TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/24 95/19/1421

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Veröffentlicht am 24.03.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §5 Abs1;
AsylG 1991 §7;
AufG 1992 §1 Abs3 Z6;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §13 Abs2;
AufG 1992 idF 1995/351 §13 Abs2;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs2;
AufGNov 1995;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des E in T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. August 1995, Zl. 116.557/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 23. November 1994 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Diesen Antrag wies die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten mit Bescheid vom 13. Juni 1995 gemäß § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) iVm § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes (FrG) ab, weil der Beschwerdeführer keine legale Beschäftigung in Österreich ausübe und über keine ausreichenden Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes verfüge.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und brachte vor, daß er sehr wohl über eine Beschäftigung und über ein ausreichendes Einkommen verfüge.

Die Berufung wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 29. August 1995 gemäß § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen. Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1991 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Mai 1995 rechtskräftig negativ beschieden worden sei. Da sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten habe, habe er das Erfordernis der Antragstellung vom Ausland nicht erfüllt. Da keine familiären Bindungen und auch keine sonstigen intensiven Beziehungen im Bundesgebiet bestünden, sei eine Abwägung im Sinne des Art. 8 MRK entbehrlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Der Beschwerdeführer habe zum Zeitpunkt seiner Antragstellung im Inland eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gehabt, habe sich daher rechtmäßig in Österreich aufgehalten. Dieser Umstand sei von der belangten Behörde nicht erhoben worden. Unter Rückgriff auf das Erkenntnis des Verfasssungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, B 1611-1614/94, dem die belangte Behörde einen falschen Inhalt unterlege, vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, daß für Fremde, die zum Aufenthalt in Österreich vorläufig berechtigt seien, eine Erstantragstellung im Inland möglich sein müsse. Die gegenteilige Auffassung könne nicht konform mit dem System der gesamten Fremdengesetzgebung gehen, da diesfalls ein Fremder, der nach dem Asylgesetz zum Aufenthalt berechtigt sei, nach dem Aufenthaltsgesetz zur Ausreise gezwungen werde. Der Sinn des § 6 Abs. 2 AufG liege aber gerade darin, den illegalen Aufenthalt von Fremden dadurch zu unterbinden, daß diese von ihrem Heimatstaat aus ihren Antrag stellen und erst mit der Bewilligung einreisen dürfen. Auch die Neufassung des § 6 Abs. 2 AufG (durch die Novelle BGBl. Nr. 351/1995) enthalte eine echte Lücke, die durch Analogie derart zu schließen sei, daß eine Erstantragsstellung im Inland möglich sei. Es wäre nicht einzusehen, weshalb ein Fremder, der das gewährte Asyl verloren habe und nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz sei, seinen Antrag vom Inland stellen dürfe, ein Fremder aber, der sich während eines Jahre dauernden Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, dieses zwecks Antragsstellung vom Ausland aus (zunächst) verlassen müßte, auch wenn er auf Grund der langen Dauer des Asylverfahrens mittlerweile in Österreich integriert sei. Schließlich rügt der Beschwerdeführer auch eine mangelnde Sachverhaltsfeststellung sowie das Unterbleiben der Gewährung von Parteiengehör.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß er seinen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung in Österreich gestellt hat. Von sich aus weist der Beschwerdeführer weiters darauf hin, er habe diesen Antrag vor der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages gestellt.

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (28. September 1995) hatte die belangte Behörde § 6 Abs. 2 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 anzuwenden.

§ 6 Abs. 2 AufG lautet in dieser Fassung (auszugsweise):

"(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: Im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 festgelegt ist..."

Dem Beschwerdeführer ist zunächst (auf der Grundlage der Verwaltungsakten, Blatt 1) darin Recht zu geben, daß er nach seiner Einreise in Österreich auf Grund eines Asylantrages eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung auf Grund § 5 des Asylgesetzes 1968 erworben hatte, die grundsätzlich erst mit dem rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens endete. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind auch nach § 5 des Asylgesetzes 1968 erworbene Berechtigungen zum vorläufigen Aufenthalt ab Inkraftreten des Asylgesetzes 1991 hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen als solche nach § 7 des letztgenannten Gesetzes anzusehen. Dem Beschwerdeführer kam daher ab Inkraftreten des Asylgesetzes 1991 eine Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Z.6 AufG zu, für die eine Verlängerung nach § 13 Abs. 1 AufG nicht in Frage kommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. September 1995, Zl. 95/19/0187, vom 14. Mai 1996, Zl. 96/19/0767, und vom 24. Jänner 1997, Zl. 95/19/1403).

Der Beschwerdeführer übersieht allerdings, daß auf Grund der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung des § 6 Abs. 2 AufG eine Antragstellung im Inland nur in den taxativ aufgezählten Fällen ausnahmsweise zulässig gewesen wäre. Daß sein Fall zu diesen taxativ aufgezählten Fällen gehört, behauptet der Beschwerdeführer jedoch nicht einmal selbst. Sein zentrales Beschwerdevorbringen geht vielmehr dahin zu zeigen, daß (auch) die Neufassung des § 6 Abs. 2 AufG durch die Novelle BGBl. Nr. 351/1995 eine echte Regelungslücke aufweise, die durch eine "systemkonforme Analogie" zu schließen sei. Diese Analogie könne nur in einer Gleichbehandlung seines Falles mit denjenigen Fällen bestehen, in denen eine Antragstellung im Inland zulässig sei.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer jedoch den Inhalt des § 6 Abs. 2 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995. Da § 6 Abs.2 AufG nach seinem klaren Wortlaut keine Ausnahmebestimmung für Fremde enthält die nach § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG auf Grund des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind, sind im Inland gestellte Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung auch in denjenigen Fällen abzuweisen, in denen zunächst eine Berechtigung zum vorläufigen Aufenthalt im Sinne des § 7 des Asylgesetzes 1991 vorgelegen ist. Da § 6 Abs. 2 AufG den "Verlust des Asyls" ausdrücklich als Ausnahmetatbestand anführt, fehlt ein Indiz für eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes hinsichtlich der nach § 7 AsylG 1991 vorläufig aufenthaltsberechtigten Personen. Die vom Beschwerdeführer behauptete Lücke liegt daher nicht vor, weshalb sich auch eine Schließung der - vermeintlichen - Lücke in der vom Beschwerdeführer erwogenen Richtung verbietet.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß die Antragstellung im Inland auch nach der Rechtslage vor der AufG-Novelle 1995 zu einer Abweisung des Antrages hätte führen müssen, weil der Fall des Beschwerdeführers nicht mit jenen Fällen vergleichbar ist, in denen die Antragsteller sich seit vielen Jahren rechtmäßig auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung in Österreich aufgehalten haben, weshalb im Lichte der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Annahme einer Verpflichtung zur Antragstellung im Ausland diesfalls geradezu schikanös wäre und allenfalls auch mit Art. 8 MRK in Konflikt geriete (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, B 1611-1614/94, sowie das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0371).

Auf Grund des Beschwerdevorbringens kann der belangten Behörde somit nicht der Vorwurf gemacht werden, § 6 Abs. 2 AufG einen unrichtigen Inhalt beigemessen zu haben.

Wenn der Beschwerdeführer abschließend vorbringt, die belangte Behörde hätte ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt, weil sie nicht von Amts wegen festgestellt habe, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung zum Aufenthalt in Österreich berechtigt war, und dem Beschwerdeführer auch hiezu kein Parteiengehör gewährt habe, so ist ihm zu entgegnen, daß auf der Grundlage der bisherigen Ausführungen die Zulässigkeit der Antragstellung im Inland nicht von einer vorläufigen Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG abhängen konnte und eine Erforschung dieses Umstandes daher nicht entscheidungserheblich war.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit in seinen Rechten verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm Art. I der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995191421.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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