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Verwaltungsverfahren - VStGNorm
AVG §45 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde des WK in W, vertreten durch Dr. Herbert Hochegger, Rechtsanwalt in Wien IV, Brucknerstraße 4/6, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 3. Oktober 1984, Zl. MA 70-X/K 101/84/Str., betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 3. Oktober 1984 wurde der Beschwerdeführer der Verwaltungsübertretungen nach § 38 Abs. 4 StVO 1960 (zu 1.) und nach § 52 Z. 14 leg. cit. (zu 3.) schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er „am 21. 6. 1983, um 21.30 Uhr, in Wien 17., Hernalser Hauptstraße, Kreuzung Wattgasse, stadtauswärts fahrend, als Lenker des PKW .......) vor der Kreuzung Hernalser Hauptstraße/Wattgasse bei der Haltelinie angehalten hat, obwohl die automatische Verkehrslichtsignalanlage grünes Licht für seine Fahrtrichtung ausstrahlte und die Verkehrslage ein Weiterfahren zugelassen hat, 3.) er das Verkehrszeichen Hupverbot nicht beachtet und vorschriftswidrig Schallzeichen abgegeben hat, obwohl dies für die Abwendung einer Gefahr von Personen nicht erforderlich war“.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer hinsichtlich beider ihm zur Last gelegter Verwaltungsübertretungen geltend, daß die belangte Behörde entgegen der Bestimmung des § 44 a lit. a VStG 1950 (in dem von ihr neu gefaßten Spruch) die als erwiesen angenommenen Taten nicht hinreichend umschrieben und, insofern dies geschehen sei, den Eintritt der Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs. 1 VStG 1950 nicht wahrgenommen habe. Wenn er meint, „zu Pkt. 3 bleibt überhaupt offen, wo das VZ ‚Hupverbot‘ nicht beachtet worden sein soll“, so ist ihm entgegenzuhalten, daß sich der von der belangten Behörde mit „Wien 17., Hernalser Hauptstraße, Kreuzung Wattgasse, stadtauswärts“ bezeichnete Tatort, ebenso wie die unmittelbar davor angegebene Tatzeit, eindeutig auf beide Verwaltungsübertretungen bezieht. Es kann aber dem Beschwerdeführer auch darin nicht beigepflichtet werden, daß im angefochtenen Bescheid „nicht mit der notwendigen Klarheit zum Ausdruck kommt, wo ich gefahren bin, nämlich in der Hernalser Hauptstraße oder in der Wattgasse“, ergibt sich doch aus der gebrauchten Formulierung jedenfalls, daß der Beschwerdeführer stadtauswärts fahrend in der Hernalser Hauptstraße bei der Kreuzung mit der Wattgasse die beiden Verwaltungsübertretungen begangen hat. Richtig ist, daß sowohl in der Strafverfügung vom 18. Juli 1983 als auch im erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 22. Mai 1984 die zusätzliche Angabe „stadtauswärts fahrend“ fehlte. Doch war die belangte Behörde auf Grund der ihr gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) zustehenden Befugnis zur Vornahme dieser Ergänzung berechtigt, und zwar unabhängig von der Beurteilung der Frage, ob in Ansehung beider Verwaltungsübertretungen (oder auch nur einer von ihnen) diese Angabe zur Konkretisierung des Tatortes überhaupt erforderlich war. Da schon aus der zugrundeliegenden Anzeige der genaue Tatort, einschließlich des Hinweises, daß der Beschwerdeführer stadtauswärts fuhr, hervorgeht und dem Vertreter des Beschwerdeführers am 24. August 1983 der gesamte Akteninhalt und damit auch die Anzeige zwecks Stellungnahme zur Kenntnis gebracht wurde, war - abgesehen von allfälligen weiteren tauglichen Verfolgungshandlungen innerhalb der maßgeblichen Frist - keine Verfolgungsverjährung eingetreten, auf die die belangte Behörde Bedacht zu nehmen gehabt hätte (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1984, Zl. 82/03/0112). Das gleiche gilt auch bezüglich der von der belangten Behörde vorgenommenen übrigen Ergänzungen des Spruches. Ob es im Beschwerdefall zur hinreichenden Umschreibung der Tat nach § 38 Abs. 4 StVO 1960 der Worte, daß „die Verkehrslage ein Weiterfahren zugelassen hat“, bedurfte (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1984, Zlen. 83/02/0494, 0498), kann dahingestellt bleiben, weil auch der Umstand, daß der Beschwerdeführer sein Kraftfahrzeug nicht verkehrsbedingt, sondern nur deshalb, weil er bei einem Kolporteur eine Zeitung erstehen wollte, angehalten hat, ebenfalls schon der dem Vertreter des Beschwerdeführers rechtzeitig vorgehaltenen Anzeige zu entnehmen war. Im Hinblick darauf, daß aus der Anzeige weiters ersichtlich ist, daß der Beschwerdeführer trotz des Verkehrszeichens „Hupverbot“ Schallzeichen abgegeben hat, „obwohl keine Gefahrensituation gegeben war“, ist auch keine Rechtswidrigkeit darin gelegen, daß die belangte Behörde in diesem Zusammenhang in ihren Spruch die Worte „obwohl dies für die Abwendung einer Gefahr von Personen nicht erforderlich war“ aufgenommen hat.
Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid auch das erstinstanzliche Straferkenntnis in seinem Punkt 2. (Verwaltungsübertretung nach „§ 43 Abs. 2 StVO 1960“, weil der Beschwerdeführer zur selben Tatzeit am selben Tatort „vorschriftswidrig Schallzeichen abgegeben hat, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erforderte“) gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 behoben und (diesbezüglich) das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. c VStG 1950 eingestellt. Dies wurde damit begründet, daß „am Tatort ein verordnetes Hupverbot besteht und die Tatanlastung diesem wesentlichen Umstand in diesem Punkt keine Rechnung trägt“, weshalb Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Der Beschwerdeführer wendet nun ein, diese Begründung umfasse „ebenso das Faktum zu Pkt. 3“, weil „bei Übertretung eines verordneten Hupverbotes nicht zwei Verwaltungsübertretungen begangen werden können“. Der Beschwerdeführer übersieht jedoch, daß - ungeachtet der Richtigkeit der von der belangten Behörde gegebenen Begründung hinsichtlich des Eintrittes der Verfolgungsverjährung zu Punkt 2. und abgesehen vom bereits dargestellten Inhalt der Anzeige - bereits in der Strafverfügung vom 18. Juli 1983 beim Tatvorwurf zu Punkt 3. (im Gegensatz zu dem zu Punkt 2.) auf ein Verkehrszeichen „Hupverbot“ Bezug genommen wurde und dieser Umstand offenbar für die belangte Behörde ausschlaggebend war, die Bestrafung zu Punkt 3. aufrecht zu erhalten, ohne daß der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid wegen derselben Tat zweimal bestraft worden wäre. Der Beschwerdeführer, der meint, es handle sich hiebei um eine Verwaltungsübertretung „nach § 43 Abs. 2 StVO in Verbindung mit § 52 Z. 14 StVO“, ist im übrigen darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt dargelegt hat, daß in einem solchen Falle § 52 Z. 14 StVO 1960 - wenn auch eine zusätzliche Zitierung einer auf Grund des § 43 Abs. 2 leg. cit. erlassenen Verordnung nicht schadet - die Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44 a lit. b VStG 1950, die jedenfalls im Spruch des Strafbescheides angeführt werden muß, darstellt (vgl. das Erkenntnis vom 21. Oktober 1983, Zl. 83/02/0089, und die dort angeführte weitere Judikatur). Es ist daher auch mit diesen Beschwerdeausführungen für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen.
Was nun die vom Beschwerdeführer bekämpfte Beweiswürdigung der belangten Behörde anlangt, so schließt zwar nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A) die (gemäß § 24 VStG 1950) auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG 1950 eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, d.h. ob sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, weshalb wesentliche Mängel der Sachverhaltsfeststellung einschließlich der Beweiswürdigung zur Aufhebung des Bescheides führen. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z. B. die Darstellung des Meldungslegers und nicht die Verantwortung des Beschwerdeführers den Tatsachen entspricht, ist keine Frage der Beweiswürdigung im aufgezeigten Sinn. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es auf Grund seiner Prüfungsbefugnis verwehrt, in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde die von den Behörden vorgenommene Beweiswürdigung durch Wiederholung der Beweise daraufhin zu überprüfen, ob nicht der gegenteilige Schluß aus den aufgenommenen Beweisen zu ziehen wäre (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Dezember 1983, Zl. 82/02/0066). Auf dem Boden dieser Rechtslage hält aber der angefochtene Bescheid einer Überprüfung auf seine Rechtmäßigkeit stand.
Dem Beschwerdeführer kann nicht darin gefolgt werden, daß der Meldungsleger „seine Darstellung mehrfach geändert“ habe und diese Angaben „in einem unauflösbaren Widerspruch zueinander stehen“. Der Meldungsleger hat nämlich anläßlich seiner Zeugenvernehmung am 21. Februar 1984 klargestellt, daß er „im Sinne der Straffung einer Anzeigenformulierung im Anzeigetext geschrieben habe, daß mehrere nachkommende Autofahrer ihr Fahrzeug zum Stillstand bringen mußten“, er in seiner Zeugenaussage vom 20. Dezember 1983, wo er ausgeführt hatte, daß „erst etwa 100 m hinter“ dem Fahrzeug des Beschwerdeführers „ein anderes Fahrzeug nachkam“, „dies vielleicht zuwenig detailliert habe“, zuerst der Beschwerdeführer „allein mit seinem Fahrzeug da war und etwa 100 m hinter ihm ein anderes Fahrzeug nachkam“, „dies den Zeitpunkt des Hupens betrifft“, der Beschwerdeführer „jedoch einige Zeit auf seinem Fahrstreifen stehen blieb und nun weitere Fahrzeuge nachkamen, nicht nur das eine zunächst zitierte“, und „die Lenker dieser Fahrzeuge dann stehen bleiben mußten“. Diese Angaben sind nicht nur miteinander in Einklang zu bringen, sondern sind auch nicht - im Sinne der Beschwerde - „unschlüssig und unglaubwürdig“, wenn man bedenkt, daß es nicht denkunmöglich und im übrigen durchaus mit den weiteren Angaben des Meldungslegers über den Geschehensablauf vereinbar ist, daß das Anhalten des Beschwerdeführers nicht nur einen kurzen, sondern doch einen längeren Zeitraum in Anspruch nahm, in dem andere Kraftfahrzeuglenker auf das Fahrzeug des Beschwerdeführers aufschließen konnten, obwohl sie sich vorher in größerer Entfernung hinter ihm befanden. Gerade die von der belangten Behörde dargestellte und von ihm an sich unwidersprochen gebliebene Absicht des Beschwerdeführers, eine Zeitung vom Fahrzeug aus zu erwerben, läßt den Schluß zu, daß sich der Beschwerdeführer tatsächlich auf die vom Meldungsleger geschilderte Weise verhalten hat. Die Rüge des Beschwerderführers, „im übrigen wäre auch bei einer an sich schlüssigen Aussage des Meldungslegers im Hinblick darauf, daß auch meine Aussage schlüssig und widerspruchsfrei ist, der Meldungsleger mit ‚Frage und Antwort' zu vernehmen gewesen, (VwGH, 30. 4. 1982, Zl. 81/02/0019)“, ist deshalb nicht zielführend, weil der Meldungsleger zweimal als Zeuge vernommen wurde, er hiebei die Richtigkeit seiner Angaben in der Anzeige bestätigt und diese in den wesentlichen Punkten wiederholt und entsprechend ergänzt hat, ohne daß seine weitere Befragung erforderlich gewesen wäre, wobei der Beschwerdeführer selbst nicht aufzeigt, welche Fragen an den Zeugen noch hätten gestellt werden sollen und wieso die belangte Behörde dadurch zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Soweit Entscheidungen zitiert wurden, die nicht in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes veröffentlicht worden sind, wird an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 23. Mai 1985
Schlagworte
freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1985:1985020069.X00Im RIS seit
15.06.2021Zuletzt aktualisiert am
15.06.2021