2020 in einem wöchentlichen Kurs befindet. Die Dauer der Kurseinheit betrage 90 Minuten und dieser Kurs finde ein Jahr lang statt. Der BF sei sehr interessiert an den Inhalten des katholischen Glaubens und arbeite fleißig mit. Verwiesen wurde darauf, dass der BF von der Vertrauensperson Herrn Schuler fleißig unterstützt und begleitet werde. Ersucht wurde um Überstellung des BF zurück nach Tirol, im Innsbrucker Dom finde auch am XXXX .2020 die Zulassungsfeier seitens der Diözese zur Taufe und Firmung mit dem Bischof statt.

Am 08.12.2020 langte ein Schreiben von der Vertrauensperson Herrn XXXX bei der Behörde ein. Darin wurde ausgeführt, dass der BF am XXXX .2020 im Innsbrucker Dom an der Initiationsfeier teilnehme und vom Bischof zum Katechumenat zugelassen werde.

Am 14.12.2020 wurden der BF im Beisein seiner Rechtsberatung bezüglich des gegenständlich zweiten Antrags auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Die wesentlichen Passagen gestalteten sich wie folgt:

„(…)

LA. Möchten Sie etwas korrigieren oder ergänzen?

VP: Nein, ich möchte nur eine Bestätigung vorlegen.

AW legt Fotos und das Katechumenenprotokoll vor (zum Akt)

LA: Haben Sie sich bezüglich der Einstellung der Kirche zur Ehe informiert?

VP: Ja.

LA: Wie ist die Haltung der Kirche zur Ehe?

VP: Bei den Katholiken ist es so, dass man sich nicht trennen kann. Aber in Afghanistan ist es so, dass ein Mann vier Frauen haben darf. Hier ist es so, dass wenn der Partner, die Frau oder der Mann stirbt, dass man noch einmal heiratet. Im Islam ist es so, dass wenn die Frau stirbt, dann ist es für den Mann einfach wieder zu heiraten, aber wenn der Mann stirbt, ist es für die Frau schwer einen Mann zu finden, wenn sie Kinder hat, ist es nochmal schwieriger.

LA: Haben Sie seit der letzten Einvernahme in der Bibel gelesen?

VP: Ja, vorgestern.

LA: Was haben Sie gelesen?

VP: Ich habe den Teil gelesen, wie Jesus auf einer Hochzeit war und sein erstes Wunder bewirkt hat.

LA: Wieso haben Sie diese Stelle gelesen?

VP: Ich wollte wissen, was sein erstes Wunder war, deswegen.

LA: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass weiterhin beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

VP: Was ist der Grund, dass es abgewiesen wird.

AW wird über das Konzept der entschiedenen Sache aufgeklärt.

VP: Meine Schwierigkeiten sind, dass ich aus dem Islam ausgetreten bin, ich bin Christ, ich bin in einem Glaubenskurs. Ich habe in Afghanistan keine Familie, Corona ist stark verbreitet. Wenn ich nach Afghanistan zurückkehre, es ist ein islamisches Land, meine Nachbarn werden erfahren, dass ich kein Moslem mehr bin, weil ich die Moschee nicht mehr besuche. Ich werde die Moschee nicht mehr besuchen und sie werden draufkommen. Im Islam kann man nicht über eine andere Religion nachdenken, geschweige denn, dass man seinen Glauben wechselt.

(…)“

3. Mit Bescheid 1078607810/201151573 vom 15.01.2021 wurde der gegenständlich zweite Antrag auf internationalen Schutz des BF gem. § 68 Abs. 2 AVG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Weiters wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gem. § 55 Abs. 1a FPG nicht gewährt. Außerdem wurde gem. § 53 Abs. 1 iVm
Abs. 2 Z. 6 ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen.

Am 25.01.2021 langte ein Schreiben, datiert mit 19.01.2021, betreffend die Taufzulassung von Diözesanbischof von XXXX , MMag. XXXX bei der Behörde ein. Es wurde darin ausgeführt, er bestätige als Bischof der zuständigen Diözese, dass der BF sich nach gründlicher Überlegung und nach vielen positiven Erfahrungen mit seinem katholischen Freundeskreis dazu entschlossen habe, zum Christentum zu konvertieren. Der BF besuche seit September 2020 regelmäßig einen Glaubenskurs, an diesem könne er jedoch aufgrund seiner Überstellung an einen anderen Ort und aufgrund des Lockdowns derzeit nicht teilnehmen. Aufgrund der Ernsthaftigkeit, mit der der BF sich dem Christentum zuwende und aufgrund der Information, die der BF vom Leiter des Glaubenskurses und von einem zuständigen Pfarrer erhalten hat, wurde der BF vom Bischof am XXXX 2020 zur Taufe zugelassen. Der BF habe aber leider an der Feier nicht persönlich teilnehmen dürfen im Dom, weil er keine Erlaubnis erhalten habe anzureisen.

4. Am 29.01.2021 langte die Beschwerde gegen diesen Bescheid sowie die Vollmachtsbekanntgabe für Frau Mag. Nadja LORENZ bei der Behörde ein. Zusammengefasst wird die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. damit begründet, dass dem Vorbringen des Religionswechsels ein glaubhafter Kern zukommt und daher keine entschiedene Sache vorliegen würde. Außerdem wird bemängelt, dass die Beweiswürdigung unschlüssig und tendenziös wäre. Weiter wird die Auseinandersetzung mit den vorgelegten Bestätigungsschreiben bemängelt.

Der Beschwerde waren außerdem folgende Schreiben beigeschlossen:

-        Schreiben von Mag. XXXX , Diözesanverantwortlicher für Erwachsenenkatechumenat, vom 20.01.2021

-        Bestätigung über die Eingabe / das Anbringen betreffend die Erklärung des Austritts aus der islamischen Glaubensgemeinschaft vom XXXX 2020, ausgestellt vom zuständigen österreichischen Stadtmagistrat

-        Bestätigung von Herrn XXXX vom 05.11.2020, Diakon und Katechumenatsverantwortlicher, wonach der BF seit 19.09.2020 eineinhalb Stunden wöchentlich an einem Glaubenskurs teilnimmt,

-        Bestätigung von XXXX , Leiter eines Seelsorgenraumes und Pfarrprovisor, vom 04.11.2020, wonach der BF regelmäßig an Gottesdiensten und Glaubenskursen teilnimmt und dass der BF mehrfach in Begegnungen und Gesprächen sein Interesse am katholischen Glauben dargelegt hat,

-        Bestätigung über die Taufzulassung vom 19.01.2021, ausgestellt vom zuständigen Diözesanbischof,

-        Katechumenenprotokoll vom 13.11.2020, wonach dem BF die Tauferlaubnis erteilt wird,

-        Bestätigung über die Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst in der Nähe der Erstaufnahmestelle des BF, ausgestellt am 21.01.2021, der zuständige Pfarrer führt im Schreiben aus, dass aufgrund der Pandemie derzeit nur nichtöffentliche Gottesdienste im kleinen Kreis erlaub seien und dem BF auf Nachfrage die Möglichkeit eingeräumt wurde, mitzufeiern. Weiters wurde darauf verwiesen, dass der BF nachgefragt hatte, ob ein Glaubenskurs stattfinde, dies sei aber aufgrund der derzeitigen Situation nicht möglich, was dem BF auch mitgeteilt worden sei. Der Pfarrer führte aus, dass die Nachfrage des BF von seinem echten Willen zeuge, Christ zu werden.

Am 23.02.2021 wurden die drei beantragten Zeugeneinvernahmen durchgeführt.

Der Pfarrer von XXXX , somit in der Nähe der Erstaufnahmestelle, in welcher der BF derzeit aufhältig ist, führte in der Zeugeneinvernahme insbesondere aus, dass der BF jeden Sonntag seit Anfang Jänner nach der Messe auf den Pfarrer warte und kurze Gespräche stattfinden würden. Der BF würde ihn nach Glaubenskursen und über seine Taufe Fragen stellen.

Herr XXXX , Diakon und Katechumenatsverantwortlicher, führte in seiner Zeugeneinvernahme insbesondere aus, er habe betreffend den BF ein Katechumenenprotokoll ausgefüllt und werde danach um Tauferlaubnis gebeten. Die Zulassungsfeier zur Initiation habe am XXXX .2020 im Dom mit dem Bischof stattgefunden, der BF habe jedoch nicht anreisen dürfen. Daher sei um Nachsicht der verpflichtenden Teilnahme zur Initiation im gegenständlichen Fall ersucht worden und sei das Foto des BF auf den Alter gelegt worden und der Segen in die Ferne gespendet worden. Wenn ein Jahr erfüllt sei, dann sei es möglich, dass der Ortspfarrer die Taufe und Firmung spende. Wenn es so positiv weitergehe wie beim BF könne man damit rechnen, dass spätestens im September 2021 die Sakramente vom BF empfangen werden könnten.

In der Zeugeneinvernahme von XXXX , Leiter eines Seelsorgenraumes und Pfarrprovisor, wurde insbesondere ausgeführt, dass er den BF persönlich von Begegnungen bei den Gottesdiensten, Glaubensgesprächen, die über den Kurs hinausgegangen sind, und daher kenne, dass sie mehrere Male nach den Gottesdiensten miteinander etwas trinken waren. Der Zeuge führte aus, dass er aus dem Glaubenskurs wisse, es werde ganz genau darauf geschaut, ob regelmäßig am Kurs teilgenommen werde, wie der Fortschritt des Glaubenswissens sei und die Mitarbeit. Er sehe die Ernsthaftigkeit vom BF darin, dass er auch schon vor Beginn des Kurses die Gottesdienste besuche und das Gespräch gesucht habe.

Am 24.02.2021 wurden die Kopien der Protokolle der Zeugeneinvernahmen per Email an die gewillkürte Vertretung des BF übermittelt. Es wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 03.03.2021 gewährt. Mit Schreiben vom 25.02.2021 bestätigte die gewillkürte Vertretung den Erhalt der Dokumente und nahm die gewährte Frist zur Stellungnahme zur Kenntnis. Mit Email vom 01.03.2021 verzichtete die gewillkürte Vertretung auf eine Stellungnahme zu den Zeugeneinvernahmen.

5. Mit nunmehr angefochtener Beschwerdevorentscheidung des BFA vom 10.03.2021 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA betreffend den BF vom 15.01.2021 als unbegründet abgewiesen.

Begründet war in der Beschwerdevorentscheidung insbesondere wie folgt ausgeführt worden:

„(…)

Im gegenständlichen Fall steht es aufgrund der Länderberichte außer Streit, dass eine glaubhafte Konversion in Afghanistan zu einer – wenn auch nicht staatlichen – Verfolgung führen würde. Einem überzeugten Christen ist es nach der Judikatur des EuGH auch nicht zumutbar, auf die Religionsausübung zu verzichten. Die freie Religionsausübung wird für einen vom Islam abgefallenen Christen in Afghanistan nicht möglich sein.

Die dritte Voraussetzung, um von einem asylrelevanten Verfolgungsgrund auszugehen, besteht in der ernsthaften Zuwendung zum neuen Glauben, dh der Religionswechsel muss aus innerer Überzeugung erfolgt sein, respektive identitätsprägend sein. Andernfalls wird es dem Asylwerber zumutbar sein, seine lediglich zum Schein angenommene Überzeugung im Falle einer Abschiebung oder Rückkehr nach Afghanistan zu verleugnen, um so einer Verfolgung zu entgehen.

Bzgl. der Prüfbarkeit der inneren Überzeugung wird auf die Judikatur des VwGH verwiesen und weiter ausgeführt, dass sich Prüfkriterien zur Überprüfbarkeit der inneren Überzeugung einer Konversion entwickelt haben, wie etwa die Motivation für den Religionswechsel, welche Rolle die Religion im früheren Leben des Asylwerbers gespielt hat und wie intensiv er sich damit auseinandergesetzt hat, der Zeitpunkt der Konversion, die Taufe sowie der Ablauf des Konversionsprozesses, die Kenntnisse über die neue Religion bzw. das Christentum, Zeugenberichte von Amtsträgern christlicher Einrichtungen sowie insbesondere die religiöse Aktivität des Asylwerbers aber auch die generelle Glaubwürdigkeit des Asylwerbers im Verfahren, welche stets in einer Gesamtschau zu beurteilen sind und die es den Gerichten und Behörden ermöglichen können zu eruieren, ob ein Asylwerber tatsächlich aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert ist bzw. das Christentum seine Identität nachhaltig geprägt hat.

Daraus ergibt sich im vorliegenden Fall:

Motivation für den Religionswechsel

Zur Motivation wird im oben erwähnten Erkenntnis ergänzend ausgeführt, dass allgemeine und klischeehafte Ausführungen, wie bspw. das Christentum gefalle einfach besser, im Islam gebe es viel Krieg und Gewalt, im Islam ist alles streng und zwanghaft, im Christentum gibt es viel Liebe oder der Wunsch nach kultureller Zugehörigkeit, wohl nicht ausreichend sein um eine innere Glaubenshaltung darzulegen.

Wie im Bescheid dargelegt (vgl. S.74f des Bescheides), war Ihre Motivation für die neue Religion keineswegs religiös motiviert. Sie verkannten völlig, dass die von Ihnen ins Treffen geführte Freiheit hinsichtlich des Zusammenlebens zwischen Mann und Frau keine Folge religiöser, sondern vielmehr Ausfluss libertärer, demokratischer Strömungen ist. Dies deutet aber weniger auf eine religiöse Überzeugung, als vielmehr auf eine liberale Einstellung hin.

Soweit Sie ausführen, dass der Islam zu streng gewesen wäre und man im Christentum freier leben könne, kann darin – auch im Lichte der obigen Ausführungen – keine ausreichende Motivation für den Glaubenswechsel gesehen werden.

Auch Ihre Erklärung, wieso Sie sich für die katholische Kirche entschieden hätten, war nicht religiös, sondern sozial motiviert (vgl. S. 5 der EV vom 04.12.2020).

(…)

In Ihrem Fall haben Sie begonnen sich für das Christentum zu interessieren, nachdem Ihr Vorverfahren rechtskräftig abgeschlossen war. So haben Sie laut Beschwerdeschriftsatz frühestens im Frühjahr 2020 den Entschluss gefasst Christ zu werden. Sie selbst gaben in der Einvernahme am 04.12.2020 an, dass Sie ca. 1,5 Jahre zuvor (~Sommer 2019) angefangen hätten in die Kirche zu gehen.

Laut Zeugeneinvernahme von Herrn XXXX vom 23.02.2021 haben Sie im September 2020 Kontakt mit ihm aufgenommen haben. XXXX gab in seiner Zeugeneinvernahme an, dass er zu Ihnen bereits davor Kontakt gehabt hätte. Sie hätten am Mittwoch die Abendmesse besucht und davor immer den Rosenkranz gebetet.

Ihr erster Asylantrag wurde mit Bescheid vom25.01.2018 abgewiesen, die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 24.10.2019 als unbegründet abgewiesen. Anschließend erhoben Sie Rechtsmittel. Am 04.03.2020 hat der Verfassungsgerichtshof die Entscheidung des BVwG bestätigt. Am 12.10.2020 wurde die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.

Ihr vermeintliches Interesse am Christentum entstand daher offensichtlich zu einem Zeitpunkt, als Sie bereits wussten, dass Ihr Verfahren negativ entschieden wurde.

Kenntnisse über die neue Religion:

Im erwähnten Erkenntnis wird dazu ausgeführt, dass, da mit der Konversion neue Glaubensgrundsätze, religiöse Traditionen und Bräuche übernommen werden, auch vorausgesetzt werden kann, dass sich eine zum Christentum konvertierte Person intensiver mit der neuen Glaubenslehre auseinandersetzt und sollten daher gewisse religiöse Grundkenntnisse vorhanden sein. Wesentlich ist auch die Beurteilung, ob das Katechismus- bzw. Bibelwissen auswendig eingelernt wirkt oder ob der Asylwerber den Sinn dahinter versteht. Von Relevanz wird sein, dass der Asylwerber erklären kann, was bestimmte Glaubenssätze im Christentum für ihn nun persönlich bedeuten und ob er den spirituellen Hintergrund des Bibelwissens bzw. dessen Sinn versteht und welche Erfahrungen er mit der neuen Religion gemacht hat und wie sich die Religion in seinem Leben manifestiert hat.

Dazu ist festzuhalten, dass Sie über oberflächliche Kenntnisse zum Christentum verfügen. So nannten Sie auf die Frage, welche Feste Sie schon gefeiert hätten, folgende christliche Feste: Fest der tausend Kerzen (wurde wegen Corona abgesagt, gemeint vermutlich Allerheiligen), Ostern, Weihnachten und Pfingsten. Sie konnten auch den wesentlichen Bedeutungsinhalt wiedergeben.

(…)

Die Behörde verkennt nicht, dass Sie – wie die Zeugen und die vorgelegten Schreiben auch bestätigten – den Taufvorbereitungskurs und auch die Messe besuchen. Soweit die Zeugen bestätigten, dass Sie großes Interesse am Taufkurs hätten und auch die Messe besuchen würden, kann die Behörde allein aufgrund dieser Tatsachen nicht feststellen, dass Sie die Konversion aus innerer Überzeugung anstreben würden. Vielmehr wäre ein solches Verhalten auch von einer Person zu erwarten, die lediglich zum Schein zum Christentum konvertieren möchte, um so ein Aufenthaltsrecht zu erlangen.

(…)

Auch der generellen Glaubwürdigkeit des AW im Verfahren kommt Bedeutung zu und ist auch dieses Kriterium bei der Prüfung heranzuziehen. Dieses Prüfkriterium aber als prioritäres Argument für die Unglaubwürdigkeit der Konversion heranzuziehen, wird wohl nicht ausreichend sein, wie dies auch der VwGH in ständiger Rechtsprechung judiziert (vgl. auch VwGH 02.09.2015, Ra 2015/19/0091).

Dazu ist in Ihrem Fall festzuhalten, dass Ihr Vorbringen im ersten Asylverfahren als grundsätzlich glaubhaft erachtet wurde, dass jedoch diesem Vorbringen keine Asylrelevanz zukam bzw. Ihr Vorbringen lediglich auf Spekulationen basierten.

In einer Gesamtbeurteilung steht für die Behörde daher fest, dass Sie nicht aus innerer Überzeugung, sondern lediglich zum Schein zum Christentum konvertiert sind.

(…)“

6. Im durch die ausgewiesene Vertreterin erhobenen Vorlageantrag wurde ausführlich dargelegt, warum im gegenständlichen Fall die Ausführungen des BFA nicht nachvollziehbar erscheinen sowie auszugsweise insbesondere wie folgt ausgeführt:

„(…)

Die Tatsache, dass sowohl die für den BF zuständigen Pfarrer als auch sein Glaubenskursleiter dessen Hingebung, Interesse und Verbundenheit für und mit dem Christentum bezeugt haben, muss vor demHintergrund der Aussagen des BF, seinem Bibel- und Glaubenswissen und der dargelegten religiösen Aktivitäten zum Ergebnis haben, dass nur eine umfassende Prüfung im inhaltlichen Verfahren die belangte Behörde zur Überzeugung, es handle es sich um eine Scheinkonversion, führen kann.

In Anbetracht des Umstandes, dass dem Vorbringen des BF trotz der aussagekräftigen Angaben von drei persönlich mit dem BF vertrauten Vertretern der römisch-katholischen Kirche ohne Eintritt ins inhaltliche Verfahren offenbar jegliche Glaubhaftigkeit abgesprochen wird, lässt eine tendenziöse Beweiswürdigung und falsche Gewichtung Im Rahmen der Gesamtbeurteilung erkennen, welche letztendlich auch unter Verkennung der Rechtslage zu Unrecht im Zulassungsverfahren erfolgte.

(…)“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist afghanischer Staatsangehöriger, reiste spätestens am 17.07.2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.01.2018, Zahl 1078607810/150880518, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan wurde abgewiesen und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt. Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Es wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise des BF von 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung gewährt.

Die vom BF eingebrachte Beschwerde gegen vorzitierten Bescheid vom 25.01.2018 wurde nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung mit Erkenntnis des BVwG vom 24.10.2019 zu W260 2187734-1/21E als unbegründet abgewie

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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