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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der Y in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Mai 1994, Zl. 100.221/2-III/11/93, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Mai 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 13 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) iVm § 6 Abs. 1 und Abs. 2 AufG abgewiesen.
Mit Beschluß vom 16. Juni 1995, B 1444/94-16, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab. Dieser hat über die - ergänzte - Beschwerde erwogen:
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Annahme der belangte Behörde, sie habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten (im Sinne des § 1 Abs. 1 AufG). Sie bestreitet auch nicht, daß es sich bei dem vorliegenden Antrag um einen "Erstantrag" auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung handelt. Sie verweist zunächst darauf, daß auf ihren Fall die Übergangsregelung des § 13 Abs. 1 AufG nicht anzuwenden wäre.
Die belangte Behörde hatte jedoch die zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides in Kraft stehende Rechtslage und somit das Aufenthaltsgesetz anzuwenden.
§ 1 Abs. 3, § 3 Abs. 6, § 6 Abs. 2 und § 13 AufG idF vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 lauteten auszugsweise:
"§ 1. (1) ...
...
(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie
...
6. aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind.
§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten
...
2. von Fremden, die aufgrund einer Bewilligung, oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 bis 5 rechtmäßig ohne Bewilligung seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, ist eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.
...
§ 6. (1) ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung kann auch vom Inland aus gestellt werden.
§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.
(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 genannten Fremden keine Anwendung."
§ 7. Abs. 7 des Fremdengesetzes (FrG) lautet:
"(7) Ergibt sich aus den Umständen des Falles, daß der Antragsteller für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß den §§ 1 und 6 des Bundesgesetzes, mit dem der Aufenthalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), BGBl. Nr. 466/1992, benötigt, so darf dem Fremden kein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz erteilt werden. Das Anbringen ist als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten. Der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen."
Aus dem eindeutigen Text des § 7 Abs. 7 FrG ergibt sich, daß der vorliegende Antrag der Beschwerdeführerin vom 14. April 1993 jedenfalls als solcher auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach dem AufG zu beurteilen war. Damit gilt § 6 Abs. 2 AufG auch für den vorliegenden Antrag, der vor dem 1. Juli 1993 (Tag des Inkrafttretens des AufG) gestellt und danach gemäß § 7 Abs. 7 FrG zu behandeln war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1996, Zl. 95/19/0677). Da die Beschwerdeführerin sich nach ihren eigenen Angaben seit der Anfang 1992 erfolgten Einreise illegal im Bundesgebiet aufhält, kam schon deshalb eine Antragstellung im Sinn des § 13 Abs. 1 AufG nicht in Betracht. Da aber weiters auch kein Verlängerungsantrag vorliegt, scheidet auch deshalb eine Antragstellung aus dem Inland gemäß § 6 Abs. 2 AufG aus. Bei dem im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierten Erfordernis der Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus handelt sich um eine Voraussetzung, deren Nichterfüllung zwingend die Abweisung des Antrages nach sich zieht. Diese Bestimmung ist im Einklang mit dem aus den Gesetzesmaterialien hervorgehenden Willen des Gesetzgebers auszulegen, wonach der Fremde die Entscheidung über seinen im Ausland zu stellenden Antrag in der Regel auch vom Ausland aus abzuwarten hat. Die Antragstellung bei gleichzeitigem (illegalen) Aufenthalt des Fremden in Österreich würde gegen den durch § 6 Abs. 2 erster Satz AufG verfolgten Zweck, die illegale Zuwanderung zu verhindern oder zumindest zu reduzieren, verstoßen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 95/19/0895, mwN). Dabei hindert auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 AufG - die Beschwerdeführerin bringt vor, daß ihr Ehegatte seit 1988 rechtmäßig in Österreich lebe - die Anwendung des § 6 Abs. 2 AufG nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0371, mwN).
Die Beschwerdeführerin verweist im Hinblick auf diese auch von ihr zugrundegelegte Rechtslage noch auf ihre besondere Situation. Ihr Vater sei aufgrund seiner religiösen Überzeugung "in politische Probleme involviert" gewesen. Er sei bei seiner Verhaftung von der Polizei des Heimatstaates der Beschwerdeführerin getötet worden. Es sei daher - und im Hinblick auf ihre Schwangerschaft - für die Beschwerdeführerin "wichtig" gewesen, ihren Heimatstaat schnell zu verlassen, weshalb sie die Ausstellung des beantragten österreichischen Visums nicht mehr habe abwarten können. Eine Ausreise aus Österreich zur Antragstellung aus dem Ausland sei ihr nunmehr aufgrund des fehlenden Visums für Österreich unmöglich; eine Rückkehr in ihren Heimatstaat verbiete sich infolge der genannten Ereignisse.
Aber auch mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides darzutun. Selbst im Falle des Zutreffens der von ihr behaupteten Tatsachen und ungeachtet der Frage, ob dieses Vorbringen gegen das Neuerungsverbot des § 41 VwGG verstößt, ist ihr nämlich zu erwidern, daß sie im Falle einer Verfolgung (hier aus religiösen Gründen) im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht gehindert gewesen wäre, einen Asylantrag zu stellen. Dies aber hat sie nach ihrem eigenen Vorbringen nicht getan, sodaß die belangte Behörde zu Recht von der Möglichkeit einer Rückkehr der Beschwerdeführerin in ihren Heimatstaat ausgehen konnte.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Formgebrechen nicht behebbare NICHTBEHEBBARE materielle MängelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995190894.X00Im RIS seit
11.07.2001