TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/14 I419 2242113-1

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Veröffentlicht am 14.05.2021
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Entscheidungsdatum

14.05.2021

Norm

AuslBG §12a
B-VG Art133 Abs4

Spruch


I419 2242113-1/6E
I419 2242114-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Tomas Joos als Vorsitzenden sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Markus Hintner und die fachkundige Laienrichterin Jennifer Schumacher als Beisitzer und Beisitzerin über die Beschwerden von (1) XXXX GmbH, FN XXXX , und (2) XXXX , beide vertreten durch RAe Dr. Max Kapferer, Dr. Thomas Lechner, Dr. Martin Dellasega, gegen den Bescheid des AMS XXXX vom 27.01.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der im Spruch unter (2) angeführte Zweitbeschwerdeführer (BF2) beantragte mehrmals und zuletzt am 23.12.2020 beim Bürgermeister von Innsbruck (als Bezirksverwaltungsbehörde) die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als Fachkraft in einem Mangelberuf. Er wolle bei der im Spruch unter (1) angeführten Erstbeschwerdeführerin (BF1) als KFZ-Techniker tätig werden.

Mit dem bekämpften Bescheid versagte das AMS die Zulassung gemäß § 12a AuslBG (wies den „Antrag“ auf Zulassung ab), und begründete dies damit, dass der BF2 gemäß der Anlage B des AuslBG nur 41 Punkte für die Erfüllung der Zulassungskriterien erreiche, jedoch deren 55 erforderlich seien. Im Detail seien für Qualifikation 20 Punkte vergeben worden, für ausbildungsadäquate Berufserfahrung 6, für Sprachkenntnisse 0 und für das Alter 15.

2. Beschwerdehalber wird vorgebracht, der BF2 habe mit seiner abgeschlossenen Berufsausbildung das Recht, in Serbien eine Universität zu besuchen, und es sei nicht nachvollziehbar, warum diese entgegen der „angebliche[n] Rückmeldung“ des BMBWF nicht einer „allgemeinen und Universitätsreife“ im Sinn des § 64 UG 2002 entsprechen solle. Ferner gehe aus dem Bescheid auch nicht hervor, warum nicht die gesamte Beschäftigung des BF2 beim Automechaniker D. von mehr als vier Jahren angerechnet werde. Das vorgelegte Sprachzertifikat A2 dürfe zudem nicht nur höchstens ein Jahr alt sein, wie es nach § 21a NAG für die A1-Nachweise zutreffe, sondern sei zwei Jahre lang gültig. Insgesamt seien damit 58 Punkte anzurechnen, womit der BF2 die Zulassungsvoraussetzungen erfülle.

3. Das AMS legte die Beschwerde mit der Stellungnahme vor, dass selbst die behauptete Studienberechtigung in Serbien nicht von Bedeutung wäre, weil es auf die „Erfüllung der Universitätsreife in Österreich“ ankommen, ferner als ausbildungsadäquate Berufserfahrung lediglich Zeiten Berücksichtigung finden könnten, die nach Abschluss der Ausbildung erworben wurden, und schließlich die „Altersgrenze“ für Sprachnachweise im Sinn der Anlage B sämtliche Nachweise betreffe, zumal bei Sprachkenntnissen, die über das geforderte Maß hinausgehen (Niveau C1 und C2 nach dem Gemeinsamen europäische Referenzrahmen) ausnahmsweise auch ein Nachweis akzeptiert werden könne, der älter als ein Jahr sei, außer es bestünden begründete Zweifel an den tatsächlich (noch) bestehenden Sprachkenntnissen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang wird festgestellt, wie oben in I. wiedergegeben. Ferner wird festgestellt:

1.1 Der BF2, serbischer Staatsangehöriger und Anfang 20, hat in Serbien in den Schuljahren 2013/14 bis 2015/16 an der Mittelschule (srednje škole, ?????? ?????) in Svilajnac eine dreijährige mittlere Ausbildung (srednje obrazovanje, ?????? ??????????) für das Ausbildungsprofil „Automechaniker“ absolviert und im Juni 2016 die Abschlussprüfung („završni ispit“, ??????? ?????) bestanden.

1.2 In den Schuljahren 2016/17 und 2017/18 legte er als außerordentlicher Schüler der „Schule für Verkehrstechnik“ in Zemun, Serbien, im März, April, Juni und November 2017 die Prüfungen für das vierjährige Ausbildungsprofil „Maschinentechniker für Kraftfahrzeuge“ ab, einschließlich der Abschlussprüfung „Maturaprüfung“ (maturski ispit, ???????? ?????). Bei dieser hatte er im Oktober 2018 in den beiden Prüfungsgegenständen „Serbische Sprache und Literatur“ sowie „Kraftfahrzeuge“ anzutreten und seine „Maturaarbeit“ (maturski rad, ???????? ???), „Bremssysteme“, zu verteidigen. Damit erlangte er einen weiteren Abschluss einer „mittleren Ausbildung“ (srednje obrazovanje, ?????? ??????????) an einer berufsbildenden Sekundarschule und nach eigenen Angaben auch einen Hochschulzugang in Serbien. Die allgemeine Universitätsreife eines Absolventen der Reifeprüfung einer BHS in Österreich hat der BF2 bisher nicht erlangt.

1.3 Der BF2 war von 04.01.2016 bis 10.01.2020 in dem Automechaniker-Betrieb D. in Svilajnac beschäftigt, wo er auch während seiner Schulausbildung tätig war.

1.4 Er legte am 22.02.2019 erfolgreich die Deutschprüfung auf Niveau A2 ab, worüber er ein ÖSD-Zertifikat vom 01.03.2019 erhielt, das er seinem Antrag beilegte.

1.5 Das AMS hat bereits mit Bescheiden vom 02.09. und vom 14.11.2019 jeweils die Zulassung des BF2 versagt, weil dieser die nach der Anlage B zum AuslBG erforderlichen Punkte nicht erreicht hatte.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Feststellungen ergaben sich aus dem (durch die beiden vorangegangenen Bescheide ergänzten) Akt des AMS, dem sowohl die Ausbildungen des BF2, als auch die beabsichtigte Tätigkeit zu entnehmen waren, den Ausführungen der Beschwerde sowie dem Fehlen abweichender Tatsachenbehauptungen. Das Alter des BF2 ist durch den Reisepass belegt.

Es mag zutreffen, dass der BF2 mit dem Abschluss der „vierten Klasse“ einer Sekundarschule („razred gimnazije“, ?????? ?????????, übersetzt mit „Klasse des Gymnasiums“) am 18.11.2017 die Berechtigung erlangt hat, „eine Universität“ in Serbien zu besuchen, wie in der Beschwerde vorgebracht. Der Auskunft des Nationalen Informationszentrum für akademische Anerkennung im BMBWF, „ENIC NARIC“ (European Network of Information Centers, National Academic Recognition Information Centers) vom 20.01.2021 ist indes zu entnehmen, dass der Abschluss dem einer berufsbildenden mittleren Schule (BMS) in Österreich entspricht.

Die in der Auskunft angesprochenen wesentlichen Unterschiede zu einer BHS-Matura und der damit verbundenen allgemeinen Universitätsreife sind jedenfalls soweit notorisch, als es bei Reifeprüfungen an BHS mehr als nur zwei Prüfungsfächer gibt. Auch das „Diplom“ vom 18.11.2017 spricht zwar von „Maturaprüfung“, aber von mittlerer Ausbildung. Das Vorbringen der Beschwerden beinhaltet nichts, was der (nicht nur angeblichen, sondern aktenkundigen) Einstufung seitens des BMBWF widerspräche.

Für das behauptete „Recht“ des BF2, „in Serbien eine Universität zu besuchen“, wurde kein Beweis angeboten. Da der Inhalt fremden Rechts ein Tatsachenthema und damit Gegenstand des Ermittlungsverfahrens und des Beweises ist (vgl. VwGH 22.03.2021, Ra 2021/01/0074 mwN), sieht das Gericht keinen Grund, amtswegig weitere Beweise welcher Art auch immer aufzunehmen nicht von den vorliegenden Beweisergebnissen ausgehen, zumal es nicht primär darum geht, „eine Universität zu besuchen“ (was mit einer quasi „mittleren Reife“ fallbezogen besonders für technische Studiengänge nicht abwegig erscheint), sondern um den Erwerb der allgemeinen Universitätsreife nach Kriterien, die den Anforderungen des österreichischen Rechts gleichkommen.

Die Art des Sekundarschulabschlusses – berufsbildend – ergibt sich neben der Bezeichnung der Schule („für Verkehrstechnik“) auch daraus, dass in den Zeugnisformularen die Felder „[n-te] Klasse des Gymnasiums – Fachrichtung“ (razred gimnazije smer, ?????? ????????? ????) nicht ausgefüllt sind, sondern jene „für das Ausbildungsprofil“ vervollständigt wurden (za obrazovni profil, ?? ????????? ??????) mit „Automechaniker“, auch wenn das vorgesehene Streichen der nichtzutreffenden Alternative unterblieb.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1 Gemäß § 12a Abs. 1 AuslBG werden Ausländer in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können (Z. 1) und – aufgrund weiterer zu erbringender Voraussetzungen – gemäß der Anlage B zumindest 55 anzurechnende Punkte erreichen (Z. 2). Die Fachkräfteverordnung 2020 nennt in § 1 Z. 14 den Beruf von „Kraftfahrzeugmechaniker/innen“ als bundesweiten Mangelberuf und ist nach ihrem § 3 für die Erledigung von bis Ende 2020 gestellten Anträgen von Fachkräften nach § 12a AuslBG anzuwenden.

Gemäß § 2 Fachkräfteverordnung 2020 folgt die Bezeichnung der im § 1 genannten Berufe der Berufssystematik des Arbeitsmarktservice. Den Erläuterungen zum Verordnungsentwurf für 2020 (18.11.2019, BMASGK-433.001/0031-VI/B/7/2019) ist dazu zu entnehmen, dass die im § 1 genannten Berufe den Vierstellern der Berufssystematik des AMS entsprächen. Entspreche die Berufsart dem Viersteller der Berufssystematik, fielen auch alle darunterliegenden Sechssteller in den Anwendungsbereich der Verordnung – ausgenommen Berufe, die als Helfer/in bezeichnet sind (z. B. Dreherhelfer/in).

Nach der BIS-Berufssystematik des AMS unterfallen „Kraftfahrzeugtechniker“ ohne weitere Spezifizierung („Sechssteller“: 220110) dem Oberbegriff „AutomechanikerIn“, ebenso Kraftfahrzeugmechaniker/in (220101). Demnach ist die Berufsausbildung des BF2 zum Automechaniker eine einschlägige.

3.2 Nach der Rechtsprechung ist als Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung ein österreichischer Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung vorgesehen. Eine Ausbildung, die nur 18 Monate dauert, ist – so der VwGH – deshalb nicht geeignet, eine „abgeschlossene Berufsausbildung“ im Sinne des § 12a AuslBG darzustellen (25.01.2013, 2012/09/0068).

Nach Anlage 1 der Lehrberufslisteverordnung (Lehrberufsliste) dauert die Lehre Kraftfahrzeugtechnik 3,5 oder 4 Jahre. Die Ausbildung des BF2 zum Automechaniker entspricht mit ihrer dreijährigen Dauer demnach zwar für sich allein noch nicht dem österreichischen Lehrabschluss, jedoch gilt ein Prüfungszeugnis, mit dem der erfolgreiche Abschluss einer mindestens dreijährigen berufsbildenden mittleren Schule nachgewiesen wird, nach § 34a BAG für (u. a.) den Bereich der beruflichen Qualifikationen zumindest als Nachweis einer mit einer facheinschlägigen Lehrabschlussprüfung abgeschlossenen beruflichen Ausbildung.

Damit hat der BF2 die Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung bereits mit dem ersten Mittelschulabschluss und somit ohne die Verbindung mit der weiteren Ausbildung zum Maschinentechniker für Kraftfahrzeuge nachgewiesen.

3.3 Die Anlage B zum AuslBG sieht – soweit hier von Bedeutung – eine erforderliche Mindest-punktezahl von 55 (von 90 möglichen) vor, wobei Punkte (unter anderem) zu vergeben sind für die abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf (20 Punkte) oder die allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 UG (25 Punkte), die ausbildungsadäquate Berufserfahrung (2 pro Jahr, aber 4 pro Jahr in Österreich), die Deutschkenntnisse (10 Punkte für solche zur vertieften elementaren Sprachverwendung, also Niveau A2, oder 5 Punkte für solche zur elementaren Sprachverwendung, also Niveau A1) und das Alter (15 Punkte bei einem Alter bis 30 Jahre).

3.4 Die allgemeine Universitätsreife, für die 25 Punkte anrechenbar sind, ist (soweit fallbezogen in Betracht kommend) nach dem verwiesenen § 64 Abs. 1 UG durch eine der folgenden Urkunden nachzuweisen:

- Österreichisches Reifeprüfungszeugnis (einschließlich eines Zeugnisses über die Berufsreifeprüfung) oder ein österreichisches Reife- und Diplomprüfungszeugnis oder ein nach schulrechtlichen Vorschriften nostrifiziertes Reifeprüfungszeugnis (Z. 1),

- ein anderes österreichisches Zeugnis über die Zuerkennung der Studienberechtigung für eine bestimme Studienrichtungsgruppe an einer Universität, Pädagogischen Hochschule oder Fachhochschule (Z. 2),

- ein ausländisches Zeugnis, das einem dieser österreichischen Zeugnisse auf Grund einer völkerrechtlichen Vereinbarung oder auf Grund der Entscheidung des Rektorats im Einzelfall gleichwertig ist (Z. 3),

- eine Urkunde über den Abschluss eines mindestens dreijährigen Studiums an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung (Z. 4),

- ein nach den Bestimmungen der „International Baccalaureate Organization“ erworbenes „IB Diploma“ (Z. 6) oder

- ein Europäisches Abiturzeugnis gemäß Art. 5 Abs. 2 der Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen, BGBl. III Nr. 173/2005 (Z. 7).

Den Feststellungen nach liegt keine der genannten Urkunden vor, und für eine Gleichwertigkeit (eines) der Zeugnisse des BF2 mit (einem) österreichischen auf Grund einer völkerrechtlichen Vereinbarung ist keine Rechtsgrundlage zu sehen, sodass der genannte Nachweis nicht erbracht wurde.

Da der BF2 damit weder inhaltlich noch formell die Reifeprüfung einer BHS absolviert und sohin nicht die allgemeine Universitätsreife eines Absolventen der Reifeprüfung einer BHS erlangt hat, und die Aufzählung des § 64 Abs. 1 UG abschließend ist (was sich daraus ergibt, dass Abs. 2 für den Fall mangelnder Gleichwertigkeit ausländischer Zeugnisse im Hinblick auf Inhalte und Anforderungen einer österreichischen Reifeprüfung ausdrücklich die Anordnung von Ergänzungsprüfungen durch das Rektorat vorsieht), war nicht von der in Anlage B genannten allgemeinen Universitätsreife auszugehen.

Damit ist (ohne zu verkennen, dass das AMS in den Entscheidungen von 2019 der Ausbildung 25 Punkte zuordnete), nicht zu beanstanden, dass dem BF2 im nun bekämpften Bescheid für die Ausbildung („Qualifikation“) 20 Punkte zuerkannt wurden.

3.5 Oben wurde dargelegt (3.2 a. E.), dass der (erste) mittlere Abschluss des BF2 dem einschlägigen Lehrabschluss entsprach, weshalb die ausbildungsadäquate Berufstätigkeit ab diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen ist (VwGH 26.02.2021 Ra 2020/09/00469), konkret also ab der im Juni 2016 abgelegten Abschlussprüfung.

Aus der Verwendung des Punkteschemas 2 (bzw. 4) Punkte pro Jahr Berufserfahrung ist ersichtlich, dass Punkte nur für volle Jahre der Berufserfahrung zu vergeben sind, und restliche Zeiten auch nicht teilweise zu berücksichtigen, da andernfalls zu erwarten wäre, dass das Gesetz eine andere Untergliederung gewählt hätte, z. B. pro Vierteljahr im Inland oder Halbjahr im Ausland je 1 Punkt. Dieses Ergebnis deckt sich mit der in der Literatur vertretenen Ansicht (Deutsch/Nowotny/Seitz, AuslBG² §§ 12-13 Rz 45; Kind, AuslBG, 2018, § 12b Rz 14).

Von der festgestellten Zeit der (fraglos einschlägigen) Beschäftigung beim Unternehmen D. im Ausland bis 10.01.2020 sind daher, wie das im angefochtenen Bescheid geschehen ist, drei volle Jahre mit je zwei Punkten anzurechnen und demnach sechs Punkte zu vergeben, weshalb die Beschwerde auch in diesem Punkt keinen Erfolg hat.

3.6 Betreffend die Sprachkenntnisse legt § 21a Abs. 1 NAG fest, dass das „Sprachdiplom“ (welches sich im Sinne dieser Bestimmung auf das A1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens bezieht: VwGH 28.05.2015, Ra 2015/22/0009) zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein darf, womit die Prüfung am 22.02.2019 auch dann „zu früh“ abgelegt wurde, wenn auf das Datum des Zertifikats vom 01.03.2019 abgestellt wird. Für die in den Beschwerden vertretene Ansicht, dass A2-Zertifikate eine zweijährige „Gültigkeitsdauer“ hätten, findet sich in dieser Bestimmung keine Grundlage.

Allerdings ist für die Sprachkenntnisse eine Anrechnung von (zwar nicht 10 aber) 5 Punkten für Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung (A1) vorzunehmen, und zwar im Hinblick auf § 21a Abs. 3 Z. 1 NAG in Verbindung mit § 9 Abs. 4 Z. 3 IntG, wonach der Nachweis der genannten Sprachkenntnisse auch als erbracht gilt, wenn die Voraussetzungen zur Erfüllung des Moduls 1 oder 2 der Integrationsvereinbarung vorliegen, was unter anderem der Fall ist, wenn ein Schulabschluss vorliegt, der einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht, und zwar ungeachtet dessen, ob dafür Deutschkenntnisse erforderlich waren. (VwGH 17.04.2020, Ra 2019/21/0251 Rz 19; zum Hochschulabschluss 28.02.2019, Ra 2018/22/0129)

Dem entspricht, dass diese Nachweise gemäß § 9 Abs. 4 Z. 3 IntG (anders als jene gemäß Z. 1) zufolge § 9 Abs. 7 IntG auch dann älter als zwei Jahre sein dürfen, wenn sie im Verlängerungsverfahren nach § 24 NAG zu erbringen sind.

3.7 Da mit Blick auf das festgestellte Alter des BF2 bei diesem die Anrechnung der Punkte für Personen bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres (VwGH 24.06.2015, Ro 2014/09/0063) stattzufinden hat, ist der im angefochtenen Bescheid dafür vorgenommenen Vergabe von 15 Punkten nicht entgegenzutreten.

3.8 Demnach ergibt sich, dass für die vorgelegten Nachweise Punkte wie folgt anzurechnen sind: Berufsausbildung 20 Punkte, Berufserfahrung 6 Punkte, Sprachkenntnisse Deutsch 5 Punkte und Alter 15 Punkte, insgesamt daher 46 Punkte.

Da diese Summe von 46 hinter dem erforderlichen Minimum von 55 zurückbleibt, war und ist die in § 12a Abs. 1 Z. 2 AuslBG genannte Zulassungsvoraussetzung nicht erfüllt.

Der an die Beschwerdeführer gerichtete abweisende Bescheid ist demnach wegen Nichtvor-liegens eines in der Fachkräfteverordnung genannten Mangelberufs und mangels ausreichender Punktezahl nach Anlage B zu Recht ergangen, sodass die dagegen erhobenen Beschwerden abzuweisen waren.

Ob das AMS mit Blick auf die bisherigen Verfahren und die dort bereits vorgelegten Beweismittel (soweit aus den Bescheiden ersichtlich war damals die Berufspraxis nicht Thema) von einer inhaltlichen Prüfung absehen und den Antrag nach § 68 AVG wegen entschiedener Sache hätte zurückweisen müssen, kann bei diesem Ergebnis dahinstehen, weil eine Abweisung statt einer Zurückweisung die Beschwerdeführer nicht in Rechten verletzt (VwGH 15.12.2016, 2013/06/0175). Durch die allenfalls nicht vorgesehene inhaltliche Behandlung der Sache sind die Beschwerdeführer also nicht beschwert.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu den Kriterien des Nachweises für die in § 12a AuslBG verlangte Qualifikation. Ferner ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

4. Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Fallbezogen liegt dem Bundesverwaltungsgericht ein umfassender Verwaltungsakt mit ausreichendem Ermittlungsverfahren und entsprechenden Ermittlungsergebnissen vor. Eine Erörterung und die Einvernahme der Parteien hätte daher keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lassen. Der Sachverhalt war entscheidungsreif im Sinne des eben angeführten § 24 Abs. 4 VwGVG. Es lagen nur mehr Rechtsfragen vor. Daher konnte von einer Verhandlung abgesehen werden. (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159 mwN)

Schlagworte

Berufsausbildung Fachkräfteverordnung Punktevergabe Qualifikation Rot-Weiß-Rot-Karte Sprachkenntnisse Zulassungsvoraussetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I419.2242113.1.00

Im RIS seit

16.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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