TE Vwgh Beschluss 2021/5/21 Ra 2021/10/0061

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Veröffentlicht am 21.05.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

B-VG Art133 Abs4
KFG 1967 §2 Z1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision des M S in P, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz Eugen-Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 8. Februar 2021, Zl. LVwG-AV-557/001-2020, betreffend naturschutzrechtlichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mödling), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 8. Februar 2021 verpflichtete das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Revisionswerber - im Beschwerdeverfahren - gemäß § 35 Abs. 4 NÖ Naturschutzgesetz 2000 - NÖ NSchG 2000 dazu, auf einem bestimmten Grundstück außerhalb des Ortsbereichs der Gemeinde M. abgestellte Anhänger innerhalb bestimmter Frist zu entfernen und den früheren Zustand des Grundstücks wiederherzustellen, wobei das Verwaltungsgericht die Revision nicht zuließ.

2        Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse - zugrunde, das betreffende, vom Revisionswerber gepachtete Grundstück befinde sich nicht in einem baulich und funktional zusammenhängenden Teil eines Siedlungsgebietes und damit „außerhalb des Ortsbereiches“ (vgl. § 7 Abs. 1 NÖ NSchG 2000). Auf einem eingezäunten Bereich dort im Ausmaß von ca. 0,6 ha habe der Revisionswerber seit 2013 diverse Anhänger abgestellt: Es handle sich dabei um Anhänger verschiedener Arten und Typen sowohl für LKW als auch für PKW, Einachs- und Mehrachsanhänger, ohne Aufbauten, mit Planen oder Fixaufbauten; es seien Transportanhänger, Fahrzeuganhänger, Baucontaineranhänger, Bootsanhänger, Imbissbuden-Anhänger, Wohnanhänger usw. sowie einige wenige Anhänger für Tiertransporte sowie Wassertanks.

3        Die Anhänger seien der Bauart und Ausrüstung nach dazu bestimmt, mit Kraftfahrzeugen auf Straßen gezogen zu werden, und demnach nicht selbst angetrieben. Die Anhänger wiesen kein behördliches Kennzeichen auf; sie würden vom Revisionswerber verborgt.

4        Für die beschriebene Art der Grundstücksnutzung liege keine naturschutzbehördliche Bewilligung vor.

5        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das beschriebene Abstellen von Anhängern sei als „Errichtung bzw. Erweiterung von Lagerplätzen“ iSd § 7 Abs. 1 Z 6 NÖ NSchG 2000 bewilligungspflichtig; es handle sich dabei insbesondere nicht um eine in jener Bestimmung ausgenommene „in der ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft übliche Lagerung“, weil die abgestellten Anhänger ihrer Art nach in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit einem Betrieb der Landwirtschaft oder Forstwirtschaft stünden (Hinweis auf VwGH 27.3.1995, 90/10/0143) und die beschriebene Lagerung nach der Verkehrsauffassung und dem äußeren Erscheinungsbild nicht eine organisatorische Eingliederung in einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft erkennen lasse (Hinweis auf VwGH 27.3.1995, 90/10/0154).

6        Mit Blick auf ein entsprechendes Beschwerdevorbringen verneinte das Verwaltungsgericht eine Anwendung des § 7 Abs. 1 Z 8 NÖ NSchG 2000 auf den vorliegenden Sachverhalt schon deshalb, weil es sich bei den gegenständlichen Anhängern nicht um Kraftfahrzeuge handle:

7        Unter einem Kraftfahrzeug sei nach der Legaldefinition des § 2 Z 1 Kraftfahrzeuggesetz 1967 - KFG 1967 lediglich „ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Fahrzeug, das durch technisch freigemachte Energie angetrieben wird und nicht an Gleise gebunden ist, auch wenn seine Antriebsenergie Oberleitungen entnommen wird“, zu verstehen; dies sei bei Anhängern, welche von einem Kraftfahrzeug gezogen werden müssten (Hinweis auf § 2 Z 2 KFG 1967), nicht der Fall.

8        Da die nach dem Gesagten erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung nicht vorliege, habe die belangte Behörde zu Recht einen naturschutzbehördlichen Entfernungsauftrag erteilt.

9        2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       3.1. In den Zulässigkeitsausführungen seiner außerordentlichen Revision bringt der Revisionswerber vor, das Verwaltungsgericht habe eine Prüfung unterlassen, „ob Anhänger im Sinne eines Größenschlusses ebenfalls unter den von der Bewilligungspflicht ausgenommenen Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Z 8 NÖ Naturschutzgesetz 2000 zu subsumieren sind“. Diesbezüglich „verwertbare Judikatur“ existiere nicht; der „Lösung der Rechtsfrage der Interpretation dieser Bestimmung in verfassungskonformer Art und Weise“ komme grundsätzliche Bedeutung über den Einzelfall hinaus zu.

13       3.2. Die Voraussetzungen für die Erhebung einer außerordentlichen Revision fehlen, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. etwa VwGH 27.2.2018, Ra 2018/05/0011, mwN).

14       Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Erkenntnis eine Qualifikation der gegenständlichen Anhänger als „Kraftfahrzeuge“ anhand der klaren Legaldefinition des § 2 Z 1 KFG 1967 verneint; angesichts dessen zeigt das Vorbringen des Revisionswerbers eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht auf (zur Heranziehung von Legaldefinitionen des KFG 1967 im Naturschutzrecht vgl. im Übrigen etwa auch VwGH 20.12.2017, Ra 2016/10/0147, mwN).

15       4. Die Revision war schon aus diesem Grund zurückzuweisen.

Wien, am 21. Mai 2021

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021100061.L00

Im RIS seit

16.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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