TE Bvwg Beschluss 2021/4/22 I416 2240074-1

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Veröffentlicht am 22.04.2021
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Entscheidungsdatum

22.04.2021

Norm

AlVG §24
AlVG §7
AlVG §8
AVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17

Spruch


I416 2240074-1/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch seine Mutter XXXX als Erwachsenenvertreterin, wiederum vertreten durch die Arbeiterkammer Tirol, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 10.12.2020 beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gem. § 38 AVG iVm. § 17 VwGVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des anhängigen Verfahrens beim Landesgericht XXXX zur GZ: XXXX ausgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.       Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: belangte Behörde) vom 10.12.2020 wurde das Arbeitslosengeld mangels Arbeitsfähigkeit gemäß § 24 Abs. 1 iVm §§ 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, 8 Abs. 1 AlVG ab 01.12.2020 eingestellt. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass laut Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 27.10.2020 eine originäre Invalidität vorliege.

2.       Die gegen diesen Bescheid rechtzeitig und zulässig erhobene Beschwerde vom 05.01.2021, bei der belangten Behörde eingelangt am 07.01.2021, begründete der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung im Wesentlichen damit, dass gegen den ablehnenden Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 27.10.2020 am 05.01.2021 eine Klage eingebracht worden sei, da der Beschwerdeführer zum Eintritt ins Erwerbsleben arbeitsfähig sei. Die Frage der Arbeitsfähigkeit sei daher im Gerichtsverfahren mittels psychiatrischen Gutachtens zu überprüfen und stelle eine Vorfrage bezüglich der Gewährung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung dar, weshalb das Verfahren bis zur rechtskräftigen Abklärung des Gerichtsverfahrens zu unterbrechen sei.

3.       Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt am 03.03.2021 zur Entscheidung vor. In einer ergänzenden Stellungnahme brachte die belangte Behörde im Wesentlichen vor, dass der Ausgang des Verfahrens vor dem Landesgericht XXXX zur Frage der Arbeitsfähigkeit jedenfalls abzuwarten sei, die Beschwerde jedoch aufgrund des Ablaufs der Bearbeitungsfrist dem erkennenden Gericht vorgelegt werde. Der Ausgang des gerichtlichen Verfahrens werde von der Pensionsversicherungsanstalt an die belangte Behörde automatisch mitgeteilt und sodann umgehend an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet.

II. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Die Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet und führt der Vorsitzende eines Senates das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.

Hinsichtlich der Beschlüsse (§ 31 VwGVG) ist zwischen verfahrensleitenden und nicht-verfahrensleitenden Beschlüssen zu differenzieren. Verfahrensleitende Beschlüsse kann der Vorsitzende alleine fassen, sofern sie nicht auch verfahrensbeendend sind. Darüber hinaus kann der Vorsitzende auch nicht-verfahrensleitende Beschlüsse, die nicht-verfahrensbeendende Beschlüsse sind, alleine fassen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 9 BVwGG, Anm. 3).

Der Verwaltungsgerichtshof sah keinen sachlichen Grund dafür, eine gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ergangene Aussetzungsentscheidung als (bloß) verfahrensleitende Entscheidung zu beurteilen, die nicht abgesondert bekämpfbar wäre (vgl. VwGH 24.03.2015, Ro 2014/05/0089). Da der Beschluss über die Aussetzung des Verfahrens aber nicht verfahrensbeendend ist, sondern das Verfahren nur unterbricht, und eine Entscheidung iSd § 56 Abs. 2 AlVG über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde gerade nicht vorliegt, besteht diesbezüglich die Zuständigkeit des Senatsvorsitzenden als Einzelrichter.

Zu A) Aussetzung des Verfahrens:

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 17 VwGVG auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 38 AVG ist, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung dem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit der als Vorfrage zu qualifizierenden Frage auseinanderzusetzen, ob der Beschwerdeführer die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitsfähigkeit erfüllt. Diesbezüglich ist ein Verfahren vor dem Landesgericht XXXX unter der Geschäftszahl XXXX anhängig, welches mit dieser Frage befasst ist.

Der Ausgang dieses Verfahrens ist wesentlich für das gegenständliche Beschwerdeverfahren.

Da die Voraussetzungen des § 38 AVG zur Aussetzung des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens gegeben sind, wird dieses bis zum Abschluss des beim Landesgericht XXXX geführten Verfahrens ausgesetzt.

Die Verfahrensparteien sind im Lichte ihrer Mitwirkungspflicht gehalten, dem Bundesverwaltungsgericht nach rechtskräftigem Abschluss anhängigen Verfahrens dessen Ergebnis unverzüglich mitzuteilen.

Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Arbeitsfähigkeit Aussetzung Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I416.2240074.1.00

Im RIS seit

15.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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