TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/24 95/19/0617

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Veröffentlicht am 24.03.1997
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Index

19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 idF 1995/351 §10 Abs1;
AVG §66 Abs4;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs3;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z3;
HKG 1946 §3 Abs2;
MRK Art8;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/19/0618

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerden

1.) der LK und 2.) der NK, beide in W, die Erstbeschwerdeführerin vertreten durch die Zweitbeschwerdeführerin, diese vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 23. Juni 1995, Zlen. 1.) 301.746/3-III/11/95 und

2.) 301.746/2-III/11/95, jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Zweitbeschwerdeführerin ist die Mutter der Erstbeschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerinnen verfügten über gewöhnliche Sichtvermerke für die Zeiträume:

18. November 1992 bis 10. Mai 1993

12. Mai 1993 bis 10. November 1993

und über Aufenthaltsbewilligungen für die Zeiträume:

11. November 1993 bis 29. Juni 1994

30. Juni 1994 bis 30. Jänner 1995.

Am 28. Dezember 1994 beantragten die Beschwerdeführerinnen die Verlängerung der ihnen zuletzt erteilten Bewilligungen.

In der Rubrik "Daten einer in Österreich alle Risken abdeckenden Krankenversicherung für die Dauer des Aufenthaltes" machte die Zweitbeschwerdeführerin keine Angaben. Zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes beriefen sich beide Beschwerdeführerinnen auf Verpflichtungserklärungen der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin, welche über ein monatliches Nettoeinkommen von S 12.057,-- verfügt.

Anläßlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor der erstinstanzlichen Behörde am 20. Jänner 1995 erklärte die Zweitbeschwerdeführerin, sie wolle in Österreich als Bedienerin arbeiten. Nachdem der Landeshauptmann von Wien ihren Antrag gemäß § 5 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen hatte, brachte die Zweitbeschwerdeführerin in ihrer am 22. März 1995 eingelangten Berufung vor, sie strebe keine unselbständige Erwerbtätigkeit an, sie wolle vielmehr mit ihrer Mutter in Familiengemeinschaft leben. Darüber hinaus sei sie zur Hälfte Eigentümerin einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie sei als deren Geschäftsführerin selbständig erwerbstätig.

Die Erstbeschwerdeführerin berief sich als Aufenthaltszweck ausschließlich auf die Familiengemeinschaft mit ihrer Mutter, der Zweitbeschwerdeführerin. Ihr Antrag wurde vom Landeshauptmann von Wien am 21. Februar 1995 mit der Begründung abgewiesen, daß auch der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin abgewiesen worden sei.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde die Berufung der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG, jene der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG, unter anderem in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG abgewiesen.

In Ansehung der Zweitbeschwerdeführerin führte die belangte Behörde begründend aus, sie habe in ihrer Berufung angegeben, eine Beschäftigung als Bedienerin nicht angestrebt zu haben. Sie habe vielmehr erklärt, sie wolle als Geschäftsführerin selbständig erwerbstätig sein. Daraus alleine sei jedoch nicht ableitbar, daß ihr (außer aufgrund der Verpflichtungserklärung ihrer Mutter) weitere Unterhaltsmittel zur Verfügung stünden. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG sei die Erteilung einer Bewilligung ausgeschlossen, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 1 FrG vorliege. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG sei ein Sichtvermerk zu versagen, wenn der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene Mittel zur Sicherung seines Unterhaltes oder nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfüge. Dieser Mangel sei bei der Zweitbeschwerdeführerin gegeben. Im Hinblick auf ein geordentes Fremdenwesen überwögen die öffentlichen Interessen die persönlichen Interessen der Zweitbeschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

In Ansehung der Erstbeschwerdeführerin führte die belangte Behörde aus, diese habe sich in ihrer Berufung darauf gestützt, daß sie "das rechtliche Schicksal" ihrer Mutter teile. Die Erstbeschwerdeführerin sei im Reisepaß der Zweitbeschwerdeführerin eingetragen. Der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf Verlängerung ihrer Bewilligung sei mit Bescheid vom gleichen Tag abgewiesen worden. Der Unterhalt der Erstbeschwerdeführerin sei daher nicht gesichert. Die öffentlichen Interessen überwögen die persönlichen Interessen der Erstbeschwerdeführerin.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden. Die Beschwerdeführerinnen machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften jeweils mit dem Antrag geltend, die angefochtenen Bescheide aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung der angefochtenen Bescheide (4. Juli 1995) hatte die belangte Behörde die Rechtslage nach Inkrafttreten der AufG-Novelle, BGBl. Nr. 351/1995, anzuwenden.

§ 3 Abs. 1 Z. 2 und § 5 Abs. 1 AufG in der Fassung dieser Novelle lauten:

"§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten

1.

...

2.

von Fremden, die aufgrund einer Bewilligung, eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerks oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 5 rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z. 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.

§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 und 3 FrG lauten auszugsweise:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

1.

...

2.

der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt;

...

(3) Die Behörde kann einem Fremden trotz Vorliegens eines Sichtvermerksversagungsgrundes gemäß Abs. 1 Z. 2 oder 3 oder gemäß Abs. 2 einen Sichtvermerk erteilen,

1.

...

2.

wenn aufgrund der Verpflichtungserklärung einer Person mit ordentlichem Wohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten, gesichert erscheint."

§ 2 Abs. 1 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 560/1978 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 586/1980, lautet:

"§ 2. (1) Aufgrund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

1.

die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

2.

die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, die persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, die Gesellschafter einer offenen Erwerbsgesellschaft und die persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommandit-Erwerbsgesellschaft, sofern diese Gesellschaften Mitglieder einer der in Z. 1 bezeichneten Kammern sind;

              3.              die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sofern diese Gesellschaften Mitglieder einer der in Z. 1 bezeichneten Kammern sind und diese Personen nicht bereits aufgrund ihrer Beschäftigung als Geschäftsführer der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unterliegen oder aufgrund dieser Pflichtversicherung Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld aus der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz haben, auch wenn dieser Anspruch ruht, oder auf Rechnung eines Versicherungsträgers Anstaltspflege erhalten oder in einem Genesungs-, Erholungs- oder Kurheim oder in einer Sonderkrankenanstalt untergebracht sind oder Anspruch auf Ersatz der Pflegegebühren gemäß § 131 oder § 150 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes einem Versicherungsträger gegenüber haben."

§ 3 Abs. 2 des Handelskammergesetzes, BGBl. Nr. 182/1946 idF der Novellen BGBl. Nr. 183/1954 und 257/1990, lautet:

"(2) Mitglied jeder Kammer der gewerblichen Wirtschaft sind alle physischen und juristischen Personen sowie offene Handelsgesellschaften (Kommmanditgesellschaften) und eingetragene Erwerbsgesellschaften, die zum selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie, des Handels, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens, des Verkehrs und des Fremdenverkehrs berechtigt sind."

Die Zweitbeschwerdeführerin behauptet, sie habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren ihre Sozialversicherungskarte vorgelegt, auch seien im Zuge des Verwaltungsverfahrens zum Nachweis von Unterhaltsmitteln aus ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin Notariatsakt und Firmenbuchauszug hinsichtlich der in Rede stehenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorgelegt worden. Diese Unterlagen dürften in Verstoß geraten sein.

Den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ist die Vorlage derartiger Urkunden nicht zu entnehmen.

Ob die Zweitbeschwerdeführerin einen Notariatsakt oder einen Firmenbuchauszug der Gesellschaft vorgelegt hat, ist ohne Belang, weil diese Urkunden - aus denen sich lediglich die Existenz der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ergeben hätte - nicht geeignet wären, das Vorhandensein eigener Mittel der Zweitbeschwerdeführerin zur Bestreitung ihres Unterhaltes darzutun (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1049, und vom 3. Oktober 1996, Zl. 95/19/1937).

Das auf eine Aktenwidrigkeit der Annahme der belangten Behörde, die Zweitbeschwerdeführerin verfüge über keinen Krankenversicherungsschutz, abzielende Beschwerdevorbringen, sie habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren eine Sozialversicherungskarte vorgelegt, ist unglaubwürdig, weil sie in der den Krankenversicherungsschutz betreffenden Rubrik des Antragsformulars keine Angaben machte und - entgegen der diesbezüglichen Ankündigung im Beschwerdeschriftsatz - auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Kopie einer Sozialversicherungskarte vorlegte.

Die in der am 22. März 1995 eingelangten Berufung vorgenommene Änderung des Aufenthaltszweckes war zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/19/1837). Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, daß die Zweitbeschwerdeführerin die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit beabsichtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde von sich aus (initiativ) glaubhaft zu machen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt; Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Verpflichtung zur Glaubhaftmachung entsprechend zu handeln, sind demnach ebensowenig geboten wie die Durchführung diesbezüglicher amtswegiger Ermittlungen. Von den diesbezüglichen Angaben des Fremden in seinem Bewilligungsantrag kann die Berufungsbehörde selbst dann ausgehen, wenn sie erstmals den Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 erster Fall FrG heranzieht (vgl. das zu § 5 Abs. 1 AufG ergangene hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0327). Diese zum ersten Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG entwickelte Rechtsprechung hat zufolge der Gleichartigkeit der für diese Bestimmungen maßgebenden Interessenslage auch für seinen zweiten Tatbestand zu gelten. Die belangte Behörde war demnach nicht gehalten, die Zweitbeschwerdeführerin, die in ihrem Antrag auf die diesbezügliche Frage nicht angab, über eine für die Dauer des Aufenthaltes alle Risken abdeckende Krankenversicherung zu verfügen, von sich aus zum Nachweis des Abschlusses einer Krankenversicherung aufzufordern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0286).

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte lediglich vor, sie sei als Geschäftsführerin einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung selbständig erwerbstätig. Aus dieser Behauptung allein war aber nicht zwingend der Schluß zu ziehen, die Zweitbeschwerdeführerin sei in der gewerblichen Sozialversicherung pflichtversichert.

Voraussetzung für das Bestehen einer Pflichtversicherung der Zweitbeschwerdeführerin als geschäftsführende Gesellschafterin einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung wäre nämlich, daß diese Gesellschaft Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft ist. Aus § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG im Zusammenhalt mit § 3 Abs. 2 HKG folgt, daß die Pflichtversicherung der Zweitbeschwerdeführerin in der Krankenversicherung davon abhängt, ob der Gesellschaft, deren geschäftsführende Gesellschafterin sie ist, die Berechtigung zum Betrieb eines der in § 3 Abs. 2 HKG genannten Unternehmen zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1996, Zl. 95/18/0656).

Die Zweitbeschwerdeführerin hat jedoch im Verwaltungsverfahren weder vorgebracht noch nachgewiesen, daß der Gesellschaft, deren geschäftsführende Gesellschafterin sie zu sein behauptete, eine entsprechende Berechtigung zukam. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 zweiter Fall FrG waren daher gegeben.

Der Verweis des § 5 Abs. 1 AufG auf die Sichtvermerksversagungsgründe des Fremdengesetzes eröffnet der Aufenthaltsbehörde die in § 10 Abs. 3 FrG geschaffene Möglichkeit, trotz Vorliegens des Sichtvermerksversagungsgrundes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG einen Sichtvermerk zu erteilen, wenn aufgrund der Verpflichtungserklärung einer Person mit ordentlichem Wohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten, gesichert erscheint (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0551).

Im vorliegenden Fall stand der Person, die sich für die Zweitbeschwerdeführerin verpflichtete, ein Monatseinkommen von S 12.057,-- (netto) zur Verfügung. Daß dieses Einkommen nicht geeignet ist, das Risiko des Entstehens hoher Heilungs- und Pflegekosten im Falle einer gravierenden Erkrankung abzudecken bzw. den in § 10 Abs. 3 FrG genannten Rechtsträgern rückzuerstatten, ist offenkundig. Das eher niedrige Einkommen der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin ermöglichte es ihr auch nicht, ins Gewicht fallende Kreditmittel zur Deckung eines diesbezüglichen Bedarfes aufzunehmen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1997, Zl. 95/19/0440). Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 FrG für die Erteilung einer Bewilligung ungeachtet des Vorliegens des Tatbestandes nach § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG sind daher im Falle der Zweitbeschwerdeführerin nicht gegeben.

Im Hinblick auf den relativ kurzen (drei Jahre nicht übersteigenden) rechtmäßigen Aufenthalt der Zweitbeschwerdeführerin in Österreich teilt der Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung der belangten Behörde, daß das durch das Fehlen einer Krankenversicherung tangierte wirtschaftliche Wohl des Landes, aber auch die Gesundheit anderer, den Eingriff in die persönlichen Interessen der Zweitbeschwerdeführerin (Zusammenleben mit ihrer Mutter und ihrem Kind im Bundesgebiet, Beteiligung an einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung) durch die Versagung der Bewilligung rechtfertigen. In Ansehung von Fremden, die über keine Krankenversicherung verfügen, obwohl sie oder die sich für sie verpflichtenden Angehörigen ausreichende Mittel besitzen, um eine solche abzuschließen (nicht aber, um das Risiko im Krankheitsfall zu tragen), ist bei Beurteilung, ob der in der Versagung der Aufenthaltsbewilligung gelegene Eingriff in das Privat- und Familienleben gegen Art. 8 MRK verstößt, ein strenger Maßstab anzulegen, zumal in einem solchen Fall eine gravierende Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Wohles des Landes, aber auch der Gesundheit anderer, droht (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1997, Zl. 95/19/0440).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

In Ansehung der Erstbeschwerdeführerin ist zunächst festzuhalten, daß die Argumentation der belangten Behörde, der UNTERHALT sei nicht gesichert, weil ihre Mutter über keine Aufenthaltsbewilligung verfüge, unzutreffend ist, zumal sich die Erstbeschwerdeführerin zur Sicherung ihres Unterhaltes auf eine Verpflichtungserklärung ihrer Großmutter, nicht ihrer Mutter, berufen hat.

Dem angefochtenen Bescheid ist jedoch zu entnehmen, daß die belangte Behörde den Antrag der Erstbeschwerdeführerin auch deshalb abwies, weil die Zweitbeschwerdeführerin, mit der allein die Erstbeschwerdeführerin die Familiengemeinschaft anstrebte, über keine Bewilligung verfügte. Demnach stand der Erstbeschwerdeführerin ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung aus dem Grunde des § 3 Abs. 1 AufG nicht zu. Ihr konnte auch nicht im Wege einer Ermessensentscheidung die Verlängerung ihrer Bewilligung zum - allein geltend gemachten - Zweck der Familiengemeinschaft mit ihrer Mutter erteilt werden, weil eine solche jedenfalls voraussetzen würde, daß sich der Angehörige, mit dem die Familiengemeinschaft fortgesetzt werden soll, rechtmäßig im Inland befindet.

Nach dem Vorgesagten war der Eingriff in das Familienleben der Zweitbeschwerdeführerin (auch mit der Erstbeschwerdeführerin) aufgrund der fehlenden Krankenversicherung der Zweitbeschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Die Versagung der Bewilligung gegenüber der Erstbeschwerdeführerin mit der alleinigen Begründung, die Angehörige, mit der die Familiengemeinschaft angestrebt werde, verfüge über keine Bewilligung, ist daher vorliegendenfalls auch aus dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK unbedenklich.

Aus diesen Erwägungen war auch die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidungen gründen sich in Ansehung beider Beschwerdeführerinnen auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995190617.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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