Entscheidungsdatum
20.11.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W277 2155912-1/24E
W277 2155912-2/20E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. ESCHLBÖCK, MBA, über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, gegen 1.) den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , und 2.) den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am XXXX und am XXXX , zu Recht:
A)
I. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 55 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 28 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Zum ersten Verfahren XXXX
1.1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF), eine Staatsangehörige der Volksrepublik China (in der Folge: VR China), reiste zu einem unbestimmten Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein.
1.2. Am XXXX wurde die BF durch die XXXX angehalten und zur Identitätsfeststellung XXXX (AS 15).
1.3. Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) am XXXX gab die BF im Wesentlichen an, sich nicht erinnern zu können, wie oder wann sie nach Österreich gekommen sei und wo sie wohne. Sie sei vor ungefähr XXXX nach Österreich gekommen. Sie wisse nicht, ob sie einen Reisepass besessen habe. Sie habe einen „Gehirnschaden“ und fühle sich nicht wohl. Sie befürchte in ihrem Herkunftsland China keinerlei Verfolgung (AS 47 ff.).
1.4. Mit Mandatsbescheid vom selben Tag wurde über die BF die Schubhaft verhängt (AS 53 ff.).
1.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX , wurde ein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.) sowie festgestellt, dass die Abschiebung in die VR China zulässig sei (Spruchpunkt II.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt III.) und einer Beschwerde gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
1.6. Das BFA stellte der BF amtswegig einen Rechtsberater zur Seite (AS 81).
1.7. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob die BF, vertreten durch die XXXX , binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde. Beantragt wurden die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung (AS 113 ff.).
1.8. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
1.9. Die BF wurde am XXXX aus der Schubhaft entlassen.
2. Zum zweiten Verfahren XXXX
2.1. Die BF stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde in Anwesenheit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung, der XXXX , am selben Tag durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes befragt (AS 7 ff.). Hierbei machte sie keine Angaben zu ihrer Reiseroute. Sie spreche Mandarin-Chinesisch, sei konfessionslos und geschieden. Sie habe keinen Wohnsitz im Bundesgebiet. Die Vornamen Ihrer Eltern seien ihr unbekannt. Sie habe eine Grundschule im Herkunftsstaat besucht, wisse jedoch nicht, wie lange diese gedauert habe. Zu ihrem Fluchtgrund befragt gab die BF an, in ihrer Heimat schlecht behandelt und geschlagen worden zu sein. Ihr Mann habe sie zur XXXX gezwungen. Die Familie ihres Ehemanns sei gewaltsam. Ihr Schwiegervater und ihr Schwager hätten mit ihr geschlafen.
2.2. Am XXXX legte die BF durch ihre Rechtsvertretung einen ambulanten Patientenbrief des XXXX vom XXXX , XXXX , vor, welchem die vorläufige Diagnose einer XXXX und einer XXXX im Sinne einer XXXX zu entnehmen ist (AS 45 ff.).
2.3. Am XXXX wurde die BF durch das BFA niederschriftlich einvernommen (AS 55 ff.) und gab im Wesentlichen an, sich an „nichts“ erinnern zu können. Die Namen ihrer Eltern und ihres Ex-Mannes habe sie vergessen. Sie wisse nicht, ob sie jemals in die Schule gegangen sei bzw. im Herkunftsland einer beruflichen Beschäftigung nachgegangen sei. Vorgelegt wurde ein Patientenbrief des XXXX , wonach die BF an XXXX leide (AS 63).
2.4. Am XXXX wurde eine durch das BFA angeordnete ärztliche Untersuchung der BF bei XXXX , zur Erstellung eines psychiatrisch-neurologischen Sachverständigengutachtens durchgeführt (AS 113 f.).
2.5. Dem diesbezüglichen, am XXXX erstellten, Sachverständigengutachten (AS 127), ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass bei der BF XXXX
2.6. Am XXXX wurde die BF erneut durch das BFA niederschriftlich einvernommen (AS 169 ff.), wobei ihr das Sachverständigengutachten zur Stellungnahme vorgehalten wurde. Die BF gab hierbei im Wesentlichen an, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt zu haben, da sie Angst vor einer Festnahme durch die österreichische Polizei habe. Die Polizei im Bundesgebiet würde sie auch schlagen. Sie sei geschieden, wisse jedoch nicht wann sie geschieden worden sei. Sie könne sich an den Namen Ihres Ex-Mannes nicht erinnern. Sie wisse weder wo sie zuletzt im Herkunftsstaat gelebt habe, noch könne sie sich an die Daten ihrer Angehörigen erinnern, zu welchen sie schon lange keinen Kontakt habe. Sie sei aus China ausgereist, da sie mit einem ihr unbekannten Mann habe schlafen müssen, weil ihr Ex-Mann sie zur XXXX genötigt habe. Ihr Ex-Mann habe sie eingesperrt. Sie habe im Falle einer Rückkehr Angst vor „diesem“ Mann. Sie habe in China keine Anzeige erstattet. Einen Deutschkurs hätte sie im Bundesgebiet nicht besucht und sie spreche nicht Deutsch.
Weiters gab sie an folgende Medikamente einzunehmen:
XXXX .
Die BF legte folgende medizinische Unterlagen vor:
- Überweisungsschein an die Orthopädie vom XXXX (AS 193),
-Befund von Labors.at vom XXXX (AS 195),
- Befund des XXXX 9 –MRT des rechten Schultergelenks (AS 205),
-psychologischer Befund von XXXX von 26.01.2018, wonach es Hinweise gäbe, dass die BF an einer XXXX leide (AS 209).
2.7. Am XXXX übermittelte das BFA der BF sowie Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung die Länderberichte zum Herkunftsstaat sowie das Gutachten vom XXXX mit einer Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen (AS 213).
2.7.1. Am XXXX brachte die BF durch ihre Rechtsvertretung eine Stellungnahme zum Sachverständigengutachten vom XXXX sowie zu den Länderberichten vor (AS 217 ff.).
2.8. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX (AS 277 ff.), Zl. XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung in die VR China zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
2.9. Das BFA stellte der BF amtswegig einen Rechtsberater zur Seite (AS 365).
2.10. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob die BF durch die XXXX , binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung. Zudem sei die Frist zur freiwilligen Ausreise zu kurz bemessen.
2.11. Am XXXX legte die BF durch ihre rechtsfreundliche Vertretung einen fachärztlichen Befundbericht des XXXX vom XXXX vor, welchem die Diagnose XXXX zu entnehmen ist (OZ 3). Unter dem Titel „Medikation“ ist XXXX angeführt.
2.12. Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Beiziehung einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Chinesisch/Mandarin durch, an welcher die BF sowie ihre Rechtsvertretung teilnahmen. Das BFA gab auf fernmündliche Nachfrage am XXXX bekannt, dass auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet werde. Folglich ist auch kein Vertreter des BFA erschienen. Mit Beschluss wurden die beiden beim BVwG anhängigen Verfahren XXXX zur gemeinsamen Verhandlung gemäß § 17 VwGVG iVm § 39 Abs. 2 AVG verbunden.
Der BF wurde Gelegenheit gegeben, Angaben zu ihrer Person und ihren Fluchtgründen zu machen, sowie zu den im Rahmen der Verhandlung in das Verfahren eingeführten Länderberichten Stellung zu nehmen. Da sie zu einem Großteil der Fragen antwortete, sich an „nichts“ erinnern zu können, wurde sie mehrmals zur Mitwirkung aufgefordert. Auf Antrag der BF in der mündlichen Verhandlung wurde Herr XXXX als Zeuge einvernommen, XXXX enthält.
XXXX
Hierzu näher befragt, änderte die BF ihre diesbezüglichen Angaben. Sie habe keine Angst vor Herrn XXXX , dessen Namen sie nicht kenne, und wolle mit ihm „nach Hause gehen“.
XXXX
XXXX
2.13. Mit Schriftsatz vom XXXX übermittelte die XXXX einen Bericht an die XXXX betreffend einen Einsatz des Streifendienstes vom XXXX (OZ 12), XXXX , welcher nach der mündlichen Verhandlung vor dem Gebäude des Bundesverwaltungsgerichts stattgefunden hat. Diesem ist zu entnehmen, dass Herr XXXX in das Rettungskraftfahrzeug gesprungen sei, als die BF in diesem untersucht worden wäre. Er habe die Untersuchung der BF verhindert. Das Sicherheitspersonal des Bundesverwaltungsgerichts hätte einschreiten müssen, um die Situation zu beruhigen. Die BF habe daraufhin keine Untersuchung mehr gewollt.
2.13.1. Weiters wurde die Mitteilung der XXXX vom XXXX , XXXX , übermittelt, welcher zu entnehmen ist, dass von der Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen Herrn XXXX mangels Bestehens eines Anfangsverdachts abgesehen werde (OZ 17). Gegen diese Entscheidung stehe ein Antrag auf Fortführung gemäß §195 StPO nicht zu.
2.13.2. Der BF wurden die unter I.2.13. und I.2.13.1. angeführten Schriftsätze (OZ 12) mit OZ 17 übermittelt und es wurde eine Frist zur Stellungnahme (Parteiengehör) gewährt.
2.13.2.1. Eine diesbezügliche Stellungnahme ist nicht eingelangt.
2.14. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine Verhandlung für den XXXX an. Die Ladung wurde der BF XXXX übermittelt. Die Ladungen wurden ordnungsgemäß zugestellt. Die BF hat die Ladung persönlich entgegengenommen und durch ihre eigenhändige Unterschrift bestätigt (OZ 14).
2.14.1. Mit der Sendung unter II.2.14. wurden der rechtsfreundlichen Vertretung sowie auch der BF folgende Berichte übermittelt (OZ 14):
XXXX
XXXX
XXXX
XXXX
2.14.2.Die Vorlage einer Stellungnahme zu den Länderberichten ist nicht erfolgt.
2.15. Mit Schreiben vom XXXX gab die BF die Auflösung der Vollmacht zur XXXX bekannt (OZ 20).
2.16. Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX eine öffentliche, mündliche Verhandlung zur Erörterung der aktuellen Länderberichte unter Beiziehung einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Chinesisch durch, zu welcher die BF unentschuldigt nicht erschienen ist. In der Abfrage der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres schien kein Eintrag betreffend die BF auf (OZ 23). Das BFA verzichtete vorab mit Schreiben vom XXXX auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und ist folglich nicht erschienen (OZ 18).
2.17. Das BFA übermittelte dem BVwG am XXXX einen Strafantrag der XXXX , welchem zu entnehmen ist, dass die BF eine Übertretung des XXXX begangen habe, da sie in ihrer Privatwohnung Essen für den Imbissstand XXXX , zubereitet hätte. Die BF sei zu diesem Zeitpunkt weder zur Sozialversicherung gemeldet, noch im Besitz eines arbeitsmarktbehördlichen Dokuments gewesen. Die Finanzbehörde beantragte wegen der unerlaubten Beschäftigung der BF eine Strafe in der Höhe von € 1.500,00 (OZ 10).
2.17.1. Das Bundesverwaltungsgericht führte eine Strafregisterabfrage durch. Es scheint keine Verurteilung auf.
II. Für das Bundesverwaltungsgericht ergibt sich daraus wie folgt:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person der BF
Die BF ist eine volljährige Staatsangehörige der VR China und im erwerbsfähigen Alter. Sie spricht (Hoch-) Chinesisch/Mandarin. Die BF ist konfessionslos.
Die BF hat im Herkunftsstaat zumindest die Grundschule besucht und kann Lesen und Schreiben.
Die BF ist ihren Mitwirkungspflichten in der mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen. Sie verweigert es, Angaben zu ihrer Person, ihrem Herkunftsort und Angaben zu ihrer Familie zu machen. Sie ist unentschuldigt der Verhandlung am XXXX ferngeblieben.
Die BF leidet an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung. Sie befindet sich aktuell nicht in ärztlicher Behandlung. In der XXXX . Sie leidet an einer XXXX , die von XXXX , aber auch von XXXX überlagert wird. Der Angabe der BF sich nicht an diverse Daten und Fakten zu erinnern, liegt keine medizinische (psychiatrische) Ursache zugrunde.
Die BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zum Fluchtvorbringen der BF
Die BF ist keiner konkreten, asylrelevanten Verfolgung bzw. Bedrohung im Herkunftsstaat China ausgesetzt.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in China
Aus den ins Verfahren eingeführten, mit der Ladung zugestellten und im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom XXXX , angeführten Länderberichten zur Lage in der VR China (in der Folge: LIB), XXXX “ ergibt sich Folgendes:
1.3.1. Bewegungsfreiheit – Das Hukou System
Letzte Änderung: 4.6.2020
Das Gesetz sieht eine innerstaatliche Bewegungsfreiheit, die Möglichkeit von Auslandsreisen und die Möglichkeit einer Rückkehr vor. Doch werden diese Rechte nicht immer durch die Regierung ermöglicht. Die Behörden verschärften die Beschränkungen der Bewegungsfreiheit vor wichtigen Jubiläen, Besuchen ausländischer Würdenträger oder großen politischen Ereignissen, um Demonstrationen vorzubeugen (USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - China).
Ein Umzug bzw. eine Umregistrierung in eine andere Region ist (nur) im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des Hukousystems (Haushaltsregistrierungssystem) möglich – insbesondere wenn man in einem anderen Ort eine Arbeitsstelle hat und der Arbeitgeber entsprechend die Formalitäten erfüllt. In einigen Orten (z.B. Beijing und Shanghai) gibt es lange (mehrjährige) Wartezeiten für die Umregistrierung des Hukou nach einem Punktesystem, da der Zuzug hier streng geregelt wird (ÖB Peking (28.5.2020): Auskunft des Vertrauensanwaltes).
Durch das Hukou-System wird verhindert, dass rund 290 Millionen Arbeits- und Binnenmigranten in den Städten, in denen sie arbeiten, vollen legalen Status als Einwohner genießen. Durch die Regierung wurde angekündigt, das geltende System schrittweise zu reformieren und die Vorteile des städtischen Wohnsitzes auf 100 Millionen Migranten auf der Grundlage ihrer Ausbildung, ihrer Arbeitserfahrung und ihres Wohnstatus auszuweiten. Doch würde eine Umsetzung dieses Plans immer noch eine große Mehrheit der Migranten ohne gleiche Rechte oder vollen Zugang zu sozialen Diensten wie Bildung für ihre Kinder in den örtlichen Schulen bedeuten. Im April 2019 führte die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission eine weitere Stufe dieser Reformen ein, die für Städte mit einer bis drei Millionen Einwohnern vorsieht, alle Beschränkungen für Migranten, die ein lokales Hukou erhalten wollen, abzuschaffen, von Städten mit drei bis fünf Millionen Einwohnern hingegen verlangt, Beschränkungen für bestimmte Kategorien von Migranten, insbesondere solche mit höherem Bildungsniveau, zu lockern (FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - China).
Anderswo in China, wo 2019 die ersten Stufen eines Sozialkreditsystems eingeführt wurden, sehen sich Berichten zufolge Millionen von Bürgern aufgrund ihrer niedrigen Punktzahlen mit Einschränkungen bei Flug- und Bahnreisen konfrontiert. Millionen Menschen, viele von ihnen Uiguren und Tibeter, sind von staatlichen Einschränkungen beim Zugang zu Auslandsreisen und Reisepässen betroffen (FH 4.3.2020; vgl. HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - China).
Repressionen erfolgen landesweit nicht einheitlich. Da wegen der Größe des Landes und der historisch überkommenen Strukturen Einfluss und Kontrolle der Zentralregierung in den einzelnen Landesteilen unterschiedlich ausgeprägt sind, treten staatliche oder dem Staat zurechenbare Übergriffe in den Regionen unterschiedlich häufig auf. Daher kann es im Einzelfall möglich sein, durch einen Ortswechsel Repressalien auszuweichen. Allerdings ist ein Umzug von in der VR China lebenden Chinesen in einen anderen Landesteil durch die restriktive Registrierungspraxis im Hukou-System nur schwer möglich (Verlust des Zugangs zu Bildung und Sozialleistungen). Für Personen aus ländlichen Gebieten ist es schwierig, legal in eine Stadt zu übersiedeln. Insbesondere für aus politischen Gründen Verfolgte gibt es nach Ansicht des deutschen Auswärtigen Amtes keine sichere Ausweichmöglichkeit innerhalb Chinas (AA - Auswärtiges Amt (22.12.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China).
Ein Untertauchen, also eine nicht registrierte Niederlassung in einen anderen Landesteil als jenem des Melde-Wohnorts, ist schwierig. Sowohl bei Inlandsflügen als auch bei Zugfahrten wird systematisch die Identität überprüft, auch Zugtickets können nur mit Personalausweis gekauft werden und sind nicht übertragbar. Kraftfahrzeuge mit Kennzeichen von außerhalb der Stadt oder der Provinz und deren Passagiere werden systematisch überprüft. Es besteht ein sehr effizientes System der Überwachung durch Nachbarschaftskomitees. In der Tibetischen Autonomen Region und in Xinjiang besteht besonders strenge Überwachung unter anderem durch das System der kollektiven Bestrafung von Dorfgemeinschaften und starken Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, wonach Personen, die ihr Dorf oder ihre Region verlassen wollen, hierfür Genehmigungen einholen müssen welche teilweise nur für bestimmte andere Regionen ausgestellt werden. In Xinjiang werden darüber hinaus in von Uiguren bewohnten Gegenden an Straßensperren Identitätskontrollen – vor allem von jungen männlichen Uiguren – durch die bewaffnete Volkspolizei und die Volksbefreiungsarmee durchgeführt (ÖB Peking (11.2019): Asylländerbericht Volksrepublik China).
Seit 2016 gelten für die Einwohner Xinjiangs strenge Auflagen für den Erwerb von Reisedokumenten. Biometrische-Daten, eine DNA-Blutprobe, Fingerabdrücke sowie eine Stimmaufzeichnung und ein dreidimensionales Foto des Körpers müssen bei einem Antrag zur Verfügung gestellt werden (DZ - Die Zeit (25.11.2016): China sammelt Pässe in Unruheprovinz ein; vgl. BBC - British Broadcasting Corporation (7.6.2016): Chinese police require DNA for passports in Xinjiang). Personen in der Provinz Xinjiang müssen für Reisebewegungen zwischen Städten bei der Polizei eine Erlaubnis erwirken und eine Vielzahl von Kontrollpunkte durchlaufen. Es wird von einer Zunahme von Kontrollmaßnahmen auf Flughäfen, Bahnhöfen, sowie Kontrollpunkten an öffentlichen Bewegungslinien, wie Straßen, etc. berichtet (HRW - Human Rights Watch (9.9.2018): “Eradicating Ideological Viruses”, China’s Campaign of Repression Against Xinjiang’s Muslims).
Die Meldekarte („Hukou-System“) ist weiterhin nötig für die (legale) Aufnahme einer Arbeit oder den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. Chinesen, die keinen für ihre Zwecke gültigen Hukou haben (z.B. minderjährige Wanderarbeiter, welche offiziell noch nicht arbeiten dürften), verwenden mitunter gefälschte „Hukou-Karten“ oder solche von Verwandten (ÖB Peking (11.2019): Asylländerbericht Volksrepublik China).
1.3.2. Rückkehr
Letzte Änderung: 4.6.2020
Grundsätzlich erfolgen lückenlose, automatisierte Kontrollen an den Grenzkontrollstellen (ÖB 11.2019). Ein Asylantrag allein ist nach chinesischem Recht kein Straftatbestand. Personen, die China illegal, etwa unter Verletzung der Grenzübertritts-Bestimmungen verlassen haben, können bestraft werden (AA 22.12.2019). Einige Gruppen (v.a. Angehörige der Minderheiten der Uiguren und Tibeter) sowie als politische- bzw. Menschenrechtsaktivisten eingestufte oder im „Shuanggui“ System [ein nicht gesetzlich geregeltes Verfahren, welches eine zeitlich nicht näher begrenzte Arrestierung erlaubt]“ verfolgte Personen riskieren nach ihrer Rückkehr nach China regelmäßig unfaire Verfahren (ÖB 11.2019).
Die Rückkehrsituation für mittellose, kinderreiche Personen ohne Aussicht auf einen Arbeitsplatz und ohne familiäre Anbindung in China, insbesondere auf dem Land, ist als schwierig zu beurteilen (ÖB 11.2019).
1.3.2.1. Rückkehr in das Hukou-System
Chinesen, die aus China wegziehen, um sich im Ausland niederzulassen, sind verpflichtet ihre Haushaltsregistrierung im „Hukou-System“ löschen zu lassen (AB 18.08.2020, S. 5).
Chinesische Staatsbürger, die sich im Ausland niedergelassen haben, haben grundsätzlich das Recht, sich nach ihrer Rückkehr nach China wieder im Land niederzulassen und sich unter entsprechenden Bedingungen auch im „Hokou-System“ registrieren zu lassen. Sie erhalten dann dieselben Rechte und Pflichten wie die übrigen Bürger. Vor der geplanten Rückkehr ist entweder bei einer chinesischen Vertretungsbehörde im Ausland oder bei der entsprechenden Behörde am vorgesehenen Wohnort ein Antrag zu stellen, mit welchem dem Antragsteller eine „Bescheinigung zur Rückkehr und Ansiedlung von Auslandschinesen“, also eine „Rückkehrbescheinigung“ überantwortet wird (AB 18.08.2020, S. 3 und 5).
Die Ausstellung dieser Rückkehrbescheinigung setzt die die Beantragung der genannten Bescheinigung, den Reisepass, eine Erklärung, auf das ausländische Aufenthaltsrecht zu verzichten und Straffreiheit voraus. Bei Kriminalstraftaten kann die Registrierung verwehrt oder entzogen werden (AB 18.08.2019, S. 3 und S. 5). Die einfache illegale Ausreise gilt als Verwaltungsstraftat und nicht als Kriminalstraftat (AB 18.08.2020, S. 6).
Die Voraussetzungen für eine Registrierung in China werden geprüft und die antragsstellende Person muss den Nachweis erbringen, dass sie eine bestimmte Zeit lang in China aufhältig war. Die Dauer des Aufenthalts variiert in den verschiedenen Provinzen (AB 18.08.2020, S. 3).
Darüber hinaus ist ein gesicherter Lebensunterhalt und die Verfügbarkeit einer rechtlichen häuslichen Unterkunft für die rückkehrende Person nachzuweisen (AB 18.08.2020, S. 3).
Für eine Registrierung an einem anderen Ort als dem bisherigen Lebensmittelpunkt sind zusätzliche lokal erlassene Bedingungen zu erfüllen (AB 18.08.2020, S. 3).
Bei einer genehmigten „Rückkehr zur Ansiedlung“ in China müssen sich Auslandschinesen innerhalb von sechs Monaten zur Registrierung mit der gültigen Rückkehrbescheinigung an das Büro für öffentliche Sicherheit am vorgesehenen Wohnsitz wenden (AB 18.08.2020, S. 3).
Auch wenn die „Bescheinigung zur Rückkehr und Ansiedlung“ verbindlichen Rechtsanspruch besitzt, obliegen dem Staat Möglichkeiten, diese Ansprüche bei Vorliegen von Straftaten betreffend der allgemeinen Sicherheit und Ordnung zu verwehren (AB 18.08.2020, S.3).
1.3.2.2. Sozialhilfe für Rückkehrer
Chinesischen Staatsbürger, die alle entsprechenden gesetzlichen Formalitäten zur Rückkehr und Niederlassung in China erbringen, können nach Rückkehr Sozialhilfe beantragen. Darüber hinaus haben rückkehrende Chinesen Anspruch auf die gesetzliche Grundversorgung, wenn sie ihre Arbeitsfähigkeit verloren haben und über keine finanziellen Mittel zur Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes verfügen (AB 18.08.2020, S. 3 und 4).
Angemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass eine Rückkehrbescheinigung in der Regel jedoch nur dann erteilt wird, wenn durch die antragstellende Person nachgewiesen werden kann, dass der Lebensunterhalt gesichert ist und ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht (AB 18.08.2020, S. 4).
So stellt sich in den meisten Fällen die Frage um Beantragung von Sozialleistungen für Rückkehrer erst gar nicht (AB 18.08.2020, S. 4).
Aus dem Ausland rückgekehrte chinesische Staatsbürger können nach entsprechender, bereits beschriebener Registrierung am Ort der Haushaltsregistrierung Leistungen der nationalen Grundkrankenversicherung in Anspruch nehmen. Durch die chinesische Krankenversicherung wird in der Regel die medizinische Grundversorgung in den für den Wohnort designierten Krankenhäusern abgedeckt (AB 18.08.2020, S. 4).
Voraussetzung für einen Anspruch von Leistungen durch die Krankenversicherung ist wiederum eine Hukou-Registrierung, die voraussetzt, dass der Lebensunterhalt sowie ausreichender Wohnraum zur Verfügung steht (AB 18.08.2020, S. 4).
Die Rückkehrsituation für mittellose Personen ohne familiäre Anbindung und Aussicht auf Beschäftigung ist in China, insbesondere in den ländlichen Gebieten des Landes, als schwierig zu bezeichnen (AB 18.08.2020, S. 5).
1.3.3. Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 4.6.2020
Das chinesische Gesundheitssystem hält nicht mit der wirtschaftlichen Entwicklung Schritt. Gemäß aktuellen Vergleichszahlen der OECD sind für 1.000 Einwohner 2,7 Krankenschwestern/-pfleger sowie zwei Ärzte verfügbar (HB – Handelsblatt (19.2.2020): Coronavirus offenbart gravierende Mängel an Chinas Gesundheitssystem). Auch die finanzielle Absicherung im Krankheitsfall ist nach wie vor ungenügend. Obwohl 95 Prozent der Bevölkerung über Krankenversicherungsprogramme abgesichert sind, stellen Krankheiten, die intensive ärztliche und/oder therapeutische Behandlungen erfordern, für Bezieher durchschnittlicher und niedriger Einkommen nach wie vor enorme, häufig existenzbedrohende finanzielle Belastungen dar. Wie auch in anderen Politikfeldern herrscht im Gesundheitswesen ein gravierendes Stadt-Land-Gefälle vor. Elementare medizinische Dienstleistungen sind in abgelegenen ländlichen Gebieten kaum vorhanden, eine zeitnahe ärztliche Versorgung kaum möglich, und die vorhandenen Krankenhäuser sind schlecht ausgestattet. Auch wer in einer städtischen Krankenversicherung versichert ist, muss einen großen Teil der Behandlungskosten selbst tragen, da die Erstattungsbeträge aus der Krankenversicherung in der Regel nicht mehr als 60 Prozent betragen (ÖB Peking (11.2019): Asylländerbericht Volksrepublik China; vgl. IOM - International Organisation for Migration (2019): Länderinformationsblatt China 2019, AA - Auswärtiges Amt (22.1.2020): China: Reise- und Sicherheitshinweise). Die meisten Versicherten erhalten eine Kostenerstattung bei jährlichen Kosten bis 1.300 RMB (179 EUR). Bedienstete von Staatsbetrieben erhalten nahezu kompletten Kostenersatz. Somit ist Krankheit ein häufiger Armutsfaktor. Die Zahl der chronisch und schwerkranken Menschen steigt darüber hinaus angesichts der wachsenden Krebsrate (Umweltprobleme) und der Änderung der Lebensgewohnheiten durch Zivilisationskrankheiten. Selbst staatliche Krankenhäuser müssen sich weitgehend selbstständig finanzieren, und tun dies vor allem durch extensives Verschreiben überteuerter Medikamente. Der Arztberuf genießt in China relativ geringes Ansehen, Ärzte können von ihrem Grundgehalt kaum leben und es herrscht akuter Mangel an qualifiziertem Personal. Die große Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Gesundheitssystem äußert sich regelmäßig in gewalttätigen Übergriffen gegen medizinisches Personal (ÖB 11.2019).
Chinas System der Haushaltsregistrierung (das Hukousystem) trägt zu beobachtbaren Ungleichgewichten und der Marginalisierung von Landbewohnern und Migranten in den urbanen Zentren bei. Neuzuwanderer in städtische Gebiete haben aufgrund der strengen Registrierungsanforderungen oft keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und Wohnraum (UN DESA – United Nations Department of Economic and Social Affairs (2020): World Social Report 2020).
Obwohl die chinesische Regierung kontinuierlich immer mehr Geld in das Gesundheitswesen investiert (2014 plus 11 Prozent gegenüber 2013 und damit 5,7 Prozent des BIP) ist die Abdeckung für untere Einkommensschichten oder bei chronischen Krankheiten ungenügend. Besonders auf dem Land investieren häufig arme Familien ihre gesamten Ersparnisse in die Behandlung kranker Familienmitglieder und ist Krankheit somit ein häufiger Armutsfaktor. Die Zahl der chronisch- und schwerkranken Menschen steigt darüber hinaus angesichts der wachsenden Krebsrate (Umweltprobleme) und der Änderung der Lebensgewohnheiten durch Zivilisationskrankheiten (ÖB 11.2019).
In China gibt es keine niedergelassenen, sondern nur in den Kliniken angestellte Ärzte (coliquio (10.8.2018): Als Arzt in China: Keine Halbgötter in Weiß). Krankenhäuser sind sowohl in großen als auch in kleinen Städten zu finden (IOM 2019). Der Arztberuf genießt in China relativ geringes Ansehen, Ärzte können von ihrem Grundgehalt kaum leben und es herrscht akuter Mangel an qualifiziertem Personal. Die große Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Gesundheitssystem äußert sich regelmäßig in gewalttätigen Übergriffen gegen medizinisches Personal. Staatliche Krankenhäuser müssen sich weitgehend selbstständig finanzieren, und tun dies vor allem durch extensives Verschreiben überteuerter Medikamente (ÖB 11.2019).
Der Markt für Medikamente in China ist relativ gut entwickelt. Grundsätzlich sind Medikamente im ganzen Land erhältlich. Während die Kosten für lokal hergestellte Medikamente gering sind, ist importierte Medizin mit besonderen Wirkstoffen sehr teuer (IOM 2019).
Seit März 2016 wurde eine Reihe von Maßnahmen angekündigt, darunter eine Anhebung der Kostenerstattung für Patienten, die Anhebung der Zahl der Ärzte auf 70.000, die zentralisierte Beschaffung von Medikamenten für Spitäler, die Verbesserung des Remunerationssystems in Gemeindespitälern auf Leistungsbasis, und der Aufbau eines nationalen Netzwerks für die Kostenerstattung in der Krankenversicherung, sodass Kosten landesweit erstattet werden können (ÖB 11.2019).
Die Hygiene entspricht nicht europäischen Standards. In den großen Städten finden sich sehr große Klinikzentren mit modernster Ausstattung, wohingegen auf dem Land die Versorgung noch sehr einfach sein kann (AA - Auswärtiges Amt (22.1.2020): China: Reise- und Sicherheitshinweise).
Darüber hinaus kann es durch die enorme Beanspruchung des Gesundheitssystems im Zusammenhang mit den Auswirkungen der COVID-19 Pandemie zu Einschränkungen bei der allgemeinmedizinischen Versorgung kommen (AA – Auswärtiges Amt (3.6.2020): China: Reise- und Sicherheitshinweise, Aktuelles).
1.3.3.1. Verfügbare Medikamente in China
In der VR China ist die Medikation zur Behandlung von Depressionen, Schmerzen, Fiebersenkung und Magenschutz verfügbar (AB 28.08.2020, S. 2).
XXXX Der Wirkstoff des Medikaments Arthrotec ist Diclofenac (Schmerzmittel). Dieser ist in der VR China verfügbar (A Survey of Medicine Prices, Availability, Affordability and Price Components in Shandong Province, China, S. 20-23, 26, 49).
XXXX . Der Wirkstoff des Medikaments Foster ist Beclometason dipropionat. Dieser ist in der VR China erhältlich (A Survey of Medicine Prices, Availability, Affordability and Price Components in Shandong Province, China, S. 13, 20 - 25, 48, 49, 57).
Der Wirkstoff von Theospirex Theophyllin zur Behandlung von obstruktiven Atemwegserkrankungen ist in der VR China verfügbar (A Survey of Medicine Prices, Availability, Affordability and Price Components in Shandong Province, China S. 20 – 25).
Vertirosan mit den Wirkstoffen Dimenhydrinat und Pyridoxinhydrochlorid (Mittel zur Vorbeugung und Behandlung von Brechreiz und Schwindel und von Reisekrankheit) stellen Vitamin B6 Manteldragees dar. Vitamin B6 wird in China produziert (Quelle: https://www.nutraingredients-asia.com/Article/2016/07/07/Rising-global-demand-sees-DSM-shift-vitamin-B6-production-to-China#).
Der Wirkstoff des Medikaments Ranic Hexal ist Ranitidin. Dieser ist in der VR China verfügbar (A Survey of Medicine Prices, Availability, Affordability and Price Components in Shandong Province, China, S. 21-23, 31-32, 48, 49, 59).
Der Wirkstoff des Medikaments Perfalgan ist Paracetamol. Dieser ist in der VR China erhältlich (AB 28.08.2020, S. 2).
Der Wirkstoff des Medikaments Pantoloc ist Pantoprazol. Dieser ist in der VR China verfügbar (AB 28.08.2020, S.2).
1.3.4. Zur aktuellen Covid-19-Pandemie
COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten, Immunschwächen, etc.) auf. (https://www.who.int/health-topics/coronavirus#tab=tab_1).
In China gibt es mit Abfrage vom 19.11.2020, Stand 11:00 Uhr, aktuell 92.490 Personen, die an COVID-19 erkrankt und insgesamt 4.749, die an COVID-19 verstorben sind XXXX
Im Vergleich dazu ergibt sich aus einer Abfrage zu Österreich vom 19.11.2020, Stand 11:00 Uhr, dass insgesamt 213,462 an COVID-19 erkrankt und 1,815 Personen an COVID-19 verstorben sind XXXX
In Österreich betrug die Populationszahl der letzten Volkzählung im Jahre 2016 8.712.000 XXXX In China betrug die Populationszahl im Jahre 2016 1.411.415.000 XXXX
Österreich befindet sich aktuell im zweiten „Lockdown“ (Ausgangsregelung).
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat Österreich weltweit, gemessen an der Einwohnerzahl, die höchste Rate an bekannten COVID-Neuinfektionen XXXX In einem Vergleich der aktuellen Zahlen ist die pandemiebedingte Situation in Österreich zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlechter als in China.
Der Flugverkehr zwischen Österreich und China ist aufrecht. Seit XXXX dürfen aus Österreich kommende Flüge wieder in Peking landen. Anfang Oktober hat Austrian Airlines den Flugverkehr nach Shanghai wieder aufgenommen ( XXXX
1.4. Zur Situation der BF im Falle einer Rückkehr
Der BF ist eine Rückkehr in ihren Herkunftsort in der VR China zumutbar. Sie kann sich jederzeit im Hukou-System wieder registrieren. Rückkehrende Staatsangehörige der VR China haben Anspruch auf die gesetzliche Grundversorgung, wenn sie ihre Arbeitsfähigkeit verloren haben und über keine finanziellen Mittel zur Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes verfügen. Im Falle einer Rückkehr würde sie somit in keine existenzgefährdende Notlage geraten bzw. es würde ihr nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen werden. Sie läuft folglich nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten.
Die BF hat bei einer Rückkehr in die VR China Zugang zu medizinischer Versorgung durch die nationale Grundkrankenversicherung.
Im Falle einer Abschiebung in den Herkunftsstaat ist die BF nicht in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht.
Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr ausschließen, konnten nicht festgestellt werden.
1.5. Zur Situation der BF in Österreich
Die BF ist zu einem unbestimmten Zeitpunkt in das Bundesgebiet eingereist. Sie ist seit dem XXXX im Bundesgebiet gemeldet.
Seit XXXX ist sie in der XXXX gemeldet. An der Wohnadresse ist ebenso XXXX , geb. am XXXX , gemeldet. Dessen Antrag auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig abgewiesen und er verfügt zum gegenwärtigen Zeitpunkt über keinen Aufenthaltstitel in Österreich. Die BF führt mit XXXX keine Lebensgemeinschaft. Es bestehen keine wechselseitigen, finanziellen Abhängigkeitsverhältnisse. Die BF lebt von der Grundversorgung.
Die BF hat keine Familienangehörigen in Österreich. Es bestehen keine familienähnlichen Beziehungen zu anderen Personen im Bundesgebiet.
Die BF hat im Bundesgebiet keinen Deutschkurs besucht und auch keine sonstige Ausbildung absolviert. Sie hat keine Kenntnisse der deutschen Sprache.
Im Bundesgebiet hat sie keine ehrenamtlichen Tätigkeiten verrichtet.
2. Beweiswürdigung
Die in Klammer angeführten Aktenseiten mit der Bezeichnung „AS/1“ beziehen sich auf das Verfahren der BF vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Aktenzahl XXXX . Die in Klammer angeführten Aktenseiten mit der Bezeichnung „AS/2“ beziehen sich auf das Verfahren der BF vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Aktenzahl XXXX .
2.1. Zur Person der BF
2.1.1. Die Identität der BF konnte mangels Vorlage von Dokumenten nicht festgestellt werden, weshalb hinsichtlich dem Namen „ XXXX “ und dem Geburtsdatum „ XXXX “ Verfahrensidentität vorliegt.
2.1.2. Die Feststellungen zur Staatszugehörigkeit der BF gründen sich auf die insoweit glaubhaften Angaben in den bisherigen Befragungen bzw. den Kenntnissen der chinesischen Sprache der BF.
Es haben sich keine Hinweise ergeben, an Ihren Angaben, konfessionslos zu sein, zu zweifeln (AS2/7).
Im behördlichen Verfahren gab die BF „Mandarin-Chinesisch“ als ihre Muttersprache an (AS2/7). In der mündlichen Verhandlung sprach die BF (Hoch-) Chinesisch/Mandarin (Niederschrift der mündlichen Verhandlung (in der Folge) NSV, S.7) und es ergaben sich keine sprachlichen Probleme mit der Dolmetscherin für (Hoch-) Chinesisch/Mandarin. Dass die BF auch einen anderen Dialekt der chinesischen Sprache spricht, hat sie weder selbst angegeben, noch ist dies im Verfahren hervorgekommen.
Es haben sich insgesamt keine Hinweise darauf ergeben, dass die BF aus einem ländlichen Gebiet des Herkunftsstaates stammt und sich ihre Rückkehrsituation dadurch als schwierig darstellen könnte (vgl. AB 18.08.2020, S. 5).
2.1.3. Die BF gab sowohl bei ihrem erstmaligen Aufgriff durch die XXXX (AS/1 17), in ihrer Erstbefragung (AS/2 7, 9 und 11), in der sachverständigen Untersuchung (AS/2 137) und ihren Einvernahmen beim BFA (AS/1 49; AS/2 59; AS/2 175) an, dass sie nicht wisse, an welchem Ort und in welcher Provinz sie geboren sei und wo sie bis zu ihrer Ausreise gelebt habe. Dass die BF sich an solch essentielle Daten ihrer Lebensgeschichte nicht erinnern kann, ist insbesondere vor dem Hintergrund des Gutachtens von XXXX nicht nachvollziehbar, zumal diesem zu entnehmen ist, dass keine medizinischen (psychiatrischen) Ursachen dafür vorliegen, dass sich die BF nicht an Fakten und Daten erinnern könnte. Die von ihr behaupteten Erinnerungslücken finden keinen Ursprung in einer psychischen Erkrankung. Zudem ist dem Gutachten zu entnehmen, dass die BF ein bewusstes Abwehrverhalten aufweist (AS 161; s. II.2.1.6.). Somit kann davon ausgegangen werden, dass sich die BF an die Daten und Fakten erinnert, sie sich jedoch bewusst dazu entschließt, diese im Verfahren nicht preiszugeben.
2.1.4. Die Feststellung, dass die BF zumindest eine XXXX Grundschulausbildung absolviert hat, gründet sich auf ihre diesbezüglichen Angaben in ihrer Erstbefragung (AS/2 7) und in der sachverständigen Untersuchung (AS 2/ 139). Insoweit die BF bei der niederschriftlichen Einvernahme angab, sich nicht erinnern zu können, ob bzw. wie lange sie zur Schule gegangen sei (AS/2 7; AS/2 59, AS 2/183), ist ihr diesbezüglich vor dem Hintergrund des Gutachtens von XXXX kein Glauben zu schenken (s. II. 2.1.6.). Es konnte zudem nicht ausgeschlossen werden, dass die BF eine XXXX Grundschulausbildung hat.
Vor dem Hintergrund dieser XXXX Grundschulausbildung ist die Angabe, Analphabetin zu sein und nur ihren eigenen Namen schreiben zu können (AS/2 59, AS/2 139), nicht nachvollziehbar.
2.1.5. Vor dem Hintergrund des Gutachtens von XXXX (s. II.2.1.6.) waren die Angaben der BF in der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX (AS/2 59), nicht zu wissen, ob sie im Herkunftsstaat gearbeitet habe, sowie in der Erstbefragung am XXXX (AS 2/7) und der sachverständigen Untersuchung am XXXX (AS/2 139), ob sie im Herkunftsstaat einen Beruf ausgeübt habe, nicht nachvollziehbar.
2.1.6. Zur Glaubhaftmachung ihres Vorbringens hat eine Asylwerberin die für die ihr drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig zu schildern sodass diese Gründe objektivierbar sind. Die BF trifft in der Folge die Pflicht, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen und für eine Asylgewährung spricht. Sie hat diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern.
Die Mitwirkungspflicht der BF bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in ihrer Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich das Gericht nicht von Amts wegen verschaffen kann.
In ihrer Erstbefragung gab die BF lediglich ihren Namen, ihr Geburtsdatum sowie ihren Familienstand an (AS/2 7). An andere Daten könne sie sich nicht erinnern.
In der ersten niederschriftlichen Einvernahme beim BFA am XXXX verhielt sich die BF ebenso wortkarg. Hierbei gab sie lediglich ihren Namen sowie, dass sie keine Geschwister und keine Kinder habe, an. An den Namen ihrer Eltern, ihres Exmannes, ihren Geburtsort und Angaben zu ihrer Schulbildung im Herkunftsstaat könne sie sich nicht erinnern (AS/2 59). Die niederschriftliche Einvernahme wurde daher unterbrochen, um ein psychiatrisches Gutachten zur Überprüfung des psychischen Gesundheitszustandes sowie der Einvernahmefähigkeit der BF einzuholen (AS/2 61). Auch in ihrer zweiten niederschriftlichen Einvernahme am XXXX gab die BF auf viele Fragen zur Antwort, dass sie es nicht wisse bzw. sich nicht erinnern könne (AS/2 177, AS/2 179, AS/2 183).
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht antwortete die BF schon zu Beginn der Verhandlung kaum auf Fragen bzw. gab befragt fortwährend an, dass sie es nicht wisse. Ihre Angabe, auch den Namen ihres Mitbewohners, Herrn XXXX nicht zu kennen, ist nicht nachvollziehbar (NSV, S. 10). Ihre weiteren Äußerungen vor Herrn XXXX Angst zu haben und sich nicht zu trauen, die Toilette aufzusuchen, weil dieser vor dem Verhandlungssaal warte, sind vor dem Hintergrund ihrer hierzu widersprüchlichen Angaben in derselben Verhandlung, dass sie nach Hause zu ihm wolle, nicht nachvollziehbar (NSV S. 19 und NSV S. 20). Auch kann die Episode, in welcher sie in der Verhandlung den Kopf auf den Tisch legend, nicht mehr ansprechbar war, vor dem Hintergrund der Angaben der Rettungseinsatzkräfte, dass sie nicht unter bewusstseinsbeeinträchtigenden Medikamenten stand und diese Handlung somit eine bewusste und gewillkürte Handlung darstellt, nicht nachvollzogen werden (Zusatz zu OZ 12). Der BF war es somit möglich, aufzustehen und mit den Rettungskräften mitzugehen, sie wollte dies jedoch nicht. Die BF verweigerte auch eine weitere Untersuchung (OZ 16).
Dem Gutachten von XXXX vom XXXX ist zu entnehmen, dass die BF an einer XXXX leide, die von XXXX , aber auch von XXXX überlagert werde (AS/2 161). So führte die Fachärztin an, dass die BF zwar angebe, sich an diverse Daten und Fakten nicht mehr erinnern zu können, es dafür jedoch keine medizinische (psychiatrische) Ursache gebe. Die von der BF vorgebrachten Erinnerungslücken entstammen somit keiner psychischen Erkrankung (AS/2 163). Dies bedeutete in der Folge, dass sich die BF an Daten und Fakten zwar bewusst erinnern kann, sie sich jedoch dazu entscheidet, diese nicht zu kommunizieren. Dies wurde im Gutachten als „ XXXX “ im psychiatrischen Querschnittsbefund beschrieben (AS/2 161).
Zwar gab die BF in ihrer Beschwerde an, dass nur aufgrund der Tatsache, dass dem Unvermögen der BF, sich an Details zu erinnern, keine medizinische Ursache zugrunde liege, nicht geschlossen werden könne, dass die BF ihre Herkunft und ihre familiären Verhältnisse verschleiern wolle, sondern in Erwägung zu ziehen sei, dass die BF diese stark verdrängen wolle (AS 389). Dies erklärt jedoch nicht, weshalb die BF weder zu ihrem Geburtsort, noch zu ihrer Schul- oder Berufsausbildung Angaben machen konnte.
In Zusammenschau des Gutachtens von XXXX und dem offensichtlich bewussten verweigernden Verhalten der BF in der mündlichen Verhandlung steht fest, dass die BF ihren Mitwirkungspflichten im Asylverfahren aktiv und bewusst nicht nachgekommen ist. Sie hat somit ihre Mitwirkungspflichten im behördlichen Verfahren sowie im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht verletzt. Zudem ist sie –trotz ordnungsgemäßer Ladung- unentschuldigt bei der Verhandlung am XXXX nicht erschienen und verletzte somit erneut ihre Mitwirkungspflicht.
2.1.7. Die Feststellung, dass die BF an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, ergibt sich aus den vorgelegten Befunden. Auch hat die BF nicht behauptet, lebensbedrohlich krank zu sein.
Dass die BF an einer XXXX leidet, ist Folge der vorgelegten Befunde.
Die Feststellung, dass die BF sich aktuell XXXX befindet, folgt ihren Angaben in der Einvernahme vom XXXX (AS/2 173 sowie auch NSV, S.8).
Den vorlegten Befunden kann folgender Inhalt zum Gesundheitszustand der BF entnommen werden:
Der ambulante Patientenbrief des XXXX vom XXXX beinhaltet, dass die vorläufige Diagnose einer XXXX und einer XXXX im Sinne einer XXXX gestellt wurde (AS/2 45f).
Dem Patientenbrief des XXXX vom XXXX ist zu entnehmen, dass die BF an XXXX leidet (AS/2 63).
Dem Gutachten von XXXX vom XXXX ist zu entnehmen, dass die BF an einer XXXX leide, die von XXXX , aber auch von XXXX überlagert werde (AS/2 161). Die Behandlung der XXXX der BF sei mit XXXX möglich (AS 163).
Dem am XXXX vorgelegten, medizinischen Befunden ist zu entnehmen, dass die BF an XXXX leide.
Dem vorgelegten, XXXX Befund von XXXX zu Folge, gäbe es Hinweise, dass die BF an einer XXXX leide (AS/2 207f).
Dem fachärztlichen Befundbericht der XXXX vom XXXX ist zu entnehmen, dass die BF an einer XXXX leide. Der BF wurde empfohlen, weitere XXXX wahrzunehmen, XXXX in einer XXXX Einrichtung wahrzunehmen, weiter vom XXXX betreut zu werden sowie bei Gelegenheit weitere allgemeinmedizinische bzw. internistische Abklärung wahrzunehmen (OZ 3). Dem fachärztlichen Befundbericht des XXXX vom XXXX zu Folge, leide die BF an einer XXXX , einer XXXX und einer XXXX (OZ 9).
Die Behandlung der BF im Herkunftsstaat ist möglich. Der ins Verfahren eingebrachten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom XXXX ist zu entnehmen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten für XXXX in der VR China verfügbar sind (AB XXXX , S. 2).
In ihrer niederschriftlichen Einvernahme am XXXX gab die BF an, die Medikamente XXXX , XXXX , XXXX , XXXX XXXX , XXXX XXXX und XXXX einzunehmen (AS/2 173). Dem fachärztlichen Befundbericht der XXXX vom XXXX ist zu entnehmen, dass die BF mit den Medikamenten XXXX und XXXX behandelt werde (OZ 3). In einem XXXX steht zudem, dass die BF XXXX und XXXX einnehme (AS/2 45). Wie den Länderfeststellungen unter Punkt II.1.3.3.1. zu entnehmen ist, sind alle angeführten Medikamente bzw. deren Wirkstoffe oder entsprechende Medikamente mit derselben Wirkung in der VR China verfügbar. Dass eines der angeführten Medikamente in der VR China nicht verfügbar wäre, wurde von der BF auch nicht vorgebracht.
2.1.8. Dass sowohl die BF als auch ihr Mitbewohner XXXX von der XXXX aufgrund der XXXX angezeigt wurden, ist dem Strafantrag der XXXX vom XXXX zu entnehmen. Demnach XXXX (OZ 10).
Dass die BF zum gegenwärtigen Zeitpunkt strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einem Auszug aus dem österreichischen Strafregister.
2.2. Zum Fluchtvorbringen
2.2.1. Die Feststellung, dass die BF keiner konkreten, asylrelevanten Verfolgung bzw. Bedrohung im Herkunftsstaat VR China ausgesetzt ist, ergibt sich daraus, dass das Fluchtvorbringen nicht glaubhaft sowie die BF persönlich unglaubwürdig ist. Die BF war über das gesamte Verfahren hinweg nicht bereit, auch nur das Minimum eines Tatsachensubstrats vorzubringen.
2.2.2. Die BF gab keine Daten über Ihre Person Preis. Dass sie sich an ihre grundlegenden persönlichen Daten nicht erinnern könne, ist weder nachvollziehbar noch glaubhaft (s. Punkt II.2.1.6.).
2.2.3. Die Angaben betreffend eine XXXX der BF im Herkunftsstaat sind widersprüchlich.
In ihrer niederschriftlichen Einvernahme beim BFA am XXXX gab sie an, keine Verfolgung in der VR China zu befürchten (AS/1 49).
Dem Beschwerdevorbringen vom XXXX ist zu entnehmen, dass ihr Ehemann sie zur XXXX habe zwingen wollen (AS/1 115). In ihrer Befragung beim BFA am XXXX gab die BF an, dass ihr Ehemann sie zur XXXX gezwungen habe und ihr XXXX hätten. Weiters gab sie zu ihrem Fluchtgrund an, dass „wenn die Anderen die Ehefrauen nicht finden könnten, sie getötet werden“ würde (AS/2 15). In der niederschriftlichen Einvernahme am XXXX gab sie an, dass „höchstwahrscheinlich“ ihr Ex- XXXX gezwungen habe, sie sich jedoch nicht sicher sei und weder an seinen Namen und noch daran erinnern könne, wann sie geschieden worden wäre. Sie sei ausgereist, weil sie mit einem unbekannten Mann schlafen habe müssen (AS/2 179f.). In einer Gesamtbetrachtung sind ihre Angaben nicht schlüssig. Es ist zudem nicht nachvollziehbar, weshalb sie sich an den Namen des Exmannes und die behauptete Scheidung nicht mehr erinnern könne (II.2.1.6.).
Zu ihrem Beschwerdevorbringen, dass das BFA außer Acht gelassen habe, dass die von der BF vorgebrachte XXXX extrem belastend sei und Opfer oftmals alles verdrängen würden (AS/2 388f) ist zu entgegen, dass hierbei nicht verkannt wird, dass es sich bei der Angabe betreffend eine XXXX um einen äußerst sensiblen Bereich handelt. Es kann jedoch nicht nachvollzogen werden, weshalb die BF keine bzw. nur stark widersprüchliche Angaben zu ihrem Vorbringen machen konnte. Zudem konnte im bereits unter den Punkten II.2.1.6. und II.2.1.7. erläuterten Gutachten folgend festgestellt werden, dass es keine psychiatrische Ursache für behauptete Erinnerungslücken der BF gibt und die BF ein bewusstes Abwehrverhalten aufweist.
2.2.4. Darüber hinaus ist es nicht nachvollziehbar, dass die BF über mehrere Jahre hinweg in Österreich lebte, sogar Behördenkontakt hatte, aber keinen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Die BF wurde erstmals im XXXX von der Polizei befragt (Fremdenregisterauszug in AS/1 29), stellte jedoch keinen Antrag auf internationalen Schutz. Die BF wurde erneut im XXXX polizeilich aufgegriffen und verweigerte jegliche Zusammenarbeit (AS/1 17.). Die BF wurde in Folge dem BFA vorgeführt und gab hierbei an, bereits seit ungefähr XXXX in Österreich zu leben und „keinerlei Verfolgung“ in der VR China zu befürchten. Auch nach Belehrung über die beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung und die XXXX brachte die BF keine Befürchtungen vor (AS/1 49). Im XXXX brachte die BF erstmals im Rahmen der Beschwerde gegen die erlassene Rückkehrentscheidung vor, dass sie in ihrer Heimat von ihren Angehörigen geschlagen worden sei und ihr XXXX zwingen habe wollen (AS/1 115), stellte jedoch weiterhin keinen Asylantrag. Erst im XXXX , etwa ein Monat nach der Entlassung aus der Schubhaft, nach mehreren Behördenkontakten und mehrjährigem Aufenthalt in Österreich, stellte die BF schließlich einen Antrag auf internationalen Schutz (AS/2 7). Weshalb die BF hiermit zuwartete hat die BF nicht erläutert und kann nicht nachvollzogen werden.
2.2.5. Die BF steigerte ihr Fluchtvorbingen insofern, als sie in einer niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am XXXX nunmehr angab, dass sie einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, weil sie Angst vor einer Festnahme durch die österreichische Polizei habe. Zudem würde die Polizei im Bundesgebiet sie schlagen (AS/2 169ff). Es ist zudem nicht nachvollziehbar, weshalb die BF einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet stellen und um Schutz in Österreich ansuchen würde, wenn sie zugleich Angst habe, von österreichischen Sicherheitsbehörden körperlich misshandelt zu werden. Diesbezügliche Anhaltspunkte haben sich aus dem Akteninhalt auch nicht ergeben.
2.2.6. Gleichfalls wurde vom BFA zurecht festgehalten, dass sich selbst bei Wahrunterstellung des Fluchtvorbringens weder aus dem Vorbringen der BF noch aus den Länderberichten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der chinesische Staat nicht fähig oder nicht willig gewesen wäre, die BF vor Übergriffen zu schützen. Die BF gab in der Einvernahme vom XXXX an, in ihrem Herkunftsstaat wegen ihrer behaupteten Probleme weder Anzeige erstattet zu haben, noch sich an sonst eine Stelle gewandt zu haben (AS/2 183). Den Länderberichten ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass XXXX und Menschenhandel in der VR China strafgerichtlich verfolgt werden. (AS/2 325 sowie LIB S.55).
Die Ausführungen der BF in der Stellungnahme vom XXXX sowie in der Beschwerde sind auch nicht geeignet, dieses Ergebnis in Zweifel zu ziehen.
Soweit die BF in der Stellungnahme vom XXXX und in der Beschwerde darlegt, dass sie keinen staatlichen Schutz erwarten könne, da auch die chinesischen Behörden – wie dies auch den im Bescheid enthaltenen Länderberichten selbst zu entnehmen sei – teilweise in das XXXX swesen involviert seien (AS/2 222f und AS/2 378), ist zu entgegnen, dass dem Länderinformationsblatt zwar zu entnehmen ist, dass es glaubhafte Berichte gebe, dass lokale Behörden an Einrichtungen, in denen XXXX ausgeübt wird, beteiligt seien (LIB S. 55). Dabei handelt es sich um eine mögliche Involvierung der Behörden in XXXX , jedoch um keine Involvierung in die von der BF vorgebrachte XXXX . Aus dieser Angabe der BF konnten daher keine Rückschlüsse auf eine mangelnde Schutzfähig- und Schutzwilligkeit der VR China gezogen werden.
2.2.7. Soweit weiters die BF in der Beschwerde anführt, dass der BF eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung stehe (AS/2 380), ist zu entgegen, dass seitens der belangten Behörde keine innerstaatliche Fluchtalternative unterstellt wurde. Die BF gibt vielmehr ihren Herkunftsort bewusst nicht preis.
2.2.8. Zu ihrem Vorbringen in der Stellungnahme vom XXXX betreffend eine Stigmatisierung alleinstehender Frauen XXXX , wonach diese familiär und mittels öffentlicher Kampagnen angehalten werden würden, zu heiraten (AS/2 224), ist zu entgegnen, dass diesbezüglich keine substantiierte Verfolgungsgefahr dargetan wurde. Dem aktuellen LIB ist zu entnehmen, dass es vor allem in ländlichen Gebieten zu einer geschlechtsspezifischen Diskriminierung und einem ungleichen Zugang zu Leistungen komme (LIB S. 54). Die BF hat im Verfahren jedoch nicht angegeben, aus einem ländlichen Gebiet der VR China zu stammen.
2.2.9. Zum Beschwerdevorbringen der mangelnden Ermittlungstätigkeit (AS/2 378ff), ist auf die unter Punkt II.2.1.6. ausführlich erläuterte grobe Verletzung der Mitwirkungspflicht der BF zu verweisen. Das BFA setzte ausreichende Schritte, um den Sachverhalt, soweit dies ohne die Mitwirkung der BF möglich war, zu ermitteln. Die mangelnde Mitwirkung der BF an der Ermittlung des Sachverhalts kann dem BFA nicht angelastet werden.
2.2.10. Andere Fluchtgründe wurden von der BF im Verfahren nicht vorgebracht und sind auch vor dem Hintergrund der ins Verfahren eingebrachten Länderberichte nicht hervorgekommen.
2.3. Zu den Feststellungen der maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus dem im LIB wiedergegebenen und zitierten Länderberichten sowie den unter II.1.3. angeführten, ins Verfahren eingebrachten, Berichten (NSV/2 S.8). Diese gründen sich auf den jeweils angeführten Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das BVwG kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, zumal die von der BF im Laufe des Verfahrens angebotenen Quellen dem LIB nicht substantiiert und verfahrensrelevant widersprechen.
Die konkret den Feststellungen zugrundeliegenden Quellen wurden unter II.1.3. zitiert.
2.4. Zur Rückkehrsituation der BF
2.4.1. Die BF kann an in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren. Sie ist volljährig und arbeitsfähig. Die BF ist mit den Lebensumständen in der VR China vertraut, zumal sie den Großteil ihres Lebens dort verbracht hat. Den Länderberichten ist darüber hinaus zu entnehmen, dass es ein Programm zur Sicherung des Existenzminimums gibt, das einer Sozialhilfe ähnelt (AS/2 332). Die BF hat keine substantiierten Abgaben gemacht, dass sie Ihren Lebensunterhalt im Herkunftsstaat nicht bestreiten konnte. Da die BF somit schon vor ihrer Ausreise -sowie auch vor ihrer Asylantragstellung- im Bundesgebiet in der Lage war, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, wird ihr das auch im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat möglich sein.
2.4.2. Ebenso ist den Ausführungen der BF zum chinesischen Hukou-System (AS/2 219ff und AS/2 380ff) zu entgegnen, dass die BF nie vorgebracht hat, dass sie in ihrer Heimatprovinz nicht registriert gewesen wäre. Dass die BF tatsächlich nicht wisse, woher sie komme, ist unglaubhaft (s. II.1.2.6).
Wie den Länderfeststellungen unter Punkt II.1.3.1. zu entnehmen ist, haben chinesische Staatsbürger, die sich im Ausland niedergelassen haben, grundsätzlich das Recht, sich nach ihrer Rückkehr nach China wieder im Land niederzulassen und sich unter entsprechenden Bedingungen auch im „Hukou-System“ registrieren zu lassen. Dazu ist vor der geplanten Rückkehr entweder bei einer chinesischen Vertretungsbehörde im Ausland oder bei der entsprechenden Behörde am vorgesehenen Wohnort ein Antrag zu stellen.
Chinesische Staatsbürger, die alle entsprechenden gesetzlichen Formalitäten zur Rückkehr und Niederlassung in China erbringen, können nach Rückkehr Sozialhilfe beantragen. Darüber hinaus haben rückkehrende Chinesen Anspruch auf die gesetzliche Grundversorgung, wenn sie ihre Arbeitsfähigkeit verloren haben und über keine finanziellen Mittel zur Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes verfügen.
Aus dem Ausland rückgekehrte chinesische Staatsbürger können nach entsprechender, bereits beschriebener Registrierung am Ort der Haushaltsregistrierung Leistungen der nationalen Grundkrankenversicherung in Anspruch nehmen. Durch die chinesische Krankenversicherung wird in der Regel die medizinische Grundversorgung in den für den Wohnort designierten Krankenhäusern abgedeckt (AB 18.08. 2020).
Die von der BF zu erfüllenden Voraussetzungen sind die Beantragung der oben genannten Rückkehrbescheinigung, der Reisepass sowie gegebenenfalls eine Erklärung, auf ein ausländisches Aufenthaltsrecht zu verzichten, und die Straffreiheit (AB 18.08.2020, S. 3). Die Erfüllung all dieser Voraussetzungen ist der BF möglich und auch zumutbar. Zwar kann die Rückkehrbes