Index
JagdR - StmkNorm
JagdG Stmk 1954 §12 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Präsidenten Dr. Guggenbichler, sowie die Hofräte Dr. Krzizek, Penzinger, Dr. Knoll und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Landesregierungskommissärs Dr. Weingartner, über die Beschwerde der IW in A, vertreten durch Dr. Fritz Wichtl, Rechtsanwalt in Wien I, Schulerstraße 18, gegen den Bescheid des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. Juli 1965, Zl. 8-296 Mu 7/1-1965 (mitbeteiligte Partei: JM in S, vertreten durch Dr. Karl Dittrich, Rechtsanwalt in Murau, Steiermark), betreffend die Zuerkennung eines Vorpachtrechtes an einem Jagdeinschluß, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Fritz Wichtl, und des Vertreters der mitbeteiligten Partei, Rechtsanwaltes Dr. Friedrich Wimmer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 2035,44 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird, soweit es sich um eine Richtigstellung der in der Gegenschrift verzeichneten Kosten handelt, gemäß § 59 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 VwGG 1965 als verspätet zurückgewiesen, im übrigen nach § 58 VwGG 1965 abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 9. Februar 1965 sind unter anderem die Parzellen 382/1, 382/2, 386, 382/3, 383, 384/1, 384/2, 311, 312 und 313 der Katastralgemeinde X als Jagdeinschluß festgestellt und das Vorpachtrecht an diesem Jagdeinschluß gemäß § 12 Abs. 4 des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1954, LGBl. Nr. 58 (Fassung LGBl. Nr. 10/1957), kurz: StJG dem eigenjagdberechtigten JM, zuerkannt und der gleichlautende Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Vorpachtrechte auf diese Parzellen gemäß § 12 Abs. 4 StJG abgewiesen worden.
Der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin ergriffenen Berufung hat die nunmehr belangte Behörde mit dem heute auf seine Gesetzmäßigkeit überprüften Bescheide vom 5. Juli 1965 nicht Folge gegeben.
In der dem Bescheide beigefügten Begründung hieß es, der gegenständliche Jagdeinschluß werde sowohl von der Eigenjagd des JM als auch von der Eigenjagd der Beschwerdeführerin und laut Lageplan von einem dritten Jagdgebiet umschlossen. Das Vorpachtrecht an diesem Einschlusse sei nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nun schon seit 60 Jahren jeweils ihr zuerkannt worden, sodaß durch die 60jährige Dauer der Verbundenheit dieses Zugehörs zu ihrer Eigenjagd eine quasi usucapio, eine Besitzersitzung, nicht Eigentumsersitzung, vorliege. Nun habe JM, als Eigentümer des Eigenjagdgebietes „P-Alm“ seine bis nun kürzere Umschließungs-grenze an diesem Einschlusse künstlich durch Abverkauf der Parzelle 389/3 verlängert und dadurch gegenüber der Beschwerdeführerin nun die längere Umschließungsgrenze erreicht. Diese von JM lediglich zur Erreichung der längeren Umschließung des Jagdeinschlusses getroffene besitzrechtliche Veränderung durch Abverkauf der Parzelle 389/3 verstoße nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin gegen die guten Sitten, sei ein Scheingeschäft und nach § 916 ABGB nichtig. Die Bezirksverwaltungsbehörde habe die Eigenjagdberechtigungen im Rahmen und für den Bereich des Jagdgesetzes festzustellen, wobei sie die urkundlichen Belege für die der Jagdberechtigung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse als Grundlage ihrer Entscheidung zu verwenden habe. Ihrer Entscheidung habe die Bezirksverwaltungsbehörde somit den jeweiligen Grundbuchstande zugrunde zu legen. Werde wie im gegenständlichen Fall ein Jagdeinschluß oder ein Dreivierteleinschluß durch mehrere Jagdgebiete, in der in den Absätzen 2 und 3 des § 12 StJG bezeichneten Weise umschlossen, so stehe nach Abs. 4 derselben Gesetzesbestimmung das Recht der Vorpachtung zunächst dem Besitzer der in längster Ausdehnung an den Jagdeinschluß oder Dreivierteleinschluß grenzenden Nachbarjagd zu. Die belangte Behörde vertrete die Meinung, daß die Besitzverhältnisse hinsichtlich der Eigenjagd JM dem Grundbuchstand entsprächen und daß die Behörde nicht zuständig sei, über das Zustandekommen des Grundbuchstandes, in diesem Fall über die aufgezeigten Beweggründe des Abverkaufes der Parzelle 389/3 durch den eigenjagdberechtigten JM zur Erreichung eines Jagdrechtlichen Vorteiles abzusprechen.
Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, der aus nachstehenden Erwägungen ein Erfolg versagt bleiben mußte:
Gemäß § 12 Abs. 1 StJG hat der von der Pachtung einer Gemeindejagd nicht im Sinne des § 15 ausgeschlossene Besitzer einer gemäß § 4 bestehenden Eigenjagd das Recht, die Jagd auf einem von seinem Eigenjagdgebiet umschlossenen Teile des Gemeindejagdgebietes, dem Jagdeinschlusse (Enklave), für die festgesetzte Pachtzeit vor jedem anderen unter bestimmten Voraussetzungen zu pachten. Nach § 12 Abs. 4 desselben Gesetzes steht das Recht der Verpachtung dann, wenn ein Jagdeinschluß oder ein Dreivierteleinschluß durch mehrere Jagdgebiete in der in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Weise umschlossen wird, zunächst dem Besitzer der in längster Ausdehnung an den Jagdeinschluß oder Dreivierteleinschluß grenzenden Nachbarjagd (Eigenjagd oder Gemeindejagd) zu.
Die Beschwerdeführerin erblickt eine Rechtsverletzung vor allem darin, daß ihrem Anspruch auf Beibehaltung des Jagdeinschlusses so wie er ihr bzw. ihren Rechtsvorgängern durch 60 Jahre zustand, nicht stattgegeben worden sei. Wie sich aus der Einreihung des § 12 StJG in den Abschnitt B „Feststellung der Jagdgebiete“ und aus der Bestimmung des Absatzes 1 dieses Paragraphen über das Vorpachtrecht vor jedem anderen für die festgesetzte Pachtzeit ergibt, steht ein solches Vorpachtrecht jeweilig nur für die nächstfolgende Jagdpachtzeit (§ 9 Abs. 1 StJG) ohne Rücksicht auf vorherige Regelungen zu. Dies insbesondere bei Änderung des Sachverhaltes, wie er vorliegend durch die Teilung der Parzelle 389/2 der Katastralgemeinde X, die Abtretung der daraus neugebildeten Parzelle 389/3 und die dadurch bedingte Änderung des Grenzverlaufes eingetreten ist. Auch nach der von der Beschwerdeführerin herangezogenen Bestimmung des § 10 Abs. 2 StJG bedarf es bei Veränderungen am Eigenjagdgebiet einer neuerlichen Anmeldung.
Die Einwendung der Ersitzung der Vorpachtrechte auf Grund einer langjährigen rechtmäßigen und echten Innehabung als Zugehör ist schon deshalb rechtlich bedeutungslos, weil die Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches über die Ersitzung und Verjährung auf das Steirische Jagdgesetz keine Anwendung finden. Denn eine Ersitzung und Verjährung kommt im öffentlichen Rechte nur dort in Betracht, wo sie im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist.
Wenn die Beschwerdeführerin rügt, daß die belangte Behörde bloß die reine Tatsache des angeblich bestehenden Grenzverlaufes zwischen der Eigenjagd „P-Alm“ und dem neu entstandenen Jagdeinschluß als erwiesen angenommen hat und die von ihr in der Berufung ins Treffen geführten Argumente (Zugehör, quasi usucapio, Scheinvertrag und Sittenwidrigkeit) nicht weiter gewürdigt habe, übersieht sie, daß nach ihren eigenen Angaben die von JM bewirkte Teilung der diesem allein gehörigen Waldparzelle 389/2 in die Parzellen 389/2 und 389/3 im Gutsbestandsblatte (A) der Einlagezahl 258, Katastralgemeinde X, auf Grund des Beschlusses TZ. 345/64 bereits angemerkt wurde, wenn diese Teilung auch in der zum Grundbuche gehörigen Mappe noch nicht verzeichnet erscheint. Letzterem Umstande kommt indes nach grundbuchsrechtlichen Vorschriften keine entscheidende Bedeutung zu, da nach § 4 des Grundbuchgesetzes die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung bücherlicher Rechte (§ 9) grundsätzlich nur durch ihre Eintragung in das Hauptbuch erwirkt wird. Die Abschreibung von Bestandteilen eines Grundbuchkörpers ist nach § 74 des Grundbuchgesetzes nur dann zulässig, wenn der abzuschreibende Teil genau, nötigenfalls durch Pläne, von denen eine Kopie in der Urkundensammlung aufzubewahren ist, bezeichnet ist. Damit ist aber der Grenzverlauf der in Betracht kommenden Liegenschaft genügend „veranschaulicht“.
Die Beschwerdeführerin gibt selbst zu, daß sich die Jagdbehörde bei der Anwendung des § 12 Abs. 4 und 5 StJG „in der Regel“ auf den Grundbuchstand stützen muß. Entgegen ihrer Meinung kann aber die Ungültigkeit einer Grundbuchseintragung nicht im Verwaltungsverfahren, sondern lediglich mit Rekurs oder mit der Löschungsklage nach § 61 des Grundbuchgesetzes vor Gericht geltend gemacht werden. Für die Jagdbehörde ist der Grundbuchstand Tatbestand. Die Richtigkeit des angenommenen Tatbestandes der grundbücherlichen Eintragung wurde jedoch nicht bestritten.
Für die belangte Behörde bestand daher keine Veranlassung, auf die wirtschaftlichen Beweggründe der Abtretung oder darauf, daß es sich hier nach der Behauptung der Beschwerdeführerin um ein Scheingeschäft handelt, das nach den Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches allenfalls angefochten werden könnte, Bedacht zu nehmen. Die in diesem Zusammenhange behaupteten Verfahrensmängel wegen Unterlassung der Vernehmung des mitbeteiligten JM, und wegen der Nichtbeischaffung des Notariatsaktes, der Grundlage der Grundbucheintragung war, liegen daher ebenfalls nicht vor.
Ist aber nach dem derzeitigen Grundbuchstande der mitbeteiligte JM der Besitzer der in längster Ausdehnung an den Jagdeinschluß grenzenden Nachbarjagd, so entspricht die von der Jagdbehörde erfolgte Anerkennung der Vorpachtrechte des JM dem Gesetze.
Aus all diesen Erwägungen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abgewiesen werden.
Gemäß § 48 Abs. 3 lit. a, b und d VwGG 1965 und Art. I C Z. 7 und 8 der Verordnung BGBl. Nr. 4/1965 war die Beschwerdeführerin zu verhalten, der mitbeteiligten Partei an Stempelgebühren, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand den Betrag von S 2035,44 zu ersetzen. Das Mehrbegehren war, soweit es sich um eine Richtigstellung der verzeichneten Kosten in der Gegenschrift handelt, gemäß § 59 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 VwGG 1965 als verspätet zurückzuweisen, im übrigen hinsichtlich der für die Verhandlung vom 13. Jänner 1966 verzeichneten Stempelgebühr von S 15,-- als nicht anerlaufen abzuweisen.
Wien, am 13. Jänner 1966
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1966:1965001502.X00Im RIS seit
14.06.2021Zuletzt aktualisiert am
15.06.2021